Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Trace Elliot Boxer 65W Bassverstärker


von Burkhard K. (buks)


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Schaltplan gibt es z.B. hier: 
http://bee.mif.pg.gda.pl/ciasteczkowypotwor/SM_scena/Trace-Elliot/Trace-Elliot%20Boxer%2015,%2030,%2065%20(1998)%20Service%20Manual.pdf

Ich habe einen Bassverstärker Boxer 65W von Trace Elliot, der mit 
folgenden Symptomen bei mir landete: (Lautsprecher abgezogen):

  - kein Output bzw. bricht weg.
  - Treiber TR5 wird sehr schnell heiss
  - Begrenzer LED1+LED2 leuchten, selbst bei Volume auf ganz links,
  - negative Spannung -15V bricht irgendwann auf -7,2V ein

Einen Thread mit vergleichbaren Symptomen habe ich in diesem Forum 
gefunden: https://music-electronics-forum.com/showthread.php?t=28784
Die Kurzfassung: Der TO hat nach mehreren Versuchen die Reparatur 
entnervt aufgegeben und die Endstufe durch einen LM3886 ersetzt, da 
ursprüngliche Schaltung offensichtlich den Nullpunkt unzureichend 
stabilisiert.

Ähnliches in meinem Fall. Getauscht habe ich bisher:
  - TR5/6 durch BF420/BF421 ersetzt
  - TL072
  - C13/C22 (220uF, 35V)

Ergebnis: Die LEDs leuchten jetzt nicht mehr, TR5 wird langsamer warm, 
erreicht aber auch ohne Last immer noch Temperaturen > 50°, während TR6 
deutlich kühler bleibt, zieht also deutlich mehr Strom. Der 
Spannungsabfall über R7 ist ca. 0,45V größer als der über R11. Über die 
Dioden D1-D4 liegen ca. 2.6 V an, die Leistungstransistoren scheinen 
o.k. Von einem Lastttest habe ich erstmal abgesehen. Was könnte dieses 
Ungleichgewicht verursachen? Sollte ich vorsorglich noch die 
Leistungstransistoren ersetzen?

Und dann noch: Die Spannung nach dem Gleichrichter beträgt +/-53V - ist 
das nicht vollkommen überdosiert? Wäre es evtl. sinnvoll, den Trafo 
(nicht im Schaltplan) durch einen "kleineren", also mit geringerer 
Ausgangsspannung zu ersetzen?

von MaWin (Gast)


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Entferne R10 und mach die Spannung einstellbar durch ein Poti.
Du kannst nun die Spannungen an
R7 , R11 und R2 , R8 kontrollieren und paarweise etwa gleicb eibstellen.

Welcher Ruhestrom fliesst? Der wird nur durch R1 , R3 , R4 , R5 bestimmt 
und D1-D4 gegengeregelt.

Schau ob du sinnvolle Ruhestromwerte bekomnst und die Spannungen 
paarweise ungefähr gleich sind.

Ansonsten durch paaren der Transistoren gleicher machen.

Schau ob das alles so bleibt wenn die Endstufe wärmer wird.

Erst dann R10 wieder einbauen, in der Hoffnung dass der Treiber ok ist.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Check auch mal die Spannung über dem TL072. Im Normalfall sollten an 
allen Signalpins (Eingänge und Ausgang) etwa 0V stehen.
Generell hat Trace Elliot da m.M.n. was schreckliches gebaut. Keine Spur 
von Überlastschutz, so das der geringste Fehler am Ausgang unweigerlich 
die Endstufe schrottet. Das ist besonders lustig, wenn man eine 
Monoklinke in den  Kopfhörerausgang steckt.

: Bearbeitet durch User
von Mark S. (voltwide)


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Matthias S. schrieb:
> Generell hat Trace Elliot da m.M.n. was schreckliches gebaut.
Das sehe ich leider ganz genauso: built to burn!

: Bearbeitet durch User
von Burkhard K. (buks)


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MaWin schrieb:
> Entferne R10 und mach die Spannung einstellbar durch ein Poti.

Danke für den Hinweis. Leider ist erstmal Feierabend - nachdem ich 
gerade erfolgreich die Funktion von FS1/2 getestet habe (Messspitze).

Matthias S. schrieb:
> Spannung über dem TL072. Im Normalfall sollten an
> allen Signalpins (Eingänge und Ausgang) etwa 0V stehen.

IC1-B war in der Hinsicht in Ordnung. Schwierig war/ist das Justieren 
von TP1 auf 0V, da war ich immer ein paar 100mV zu hoch oder niedrig - 
und der Wert driftete danach weiter weg. Könnte das mit dem PTC TH1 
zusammenhängen? Für den Ausgang von IC1-B spielt das aber keine Rolle.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Burkhard K. schrieb:
> Schwierig war/ist das Justieren
> von TP1 auf 0V

Den finde ich auf dem Plan nicht.

Burkhard K. schrieb:
> Könnte das mit dem PTC TH1
> zusammenhängen?
Das Dings ist wohl so eine Art Limiter, wenn die Kiste zu warm wird. TH1 
wird dann hochohmiger und der JFET leitet immer mehr Audio gegen Masse 
ab. Finde ich auch sehr merkwürdig, hat aber mit der Endstufe auch 
nichts zu tun.

Da die Endstufe vollsymmetrisch aufgebaut ist, sollte man durch 
Vergleich oben und unten Hinweise kriegen. Leider ändert das nichts 
daran, das das Design völlig daneben ist für einen Musikerverstärker 
(Emitterschaltung in den Endstufen z.B. ist Unsinn, die 
Spannungsverstärkung überlässt man besser den Treibern). Die Jungs 
sollten sich mal bei Peavey angucken, wie man stabile Endstufen baut.
Fahre die Endstufe mal über Angst-Widerstände in den 
Versorgungsspannungen und messe die Spannung über den Einzeldioden 
D1-D4. Da sollten innerhalb enger Toleranzen die gleichen Spannungen 
stehen.

von shlabf (Gast)


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Burkhard K. schrieb:
> die Endstufe durch einen LM3886 ersetzt

Das ist vermutlich gar keine üble Idee - ich meine sofort.
Integrierte Verstärker verfügen über div. Schutzfunktionen.

Burkhard K. schrieb:
> Spannung nach dem Gleichrichter beträgt +/-53V - ist
> das nicht vollkommen überdosiert?

Rechnet man ein, daß unter Belastung etwas weniger heraus
kommt, kommt man wohl auf ca. 35VAC bei Vollaussteuerung.

Ein ohmscher Widerstand müßte schon fast 19 Ohm haben, um
unterhalb 65W Leistung aufzunehmen an dieser Spannung.


Keine Ahnung, welche LS daran betrieben werden sollten -
aber das klingt wirklich merkwürdig, da gebe ich Dir recht.


Es ist gar nicht ausgeschlossen, daß irgendwann mal jemand
einen unpassenden Trafo dazugebaut (und "wenigstens" die
restlichen Bauteile im Netzteil angepaßt) hat.


Oder was meinen die anderen User dazu? Spinn' ich denn?
(Bzw. rechne falsch, fehlender Durchblick, etc.)


Wenn ich das richtig sehe, ist die Paarung aus viel zu
hoher Spannung mit diesem schon bei normaler Spannung
fehlerträchtigen Amp ein "must die" Kandidat.


Sollte meine Rechnung stimmen, muß der Trafo raus. Aber...
bevor man weiter macht (mit diesem Amp) würde ich ehrlich
einen IC-Amp wie eben z.B. LM3886 vorziehen.

Um das Ganze zu krönen, würde ich erst mal die geplanten
Speaker ermitteln (Belastbarkeit RMS oder Sinus, Impedanz),
und dann passenden Trafo und IC-Amp (oder aber passendes
(da anpaßbar, vordergründig "nicht überdimensioniertes")
Konzept mit Schutzschaltung) nach diesen Anforderungen
aussuchen und kombinieren.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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shlabf schrieb:
> Um das Ganze zu krönen, würde ich erst mal die geplanten
> Speaker ermitteln

Die sollte der TE sogar da haben, denn die Kiste ist ein Combo.

shlabf schrieb:
> Oder was meinen die anderen User dazu? Spinn' ich denn?

+/- 53V kommt auch mir viel zu hoch vor für einen 65W Verstärker. Ich 
hatte oben schon mal Peavey erwähnt und hier liegt ein Schaltplan von 
einer 400W(!) Endstufe der Jungs, die auch mit +/- 55V betrieben wird.

: Bearbeitet durch User
von MM (Gast)


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R35 hochohmig geworden?
Wenn ja, schwingt der Verstärker.

von Burkhard K. (buks)


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shlabf schrieb:
> Es ist gar nicht ausgeschlossen, daß irgendwann mal jemand
> einen unpassenden Trafo dazugebaut (und "wenigstens" die
> restlichen Bauteile im Netzteil angepaßt) hat.

Nö - alles noch Originalteile, incl. Trafo. Der Kollege aus dem im 
Eingangsposting genannten Forum hat die gleichen Werte gemessen.

MM schrieb:
> R35 hochohmig geworden?

Nein, der hat 4,8 Ohm.

Matthias S. schrieb:
> würde ich erst mal die geplanten Speaker ermitteln

Eine Combo mit einem Celestion K12L-50 - evtl. eine Sonderanfertigung 
für Trace Elliot; wohl 8 Ohm Impedanz.

Während ich auf die Ersatz-FS warte, gefällt mir die Idee, den 
Endstufenmurks durch ein geeignetes IC zu ersetzen immer besser.

Wäre der LM3886 eine passende Wahl? Datenblatt sagt 50 Watt bei 8 Ohm 
und +/-35V., max. 84V. Offensichtlich fühlt sich der LM3886 mit 4 Ohm 
Last wohler? Sonst habe ich noch den TDA7296 von ST gefunden.

von hinz (Gast)


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Burkhard K. schrieb:
> Die Spannung nach dem Gleichrichter beträgt +/-53V - ist
> das nicht vollkommen überdosiert?

Laut Stückliste sind da 4700µF/35V Elkos dran, da sind 53V eindeutig 
viel zu viel.

Oder sind es doch nur +/-26,5V?

von chefkoch (Gast)


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hinz schrieb:

> Laut Stückliste sind da 4700µF/35V Elkos dran, da sind 53V eindeutig
> viel zu viel.

Falsche Stückliste, Augen auf! Es geht hier um einen BOXER65.

von hinz (Gast)


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chefkoch schrieb:
> hinz schrieb:
>
>> Laut Stückliste sind da 4700µF/35V Elkos dran, da sind 53V eindeutig
>> viel zu viel.
>
> Falsche Stückliste, Augen auf! Es geht hier um einen BOXER65.

Ah, dort sinds 63V Elkos.




Dennoch passt die Spannung so gar nicht zu einem so kleinen Verstärker.

von chefkoch (Gast)


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Burkhard K. schrieb:

> Während ich auf die Ersatz-FS warte, gefällt mir die Idee, den
> Endstufenmurks durch ein geeignetes IC zu ersetzen immer besser.

Scheiß Idee. Gerade der harte Überstromschutz, der das verdampfen der 
Transistörchen auf ICs verhindert, ohne Rücksicht auf Verzerrungen, 
führt zum Verlust von Leistungs- und Übersteuerungsreserven die in einem 
Bass-Amp besonders dringend gebraucht werden.

Der Kollege, der hier Kurzschlussgefahr an der Kopfhörer-Klinkenbuchse 
wittert, darf auch mal sein Brille rauskramen, bevor er das nächste mal 
auf den Schaltplan schaut.
Und der angenörgelte Limiter ist auch keineswegs merkwürdig, er 
reduziert die Leistung sinnvollerweise temperaturabhängig ohne 
Verzerrungen hervorzurufen. Lässt aber Raum für kurzzeitig wesentlich 
höhere Ausgangsleistung.
Booh, hier sind wieder Experten unterwegs... Bring den Amp lieber in 
eine Werkstatt, das wird so nichts!

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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chefkoch schrieb:
> Der Kollege, der hier Kurzschlussgefahr an der Kopfhörer-Klinkenbuchse
> wittert, darf auch mal sein Brille rauskramen, bevor er das nächste mal
> auf den Schaltplan schaut.

Jaja, den 1k habe ich zu spät gesehen. Nichtsdestotrotz hat die Endstufe 
keinerlei Überlastsicherung und ist grenzwertig konstruiert. Das taugt 
nicht für Musiker.

chefkoch schrieb:
> Und der angenörgelte Limiter ist auch keineswegs merkwürdig, er
> reduziert die Leistung sinnvollerweise temperaturabhängig ohne
> Verzerrungen hervorzurufen.

Ein vernünftiges Konzept braucht so etwas nicht. Meine Bass Endstufe hat 
2*240W und keinen Limiter. Die Endstufe muss halt anständig gekühlt 
werden. Ich spiel doch nicht im Sommergarten und wundere mich dann, 
warum das Dings immer leiser wird.

: Bearbeitet durch User
von Dieter (Gast)


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Ohne zu Messen wird das nichts.
a) Spannung vor und nach R20, Spannungsabfall darueber.
b) Spannung ueber R7 und R11.

von Dieter (Gast)


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Vergessen noch den
c) Spannungsabfall im Ruhe ueber R Last 8 Ohm.
d) Versorgungsspannung + und - gegenueber Masse.

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