Forum: Offtopic Opfer unlizensierter Software? Was tun?


von M. S. (miso)


Lesenswert?

Hallo Leute,

ich arbeite in einem Softwareunternehmen und wir sind natürlich sehr 
daran interessiert, dass unsere eigenen Produkte nicht illegal 
vervielfältigt werden.
Wenn jetzt jemand seine Lizenz in dem Sinne "erweitert", dass das 
Softwareprodukt im Haus des Kunden auf 10 statt 5 Rechnern läuft, lassen 
wir das in der Regel so durchgehen, aber wenn jemand gar keine Lizenz 
hat und uns dann womöglich auch noch Supportanfragen schickt, nutzen wir 
ggf. auch rechtliche Schritte.

Aber gerade finde ich mich in der umgekehrten Situation wieder - 
gezwungenermaßen.

Folgendes ist passiert:

Wir haben ein Zeiterfassungssystem angeschafft mit einem Linux-Server 
und 8 Terminals, an denen die Mitarbeiter ihr Kärtchen durchziehen 
können.

Beim Server ist es so, dass wir eigentlich nur die Hardware gekauft 
haben und
der Lieferant seine Datenbank als Dienstleistung darauf installiert hat.

Die Terminals kommen komplett betriebsbereit vom Lieferanten.
Darauf installiert ist Windows 7 und eben die Zeiterfassungssoftware.

Wir haben die Systeme in unser Netzwerk integriert und nur durch Zufall 
(Firewall war noch nicht aktualisiert) hatten die Terminals Zugriff 
auf's Internet.

Jetzt haben wir auf allen Terminals den Hinweis, dass die Windows-Kopie 
nicht lizensiert ist.

Ein Anruf beim Hersteller brachte folgende Kernaussagen zu Tage:

 1) Ihr solltet den Terminals ja auch keinen Internetzugriff gewähren - 
steht so auch in der Installationsanleitung!

 2) Wenn ihr das lizensieren wollt, können wir das gerne machen. Kostet 
aber dann extra.

 3) Alle anderen Kunden, die sich an die Anleitung halten, haben diese 
Probleme nicht.

 4) Auf meine Frage, ob alle Terminals mit unlizensiertem Windows 7 
ausgeliefert werden: Wir benutzen immer das selbe Installationsimage und 
in dem kleinen Rahmen interessiert das eh keinen, ob da jetzt eine 
Lizenz drauf ist oder nicht.

Mir geht sowas gewaltig gegen den Strich. Gut - ich weiß nicht, wieviele 
Terminals diese Firma überhaupt schon ausgeliefert hat. Das Produkt 
scheint mir eher neu zu sein. Aber die bauen auch Infoterminals für 
Kaufhäuser und es würde mich nicht wundern, wenn es da ähnlich aussieht.
Und den o.g. Aussagen nach urteilen, scheint das ja Geschäftspraktik zu 
sein... bzw. man hat hier Sparpotenzial entdeckt.
Einen Hinweis, dass man sich um die Lizenzen selber kümmern muss, gibt 
es nämlich sonst weder mündlich noch schriftlich.

Wir selber haben nun 8 Windowslizenzen frei gemacht, auf die Terminals 
gebucht und werden diese dort aktivieren lassen.

Vorallem ärgert mich, dass wir Geld und Zeit investieren, um unsere 
Software ausreichend zu lizensieren und uns gleichzeitig von anderer 
Seite so ein Mist untergejubelt wird.

Mittelfristig werden wir jetzt unser eigenes Erfassungssystem aufbauen, 
da wir bereits entschieden haben, mit dem Lieferanten nicht mehr 
zusammen zu arbeiten.

Eine Erstattung des Kaufpreises lehnen sie ab mit Verweis auf die 
kundenspezifischen Anpassungen. Prinzipiell nachvollziehbar, aber unter 
diesen Umständen?

Wie geht man mit so einem Lieferanten um?

Ideen?

M.S.

von J. R. (Gast)


Lesenswert?

Stand denn irgendwo das die ohne Lizenz geliefert werden?
Würd ich nachfordern, bzw. erst bezahlen wenn ihr was lauffähiges habt!

von Oliver S. (oliverso)


Lesenswert?

M. S. schrieb:
> Wie geht man mit so einem Lieferanten um?

Irgend jemand in eurem Unternehmen sollte fachlich in der Lage sein, 
Verträge rechtlich zu bewerten. Der sollte dann auch die passenden Ideen 
dazu haben.

Oliver

: Bearbeitet durch User
von M. S. (miso)


Lesenswert?

J. R. schrieb:
> Stand denn irgendwo das die ohne Lizenz geliefert werden?
> Würd ich nachfordern, bzw. erst bezahlen wenn ihr was lauffähiges habt!

Überhaupt nicht. Das Produkt soll out-of-the-box einsatzbereit sein.
Auf der Rechnung gibt es zwar einen Posten "Softwarelizenzen", der 
beinhaltet jedoch nur die Anwendung selber.
Und es wäre vermutlich nichtmal aufgefallen, dass es sich um 
Windows-basierte Terminals handelt, denn eigentlich bleibt der 
Bildschirm komplett schwarz bis die Anwendung gestartet ist. Und die 
sieht dann eher aus wie ein aufgehübschtes 3270 Terminal ;)

Oliver S. schrieb:
> Irgend jemand in eurem Unternehmen sollte fachlich in der Lage sein,
> Verträge rechtlich zu bewerten. Der sollte dann auch die passenden Ideen
> dazu haben.

Ja - eine Rechtsabteilung haben wir "extern". Kostet natürlich auch 
wieder Geld... Ich werde mal vorschlagen, den Fall von denen bewerten zu 
lassen.
Entscheiden kann ich's eh nicht.

Mich ärgert es nur persönlich und ich finde es mega unfair und auch 
unverschämt.

von Bernd K. (prof7bit)


Lesenswert?

M. S. schrieb:

> in dem kleinen Rahmen interessiert das eh keinen, ob da jetzt eine
> Lizenz drauf ist oder nicht.

Wow! Das ist ein Level von Dreistigkeit und Schmerzfreiheit das ich 
ehrlich gesagt (noch?) nicht erwartet hätte von einer Firma mit 
ladungsfähiger Postanschrift im europäischen Inland.

Wenn andere das auch so machen und nur durch puren Zufall noch nicht 
aufgeflogen sind dann ist es kein Wunder warum auf jeder beschissenen 
Kassenwaage beim Metzger oder sonstigem elektronischen Gerät mit 
Bildschirm einen das Windows XP Logo anlacht. Mal ganz abgesehen davon 
daß es auch technisch völliger Schwachsinn ist da Windows drauf laufen 
zu lassen, aber wenn die Rechtskompetenz der betreffenden Firmen schon 
so unterirdisch ist ist es die Technikkompetenz wohl ebenso, eine 
Korrelation ist sehr wahrscheinlich.

Es war eine weise Entscheidung so eine dreiste Stümperfirma in Zukunft 
nicht mehr zu beanspruchen. Dennoch würd ich denen die Hölle heiß 
machen, so lange bis eure 8 Lizenzen von denen erstattet wurden, die 
würde ich denen nicht schenken.

: Bearbeitet durch User
von Dirk K. (merciless)


Lesenswert?

M. S. schrieb:
> Wie geht man mit so einem Lieferanten um?

Ich würde vom Lieferanten Kostenerstattung
verlangen mit dem dezenten Hinweis, ansonsten
bei Microsoft nachzufragen, wie sich das mit
den Lizensen verhält, die der Lieferant illegal
vertreibt ;)


merciless

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

M. S. schrieb:
> in dem kleinen Rahmen interessiert das eh keinen, ob da jetzt eine
> Lizenz drauf ist oder nicht.
Ich bin mir da nicht so sicher, ob das tatsächlich der Fall ist. Man 
müsste da mal beim Hersteller dieses OS fragen, ob er das genauso 
sieht...

> Windows 7
https://www.lizengo.de/microsoft/windows-7-betriebssystem?gclid=EAIaIQobChMIr-v_04m-4gIVBrXtCh2uYwBaEAAYASAAEgJ3FPD_BwE
Wenn diese Firma nicht mal die nötigen <20€ da ins Terminal eingepreist 
bekommt, dann klemmt es sogar neben der technischen und rechtlichen auch 
noch auf der kaufmännischen Seite.

von Pandur S. (jetztnicht)


Lesenswert?

Weshalb laeuft ueberall noch ein WinXP drauf ? Weil es damals ein WinXP 
Embedded gab. Da war die Dev-lizenz um die 700 Euro, und die 
Laufzeitlizenzen enorm guenstig. Da konnte man jeden Furz konfigurieren, 
dh abspecken, bis es auf einem ganz zahmen System lief. Im Sinne von 
Zugriffsrechte - weg, Benutzer - weg, Drucker - weg, CD support - weg, 
USB - weg, Grafik ausser VGA - weg,  usw.
Und man konnte trotzdem mit Windowstools entwickeln.

Wir haben einen Spektrumanalyzer der laeuft noch mit WinNT. Wie neu.

: Bearbeitet durch User
von Bernd K. (prof7bit)


Lesenswert?

Zitronen F. schrieb:
> Und man konnte trotzdem mit Windowstools entwickeln.

Das ist ja eigentlich eher ein Nachteil wenn man gezwungen ist 
$irgendwss mit Windowstools entwickeln zu müssen. Allein schon die 
unhandliche Betriebssystemoberfläche mit der man sich dann den ganzen 
Tag auf seinem Entwicklungsrechner rumplagen muß, von den ganzen 
fehlenden Tools mal ganz zu schweigen. Aber wir driften ab...

: Bearbeitet durch User
von (prx) A. K. (prx)


Lesenswert?

Bei Altversionen ohne Updates sollte man darauf achten, dass alle 
Services abgeschaltet sind, die von aussen ansprechbar sind. Besonders 
Zeug wie SMB und RDP. Sonst kann es sein, dass die eines schönen Tages 
einem alle gleichzeitig eine lange Nase drehen. EternalBlue hat vor ein 
paar Tagen wieder daran erinnert.

Die Alternative ist ein per interner Firewall abgeschottetes Netz für 
solche Systeme, in dem sich kein Standard-PC mit Web und Mail befinden 
sollte.

von Thomas (kosmos)


Lesenswert?

stumperhaft das der Hersteller von sich aus den Internetzugriff nicht 
unterbinden konnte, wenn er schon um diese Problematik wusste.

Anderseits ihr hättet es so oder so bezahlt. Wenn der Hersteller eine 
Lizenz erworben hätte, hätte er das im Verkaufspreis berücksichtigt also 
machts für euch keinen Unterschied.

Klar kann man jetzt darüber streiten ob das Produkt einen Mangel hat. 
Der Hersteller wird sagen das ihr ja keine Lizenz bei ihm erworben habt 
und ihr argumentiert das nicht klar war das eine benötigt wird.

Und bei einem Rechtsstreit gewinnen immer die Anwälte.

Keiner möchte sein Produkt kopiert haben, aber bei einem amerikanischen 
Monopolisten hält sich das Mitleid in Grenzen.

von Matthias S. (dachs)


Lesenswert?

Dirk K. schrieb:
> M. S. schrieb:
>> Wie geht man mit so einem Lieferanten um?
>
> Ich würde vom Lieferanten Kostenerstattung
> verlangen mit dem dezenten Hinweis, ansonsten
> bei Microsoft nachzufragen, wie sich das mit
> den Lizensen verhält, die der Lieferant illegal
> vertreibt ;)
>
>
> merciless

Was denn sonst?
Das sollte aber jemand, der sich beruflich auch mit Lizensierung&Co. 
beschäftigt, nicht in einem Forum nachfragen müssen.

Da Ihr ohnehin nicht mehr mit dem Anbieter zusammenarbeiten wollt, kann 
Euch dessen Schicksal auch egal sein.

Matthias

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


Lesenswert?

Thomas O. schrieb:
> Anderseits ihr hättet es so oder so bezahlt. Wenn der Hersteller eine
> Lizenz erworben hätte, hätte er das im Verkaufspreis berücksichtigt also
> machts für euch keinen Unterschied.
Doch, denn evtl. wäre dann das Konkurrenzprodukt, das die Lizenzen 
natürlich eingerechnet hat, günstiger gewesen...

Du kaufst doch auch kein Auto ohne Getriebe, baust das Getriebe dann 
hinterher auf eigene Kosten ein, weil es lästig ist, nur 1 Gang zu 
haben, und sagst dir: macht ja keinen Untershcied, ich hätte das sowieso 
bezahlen müssen.

> Der Hersteller wird sagen das ihr ja keine Lizenz bei ihm erworben habt
> und ihr argumentiert das nicht klar war das eine benötigt wird.
Viele Navigationsgeräte liefen früher mit Windows, obwohl man das der 
Oberfläche nicht angesehen hat. Und natürlich war mir klar, dass ich da 
keine extra Lizenz bei Microsoft kaufen muss, um so ein Gerät ungestraft 
betreiben zu können.

> aber bei einem amerikanischen Monopolisten hält sich das Mitleid in
> Grenzen.
Kurder Ansatz.
Ich kenne übrigens Menschen, die verdienen hier in Deutschland ihr Geld 
bei dieser Firma. Sollen die ihren Zahltag künftig in Dollars erhalten, 
weil dort die Zahlungsmoral besser ist?

: Bearbeitet durch Moderator
von Bernd K. (prof7bit)


Lesenswert?

Thomas O. schrieb:
> Klar kann man jetzt darüber streiten ob das Produkt einen Mangel hat.
> Der Hersteller wird sagen das ihr ja keine Lizenz bei ihm erworben habt

Dann darf er nicht die Software vorinstallieren und ausliefern! Das darf 
er nicht ohne auch die zugehörige Lizenz (den lustigen Aufkleber oder 
die Lizenznummer) auszuhändigen.

von Jürgen E. (juergen1958)


Lesenswert?

Hallo,

Frist setzen zur Nachlieferung der Lizenzen mit Androhung, diese nach 
Ablauf der Frist zu kaufen und der Firma in Rechnung zu stellen. Bei 
Nichtlieferung Lizenzen erwerben, in Rechnung stellen und dann habt ihr 
gute Aussichten, dies einzuklagen. Ich schätze, spätestens nach 
Einreichung der Klage tut sich hier was.

Grüße
Jürgen

von Thomas (kosmos)


Lesenswert?

Nein ich kaufe ein Auto mit Getriebe, Lizenzen der einzelnen Hersteller 
untereinander interessieren mich da nicht.

: Bearbeitet durch User
von Bernd T. (bastelmensch)


Lesenswert?

Wow, hier wird echt diskutiert was man da machen soll?

von Hans H. (loetkolben)


Lesenswert?

Lothar M. schrieb:
>> in dem kleinen Rahmen interessiert das eh keinen, ob da jetzt eine
>> Lizenz drauf ist oder nicht.
> Ich bin mir da nicht so sicher, ob das tatsächlich der Fall ist. Man
> müsste da mal beim Hersteller dieses OS fragen, ob er das genauso
> sieht...

Ich glaube das MS sehr genau hinschaut, wenn sie Kenntnis von einem 
kommerziellen Unternehmen bekommen, welches ihre Software ohne Lizenz 
benutzt.

Off topic: Da McDonalds im "Restaurant der Zukunft", d.h. mit 
Tischbedienung an den Bestellterminals wo der Kunde selbst bestellt, ein 
Windows 7 embedded einsetzt, gibt es dann ab nächstes Jahr die Burger 
umsonst? Immerhin ist dann Supportende. Mmm, mal fragen ob die das 
Betriebdsystem lizenziert haben ;-)

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.