Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Fullduplex über 1 Kabelader (+ GND) möglich?


von Mutluit M. (mutluit)


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Hi,
beim Ethernet ist Fullduplex deshalb einfach möglich, weil für das 
Senden und Empfangen jeweils getrennte Adern (TX, RX, plus gemeinsamer 
GND) benutzt werden.
Wäre Fullduplex auf nur einer Ader (+ GND) eigentlich auch möglich?
Wenn ja, gibt es Beispiele dafür?

: Bearbeitet durch User
von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Ein klassisches Beispiel ist das analoge Telefon.

von Mutluit M. (mutluit)


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Yalu X. schrieb:
> Ein klassisches Beispiel ist das analoge Telefon.

Ist das dann beim DSL über das analoge Telefonnetz auch so?

: Bearbeitet durch User
von Jemand (Gast)


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Mutluit M. schrieb:
> gibt es Beispiele dafür?

DOCSIS

von Mutluit M. (mutluit)


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Wie wird Fullduplex auf einer Ader denn eigentlich realisiert?
Denn es passieren doch sicherlich Kollisionen wenn beide Seiten 
gleichzeitig senden. Gibt es bestimmte Bausteine die die Kollisionen 
verhindern?

von c-hater (Gast)


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Mutluit M. schrieb:
> Yalu X. schrieb:
>> Ein klassisches Beispiel ist das analoge Telefon.
>
> Ist das dann beim DSL über das analoge Telefonnetz auch so?

Ja. Da wird Frequenzmultiplex benutzt. D.h.: das Senden passiert in 
anderen Frequenzbereichen als das Empfangen.

Jede Fritzbox kann dir das anzeigen.

von HildeK (Gast)


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Prinzipiell ist das bei Gigabit-Ethernet auch so.
Dort gibt es zwar 4 differentielle Paare (deshalb zwei Leitungen pro 
Paar), aber jedes der 4 Paare überträgt 250Mbit/s auf einem Paar full 
duplex. Im Prinzip unter Einschränkung der Störungsarmut und der 
Datenrate würde das Verfahren auch einer einzelnen Leitung (+ GND) 
funktionieren.

c-hater schrieb:
> Ja. Da wird Frequenzmultiplex benutzt. D.h.: das Senden passiert in
> anderen Frequenzbereichen als das Empfangen.

Es gibt mehrere Verfahren. Neben dem genannten Frequenzmultiplex gibt es 
auch Zeitmultiplexverfahren und die Echokompensation, was in 
vereinfachter Form dem guten alten Analogtelefon entspricht 
(Gabelschaltung, für alle, die sich noch daran erinnern können :-)). 
Letzteres Verfahren war meines Wissens bei ISDN im Einsatz.

von Klaus (Gast)


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HildeK schrieb:
> Letzteres Verfahren war meines Wissens bei ISDN im Einsatz.

UP0 bis zum NT. S0 war dann vierdraht

MfG Klaus

von HildeK (Gast)


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Sorry, zu spät gesehen:
Mutluit M. schrieb:
> Wie wird Fullduplex auf einer Ader denn eigentlich realisiert?
> Denn es passieren doch sicherlich Kollisionen wenn beide Seiten
> gleichzeitig senden.

Zunächst ist es dem Strom egal, was du an jedem Leitungsende einspeist. 
Die Signale werden sich auf der Leitung überlagern.
Es ist nur die Aufgabe, das eigene Sendesignal, dass der eigene 
Empfänger auch abbekommt, dort zu eliminieren.
Das geschieht erst mal mit einer Gabelschaltung. Beim analogen Telefon 
hat das ausgereicht, aber gerade bei schnelleren Datenraten ist das zu 
wenig.
Man wird als erstes mal das bekannte Sendesignal dem eigenen Empfänger 
invertiert mit geeignetem Pegel wieder zuführen, so dass es sich 
aufhebt.
Dann bekommt man zusätzlich von Stoßstellen auf der Leitung 
zeitverzögerte Echos. Diese werden mit adaptiven Filtern, Delays usw. 
kompensiert.

> Gibt es bestimmte Bausteine die die Kollisionen verhindern?
Einzelne Bausteine kenne ich nicht, aber in den o.g. Gigabit Ethernet 
Transceivern sind solche Funktionen implementiert.

von HildeK (Gast)


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Klaus schrieb:
> UP0 bis zum NT. S0 war dann vierdraht

Hier ein Bild dazu: http://www.netzmafia.de/skripten/telefon/isdn5.gif

von G. H. (schufti)


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Zeitmultiplex ist eben kein Full-Duplex!

von Mutluit M. (mutluit)


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HildeK schrieb:
> Mutluit M. schrieb:
>> Wie wird Fullduplex auf einer Ader denn eigentlich realisiert?
>> Denn es passieren doch sicherlich Kollisionen wenn beide Seiten
>> gleichzeitig senden.
>
> Zunächst ist es dem Strom egal, was du an jedem Leitungsende einspeist.
> Die Signale werden sich auf der Leitung überlagern.

Wie wirkt sich so eine Überlagerung eigentlich aus? Kann man sagen dass 
wenn z.B. auf der einen Seite ein Gleichspannungssignal von 1V gesendet 
wird und auf der anderen Seite 2V, dass durch die Überlagerung die Summe 
dann 3V macht wenn sich diese beiden Pegel treffen?

Nachtrag: scheint lt. der folgenden Seite in der Tat so zu sein:
https://www.elektroniktutor.de/signalkunde/signadd.html

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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Mutluit M. schrieb:
> Wie wirkt sich so eine Überlagerung eigentlich aus? Kann man sagen dass
> wenn z.B. auf der einen Seite ein Gleichspannungssignal von 1V gesendet
> wird und auf der anderen Seite 2V, dass durch die Überlagerung die Summe
> dann 3V macht wenn sich diese beiden Pegel treffen?

Wenn die Leitung im Vergleich zur Frequenz kurz ist, dann ja. Bei relaen 
Anwendungen erzeugen beide Spannungshübe jedoch Wellen, die in entgegen 
gesetzte Richtungen durch das Kabel laufen.

Werf mal zwei Steine in einen stillen See, dann siehst du den Effekt.

von Mutluit M. (mutluit)


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Also, das heisst doch dass man auf einer Leitung sogar mehrere Signale 
gleichzeitig übertragen kann. Jedes der Signale kann sogar die volle 
Bandbreite nutzen. Man muss nur einen Weg finden die Signale auseinander 
zu halten.
Ist schon sehr spannend, finde ich.

Nachtrag: hmm. das war wohl eine zu schnelle Schnlussfolgerung :-)
Letzlich dürfte es doch nur ein (1) überlagertes Signal geben.

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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Mutluit M. schrieb:
> Also, das heisst doch dass man auf einer Leitung sogar mehrere Signale
> gleichzeitig übertragen kann.

Ja sicher. Genau das machen doch unsere DSL und Kabel-Modems. Ebenso das 
ehemalige analoge TV Programm.

> Jedes der Signale kann sogar die volle Bandbreite nutzen.
> Man muss nur einen Weg finden die Signale auseinander zu halten.

Was zum Beispiel beim UMTS Netz digital gemacht wird, siehe WCDMA.

> das war wohl eine zu schnelle Schnlussfolgerung

Nein, das geht. Lies dich mal zu WCDMA ein, das ist schon ein 
faszinierendes Verfahren. 
http://www.umts-report.de/umtsgrundlagen.php?ida=268892&idc=288

von Peter D. (peda)


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Eine einfach Möglichkeit ist der M-Bus.
Der Master sendet mit Spannungsänderung, der Slave mit Stromänderung.

https://de.wikipedia.org/wiki/M-Bus_(Feldbus)#Technische_Details

von captain_crunch (Gast)


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Yalu X. schrieb:
> Ein klassisches Beispiel ist das analoge Telefon.

Wobei dies nur im Nahbereich auf der Ortsebene zutraf.
Beim Übergang auf die Fernebene wurde üblicherweise von
2-Draht auf 4-Draht umgesetzt.

von Jemand (Gast)


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Peter D. schrieb:
> Eine einfach Möglichkeit ist der M-Bus.
> Der Master sendet mit Spannungsänderung, der Slave mit Stromänderung.
>
> https://de.wikipedia.org/wiki/M-Bus_(Feldbus)#Technische_Details

Nach meinem Verständnis ist das gleichzeitige Senden ein Fehler, d. h. 
M-Bus unterstützt nur Halb-Duplex Kommunikation.

von Mutluit M. (mutluit)


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Stefanus F. schrieb:
> Mutluit M. schrieb:
>> Also, das heisst doch dass man auf einer Leitung sogar mehrere Signale
>> gleichzeitig übertragen kann.
>
> Ja sicher. Genau das machen doch unsere DSL und Kabel-Modems. Ebenso das
> ehemalige analoge TV Programm.
>
>> Jedes der Signale kann sogar die volle Bandbreite nutzen.
>> Man muss nur einen Weg finden die Signale auseinander zu halten.
>
> Was zum Beispiel beim UMTS Netz digital gemacht wird, siehe WCDMA.
>
>> das war wohl eine zu schnelle Schlussfolgerung
>
> Nein, das geht. Lies dich mal zu WCDMA ein, das ist schon ein
> faszinierendes Verfahren.
> http://www.umts-report.de/umtsgrundlagen.php?ida=268892&idc=288

Bzgl. WCDMA & Co bzw. Spreizcodes (Frequenzspreizung): wenn ich das 
richtig verstanden habe, dann wird z.B. bei max. 16 Teilnehmern eine 
Codetabelle von 2^4=16 benutzt. Wird dadurch die Gesamtbandbreite auf 
1/16 geteilt (wenn alle Senden), oder fällt auf jeden Telnehmer viel 
weniger als 1/16 der Bandbreite ab bzw zu?

Besagt das Beispiel auf der folgenden Seite nicht, dass der Overhead 
sehr gross ist (dort wohl von 256 Teilnehmern ausgegangen)? :
https://de.wikipedia.org/wiki/Spreizcode

von Stefan F. (Gast)


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Mutluit M. schrieb:
> Wird dadurch die Gesamtbandbreite auf
> 1/16 geteilt (wenn alle Senden), oder fällt auf jeden Telnehmer viel
> weniger als 1/16 der Bandbreite ab bzw zu?

Oh, da kommen wir in Details, an die ich mich nicht mehr zuverlässig 
erinnern kann. Meine Ausbildung dazu liegt bereits 25 Jahre in der 
Vergangenheit.

Ich meine, dass die effektive Bandbreiter geringer ist, weil nicht alle 
Codes verwendbar sind.

von HildeK (Gast)


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G. H. schrieb:
> Zeitmultiplex ist eben kein Full-Duplex!

Streng genommen nein.
Wenn du z.B. Telefonsignale digital im Zeitmultiplex überträgst, dann 
wirst das als 'menschliches Endgerät' nicht bemerken. Anders als beim 
Wechselsprechfunk.
Deshalb würde ich das in diese Kategorie mit aufnehmen.

von Markus F. (mfro)


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Ohne WDM (Wavelength Division Multiplex), mit dem - stark vereinfacht - 
z.B. über Prismen "mehrere Farben gleichzeitig" über eine 
Glasfaserstrecke geschickt werden, gäbe es heute kein richtig 
breitbandiges Internet.

von Georg G. (df2au)


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captain_crunch schrieb:
> Beim Übergang auf die Fernebene wurde üblicherweise von
> 2-Draht auf 4-Draht umgesetzt.

Hast du dafür Quellen?

von HildeK (Gast)


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Georg G. schrieb:
> Hast du dafür Quellen?

Quellen hätte ich auch keine ...
Es ging um POTS.
Die Fernebene ist mit vielerlei Übertragungstechnik betrieben worden: 
SDH (digital), TF-Technik, Richtfunk, Satelliten usw. Da wurden 
getrennte Wege für die beiden Richtungen verwendet und einiges 
dazwischen verarbeitet, gefiltert, moduliert.
Man müsste vielleicht auch noch nach dem jeweiligen Zeitraum 
unterscheiden (ganz früher, später, vor 20 Jahren ...).

Die Unterscheidung zwischen 2-Draht und 4-Draht ist eher ein Pseudonym 
für die Übertragung auf einem gemeinsamen Weg oder eben 
richtungsgetrennt auf verschiedenen Pfaden.

von Georg G. (df2au)


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HildeK schrieb:
> SDH (digital), TF-Technik, Richtfunk, Satelliten usw

Was hat das zu tun mit "Duplex über einen Draht"?
IIRC war POTS auch im Fernverkehr bei Kabelverbindungen immer 2-Draht. 
Ich kenne keinen Wähler, der für 4-Draht ausgelegt war.

von Rainer V. (a_zip)


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Mutluit M. schrieb:
> beim Ethernet ist Fullduplex deshalb einfach möglich, weil für das
> Senden und Empfangen jeweils getrennte Adern (TX, RX, plus gemeinsamer
> GND) benutzt werden.

Das war ja schon bei den RS-Schnittstellen so. Die Frage beantwortet 
sich ja quasi selbst...Full-Duplex auf nur einer Leitung geht nicht! 
F-Dupl. bedeutet, dass beide Sender gleichzeitig senden können...dass es 
mittlerweile Übertragungstechniken gibt, die alles Mögliche 
verwirklichen können, ist ein anderes Blatt :-)
Gruß Rainer

von GHz-Nerd (Gast)


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Im Hochfrequenzbereich gibt es dafür Richtkoppler, diese trennen das 
Signal im Wesentlichen in Abhängigkeit der Richtung des Energieflusses 
auf.

von Mw E. (Firma: fritzler-avr.de) (fritzler)


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Google kaputt?
Nennt sich 100BASE-T1

von Georg G. (df2au)


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Rainer V. schrieb:
> Full-Duplex auf nur einer Leitung geht nicht!

Das Telefon aus der Steinzeit ist das Beispiel, dass es doch 
funktioniert. "Richtkoppler" und "Gabelschaltung" sind die Stichworte.

von captain_crunch (Gast)


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Georg G. schrieb:
> Ich kenne keinen Wähler, der für 4-Draht ausgelegt war.

"Der Einsatz des EMD-Wählers in der Fernvermittlungstechnik
erfordet 8 Schaltarme, um eine 4-Drahtdurchschaltung des
Sprechweges zu realisieren."

http://sammlung.ient.rwth-aachen.de/de/katalog/fernsprechen/edelmetall-motor-drehwaehler-emd-waehler.html

von B-ISDN (Gast)


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Klaus schrieb:
> HildeK schrieb:
>> Letzteres Verfahren war meines Wissens bei ISDN im Einsatz.
>
> UP0 bis zum NT. S0 war dann vierdraht

Uk0 ging von der OVSt zum NTBA.

https://de.wikipedia.org/wiki/UK0-Schnittstelle

von Jürgen S. (starblue) Benutzerseite


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Mutluit M. schrieb:
>
> beim Ethernet ist Fullduplex deshalb einfach möglich, weil für das
> Senden und Empfangen jeweils getrennte Adern (TX, RX, plus gemeinsamer
> GND) benutzt werden.

Das ist z.B. bei 100BASE-TX (das typische 100MBit/s Ethernet) der Fall, 
Ethernet hat aber noch viele andere Varianten für die physikalische 
Schicht.

> Wäre Fullduplex auf nur einer Ader (+ GND) eigentlich auch möglich?
> Wenn ja, gibt es Beispiele dafür?

Z.B. 1000BASE-T (das übliche Gigabit Ethernet, Vollduplex auf vier 
Adernpaaren) und 100BASE-T1 (100MBit/s Vollduplex über ein Adernpaar, 
für automotive Anwendungen).  Die machen das mit Echokompensation und 
adaptiven Equalizern.

von Irgend W. (Firma: egal) (irgendwer)


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Georg G. schrieb:
> Ich kenne keinen Wähler, der für 4-Draht ausgelegt war.

Bloß weil du die nicht kennst heißt das noch lange nicht das es sowas 
nicht gibt: 
http://www.bayern-online.com/v2261/artikel.cfm/203/EMD-Waehler-4-Draht.html

Im Fernverkehr (Fernwahlsystem 62 & 69) war im letzten Jahrtausend 
4-Draht völlig normal. Nur die Ortsebene war 2-Draht.


https://books.google.de/books?id=iwaDBwAAQBAJ&lpg=PA202&dq=vierdraht-frequenzgleichlage-%C3%BCbertragung&hl=de&pg=PA202#v=onepage&q=vierdraht-frequenzgleichlage-%C3%BCbertragung&f=false

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