Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Permanantmagnetmotor mit Überspannung betreiben


von Walter T. (nicolas)


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Hallo zusammen,

ich habe einen Permanentmagnet-DC-Motor MY6812 12 V/120 W. Was kann mit 
so einem Motörchen passieren, wenn es mit Überspannung (z.B. 24 V) 
betrieben wird?

Die Isolationsspannung wird bei 12 V/24 V wohl eher keine Rolle spielen.

Die Wälzlager werden bei 5000 vs. 3000 U/min auch keinen Ärger machen.

Was ich mir vorstellen kann, ist daß ich natürlich peinlichst darauf 
achten muß, daß die Auslegungsleistung nicht überschritten wird, damit 
der Motor nicht überhitzt.

Und sonst? Können die Permanentmagneten irgendwie durch Sättigung der 
Spule beschädigt werden? Droht anderweitig Ungemach?

Die mir bekannten Suchmaschinen halten sich bei der Begriffpaarung 
"Permanentmagnetmotor" und "Überspannung" leider vornehm zurück.

: Bearbeitet durch User
von Martin (Gast)


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In welchem Betriebspunkt möchtest Du den Motor betreiben? 
Drehzahl/Moment/Strom?

Demagnetisierung der Statormagnete habe ich irgendwo mal spezifiziert 
gesehen, war aber jenseits von Gut und Böse.

Kurzfristig limitierend wird die thermische Verlustleistung im Rotor 
sein (I^2R, spezifiziert als Nennstrom), langfristig Lager- und 
Bürstenverschleiss.

von Klaus (Gast)


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Walter T. schrieb:
> Was ich mir vorstellen kann, ist daß ich natürlich peinlichst darauf
> achten muß, daß die Auslegungsleistung nicht überschritten wird, damit
> der Motor nicht überhitzt.

Ich würd nicht auf die Ausgangsleistung schauen, wenns in Wirklichkeit 
um die Temperatur geht, sondern auf die Temperatur selbst. Da ein Stück 
Eisen und ein Haufen Kupfer schon eine gewisse Wärmekapazität hat, 
beschränkt man sich sonst zu stark. Jeder Akkuschrauber läuft mit 
massiver Überlast, muß dann genug Zeit zum Abkühlen haben.

MfG Klaus

P.S. warum ist dir das peinlich?

von Karl K. (karl2go)


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Walter T. schrieb:
> Die Wälzlager werden bei 5000 vs. 3000 U/min auch keinen Ärger machen.

Wenn ich das von Maxon noch richtig im Hinterkopf habe, erhöht eine 
Halbierung der Drehzahl die Lebensdauer der Lager ums das Zehnfache. 
Demzufolge würde eine Verdopplung der Drehzahl die Lebensdauer auf ein 
Zehntel reduzieren.

Wobei das natürlich vom Lagertyp und anderen Faktoren abhängt. Ein auf 
Kante genähtes Lager eines Chinamotörchens dürfte bei doppelter Drehzahl 
schnell aufgeben.

von Arno (Gast)


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Um das noch einmal zu unterstreichen: Problematisch dürften Lager und 
Bürsten sein, dann Unwuchten im Rotor, die ggf. zu verstärktem 
Lagerverschleiß führen oder sogar die Luftspalte punktuell zu eng werden 
lassen.

Magnetisch/Elektrisch ist mehr Spannung/Drehzahl erstmal wohl kein 
Problem, solange der Strom unterhalb des Maximalstroms bleibt.

MfG, Arno

von Walter T. (nicolas)


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Arno schrieb:
> Problematisch dürften Lager

Nö, bei diesen Drehzahlbereichen läuft die Lebensdauerkurve von 
Wälzlagern noch recht flach. Bei Glockenankermotoren im 30kU/min-Bereich 
sieht das anders aus.

Arno schrieb:
> dann Unwuchten im Rotor,

Wir reden von 3000/5000 U/min. Wenn bei solchen Drehzahlen nennenswerte 
Unwuchten vorhanden sind, hört man das deutlich. In diesem Bereich mache 
ich mir keine Sorgen.

Arno schrieb:
> und
> Bürsten sein

Die Bürsten haben mehr zu tun. Bei normaler Nutzung dürften die nicht 
wechselbaren Bürsten tatsächlich das lebensdauerbestimmende Bauteil 
sein. Wenn ich mich richtig erinnere (ich finde gerade keine Quelle), 
wird die Lebensdauer von Bürsten mehr vom Strom als von der Drehzahl 
bestimmt. Wenn also die Bürsten bei doppelter Drehzahl nur halb so lange 
leben, finde ich das in Ordnung.

Darf man bei einem Permanentmagnet-DC-Motor eigentlich den Anker (z.B. 
zum Lagerwechsel) ausbauen, oder sind dann - wie bei einem Schrittmotor 
- dann die Statormagnete dauerhaft demagnetisiert? Normalerweise dürfte 
doch ein DC-Motor - im Gegensatz zum Schrittmotor - ohnehin einen recht 
hohen magnetischen Widerstand haben, oder?

von Karl K. (karl2go)


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Walter T. schrieb:
> Darf man bei einem Permanentmagnet-DC-Motor eigentlich den Anker (z.B.
> zum Lagerwechsel) ausbauen

Normalerweise kein Problem, schon oft gemacht um bei Kleinmotoren den 
Kollektor zu säubern. Man sollte sich, falls das nicht mechanisch 
definiert ist, die Lage des Kollektorgehäuses markieren, die Stellung 
der Kohlen zum Permanentmagnet muss stimmen.

Zur erhöhten Leistung: Neodynmagnete verlieren bei 100-120°C schon ihre 
Magnetisierung.

von Mariella M. (mauriella)


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zerlegen in kein Problem.
Überlast auch nicht..lediglich wie bereits genannt die Kohlen.
Und Temperatur halt beachten.
Wieso sollten beim Schrittmotor die Magneten Schaden nehmen beim 
Entnehmen des Ankers!?
Wo hast Du das denn her?!

: Bearbeitet durch User
von Walter T. (nicolas)


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Mariella M. schrieb:
> Wo hast Du das denn her?!

Ich finde die Quelle nicht mehr. Irgendwo habe ich gelesen, daß beim 
Schrittmotoren die Magnete nach dem Zusammenbau noch einmal bewußt 
aufmagnetisiert werden, bis sie in die Sättigung getrieben wurden. Der 
geringe Widerstand des magnetischen Kreises im Schrittmotor sorgt dann 
dafür, daß der entsprechende Zweig in der magnetischen Hysteresekurve 
bis zum Zerlegen des Motors nicht wieder verlassen wird.

Naja. Wenn in einem Thread das Wort "Schrittmotor" fällt, dürfte sich 
früher oder später noch Thorsten Ostermann einschalten. Der hat dann 
vermutlich mehr zu dem Thema.

: Bearbeitet durch User
von Matthias L. (limbachnet)


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Über Schrittmotoren habe ich das auch so aufgeschnappt und genau deshalb 
nicht ausprobiert.
Permanentmagnet-Kleinmotoren aus der Modellbau-Ecke hatte ich schon ein 
paar auseinander genommen und wieder zusammengesetzt, die haben das 
problemlos überlebt.

von Andre (Gast)


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Walter T. schrieb:
> Was kann mit so einem Motörchen passieren, wenn es mit Überspannung
> (z.B. 24 V) betrieben wird?

Also wenn ich an meine "wilden Jahre" denke, erstes Labornetzteil 
gekauft und dann alles bestromen was Anschlüsse besitzt... Erinnere ich 
mich an wildes Bürstenfeuer, Hitze und Gestank.
Ob das besser wird wenn der Motor belastet ist und die Drehzahl nicht 
völlig durch die Decke geht?
Definitiv nichts was ich sorglos in Dauerbetrieb geben würde, nur 
kurzfristig als Leistungsspitze vielleicht.

von Mariella M. (mauriella)


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Du denkst dabei aber eher an die kleinen mabuchi Motoren mit 12000 
Umdrehungen und mehr..und die dann mit doppelter Spannung..joa...das ist 
aber auch eine ganz andere Nummer;-)

von MaWin (Gast)


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Walter T. schrieb:
> Was kann mit so einem Motörchen passieren, wenn es mit Überspannung
> (z.B. 24 V) betrieben wird?

Warum ist das wichtig, warum sollte man so einen Motor mit Überspannung 
betreiben ?

Weil man gerade keine niedrigere Spannung da hat ?

Da die leistungsbegrenzende Abwärme eines Motor vom abverlangten 
Drehmoment und damit Strom abhängt, ist die Betriebsspannung und damit 
Drehtahl eigenglich egal.

Man darf den Motor bei gleicher Belastung mit mehr Spannung zu mehr 
Drehzahl bringen und hat bei doppelter Drehzahl schon die doppelte 
Leistung. Doppelte Leistung klingt immer werbewirksam, warum sollte der 
Hersteller als nicht auf jeden Motor die doppelte oder zehnfache 
Spannung draufschreiben, 1.2kW klingt docb besser als 120W.

Ganz einfach: offenbar gibt es einen gewichtigen Grund, die Motoren 
nicht mit dermassen hochgelogenen Spannungsangaben zu verkaufen.

Wohl weil er dann erheblich weniger lange lebt. Wenn Unwucht, Lager, 
Bürsten und Wicklungsbefestigung schwächer ausgelegt werden können, 
macht ein Hersteller das doch. Der hat doch nichts zu verschenken.

von Karl K. (karl2go)


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MaWin schrieb:
> Warum ist das wichtig, warum sollte man so einen Motor mit Überspannung
> betreiben ?

Naja, es heißt ja auch Nennspannung, und nicht Maximalspannung. Die 
Nennspannung ist die Spannung, für die der Motor spezifiziert ist.

Und wie man in obigem Diagramm sieht, geht z.B. Faulhaber durchaus davon 
aus, dass die Motoren mit deutlich höherer Spannung betrieben werden 
können - wenn man dabei im erlaubten Arbeitsbereich bleibt.

von Walter T. (nicolas)


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MaWin schrieb:
> Man darf den Motor bei gleicher Belastung mit mehr Spannung zu mehr
> Drehzahl bringen und hat bei doppelter Drehzahl schon die doppelte
> Leistung.

Ist das der echte MaWin? Der weiß eigentlich, daß die Leistung nicht nur 
von der Drehzahl abhängt, sondern vom Drehmoment. Letzteres wiederum von 
der Last. Mache ich die doppelte Drehzahl bei halbem Drehmoment, bleibt 
die Leistung erst einmal gleich. Die meisten Lasten (meine nicht) haben 
eine ansteigende Drehzahl-Drehmoment-Kennlinie. Bei linearer Kennlinie 
wäre die Leistung bei doppelter Drehzahl sogar viermal so hoch.

Trifft aber alles hier nicht zu. Das Lastmoment ist stark schwankend und 
hat mit der Drehzahl nur wenig zu tun.

MaWin schrieb:
> Warum ist das wichtig, warum sollte man so einen Motor mit Überspannung
> betreiben ?

Weil man - wenn der Motor in einem breiteren Drehzahlband betrieben 
werden kann - seltener den Riemen umlegen muß. Es ist schon ein 
Unterschied, ob ich den Motor von 50%-100% oder von 50% bis 200% der 
Nenndrehzahl betreiben kann.

MaWin schrieb:
> Ganz einfach: offenbar gibt es einen gewichtigen Grund, die Motoren
> nicht mit dermassen hochgelogenen Spannungsangaben zu verkaufen.

Sicher. Wer einen Motor mit 12V / 3600 U/min / 0,3 Nm benötigt, wird 
nicht nach einem Motor mit 24 V/5000 U/min/0,2 Nm suchen. Drehmoment ist 
oft deutlich beliebter als Drehzahl.

von MaWin (Gast)


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Walter T. schrieb:
> MaWin schrieb:
>> Man darf den Motor bei gleicher Belastung mit mehr Spannung zu mehr
>> Drehzahl bringen und hat bei doppelter Drehzahl schon die doppelte
>> Leistung.
>
> Ist das der echte MaWin? Der weiß eigentlich, daß die Leistung nicht nur
> von der Drehzahl abhängt, sondern vom Drehmoment

Ist das ein typischer Walter, rumnölen ohne Verstand ?

Der Satz fängt nicht ohne Grund mit "bei gleicher Belastung" an, du hast 
es sogar mitzitiert, das meint dasselbe Drehmoment.

von Walter T. (nicolas)


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Okay, vom Idiom ist es der echte MaWin.


MaWin schrieb:
> "bei gleicher Belastung" [...] das meint dasselbe Drehmoment.

"Belastung" ist bei dynamischen Systemen eine Leistung oder Arbeit. Bei 
statischen Systemen auch mal nur eine Kraft, weil sie auf einen 
normierten Weg bezogen wird.

Füg das ruhig Deinem Wissensschatz hinzu. Dann kannst Du das bei 
Gelegenheit einem Anfänger um die Ohren hauen.

von MaWin (Gast)


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Walter T. schrieb:
> Füg das ruhig Deinem Wissensschatz hinzu

Mein Wissensschatz besteht darin, es jedermann verständlich erklären zu 
können mit einfachen Worten, nicht schmalspurpedantengerecht in 
Fachkauderwelsch zu versinken.

von Walter T. (nicolas)


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Du hast Recht. Gute Nacht!

von Lurchi (Gast)


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Je nach Motor kann das Bürstenfeuer bei mehr Spannung deutlich zunehmen. 
Im Extemfall löschen die Funken nicht mehr und bleiben dann zwischen den 
Kollektor-segmenten. Es kann helfen wenn die Kohlen schon etwas 
eingelaufen sind.

Ein Teil der höheren Verluste werden von mehr Luftstrom und damit 
verbesserter Kühlung kompensiert. D.h. die Leistung darf schon ein wenig 
über den Nennwert gehen. So ein Motor ist thermisch in der Regel relativ 
träge, d.h. kurzzeitig darf die Leistung sowieso höher sein.

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