Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Frage zu Operationsverstärker


von Christoph E. (stoppi)



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Hallo!

Angenommen ich habe einen OPV, den ich mit einer nicht symmetrischen 
Spannung (z.B. nur +5V) versorgen möchte. Damit ich Schwankungen der 
Eingangsspannung nicht abscheide, verwende ich eine virtuelle Masse und 
lege den nicht invertierenden Eingang auf z.B. 2.5V.

Wenn ich nun am invertierenden Eingang 2.6V anlege, dann müssten doch am 
Ausgang 2.5 - 0.1 * R2/R1 anliegen oder?

Bei 2.4V am invertierenden Eingang entsprechend 2.5 + 0.1 * R2/R1...

Wenn dies einmal stimmt kann ich einen Schritt weiter gehen. Angenommen 
ich möchte eine kleine Wechselspannung (z.B. Amplitude 0.1V) nicht nur 
verstärken, sondern auch gleichzeitig einen offset von z.B. 2.5V 
erzeugen. Wäre dann die abgebildete Schaltung richtig? Ich muss ja die 
kleine Wechselspannung über den Koppelkondensator den 2.5V durch den 
Spannungsteiler aufmodulieren oder?

Der Grund weshalb ich nachfrage ist folgender: Ich möchte einen 
Seismographen bauen und die kleinen, von z.B. einen Piezo stammenden 
Wechselspannungen verstärken bei einem offset von 2.5V, damit ich beide 
Auslenkungen erfasse und den Spannungsbereich des ADC von 0-5V optimal 
ausnütze.

Vielen Dank im voraus für eure Bemühungen...

: Bearbeitet durch User
von GHz-Nerd (Gast)


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Einen single supply AC Verstärker geht noch etwas einfacher und ev. auch 
zuverlässigwr wenn du ihn nichtinvertierend machst.
Siehe folgendes Bild:

https://www.electronics-notes.com/images/op-amp-non-inverting-amplifier-single-supply-01.svg

Klappt auch in der Praxis tadellos, wenn du mehr oder weniger 
vernünftige Werte für die R und Cs verwendest.

von Egon D. (Gast)


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Christoph E. schrieb:

> [...] verwende ich eine virtuelle Masse und lege
> den nicht invertierenden Eingang auf z.B. 2.5V.

Ich weiss zwar, dass diese Schlacht verloren ist,
aber dennoch: Das ist KEINE virtuelle Masse. Das
ist allenfalls eine "künstliche Mitte" oder eine
"künstliche Masse". Virtuell ist daran nix.


> Wenn ich nun am invertierenden Eingang 2.6V anlege,
> dann müssten doch am Ausgang 2.5 - 0.1 * R2/R1
> anliegen oder?
>
> Bei 2.4V am invertierenden Eingang entsprechend
> 2.5 + 0.1 * R2/R1...
>
> Wenn dies einmal stimmt kann ich einen Schritt weiter
> gehen. Angenommen [...]

Wir können die Diskussion abkürzen: Masse (Ground, "GND")
ist nach allgemeiner Übereinkunft das Bezugspotenzial,
auf das alle Spannungsangaben in einer Schaltung bezogen
werden. Dieses kann vom Entwickler weitgehend willkürlich
festgelegt werden.

Wenn Du also definierst, dass die Spannung am Plus-Eingang
des OPV Masse sein soll, dann ist das so.

Die einzige Komplikation entsteht, wenn die 0V-Leitung
Deiner 5V-Quelle fest mit dem Schutzleiter (PE) verbunden
ist.


> ich möchte eine kleine Wechselspannung (z.B. Amplitude 0.1V)
> nicht nur verstärken, sondern auch gleichzeitig einen offset
> von z.B. 2.5V erzeugen. Wäre dann die abgebildete Schaltung
> richtig?

Unnötig kompliziert.


> Ich muss ja die kleine Wechselspannung über den
> Koppelkondensator den 2.5V durch den Spannungsteiler
> aufmodulieren oder?

Nee.
Den Spannungsteiler an R1 kannst Du weglassen.


> Der Grund weshalb ich nachfrage ist folgender: Ich möchte
> einen Seismographen bauen und die kleinen, von z.B. einen
> Piezo stammenden Wechselspannungen verstärken bei einem
> offset von 2.5V, amit ich beide Auslenkungen erfasse und
> den Spannungsbereich des ADC von 0-5V optimal ausnütze.

Naja: ENTWEDER Du verwendest das, wo jetzt "GND" dransteht,
als Masse, dann koppelst Du das Messsignal über den
Kondensator an -- ODER Du verwendest die künstliche Mitte
als Masse, dann kannst Du den Koppelkondensator weglassen
(musst aber Abblockkondensatoren am Spannungsteiler vorsehen).

von Klaus R. (klara)


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Christoph E. schrieb:
> Der Grund weshalb ich nachfrage ist folgender: Ich möchte einen
> Seismographen bauen

Mit welcher unteren Grenzfrequenz?

In den von Dir gezeigten Schaltungen erzeugst Du die virtuelle Masse 
mittels Spannungsteiler mit jeweils 10K. Du solltest parallel zum 10k 
Widerstand zu GND einen Kondensator zum Stabilisieren der Spannung 
schalten. Mit 1,6µF kommst Du auf eine untere Grenzfrequenz von ca. 20 
Hz. Ein Piezo-Sensor kommt eigentlich nicht so tief herunter, zumindest 
nicht die gewöhnlichen Sensoren.

GHz-Nerd schrieb:
> Einen single supply AC Verstärker geht noch etwas einfacher und ev. auch
> zuverlässigwr wenn du ihn nichtinvertierend machst.
> Siehe folgendes Bild:
>
> 
https://www.electronics-notes.com/images/op-amp-non-inverting-amplifier-single-supply-01.svg

Ich würde auch die Schaltung von GHz-Nerd empfehlen. Der Spannungsteiler 
sollte hier entsprechend hochohmig sein.

An welchen OP hast Du gedacht? Seismographen messen eigentlich sehr 
kleine Signale. Der OP sollte deshab rauscharm sein und sehr wenig Drift 
aufweisen.
mfg Klaus

von Harald W. (wilhelms)


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Klaus R. schrieb:

> An welchen OP hast Du gedacht? Seismographen messen eigentlich sehr
> kleine Signale. Der OP sollte deshab rauscharm sein und sehr wenig Drift
> aufweisen.

Das Problem ist, das seismische Signale sowohl sehr klein, als
auch sehr gross sein können. Man braucht also einen umschaltbaren
Verstärker mit einem Dynamikbereich von mindestens 10E6.

von Christoph E. (stoppi)


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Hallo!

Vielen Dank für die Anregungen.
Zum Aufbau: Ich habe die piezoscheibe in eine gewindestange eingelötet, 
an deren unteren Ende sich ein kleines Gewicht befindet und oben wird 
die gewindestange mit dem Deckel einer Flasche fest verschraubt. Bei 
Erschütterungen bewegt sich das Pendel und die piezoscheibe flext. Die 
frequenz wird da  um die 1Hz liegen, aber das muss ich noch überprüfen.

Zu meinen beiden schaltungen: würden diese aber vom Prinzip her 
funktionieren bzw. Sind richtig? Oder brauche ich etwa bei der zweiten 
schaltung den spannungsteiler zwischen dem koppelkondendensator und R1 
gar nicht?

von Harald W. (wilhelms)


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Christoph E. schrieb:

> Zum Aufbau: Ich habe die piezoscheibe in eine gewindestange eingelötet,
> an deren unteren Ende sich ein kleines Gewicht befindet und oben wird
> die gewindestange mit dem Deckel einer Flasche fest verschraubt. Bei
> Erschütterungen bewegt sich das Pendel und die piezoscheibe flext.

Normalerweise baut man Seismometer oder Geophone mit einem, an einer
Feder befestigten Magneten in einer Spule. Ich vermute mal, dieser
Aufbau ist deutlich empfindlicher als ein Piezo.

von Klaus R. (klara)


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Harald W. schrieb:
> Ich vermute mal, dieser
> Aufbau ist deutlich empfindlicher als ein Piezo.

Auf jeden Fall für 1 Hz.


Christoph E. schrieb:
> Zu meinen beiden schaltungen: würden diese aber vom Prinzip her
> funktionieren bzw. Sind richtig?

Sie würden funktionieren, aber nicht so gut.

> Oder brauche ich etwa bei der zweiten
> schaltung den spannungsteiler zwischen dem koppelkondendensator und R1
> gar nicht? ---> Nein!

Siehe erste Schaltung. In beiden Schaltungen wird +IN auf UB/2 gelegt. 
Der OPV mit sehr hoher Leerlaufverstärkung wird durch die Rückkopplung 
versuchen den -IN Eingang auf den Wert des +IN anzugleichen. Zwischen 
-IN und +IN sollten quasi 0V liegen.

In Deinem Fall ist bei diesen Schaltungen der relativ niedrige 
Eingangswiderstand ein Problem. Er hat nämlich nur den Wert von R1.

Beim Piezo - Sensor wird ein Koppelkondensator benötigt und Du möchtest 
1 Hz messen können. Das heißt man muß mit der unteren Grenzfrequenz 
schon um das 10fache darunter bleiben, mindestens.


GHz-Nerd schrieb:
> 
https://www.electronics-notes.com/images/op-amp-non-inverting-amplifier-single-supply-01.svg

Diese Schaltung hat von sich aus einen hohen Eingangswiderstand. Der 
Spannungsteiler soll nur das Bezugspotential definieren. R3//R4 bilden 
aber hier mit C1 auch wieder einen Hochpass, der bei Dir ja bei 0,1 Hz 
liegen sollte.

Das nächste Problem wäre das Rauschen.
http://www.elektronikinfo.de/techpic/strom/ne5534_er.gif

Anbei ein typischer Verlauf des Rauschens beim OPV. Das Rauschen ist ab 
über 100 Hz konstant, steigt unter 100 Hz aber stetig an. Es rauscht 
also bei 10 Hz mehr als bei 100 Hz und bei 1 Hz eben noch mehr. Ferner 
solltest Du bei der Auswahl des OPV auf "Zero Drift" achten, sonst misst 
Du ein Beben wo keines ist.

mfg Klaus

: Bearbeitet durch User
von HildeK (Gast)


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Klaus R. schrieb:
> Beim Piezo - Sensor wird ein Koppelkondensator benötigt und Du möchtest
> 1 Hz messen können.

Der Piezosensor selber ist schon ein Kondensator mit einigen nF. Einen 
Koppelkondensator braucht man nicht zusätzlich.
Dafür aber für die niedrige Grenzfrequenz einen sehr hohen 
Eingangswiderstand, so hoch, dass er für den Spannungsteiler R3/R4 für 
einen OPA-Eingang kaum mehr sinnvoll ist.
Vielleicht hilft ein JFET mit einem Gatewiderstand im mehrer 
Megohmbereich und einem zusätzlichen Kondensator parallel dazu. Dieser 
Kondensator wirkt zwar leider als Spannungsteiler, erhöht aber dadurch 
die Quellkapazität der Anordnung, so dass man etwas tiefer kommt mit der 
Grenzfrequenz.
Ob so sinnvoll 0.1Hz erreicht werden können? Weiß ich nicht und glaube 
ich auch nicht.
Piezo-Sensoren sind für so tiefe Frequenzen schlecht an eine Schaltung 
anzupassen.

von Klaus R. (klara)


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HildeK schrieb:
> Der Piezosensor selber ist schon ein Kondensator mit einigen nF. Einen
> Koppelkondensator braucht man nicht zusätzlich.

Wir wissen ja nicht was das für ein Piezosensor ist. Wenn es wirklich 
solch ein Sensor ist:

https://de.wikipedia.org/wiki/Piezoelektrischer_Sensor

dann benötigt Christoph einen Ladungsverstärker. Aber vielleicht ist 
dieser ja schon integriert oder es ist ein Elektretmikrofon.

https://de.wikipedia.org/wiki/Elektretmikrofon
mfg klaus

von Christoph E. (stoppi)


Angehängte Dateien:

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Hallo!

Anbei einige Bilder des Piezosensors. Habe einfach einen Piezosummer 
zwischen zwei Gewindestangen eingelötet. Wenn er durch 
Vibrationen/Erdbeben flext, erhält man eine nicht zu kleine 
Wechselspannung...

von Klaus R. (klara)


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Christoph E. schrieb:
> Habe einfach einen Piezosummer

Ich denke da hilft nur Messen was rauskommt und probieren. Das geht wohl 
in Richtung Ladungsverstärker.
mfg Klaus

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