Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik GPS - 10Hz Geschwindigkeitsmessung


von Kalli L. (knl)


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Hallo zusammen,

ich denke darüber nach, eine Traktionskontrolle per 
GPS-Geschwindigkeitsmessung zur realisieren.
Nun gibt es ja mehrere Module, die eine Update-Rate von 10Hz haben 
(sollen).
Kann jemand aus Erfahrung etwas zur Genauigkeit der 
Geschwindigkeitswerten sagen?
Die Endgeschwindigkeit wird so um 50km/h liegen, die Beschleunigungszeit 
ca. bei 5 Sekunden.

Gruß,
Kalli

von Jim M. (turboj)


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Ohne DGPS liegen die Messungen gerne mal um 10m daneben. Und das düfte 
auch für 10 Hz Daterate gelten - anderenfalls ist da ein Bügeleisen (aka 
Teifpassfilter) drauf.

Rechne das mal bei Dir testweise mit ein - das dürfte für 
Traktionskontrolle deutlich zuviel sein.

von Kalli L. (knl)


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Die absolute Position muss ja nicht genau sein.
Die Frage ist eher ob der Unterschied der Positionen genauer ist?

von Marc V. (Firma: Vescomp) (logarithmus)


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Kalli L. schrieb:
> Nun gibt es ja mehrere Module, die eine Update-Rate von 10Hz haben
> (sollen).
> Kann jemand aus Erfahrung etwas zur Genauigkeit der
> Geschwindigkeitswerten sagen?

Kalli L. schrieb:
> Die absolute Position muss ja nicht genau sein.
> Die Frage ist eher ob der Unterschied der Positionen genauer ist?

 Nicht übermäßig genau, aber das kannst du dir ja selbst ausrechnen.
 Wenn die Position mit einem Fehler von ungefähr +/- 4m berechnet wird,
 dann kann die Geschwindigkeit auch nicht genauer berechnet werden.

 Bei konstanter Geschwindigkeit kannst du mit einem Fehler von 0,5-2Km/h
 rechnen.
 Aber das größte Problem wird starkes Beschleunigen/Bremsen sein.

Kalli L. schrieb:
> Die Endgeschwindigkeit wird so um 50km/h liegen, die Beschleunigungszeit
> ca. bei 5 Sekunden.

 Das wird bestimmt nicht funktionieren, zumindest nicht für Traktion-
 kontrolle.

von Peter (Gast)


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Wenn ich mich recht erinnere, dann kann die Geschwindigkeit recht genau 
über die Dopplerverschiebung des GPS Signals bestimmt werden. Siehe 
beispielsweise http://nujournal.net/HighAccuracySpeed.pdf. Da steht im 
Abstract was von 0,01 kn Fehler.

von Ich mag Enten (Gast)


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nicht umsonst wurde galileo entwickelt...

von Jan H. (j_hansen)


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Marc V. schrieb:
> Wenn die Position mit einem Fehler von ungefähr +/- 4m berechnet wird,
>  dann kann die Geschwindigkeit auch nicht genauer berechnet werden.

Das stimmt nicht. Einerseits kann die Geschwindigkeit bei GPS wie oben 
geschrieben genauer als die Position bestimmt werden. Andererseits kann 
auch die Geschwindigkeitsberechnung über die die Position genauer sein, 
wenn die +/- 4m Abweichung nicht völlig zufällig sind sondern einen 
konstanten Offsetanteil haben.

von Udo S. (urschmitt)


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Jan H. schrieb:
> Andererseits kann
> auch die Geschwindigkeitsberechnung über die die Position genauer sein,
> wenn die +/- 4m Abweichung nicht völlig zufällig sind sondern einen
> konstanten Offsetanteil haben.

Die haben genau so lange einen halbwegs konstanten Wert, wie sich die 
Satelliten nicht ändern, die benutzt werden. Sobald Satelliten 
abgeschattet werden (dazu recht schon dein Körper) oder aus sonstigen 
Gründen andere Satelliten zur Berechnung genutzt werden kann die 
Position gerne mal um Meter springen.
Ausprobiert mit einem Garmin GPSmap 64s das auch Glonass Satelliten 
empfängt.

von Marc V. (Firma: Vescomp) (logarithmus)


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Jan H. schrieb:
> Marc V. schrieb:
>> Wenn die Position mit einem Fehler von ungefähr +/- 4m berechnet wird,
>>  dann kann die Geschwindigkeit auch nicht genauer berechnet werden.
>
> Das stimmt nicht. Einerseits kann die Geschwindigkeit bei GPS wie oben
> geschrieben genauer als die Position bestimmt werden. Andererseits kann
> auch die Geschwindigkeitsberechnung über die die Position genauer sein,
> wenn die +/- 4m Abweichung nicht völlig zufällig sind sondern einen
> konstanten Offsetanteil haben.

 Ahem.
 Erstens stimmt die Kalkulation durch Frequenzverschiebung (Doppler)
 nur bei stehendem Gerät und exakter Ausrichtung (Bsp. Polizeiradar)
 oder bei konstanter Geschwindigkeit.

 Bei Beschleunigung/Abbremsung und insbesondere bei schneller
 Kurvenfahrt kann sich der Fehler zeitweise schon in der Größenordnung
 von 10% bewegen.

 Wie auch immer, für Traktionkontroll ist GPS absolut ungeeignet.

: Bearbeitet durch User
von Tom (Gast)


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Kalli L. schrieb:
> ich denke darüber nach, eine Traktionskontrolle per
> GPS-Geschwindigkeitsmessung zur realisieren.

Um den Begriff zu klären, was verstehst Du unter der Traktionskontrolle?

Ich stelle mir da gerade vor, das es bei einem Auto, .... nicht zum 
Durchdrehen der Antriebsräder kommt! Da würde doch eine Messung direkt 
am Antriebsrad Sinn machen? Ist der Weg über GPS Position, daraus die 
Geschwindigkeit und das alles nur mit 10 Hz Update nicht ein bisschen 
für den Hintern wenn es um so eine Art Traktionskontrolle geht? Deshalb 
meine Frage was Du genau unter Traktionskontrolle in deiner(!) Anwednung 
verstehst.

von mukel (Gast)


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Rein per GPS wird das wohl nicht vernüftig laufen. Vorschlag, 
Beschleunigungsensor mit einbauen und mit GPS zusammenfiltern, z.B. 
Kalman-Filter.

Hast du auch nicht angetriebene Räder zur Verfügung? Wenn ja, kannst du 
am einfachsten diese nutzen.

von RP6conrad (Gast)


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Trotzdem diese 10 Hz updaterate ist der delay wesentlich grosser. Bei 
meinen GPS-rover habe ich bis 400 ms delay vermessen. Damit ist eine 
vernunftige traction-control nicht moglich.

von VolkerQt (Gast)


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Kalli L. schrieb:
> Die Endgeschwindigkeit wird so um 50km/h liegen, die Beschleunigungszeit
> ca. bei 5 Sekunden.

Bei dieser "gemächlichen" Beschleunigung brauchst Du keine 
Traktionskontrolle solange dein Schwerpunkt halbwegs vernünftig liegt.

Volker

von Sahitaz (Gast)


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https://www.cbcity.de/von-der-theorie-auf-die-rennstrecke-kalman-filter-fuer-antriebsschlupfregelung

Das ist ein Formula Student Team aus Dresden, dass mit einem auf GPS und 
Beschleunigungssensoren aufgebauten System die Traktionskontrolle mehr 
als gut umsetzen konnten und so das Acceleration Race gewonnen haben.

Solche Sensoren, wie einer in Dresden selbst entwickelt wurde, gibt es 
auch käuflich zu erwerben (unterer 4 stelliger bereich). Dabei bekommt 
man die Geschwindigkeit mit einer Updaterate von teilweise bis zu 500Hz 
übertragen, was locker für eine ASR ausreicht. Auch die Genauigkeit wird 
sehr klein angegeben. Ich habe mir ebenfalls vorgenommen, so etwas 
selbst zu entwickeln.

Grüße aus der Formula Student!

von äxl (Gast)


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coole Sache, was der Herr Kalman sich da ausdachte..
Ich hätte es optisch lösen wollen ( war da nicht n Beitrag letztens, wo 
man die Geschwindigkeit eines Longboards brauchte unud ich einen 
optischen Maussensor vorschlug, der den Boden abtasten sollte? finde ich 
gerade nicht).
Aber ich von dieser höheren Mathematik keine Ahnung.
bin jedenfalls begeistert

von Kalli L. (knl)


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Sahitaz schrieb:
> 
https://www.cbcity.de/von-der-theorie-auf-die-rennstrecke-kalman-filter-fuer-antriebsschlupfregelung
>
> Das ist ein Formula Student Team aus Dresden, dass mit einem auf GPS und
> Beschleunigungssensoren aufgebauten System die Traktionskontrolle mehr
> als gut umsetzen konnten und so das Acceleration Race gewonnen haben.
>
> Solche Sensoren, wie einer in Dresden selbst entwickelt wurde, gibt es
> auch käuflich zu erwerben (unterer 4 stelliger bereich). Dabei bekommt
> man die Geschwindigkeit mit einer Updaterate von teilweise bis zu 500Hz
> übertragen, was locker für eine ASR ausreicht. Auch die Genauigkeit wird
> sehr klein angegeben. Ich habe mir ebenfalls vorgenommen, so etwas
> selbst zu entwickeln.
>
> Grüße aus der Formula Student!


Das klingt sehr vielversprechend, sehr interessant!

Bei meiner Anwendung geht es um so etwas:
https://www.youtube.com/watch?v=4JGyx7ZorU8

Daher ist das mit der Radnabengeschwindigkeit so eine Sache.

von Sahitaz (Gast)


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Meiner Meinung nach gibt es da die von mir erwähnte Methode, mit der 
Fusion aus GPS und Beschleunigungssensoren mit dem extended Kalman 
Filter.
Da braucht man aber denke ich schon ein bisschen Leidenschaft, das wird 
man mal nicht eben in 2 Wochen zusammenschustern.
Ist aber dann eine mehr als brauchbare option.

Du könntest aber auch eine einfachere ASR nur mit 
beschleunigungssensoren und Raddrehzahl verwirklichen, in dem du einfach 
die Beschleunigung deiner Raddrehzahl mit der Beschleunigung in 
Fahrtrichtung vergleichst.
Da bei dir lediglich der Weg geradeaus relevant ist.

Die Sensorfusion hat in der Formula Student die Relevanz, da damit auch 
Torque Vectoring geregelt werden kann. Mit der Sensorkombination kann 
man auch die Vektoriellen geschwindigkeiten in x- und y-richtung 
detektieren und somit ein Über- und Untersteuern erfassen um dann 
gezielt mit Moment auf einelnen rädern (da radnabenmotoren mittlerweile 
bei topteams standard sind) gegenwirken zu können. Das wird in deiner 
Anwendung jedoch nicht nötig sein.

von Sahitaz (Gast)


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äxl schrieb:
> coole Sache, was der Herr Kalman sich da ausdachte..
> Ich hätte es optisch lösen wollen ( war da nicht n Beitrag letztens, wo
> man die Geschwindigkeit eines Longboards brauchte unud ich einen
> optischen Maussensor vorschlug, der den Boden abtasten sollte? finde ich
> gerade nicht).
> Aber ich von dieser höheren Mathematik keine Ahnung.
> bin jedenfalls begeistert

Die optischen Maussensoren wurden auch öfter in Betracht gezogen, leider 
ist das nur bei sehr niedrigen Geschwindigkeiten möglich, da die 
Auflösung sonst katastrophal schlecht wird. zusätzlich muss man die 
Entfernungsunterschiede zum Boden (durch Vibration, oder bei der Formula 
Student -> Fahrwerk) mit einberechnen (also zusätzlich eine 
Abstandsmessung)
Auch wird eine Optik für den Sensor nötig (z.B. in Form einer Linse).
Das macht das Ganze dann doch recht komplex für eine relativ schlechte 
Auflösung und keinerlei erfahrungswerte.

Man kann das optisch jedoch auch mit kameras durchführen (wird bei 
drohnen immer wieder gemacht), wo ich jedoch den Aufwand höher 
einschätze als die Sensorfusion aus GPS und Beschleunigung.

von Tom (Gast)


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Sahitaz schrieb:
> Meiner Meinung nach gibt es da die von mir erwähnte Methode, mit der
> Fusion aus GPS und Beschleunigungssensoren mit dem extended Kalman
> Filter.

Und was kommt dabei raus, wenn das Kart mal auf eine Stecke mit Tunnel 
fährt? Fällt dann die Traktionskontrolle wegen fehlendem GPS aus?

von Sahitaz (Gast)


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Tom schrieb:
> Und was kommt dabei raus, wenn das Kart mal auf eine Stecke mit Tunnel
> fährt? Fällt dann die Traktionskontrolle wegen fehlendem GPS aus?

Rein Theoretisch auf den Anwendungsfall Formula Student bezogen: diese 
Anwendung tritt nicht auf.

Aber ich verstehe natürlich deine Skepsis.
Nein, man kann immernoch Raddrehzahl mit Beschleunigungssensoren 
vergleichen. und ebenso den Lenkwinkel und die Gierrate.
Das System wird ungenauer aber fällt nicht vollkommen aus (wenn alles 
implementiert ist).

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