Hallo liebe Elektronikfreunde, vielleicht könnt ihr mir weiterhelfen. Ich habe zwar schon Google angeworfen, aber leider nicht wirklich etwas brauchbares gefunden. Aus Interesse würde ich mir gerne einmal die Sicherheitsbestimmungen für Steuergeräte, die an Board von Flugzeugen verwendet werden, durchlesen. (Isolationsabstände, Spannungsklassen, maximale Betriebstemperatur, Eigenschaften von Gedächnisbausteinen wie EPROMs) Gibt es irgendeine legale Möglichkeit diese einzusehen? Viele Grüße Jürgen
Jürgen W. schrieb: > Gibt es irgendeine legale Möglichkeit diese einzusehen? Ja, kauf dir nen Buch, bspw: ISBN: 978-1118341803 Ein standard dort: https://www.sae.org/standards/content/as9100d/ wobei es bei Avionics standard ist, eben nicht konkrete technische Angaben zu geben, mit deren Ereichung das PCB als flugtauglich gilt. Sondern vorgaben zur ausfallwahrscheinlichkeit zu machen und wie diese nachzuweisen ist. Wie du das erreichst ist deiner eigenen Ingenieurskunst. Einfach so Vorschriften einhalten und fertig der Lack ist nicht.
Für die Austattung von Flugzeugen gibt es auch internationale Normen, z.B. hier für elektrische Bordsysteme: https://www.iso.org/committee/46506/x/catalogue/ Wie bei fast allen Normen ist die Einsicht auch hier kostenpflichtig.
Bier ist keine Politur schrieb: > wobei es bei Avionics standard ist, eben nicht konkrete technische > Angaben zu geben, mit deren Ereichung das PCB als flugtauglich gilt. > Sondern vorgaben zur ausfallwahrscheinlichkeit zu machen und wie diese > nachzuweisen ist. Wie du das erreichst ist deiner eigenen > Ingenieurskunst. Das heißt, FMEA machen, für jedes Bauteil die möglichen Fehler herausschreiben und dann nach dem guten alten MIL-Standard einen FIT-wert berechnen? Wie weit treibt man sowas dort, auf Bauteilebene, oder werden da Schaltungsblöcke betrachtet?
Jürgen W. schrieb: > (Isolationsabstände, Spannungsklassen, maximale Betriebstemperatur, > Eigenschaften von Gedächnisbausteinen wie EPROMs) Du bist auf dem völlig falschen Dampfer. Das sind Lapalien, die man eben mitmacht. Spannend wird es bei all den Bestimmungen die Du garnicht auf dem Zettel hast. DO-160 und ABD 0100 lesen, für den ersten Eindruck. Du brauchst einen zertifizierten Designbetrieb, für die Entwicklung, einen zertifizierten Produktionsbetrieb für die Produktion und einen zertifizierten Reparaturbetrieb für... Du ahnst es sicherlich bereits. Oder Du wendest Dich an einen Betrieb der das alles schon hat und versuchst da Dein Produkt zu platzieren. Die nehmen maximal Deine Idee und baues das dann luftfahrtkonform. Du bekommst da ein warmes Mittagessen für. Bedenke das die Zertifizierung von Hard und Software schnell Kosten jenseits der 100K€ verursacht. Dann hast Du etwas das auf ein einziges Flugzeugmuster zugelassen ist, weil sowas auf jedes Muster gesondert zugelassen werden muss. Machbar ohnehin nur im VIP Geschäft, wenn die was super sonder Spezielles haben wollen. Nur dann finden die auch einen Weg den Kram irgendwie legal in den Flieger zu bekommen. Das Gerät spielt eigentlich keine besondere Rolle in dem ganzen Prozess. 90% ist Papier, Papier, Zertifizierungen, Tests, Papier und Papier. Ohne first Tier supplier, der Dich als verlängerte Werkbank benutzt und Deine Entwicklungsleistung als seine Ausgibt, hast Du keine Chance da reinzukommen. Hast Du die Verbindungen und Wege, um überhaupt Geräte in die Luftfahrt liefern zu können, kannst Du jeden Schrott vom Markt kaufen und durch die Tests bringen. Dann ist es Luftfahrtgerät. Von mir fliegen da ein paar dutzend Meanwell Schaltnetzteile, umgebaute Gigaset Funktelefone und etliches mehr herum. Lackierte Fibox Gehäuse, freiverkabelte, stark modifizierte Consumerware und kiloweise Heißkleber. Du hättest erst mal sehen sollen was unsere amerikanische Konkurrenz alles lieferte. Unglaublicher Sondermüll, 40% defekt bei Lieferung, Abbrände beim Surge Voltage Test etc. Aber super Papiere und voll Verkehrstauglich im Luftfahrtmarkt. Das deutsche LBA und die Musterprüfleitstelle sind da viel unhumoriger. Unser Kram war alles nur VIP geschnickel. Nichts was für den sichern Flug notwendig ist. Steuergeräte die Flugsicherheitskritisch sind werden dann richtig kompliziert.
Fünf ganz wesentliche Standards sind hier relevant, die oben genannten beschäftigen sich eher mit Details und können benutzt werden oder auch nicht. SAE ARP4754A und SAE ARP4761 beschreiben den Prozess, nach denen das Safety Assessment betrieben wird, und zwar auf der Flugzeugebene beginnend bis herunter bis zu einzelnen "Steuergeräten". Hieraus werden die (Zuverlässigkeits-)Anforderungen für einzelne Geräte abgeleitet. Hardware wird in der Regel nach RTCA DO-254 entwickelt und Software nach RTCA DO-178C. Beide Standards beschreiben, wie der Prozess der Entwicklung abgesichert wird (sog. "Design Assurance" oder "Development Assurance"). In der Luftfahrt wird nicht einfach so gebaut und dann im Anschluss zugelassen, sondern das Ableiten der Anforderungen und das Umsetzen in ein Design bis hin zum Test wird durch zugelassene Prozesse abgesichert. Die "Rigorosität" dieser Prozesse ist in 5 Klassen geteilt (Design Assurance Level A bis D), die je nach Folgenschwere eines Fehlers zugeteilt werden. Deshalb ist es auch nicht leicht, neu in diesen Mark hineinzukommen - weil erst die Organisation (d.h. Firma) mit ihren Prozessen und qualifizierten Mitarbeitern zugelassen wird, bevor die eigentliche Arbeit losgeht. Das funktioniert in der Praxis auch sehr gut (Der Boeing-Fall ist da eindeutig eine Ausnahme). Als letztes könnte man noch RTCA DO-160G nennen, fast alle Elektronikboxen im Flugzeug werden nach diesem Standard getestet. Er beschreibt Umweltbedingungen (Temperatur, Feuchtigkeit, Vibration), EMV-Anforderungen und flugzeugspezifische Dinge wie Vereisung, Blitzschlag etc.
ABD0100 ist ein Airbus-interner Standard, den man nur als Zulieferer für Airbus lesen muss. Der beschreibt auch nur, wie Airbus die von mir oben genannten allgemeinen Anforderungen umsetzt.
> ISO/DIS 2100-419 : Aerospace elements of electrical and optical connection --
Test methods -- Part 419: Stability of male contacts in insert
50 Euro - und der standard ist in Ausarbeitung...
Bedeutet bis man all die Details hat ...
jemand schrieb: > Das heißt, FMEA machen, für jedes Bauteil die möglichen Fehler > herausschreiben und dann nach dem guten alten MIL-Standard einen > FIT-wert berechnen? > Wie weit treibt man sowas dort, auf Bauteilebene, oder werden da > Schaltungsblöcke betrachtet? Beides, da gibt es für jede Abstraktionsebene Betrachtungen: COTS, LRU, PCB, CPLD, Pin, Firmware ... Wobei es mit FMEA nicht getan ist, da werden spezielle Tesproceduren verlangt, wie Environmental test screening https://en.wikipedia.org/wiki/Environmental_stress_screening Die Kunst besteht jetzt darin so zu designen das die Tests entsprechend ausreichende Qualität bestätigen. Man kann sich da an "Best Practice" orientieren aber garantiert bekommt man damit nichts. Wenn man garnichts an practice hat, kann man sich an vorgaben für Elektrische Anlagen in großen Höhen (bspw. minimale Luftstrecke) halten. Da gibt es einiges: https://www.elektronikpraxis.vogel.de/expertentipp-pcb-design-fuer-den-einsatz-ueber-2000-m-normalhoehennull-a-775769/ oder https://www.google.com/url?sa=t&rct=j&q=&esrc=s&source=web&cd=2&cad=rja&uact=8&ved=2ahUKEwiespP-vvPjAhVRZcAKHSF6COEQFjABegQIABAC&url=https%3A%2F%2Fwww.weidmueller.de%2Fbausteine.net%2Ff%2F10440%2FCAT2_W_014-018_DE.pdf%3Ffd%3D3&usg=AOvVaw0CHq2TBILVUMK1T9RcPPw1 Aber das sind nur Anhaltspunkte. Mit PCB-Coating sollte man auch seine Erfahrung gemacht haben: https://www.electrolube.com/technical-articles/conformal-coatings-for-electronic-military-applications/
Jürgen W. schrieb: > Aus Interesse würde ich mir gerne einmal die Sicherheitsbestimmungen für > Steuergeräte, die an Board von Flugzeugen verwendet werden, durchlesen. > (Isolationsabstände, Spannungsklassen, maximale Betriebstemperatur, > Eigenschaften von Gedächnisbausteinen wie EPROMs Vielleicht fängt man klein an und schaut, wie das die Segelflieger machen. Da gibt es mit dem FLARM ein Beispiel wie drei Hobbyflieger (und ausgebildete Ingenieure) Elektronik fürs Flugzeug entwickelten. https://flarm.com/de/uber-uns/geschichte/ Bei der Sportfliegerei ist vielleicht weniger Papierkram, weil ja keine (unschuldigen) Passagiere involviert sind.
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