Hi, ein Vector Network Analyser verfügt typischerweise über zwei Ports. Frage: sind die beiden intern identisch aufgebaut? Jo
Du hast immer einen Generator und einen Detektor. Einfache VNWAs haben diese Ports fest zugewiesen, aufwändigere haben Kreuzschalter, sodass sie beide Ports beliebig zuordnen können.
Etwas präziser: Es gibt bei den neuzeitlichen professionellen Geräten bei zwei Ports drei Architekturen (abgesehen von historischen Ansätzen wie 6-Port-Reflektometer, Messbrücken, etc.): 1. Der Transmission-Reflection-VNA (T/R-VNA): Ein Richtkoppler an Port 1 und drei Empfänger; einer für die vom DUT in Port 1 reflektierte Welle, einer für die nach Port 2 transmittierte Welle, und einer für den Referenzkanal, also die aus Port 1 in das DUT einfallende Welle. Einen Umschalter gibt es nicht. Damit lässt sich nicht die volle S-Matrix messen, sondern nur S_11 und S_21. Beispiele sind der HP 8752 oder die HP 87811/8712/8713/8714 in der Grundversion. 2. Der Dreikanal-VNA: Es gibt jeweils einen Richtkoppler pro Port und drei Empfänger; jeweils einen für die in Port 1 und 2 vom DUT reflektierte Welle, und die Quelle kann mit einem Umschalter auf jeweils einen Port geschaltet werden. Vor dem Umschalter wird der Referenzkanal ausgekoppelt und mit dem dritten Empfänger gemessen. Beispiele sind der HP 8753 oder R&S ZVCE. Damit ist das Gerät symmetrisch aufgebaut was die beiden Ports betrifft, und es lässt sich die volle S-Matrix messen. 3. Der Vierkanal-VNA: Es gibt jeweils einen Richtkoppler pro Port wie beim Dreikanal-VNA, aber vier Empfänger; der Referenzkanal wird hinter dem Umschalter der Quelle jeweils für Port 1 und Port 2 getrennt ausgekoppelt und mit je einem Empfänger pro Port gemessen. Beispiele sind Keysight PNA, R&S ZVA/ZVB, ZNA, etc., praktisch alle modernen Spitzengeräte. Warum vier Empfänger? Damit kann man z.B. das bekannte 12-Term-Fehlerkorrekturmodell bei Verwendung einiger moderner und sehr nützlicher Kalibrierverfahren vollständig quantifizieren. Mit vier Empfängern lässt sich u.a. die in einen Port einfallende und gleichzeitig die reflektierte Welle messen, während der andere Port als Quelle geschaltet ist. Das braucht man in einigen Kalibrierverfahren (hat letztendlich damit zu tun, den Source Match Error (Matching-Fehler wenn der Port als Quelle geschaltet ist) und den Load Match Error (Matching-Fehler wenn der Port als Empfänger geschaltet ist) getrennt voneinander bestimmen zu können; die Mathematik dahinter ist aber etwas komplizierter). Solche Messungen sind Voraussetzung für Kalibrierverfahren wie TRL, LRL, TRM, TOM, TNA, UOSM, etc. Bei einem Dreikanal-VNA stehen diese nicht zur Verfügung (zumindest nicht ohne weiteres), und man ist auf die klassische Open-Short-Load-Thru-Kalibrierung zur Bestimmung des vollen Fehlermodells festgelegt. Einige Hobby-Geräte leisten sich auch nur einen Empfänger mit einem dreifach-Umschalter davor. Dann lässt sich der Einfluss dieses Schalters nicht mehr herauskalibireren. Damit ist das Gerät streng genommen nicht kalibrierbar.
Mario H. schrieb: > Solche Messungen sind Voraussetzung für Kalibrierverfahren wie TRL, LRL, > TRM, TOM, TNA, UOSM, etc. Bei einem Dreikanal-VNA stehen diese nicht zur > Verfügung (zumindest nicht ohne weiteres) Danke, TOM kannte ich noch nicht. Wie geht das?
Tobias P. schrieb: > Danke, TOM kannte ich noch nicht. Wie geht das? Gute Frage, habe ich mir noch nie im Detail angesehen oder gemacht. Kenn sich hier jemand damit aus? Man misst bei TOM an jedem Port einen Open- und einen Match-Standard, und einen Thru als Transmission-Standard. Das gibt für die 1-Port-Standards vier unabhängige Parameter, plus den Thru in beide Richtungen, plus die beiden Switch Terms. Also insgesamt 8 unabhängige Parameter. Wenn man die beiden Crosstalk-Fehler unter den Tisch fallen lässt, braucht man 10 Parameter, um das 12-Term-Fehlermodell zu quantifizieren, wovon 9 unabhängig sind. Irgendwie fehlt da etwas. Es wäre interessant, sich die Mathematik dahinter mal genau anzusehen. Ich habe gerade ein paar Bücher gewälzt, die ich da habe, aber bin nicht wirklich fündig geworden. Das Manual meines VNA sagt auch nur, welche Knöpfe man drücken muss, schweigt sich zu weiteren Details aber weitgehend aus: "A TOM (Through-Open-Match) calibration requires a low-reflection, low-loss through standard with an electrical length that may be different from zero, an open, and a match. The characteristics of all standards must be fully known; the match may have non-ideal characteristics." Als Variante von TOM gibt es auch TSM. Außerdem scheint es auch ein TOM-X zu geben, das Crosstalk-Fehler berücksichtigt. Zwei Paper zum Thema sind offenbar: Eul, Schieck: A Generalized Theory and New Calibration Procedures for Network Analyzer Self Calibration. IEEE Trans. Microwave Theory Tech. 39(4), 724-731 (1991). Zhu, Chen: New algorithms of the TSM and TOM methods for calibrating microwave test fixtures. Microwave Opt. Tech. Lett. 34(1), 26-31 (2002). Muss ich mal besorgen, wenn ich das nächste Mal bei der Uni-Bibliothek vorbeikomme.
Mario H. schrieb: > Man misst bei TOM an jedem Port einen Open- und einen Match-Standard, > und einen Thru als Transmission-Standard. Das gibt für die > 1-Port-Standards vier unabhängige Parameter, plus den Thru in beide > Richtungen, plus die beiden Switch Terms. Also insgesamt 8 unabhängige > Parameter. > > Wenn man die beiden Crosstalk-Fehler unter den Tisch fallen lässt, > braucht man 10 Parameter, um das 12-Term-Fehlermodell zu quantifizieren, > wovon 9 unabhängig sind. Irgendwie fehlt da etwas. Mist, verzählt. Bei der Messung des Thru bekommt man natürlich vier Parameter. Plus zwei Switch Terms, und die vier Parameter durch die Messung der 1-Port-Stnadards. Also insgesamt 10 Parameter. D.h. ausreichend, um das Fehlermodell zu quantifizieren.
Ja die Mathematik dazu mal zu sehen, wär schon spannend. Aber schon bei TRL muss man ein wenig suchen, um sie zu finden, während SOLT ja recht straightforward ist. Dann gäbs noch Unknown Thru (ist das UOSM? das wird beim R&S ZVA40 angeboten, habe ich aber auch noch nie genutzt). Im Buch von Ferrero wärs vielleicht beschrieben, habe aber keines davon da.
Tobias P. schrieb: > Aber schon bei > TRL muss man ein wenig suchen, um sie zu finden könnteste Du bitte den/die Links dazu einmal posten? Tobias P. schrieb: > Dann gäbs noch Unknown Thru da gibt es hier etwas: http://na.support.keysight.com/pna/help/latest/S3_Cals/Calibration_THRU_Methods.htm http://www.ursi.org/proceedings/procGA14/papers/ursi_paper2441.pdf Ich nutze Unknown Thru häufig bei meinem PicoVNA Tobias P. schrieb: > Im Buch von Ferrero wärs vielleicht beschrieben Hättest Du bitte den genauen Titel Eric
Tobias P. schrieb: > Dann gäbs noch Unknown Thru (ist das UOSM? das wird beim R&S ZVA40 > angeboten, habe ich aber auch noch nie genutzt). Ja, das ist Unknown Thru (heißt bei Keysight RSOLT, glaube ich). Ich nehme das recht oft, da es die Chance hat, marginal genauer zu sein als TOSM, denn vom Thru wird nur vorausgesetzt, dass es reziprok ist. Außerdem kann man in vielen Fällen das DUT als Thru nehmen, wenn es nicht zu sehr dämpft, und damit die Anzahl der Verbindungen minimieren. Schont Material und geht schneller. Nochmal zu TOM, soweit ich das mit den hier vorhandenen Informationen nachvollziehen konnte: Bei TOM werden die Kalibrierstandards als vollständig bekannt vorausgesetzt (d.h. mit Modell oder S-Parametern korrigiert). Das unterscheidet TOM von TRM, bei dem Thru ideal ist und Reflect (fast) beliebig sein kann. TRM kann man bekanntlich als Spezialfall von TRL behandeln (unendlich lange Leitung = Match). Wie TOM funktioniert, weiß ich nicht im Detail, ich kann nur vermuten. Ich muss mal die Literatur suchen und sichten, wenn ich in der Bibliothek bin. Anbei mal ein Vergleich von TOM (orange und rote Kurve) und TOSM (grüne und blaue Kurve) eines 10 dB-Abschwächers bei moderaten Frequenzen. Beide Male mit demselben billigen Cal-Kit kalibriert, alles mit SMA (d.h. keine Präzisions-Stecker) verbunden und mit der Hand angezogen. TOM sieht etwas besser aus, aber das kann bei dem Aufbau Zufall sein. Jedenfalls spart man bei der Kalibrierung zwei Messungen und Steckzyklen ein -- sehr schön. Eric schrieb: > könnteste Du bitte den/die Links dazu einmal posten? Na ja, das meiste Wissen zu dem Thema steht in eine Reihe von Zeitschriftenartikeln (im Kern geschätzte 100), ein Großteil davon in IEEE Transactions on Microwave Theory and Techniques. Zum Thema TRL: Engen, G.F, Hoer, C.A.: "Thru-reflect-line": An improved technique for calibrating the dual six-port automatic network analyzer. IEEE Trans. Microwave Theory Tech. 27, 987–993 (1979). Eine etwas vereinfachte Darstellung steht auch im Buch von Pozar; er nimmt an, dass die beiden Error-Boxen gleich sind, um die Notation lehrbuchgerecht zu halten. Aber Achtung: diese beiden Darstellungen beziehen sich auf das 8-Term-Fehlermodell und beinhalten die Annahme, dass die Load- und Source-Port-Match-Fehler gleich sind. Was die VNA-Firmware (zumindest bei vernünftigen Geräten) macht, ist komplizierter: Transformation auf das 10/12-Term-Modell unter Berücksichtigung weiterer Messungen. Eric schrieb: > Tobias P. schrieb: >> Im Buch von Ferrero wärs vielleicht beschrieben > > Hättest Du bitte den genauen Titel Das dürfte "Modern RF and Microwave Measurement Techniques" (Cambridge Univ. Press, 2013) sein. Kenne ich nicht aus eigener Anschauung. Vom Umfang und Inhaltsverzeichnis her würde es mich wundern, wenn es den nötigen Tiefgang hätte. Auch wenn Andrea Ferrero einer der Urheber von UOSM ist.
Hallo, vermutlich meint er: Teppati, V., Ferrero, A., & Sayed, M. (Eds.). (2013). Modern RF and Microwave Measurement Techniques (The Cambridge RF and Microwave Engineering Series). Cambridge: Cambridge University Press. doi:10.1017/CBO9781139567626 MfG egonotto
Eric schrieb: > Tobias P. schrieb: >> Aber schon bei >> TRL muss man ein wenig suchen, um sie zu finden > > könnteste Du bitte den/die Links dazu einmal posten? > > Tobias P. schrieb: >> Dann gäbs noch Unknown Thru > > da gibt es hier etwas: > http://na.support.keysight.com/pna/help/latest/S3_Cals/Calibration_THRU_Methods.htm > http://www.ursi.org/proceedings/procGA14/papers/ursi_paper2441.pdf > > Ich nutze Unknown Thru häufig bei meinem PicoVNA > > Tobias P. schrieb: >> Im Buch von Ferrero wärs vielleicht beschrieben > > Hättest Du bitte den genauen Titel > > Eric Hi, ich muss zugeben, dass ich keinen Link dazu habe. Die bisher einzige brauchbare beschreibung, die ich gefunden habe, ist in Pozar, "Microwave Engineering". SOLT habe ich hier https://hb9fsx.ch/wordpress/index.php/2019/05/16/vna-calibration/ beschrieben und in Matlab mal selber nachvollzogen. Ich wollte das sowieso demnächst für TRL mal machen, weil ich das grad selber brauche ;-) werde daher das Dokument mal noch updaten. Mario H. schrieb: > Engen, G.F, Hoer, C.A.: "Thru-reflect-line": An improved technique for > calibrating the dual six-port automatic network analyzer. IEEE Trans. > Microwave Theory Tech. 27, 987–993 (1979). ja, das ist die übliche Referenz. Habe ich auch durchgelesen. Ist mir ein wenig zu abstrakt; es wird nicht genau erklärt, wie es genau funktionieren soll, nur dass es möglich ist. Super :-) Mario H. schrieb: > Eine etwas vereinfachte Darstellung steht auch im Buch von Pozar; er > nimmt an, dass die beiden Error-Boxen gleich sind, um die Notation > lehrbuchgerecht zu halten. Aber Achtung: diese beiden Darstellungen > beziehen sich auf das 8-Term-Fehlermodell und beinhalten die Annahme, > dass die Load- und Source-Port-Match-Fehler gleich sind. Was die > VNA-Firmware (zumindest bei vernünftigen Geräten) macht, ist > komplizierter: Transformation auf das 10/12-Term-Modell unter > Berücksichtigung weiterer Messungen. ja, leider macht er diese Vereinfachungen, welche in der Realität natürlich nicht akzeptabel sind. Daher muss man leider alles nochmal selber nachrechnen, was mir bis jetzt noch nicht im Detail gelungen ist. Mario H. schrieb: > Das dürfte "Modern RF and Microwave Measurement Techniques" (Cambridge > Univ. Press, 2013) sein. Kenne ich nicht aus eigener Anschauung. Vom > Umfang und Inhaltsverzeichnis her würde es mich wundern, wenn es den > nötigen Tiefgang hätte. Auch wenn Andrea Ferrero einer der Urheber von > UOSM ist. Ganz genau dieses Buch meinte ich. Ich besitze es selber nicht, habe nur mal ein paar Seiten davon gesehen und hatte den Eindruck, es könnte brauchbar sein. Es werden viele Themen angesprochen, ebenso die Kalibrierung, welche meiner Meinung nach leider sonst oft etwas stiefmütterlich behandelt und mystifiziert wird :-( Grüsse Tobias
Tobias P. schrieb: > ja, das ist die übliche Referenz. Habe ich auch durchgelesen. Ist mir > ein wenig zu abstrakt; es wird nicht genau erklärt, wie es genau > funktionieren soll, nur dass es möglich ist. Super :-) Zur Ehrenrettung von Glenn Engen und Cletus Hoer muss man aber sagen, dass das Papier 40 Jahre alt ist. ;-) Die Jungs haben Pionierarbeit geleistet, und sind außerdem von einem Analyzer mit einem 6-Port-Reflektometer ausgegangen, wo am Ende alles auf Leistungsmessungen zurückgeführt wird. Das dürfte nur noch von historischem Interesse sein. Implizit ist die TRL-Lösung aber aufgeführt, nur eben in einer heute wenig brauchbaren Form. :-) Heute rechnet man das lieber mit T-Matrizen, so wie im Buch von Pozar. > ja, leider macht er diese Vereinfachungen, welche in der Realität > natürlich nicht akzeptabel sind. Daher muss man leider alles nochmal > selber nachrechnen, was mir bis jetzt noch nicht im Detail gelungen ist. Man muss unterscheiden zwischen den Annahmen, die das 8-Term-Fehlermodell impliziert, und der Vereinfachung, die Pozar noch obendrauf packt. Das 8-Term-Modell beinhaltet impliziet die Annahme, dass Source- und Load-Port-Match gleich sind. Daher kann man die Fehler mit Error-Boxen an jedem Port beschreiben. Auch Engen und Hoer arbeiten mit dieser Annahme, ohne es explizit zu sagen. Pozar nimmt außerdem an, dass die beiden Error-Boxen gleich sind, wohl um die Notation abzuspecken. Das kann man aber sehr leicht verallgemeinern. Ich glaube, er nimmt auch an, dass der Thru ideal ist. Das nehmen übrigens viele an; die R&S-Analyzer können dem Thru zumindest eine elektrische Länge geben. Das sollte man bei Pozar auch leicht verallgemeinern können, wenn man es denn braucht. Wenn man das implementiert hat, kann man die Einschränkung des 8-Term-Modells versuchen loswerden. Dazu transformiert man das 8-Term-Modell auf das 12-Term-Modell, wobei man die Crosstalk-Fehler zunächst vergessen kann (kann man sowieso in koaxialen Geometrien, das ist eher bei planaren Messungen interessant). Man hat also 10 komplexe Fehlerparameter. Damit man die Transformation durchführen kann, muss man noch die beiden Switch Terms messen. Das machen die Analyzer normalerweise zusammen mit der Messung des Thru. Die Transformation ist z.B. im Buch von Dunsmore [1] beschrieben. Ich glaube, man muss TRL in den Schritten 1. Messung der Standards und Lösung im 8-Term-Modell 2. Bestimmung der Switch Terms 3. Transformation der Fehler in das 10/12-Term-Modell 4. Korrektur der Messwerte im 10/12-Term-Modell behandeln. So werden das auch die Analyzer intern handhaben. Das kann man auch softwaremäßig gut modularisieren und so mit überschaubarem Aufwand viele Kalibrierverfahren abdecken. Mir ist jedenfalls keine TRL-Lösung bekannt, die in natürlicher Weise innerhalb des 12-Term-Modells lebt. > Es werden viele Themen angesprochen, ebenso die > Kalibrierung, welche meiner Meinung nach leider sonst oft etwas > stiefmütterlich behandelt und mystifiziert wird :-( Ich glaube, die Anzahl derjenigen, die das wirklich verstehen, ist auch recht überschaubar, daher mystifiziert man lieber. :-) Ist eben ein Spezialthema, das nie wirklich Eingang in die Lehrbuchliteratur gefunden hat. Da ich öfter gefragt wurde, hatte ich zu dem Thema mal ein Elaborat auf meine Homepage gepackt, allerdings ohne explizite Formeln (am Ende habe ich auch nur den Analyzer rechnen lassen): https://www.mariohellmich.de/projects/trl-cal/trl-cal.html [1] Dunsmore, J.P.: Handbook of Microwave Component Measurements. Chichester: Wiley (2012).
Hallo Hubertus und Mario, Herzlichen Dank für Eure Quellenangaben. @Mario mit Deiner hompage hast Du mir ja jetzt richtig etwas zum Studieren gegeben :-) Ich fand noch zu den Kalibrierverfahren ein paper von Michael Hiebel welches alle Verfahren auflistet ohne gleich die große Mathematik aufzufahren. https://pdfs.semanticscholar.org/2497/8e60b68a24a4169eecbd0763d4a9287037e4.pdf Eric
Hätte vielleicht jemand Lust, aus den schönen hier zusammengetragenen Quellen einen kleinen Artikel fürs hiesige Wiki zu zimmern? Dann würde man es später auch ohne große Sucherei finden … (Also jetzt nicht die ganze Mathematik ausfeilen, sondern die wesentlichen Informationen und Links dieses Threads dahin kopieren.)
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Bearbeitet durch Moderator
Mario, das 8-Term Modell ist mir bekannt, aber nicht, wie genau die Transformation ins 10-Term Modell funktioniert. Im Dokument von D. Rytting http://emlab.uiuc.edu/ece451/appnotes/Rytting_NAModels.pdf ist es Ansatzweise beschrieben, aber auch ein wenig konfus. Wie genau muss vorgegangen werden? Pozar macht das irgendwie kompliziert, da werden noch quadratische Gleichungen gelöst und je nach dem müssen unterschiedliche Lösungen gewählt werden. Das finde ich nicht elegant; bei SOLT kann man sehr einfach ein Gleichungssystem in Matrizenform lösen, was sogar noch geht, wenn man mehr Kalibrierstandards als nur Open, Short und Load hat. (z.B. offet short und dergleichen). Bei TRL müsste das doch auch gehen, aber ich sehe grad nicht wie. Oder ist es so einfach, dass ich nicht drauf komme? also ich glaub, der erste Schritt besteht schon mal darin, dass man T-Parameter statt S-Parameter verwenden muss. Die Errorboxen kann man dann als 2x2 Matrizen darstellen und einfach invertieren. Aber das sind halt nur 8 Terms, weil jede Errorbox 4 Grössen enthält (T11, T12, T21, T22). Andererseits sinds dann aber doch wieder 16 Werte, da die Tij ja komplexwertig sind ;-) Eric schrieb: > Ich fand noch zu den Kalibrierverfahren ein paper von Michael Hiebel > welches alle Verfahren auflistet ohne gleich die große Mathematik > aufzufahren. > https://pdfs.semanticscholar.org/2497/8e60b68a24a4169eecbd0763d4a9287037e4.pdf das ist sehr schade, dass die Mathematik immer weggelassen wird ;-) Jörg W. schrieb: > Hätte vielleicht jemand Lust, aus den schönen hier zusammengetragenen > Quellen einen kleinen Artikel fürs hiesige Wiki zu zimmern? Dann würde > man es später auch ohne große Sucherei finden … ja an einem verregneten Wochenende würde ich das durchaus tun. Hab ja in meinem oben verlinkten PDF bereits was zusammengetragen dazu.
Tobias P. schrieb: > das 8-Term Modell ist mir bekannt, aber nicht, wie genau die > Transformation ins 10-Term Modell funktioniert. Man kann die Fehlerterme aus dem 12-Term-Modell explizit als Funktion der Fehlerterme des 8-Term-Modells schreiben. Ich tippe die Formeln aber jetzt nicht ab. :-) Ich kann Dir aber mal ein Bild schicken oder die Seiten aus dem Buch einscannen. Es gibt auch einen Artikel, der die Transformation beschreibt; müsste ich mal suchen. Und wie gesagt, da das 12-Term-Modell umfassender ist und zwölf komplexe Fehlerterme hat (oder zehn, wenn man wie bei TRL üblich auf die beiden Crosstalk-Fehler verzichtet), und das 8-Term-Modell eben nur acht, muss man zusätzliche Information investieren, um die Transformation durchführen zu können. D.h. man bestimmt durch Messung zwei zusätzliche komplexe Größen, die sogenannten Switch Terms. Nur damit geht die Transformation. Tobias P. schrieb: > Pozar macht das irgendwie kompliziert, da werden noch quadratische > Gleichungen gelöst und je nach dem müssen unterschiedliche Lösungen > gewählt werden. Nee, Pozar macht das einfach. :-) Wenn man alles allgemein lässt, d.h. nicht beide Error-Boxen als identisch und reziprok annimmt, und nicht von vornherein annimmt, wie die Standards aussehen, wird das deutlich komplizierter, auch wenn das Prinzip das gleiche bleibt. Tobias P. schrieb: > Bei TRL müsste das doch auch gehen, aber > ich sehe grad nicht wie. Oder ist es so einfach, dass ich nicht drauf > komme? also ich glaub, der erste Schritt besteht schon mal darin, dass > man T-Parameter statt S-Parameter verwenden muss. In dem folgenden Artikel, den ich vor einiger Zeit mal überflogen habe, wird der Ansatz mit den T-Matrizen in ziemlicher Allgemeinheit aufgezogen, allerdings wird nicht explizit für TRL gelöst: Zhuo et al.: A Unified Approach for Reformulations of LRM/LRMM/LRRM Calibration Algorithms Based on the T-Matrix Representation. Appl. Sci. 7(9), 866 (2017). Der Artikel ist sogar Open Access: https://www.mdpi.com/2076-3417/7/9/866. Aber um das Lösen eines Matrix-Gleichungssystems, das durch die Messungen der einzelnen Standards entsteht, kommt man nicht herum. Und bei TRL bekommt man aus dem Gleichungssystem ja auch noch zusätzliche Informationen, wie den Reflexionskoeffizienten des Reflect-Standards und den Ausbreitungskoeffizienten der Leitung, über die man bei TRL ja keine Informationen investieren muss. Die Größen sind nach der Kalibrierung aus der Lösung des Gleichungssystems bekannt. Ich schaue mir den Artikel die Tage nochmal genauer an. Eric schrieb: > @Mario mit Deiner hompage hast Du mir ja jetzt richtig etwas zum > Studieren gegeben :-) Hinweise auf Fehler und Verbessrungsvorschläge nehme ich gern entgehen. :-) Jörg W. schrieb: > Hätte vielleicht jemand Lust, aus den schönen hier zusammengetragenen > Quellen einen kleinen Artikel fürs hiesige Wiki zu zimmern? Dann würde > man es später auch ohne große Sucherei finden … Man müsste einen Plan machen, was drin stehen soll, und mit welchem Tiefgang. Sonst schreibt man ein Buch.
Mario H. schrieb: > Man müsste einen Plan machen, was drin stehen soll, und mit welchem > Tiefgang. Sonst schreibt man ein Buch. Im Prinzip das an Wissen, was hier im Thread steht, nur durch „Wikiisierung“ etwas weniger vergänglich und leichter auffindbar gemacht.
Mario H. schrieb: > Aber um das Lösen eines Matrix-Gleichungssystems, das durch die > Messungen der einzelnen Standards entsteht, kommt man nicht herum. genau so will man ja das auch, da es dann sehr elegant und übersichtlich geht. Ich hab jetzt grad nicht im Pozar nachgeschaut, aber ich glaube, er verwendet keine Matrizen, weshalb ich seine Notation eben etwas umständlich und länglich finde. Mario H. schrieb: > zusätzliche > Informationen, wie den Reflexionskoeffizienten des Reflect-Standards und > den Ausbreitungskoeffizienten der Leitung, über die man bei TRL ja keine > Informationen investieren muss genau! deshalb ist TRL ja so gut ;-) Der Hintergrund, weshalb ich es grade auch genauer anschaue, ist, weil ich im Moment eine Koaxialzelle zur Messung von Materialparametern (mu, eps) verwende. (Man misst S11 und S21 und und kann daraus mu und eps bestimmen.) Die Zelle hat APC7-Stecker und kann mittig mit Material (Flüssigkeiten, Pulver) gefüllt werden. Allerdings müss man, um die Parameter korrekt messen zu können, die Kalibrierebene dorthin verschieben, wo das zu testende Material beginnt. Bis jetzt habe ich es so gemacht, dass der NWA wie üblich mit SOLT kalibriert wird; danach setzt man anstatt des Materials einen Short in die Koaxzelle ein und berechnet die Port Extension (Delay und Loss). Das funktioniert einigermassen gut. Ich verspreche mir aber eine bessere Genauigkeit, wenn ich TRL verwenden würde. Damit könnte das vorherige Kalibrieren des NWA wohl entfallen und man würde die Anschlüsse der Koaxzelle einfach direkt mit in die Errorboxen rein nehmen. Den Reflect-Standard habe ich ja schon. Für den Thru muss ich mir noch was einfallen lassen, und Line ist auch sehr einfach, da wird einfach kein Material eingefüllt sondern man lässt Luft in der Zelle drin. Aber SOLT ist für die Zelle unbrauchbar, da die Koaxanschlüsse mit Tapers auf ca. 15mm aufgeweitet werden. Da dürfte ein Open-Standard schon recht schwierig zu realisieren sein. Und bevor ich am NWA einfach ein paar Knöpfe drücke, will ich zuerst nachvollziehen, was da passiert. Zudem mache ich die Auswertung sowieso mit Matlab, dann kann auch die Kalibrierung offline am PC in Matlab erfolgen, das wär eigentlich das Ziel (obwohl der NWA natürlich TRL und UOSM und so weiter könnte.) Mario H. schrieb: > Man müsste einen Plan machen, was drin stehen soll, und mit welchem > Tiefgang. Sonst schreibt man ein Buch. naja, ein wenig von der Mathematik muss schon dabei stehen, sonst ist es nicht so nützlich.
Tobias P. schrieb: > Ich hab jetzt grad nicht im Pozar nachgeschaut, aber ich glaube, > er verwendet keine Matrizen, weshalb ich seine Notation eben etwas > umständlich und länglich finde. Er schreibt die S-Parameter der Error-Boxen explizit als Funktion der an den Standards gemessenen S-Parameter. Die S-Parameter der Error-Boxen müsste man dann in T-Parameter umformen, um durch einfache Matrixmultiplikation die korrigierte T-Matrix des DUT zu bekommen, die man dann wieder die S-Matrix des DUT umrechnen würde. Das macht er natürlich nicht mehr explizit, da das extrem länglich und dementsprechend nutzlos würde. Das oben zitierte und verlinkte Papier macht alles mit T-Matrizen. Es schreibt die T-Matrix der Error-Boxen explizit als Funktion der gemessenen Wellengrößen und dem, was über die Standards angenommen wird. Das ist von da aus aber immer noch etwas Handarbeit, um das in eine für ein Kalibrierschema anwendbare Form zu bringen. Bei TRL/TRM/LRM etc. sind die Standards eben nicht vollständig bekannt. Das macht die Sache komplizierter als TOSM bzw. SOLT. > Der Hintergrund, weshalb ich es > grade auch genauer anschaue, ist, weil ich im Moment eine Koaxialzelle > zur Messung von Materialparametern (mu, eps) verwende. [...] > Für den Thru muss ich > mir noch was einfallen lassen Du müsstest Deine Zelle irgendwie kürzen können. Ein herausnehmbares Mittelteil. Oder eine zweite Zelle, die entsprechend kürzer ist. Dann spielt aber die Wiederholbarkeit der Stecker eine größere Rolle. Und die Zelle könnte für TRL recht lang werden, wenn Du mit der Frequenz weit herunter willst. Wie werden eigentlich kommerzielle Messzellen kalibriert? Ich meine, von Keysight gäbe es welche? > Und bevor ich am NWA einfach ein paar Knöpfe drücke, will ich zuerst > nachvollziehen, was da passiert. Das ist löblich. :-) Am Ende, nachdem die Mathematik vollständig verstanden ist, würde ich es aufgrund der inneren Komplexität von TRL aber doch den Analyzer machen lassen. > naja, ein wenig von der Mathematik muss schon dabei stehen, sonst ist es > nicht so nützlich. Ja, im Idealfall schon. Vielleicht kann ich mich ja mal dazu aufraffen.
Mario H. schrieb: > Wie werden eigentlich kommerzielle Messzellen kalibriert? Ich meine, von > Keysight gäbe es welche? es ist eine kommerzielle Zelle, wenngleich nicht von Keysight. Der Mitteilteil, wo man Zeug rein füllt, ist austauschbar und ich habe im Moment 3 verschiedene Längen davon. Die Kalibrierung geht gemäss Herstellerhandbuch über eine "Cell ID card", wo die Parameter der Zelle (Offset Loss, offset delay, ....) notiert sind. Dies aus dem Grund, damit man sich das dauernde Öffnen und wieder Zusammenschrauben der Zelle zum Kalibrieren sparen kann. Allerdings wird m.E. dadurch die Präzision verschlechtert. Ich bin daher grade auch dabei, eine eigene Zelle zu konstruieren, die Steckbar ist und mit Schnellspannern verschlossen wird, dadurch kann man den Aufwand beim Wechseln des Mittelteils reduzieren. Mario H. schrieb: > Am Ende, nachdem die Mathematik vollständig verstanden ist, würde ich es > aufgrund der inneren Komplexität von TRL aber doch den Analyzer machen > lassen. Naja, am Schluss wird ein s2p File auf den PC geladen, der mu und eps bestimmt und wahlweise Debye- oder Lorentz-Modelle fittet. Da werden die Berechnungen für TRL nicht so sehr ins Gewicht fallen ;-)
Tobias P. schrieb: > Die Kalibrierung geht gemäss Herstellerhandbuch über eine "Cell ID > card", wo die Parameter der Zelle (Offset Loss, offset delay, ....) > notiert sind. Dies aus dem Grund, damit man sich das dauernde Öffnen und > wieder Zusammenschrauben der Zelle zum Kalibrieren sparen kann. Also einfach per Port Extension. Okay, kann man sicher machen. > Allerdings wird m.E. dadurch die Präzision verschlechtert. Ich bin daher > grade auch dabei, eine eigene Zelle zu konstruieren, die Steckbar ist > und mit Schnellspannern verschlossen wird, dadurch kann man den Aufwand > beim Wechseln des Mittelteils reduzieren. Du bist ja letztlich an den Leitungsparametern mit und ohne Füllung der Zelle interessiert. Vielleicht nützt es, sich hier die "Calibration Comparison Method" einmal anzusehen. Man macht eine eine Two-Tier-Calibration mit TRL; einmal mit leerer Zelle, und dann nochmal mit gefüllter als Second-Tier-Cal. Aus den Error-Boxen der zweiten Kalibrierung in Bezug zur ersten kann man dann Leitungsparameter bestimmen. Ich weiß, dass man sowas macht, um sehr genau Leitungsimpedanzen in planaren Strukturen zu messen. Vielleicht geht hier ja etwas ähnliches? Dann muss man wohl die Kalibrierung offline machen, denn die meisten VNA unterstützen keine Two-Tier-Calibration. > Naja, am Schluss wird ein s2p File auf den PC geladen, der mu und eps > bestimmt und wahlweise Debye- oder Lorentz-Modelle fittet. Da werden die > Berechnungen für TRL nicht so sehr ins Gewicht fallen ;-) Ich würde sagen, Marquardt-Levenberg oder Nelder-Mead sind einfacher als die TRL-Kalibrierung. :-)
Mario H. schrieb: > Also einfach per Port Extension. Okay, kann man sicher machen. joa, ich sagte ja, ich würde erwarten, dass die Genauigkeit besser wird, wenn man die Zelle direkt kalibriert. Das geht aber m.E. nur mit TRL oder LRL. TRM und SOLT sind nicht möglich, da es für die Zelle keinen Match-Standard gibt. Mario H. schrieb: > Du bist ja letztlich an den Leitungsparametern mit und ohne Füllung der > Zelle interessiert. Vielleicht nützt es, sich hier die "Calibration > Comparison Method" einmal anzusehen. Man macht eine eine > Two-Tier-Calibration mit TRL; einmal mit leerer Zelle, und dann nochmal > mit gefüllter als Second-Tier-Cal. Aus den Error-Boxen der zweiten > Kalibrierung in Bezug zur ersten kann man dann Leitungsparameter > bestimmen. Ich weiß, dass man sowas macht, um sehr genau > Leitungsimpedanzen in planaren Strukturen zu messen. Vielleicht geht > hier ja etwas ähnliches? > > Dann muss man wohl die Kalibrierung offline machen, denn die meisten VNA > unterstützen keine Two-Tier-Calibration. das klingt interessant. Werde ich mal googeln. Mario H. schrieb: > Ich würde sagen, Marquardt-Levenberg oder Nelder-Mead sind einfacher als > die TRL-Kalibrierung. :-) Nelder-Mead setze ich ja momentan ein, um mein Modell zu fitten ;-) an Levenberg-Marquardt habe ich noch gar nicht gedacht, aber das wird etwa gleich gut funktionieren, denke ich mal. Als Beispiel: Bei entionisiertem Wasser habe ich ein eps_0 von 76 ermittelt, eps_infinity von 11 und eine Relaxationszeit von ca. 8 ps. Das passt aber eps_infinity sollte eher bei 5 liegen und eps_0 eher bei 80, aber fürs erste ist es so ok. Ich behaupte einfach mal, dass mit der Port Extension die Genauigkeit unzureichend ist, da von einem perfekten Short ausgegangen wird, was sicherlich nicht der Fall ist.
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