Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik AA-Tiefpass vor Delta-Sigma-Wandler


von ElecEddy R. (forrix)


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Hallo zusammen, ich stehe glaube ich grad auf dem Schlauch.

Ich habe einen Delta-Sigma ADC (AD7771 
https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/data-sheets/AD7771.pdf) 
und ein Eingangsnutzsignal bis 25kHz.  Der Wandler schafft 128ksps.

Ich brauche vor dem Wandler schon einen AA-Tiefpass, der das Signal 
spätestens bei 64kHz abschneidet, oder?

Und wenn ja, was würdet ihr sagen, wo ich mit der Dämpfung bei den 64kHz 
angekommen sein sollte. Also 40dB, 50dB ... ich habe da keine wirkliche 
Vorstellung.

Besten Dank! :)

von Elias K. (elik)


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Schau doch mal auf Seite 37 bezüglich der Clocks. Das schöne an Delta 
Sigma ist ja gerade, dass die Sampling-Frequenz f_s so hoch liegt - 
wesentlich höher, als die Data-Output-Rate. Damit sind AA-Filter 
geringerer Ordnung möglich.

Wenn du die volle Auflösung haben möchtest, musst der AA-Filter eine 
Dämpfung von ca. 110 dB bei f_s erreichen.(*) Wie hoch f_s in deinem 
Fall ist, hängt von dem externen Takt MCLK und der Konfiguration des ADC 
ab. Das steht wie gesagt, auf Seite 37.

Andere Frequenzanteile kannst du im Zweifelsfall danach digital 
rausfiltern.

Viel Spass, die 24 Bit zu erreichen. Bei 1V Full-Scale Input entspricht 
ein LSB 60 nV. Zum Vergleich: Ein 1kOhm Widerstand hat in dem 
Frequenzbereich ein thermisches Rauschen mit einer RMS-Spannung von ca. 
600 nV...


(*) Eigentlich: SINAD = 6.02dB/Bit * Bit + 1.76dB = 6.02 * 24 + 1.76 = 
146 dB. Laut Seite 6 liegt die Auflösung für die meisten Modi aber im 
Bereich bis 110 dB (ca. 18 Bit ENOB).

von Achim S. (Gast)


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ElecEddy R. schrieb:
> Ich brauche vor dem Wandler schon einen AA-Tiefpass, der das Signal
> spätestens bei 64kHz abschneidet, oder?

Selbst bei der maximalen Datenrate macht der AD7771 noch ein 16 faches 
Oversampling. Wenn es dir nur um Vermeidung von Aliasing geht, wäre die 
"kritische" Frequenz also 16*64kHz = 1MHz. Einer der großen Vorteile von 
Delta-Sigma. Aber wenn dein Nutzsignal nur bis 25kHz geht und du alles 
darüber als unerwünschte Signalanteile betrachtest, kann dein Filter 
sich natürlich daran orientieren.

ElecEddy R. schrieb:
> was würdet ihr sagen, wo ich mit der Dämpfung bei den 64kHz
> angekommen sein sollte. Also 40dB, 50dB ...

Das hängt vollständig davon ab
- wie viel (unerwünschtes) Signal (bzw. Störungen oder Rauschen) dein 
Eingangssignal bei diesen Frequenzen besitzt und
- wie viel von diesen unerwünschten Anteilen (Störungen, Rauschen) du in 
deinem digitalen Ausgangssignal akzeptieren willst.

Wenn im Extremfall dein Eingangssignal überhaupt keine Spektralanteile 
oberhalb von 25kHz haben sollte (auch kein Rauschen), dann bräuchtest du 
auch keinen Filter, der nichtvorhandene Spektralanteile wegfiltert.

von Sven B. (scummos)


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Und noch was: das im Spektrum über den 25 kHz enthaltene Rauschen kannst 
du ja digital wegfiltern, das ist also nicht schlimm. Wenn es also 
wirklich kein Nutzsignal in diesem Frequenzbereich gibt, ist nicht die 
Dämpfung des Filters bei 64 kHz relevant, sondern bei 64 kHz + (64 kHz - 
25 kHz) = 104 kHz und darüber, weil das Rauschen bei z.B. 65 kHz ja im 
Spektrum noch nicht da landet, wo es dich stört, sondern bei 63 kHz.

: Bearbeitet durch User
von Christian S. (roehrenvorheizer)


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von ElecEddy R. (forrix)


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Elias K. schrieb:
> Wenn du die volle Auflösung haben möchtest, musst der AA-Filter eine
> Dämpfung von ca. 110 dB bei f_s erreichen.(*) Wie hoch f_s in deinem
> Fall ist, hängt von dem externen Takt MCLK und der Konfiguration des ADC
> ab.

Achim S. schrieb:
> Selbst bei der maximalen Datenrate macht der AD7771 noch ein 16 faches
> Oversampling. Wenn es dir nur um Vermeidung von Aliasing geht, wäre die
> "kritische" Frequenz also 16*64kHz = 1MHz.


Ah ok. Also die MCLK im High Resolution Mode wird durch 4 geteilt (macht 
ca. 2MHz). Damit ergibt sich dann jeweils das Oversampling. Sprich, wenn 
ich bspw. statt 128ksps nur 64ksps ODR haben will würde der Modulator 
32-fach zeitlich überabtasten und damit hätte ich dann noch einen 
genaueren Spannungswert. (siehe Anhang)

Ich dachte irgendwie, dass vor dem ADC-Modulator noch ein S&H-Glied 
sitzt um den aktuellen analogen Wert für den Modulatorzyklus zu halten. 
Sprich der Wert kommt, wird gehalten und dann läuft der Zyklus z.B. 
16-mal ab, sodass ich im Bitstream 16 einzelne Werte habe über die dann 
der TP den Mittelwert erzeugt.

von ElecEddy R. (forrix)


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Sven B. schrieb:
> Und noch was: das im Spektrum über den 25 kHz enthaltene Rauschen kannst
> du ja digital wegfiltern, das ist also nicht schlimm. Wenn es also
> wirklich kein Nutzsignal in diesem Frequenzbereich gibt, ist nicht die
> Dämpfung des Filters bei 64 kHz relevant, sondern bei 64 kHz + (64 kHz -
> 25 kHz) = 104 kHz und darüber, weil das Rauschen bei z.B. 65 kHz ja im
> Spektrum noch nicht da landet, wo es dich stört, sondern bei 63 kHz.

Das ist ein guter Tipp.

von ElecEddy R. (forrix)


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Elias K. schrieb:
> (*) Eigentlich: SINAD = 6.02dB/Bit * Bit + 1.76dB = 6.02 * 24 + 1.76 =
> 146 dB. Laut Seite 6 liegt die Auflösung für die meisten Modi aber im
> Bereich bis 110 dB (ca. 18 Bit ENOB).

Also hat der ADC nur theoretisch eine Auflösung von 24 Bit und durch 
Rauschen und Verzerrung eher um die 18 Bit rum.

von Achim S. (Gast)


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ElecEddy R. schrieb:
> Ich dachte irgendwie, dass vor dem ADC-Modulator noch ein S&H-Glied
> sitzt um den aktuellen analogen Wert für den Modulatorzyklus zu halten.

Sowas wäre zwar theoretisch möglich. Praktisch kommt es aber sehr selten 
vor, und beim AD7771 ist es sicher nicht der Fall. Sonst könnten sich 
keine Filtercharakteristiken wie die in Fig. 111 ergeben. (Wobei dort 
die Frequenzskala mit MHz beschriftet ist, richtig dürften wohl kHz 
sein).

ElecEddy R. schrieb:
> Also hat der ADC nur theoretisch eine Auflösung von 24 Bit und durch
> Rauschen und Verzerrung eher um die 18 Bit rum.

Die Auflösung beträgt exakt 24Bit. Aber das digitalisierte Signal hat 
einen gewissen Rauschanteil. Die effektive Auflösung ist eine 
rechnerische Größe, die etwas zum Signal-Rauschverhältnis bei einer 
bestimmten Messbedingung aussagt.

Sie bezieht sich auf den Effektivwert des Rauschens. Das bedeutet 
nicht, dass die rund 18Bit exakt stabil und rauschfrei sind. Dazu 
müsstest du den Spitzenwert des Rauschens betrachten, der für gewöhnlich 
um den Faktor 6,6 größer angesetzt wird als der Effektivwert.

Ein Faktor 6,6 entspricht 2,7 Bit. Das bedeutet, dass von den 18 
effektiven Bits immer noch zwei bis drei Bits "wackeln" können.

von ElecEddy R. (forrix)


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Alles klar, danke. Das leuchtet ein. :)

Achim S. schrieb:
> Sowas wäre zwar theoretisch möglich. Praktisch kommt es aber sehr selten
> vor, und beim AD7771 ist es sicher nicht der Fall.

Aber wie wird dann der aktuelle Wert, also der Eingangswert, für den 
Modulatorblock gehalten? An erster Stelle steht da ja, wenn man mal von 
einem einfachen Modell 1. Ordnung ausgeht, ein Differenzverstärker. Bei 
einem Oversampling von 16 würde dann die Feedbackschleife 16 mal 
durchlaufen werden. Das heißt für diese 16 Durchläufe müsste doch der 
Eingangswert konstant sein um dann über den Bitstream den Mittelwert zu 
bilden?

Stimmt dann die Annahme, dass mit höherem Oversampling im Modulator der 
SNR steigt (da ja über einen größeren Bereich gemittelt wird), aber 
dadurch am Ende die ODR sinkt?

von Achim S. (Gast)


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ElecEddy R. schrieb:
> Aber wie wird dann der aktuelle Wert, also der Eingangswert, für den
> Modulatorblock gehalten?

Gar nicht.

Der Delta-Sigma macht zwar auch eine Abtastung (im zeitdiskret 
arbeitenden Modulator). Von daher muss man auch bei ihm über Aliasing... 
nachdenken, wenn auch wesentlich entspannter als bei anderen ADCs.

Aber der Delta-Sigma liefert nicht einen Digitalwert am Ausgang, der die 
Eingangsspanung zu einem möglichst genau definierten Abtastzeitpunkt 
repräsentiert. Sondern der Digitalwert repräsentiert die Analogspannung 
zu einem gewissen Zeitraum (über den der Digitalfilter mittelt).

ElecEddy R. schrieb:
> dass mit höherem Oversampling im Modulator der
> SNR steigt (da ja über einen größeren Bereich gemittelt wird)

Ja

ElecEddy R. schrieb:
> aber
> dadurch am Ende die ODR sinkt?

Jetzt musste ich erst mal grübeln, wofür ODR wohl stehen soll. Es geht 
wohl um die Output Data Rate? Dann ist die Antwort natürlich: ja.

von ElecEddy R. (forrix)


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Ja mega, es hat Klick gemacht. Vielen Dank!

Genau, mit ODR ist die Output Data Rate gemeint.

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