Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Seismograph/Seismometer mit Piezo und Arduino


von Christoph E. (stoppi)



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Hallo!

In den vergangenen Tagen habe ich mich ein wenig mit dem Bau von 
Seismometern/Seismographen auseinander gesetzt.

Mein erster Aufbau bestand aus einem Beschleunigungssensor ADXL335. Wenn 
ich dessen Signal direkt dem Arduino übergeben habe, konnte ich mit der 
Software AmaSeis die Verstärkung auf 50-fach stellen und ich erhielt 
einen einigermaßen passenden (rauscharmen) Verlauf. Der Sensor reagierte 
auch auf stärkeres Klopfen auf den Boden.

Da der ADXL335 aber selbst ohne Beschleunigungen Spannungen im Bereich 
von 1.6V ausgibt, hatte ich folgende Vorgehensweise gewählt: Ich 
subtrahiere zunächst eine geringfügig kleinere Spannung (z.B. 1.56V) und 
verstärke dann dieses Signal (0.04V offset), damit ich Signale im 
Bereich von 2.5V erhalte. Damit füttere ich den Analogeingang eines 
Arduinos, der dann die Werte an AmaSeis 
(http://bingweb.binghamton.edu/~ajones/AmaSeis.html) weiterleitet.

Das Problem hierbei war, dass ich zwar das Signal rund 60-fach 
verstärkte, ich aber auch ein deutlich verrauschtes Signal erhalte. 
Dadurch musste ich mit der Verstärkung in der Software AmaSeis wieder 
auf 5x runter, was den Effekt der vorangegangenen Verstärkung zunichte 
machte.

Deshalb habe ich mich nach einer anderen Methode umgesehen und bin auf 
die Verwendung eines Piezosummers gestoßen. Der Sensor steckt in einer 
Milchflasche. Die Gewindestange ist oben gegen den Metallverschluss 
isoliert. Das Ganze reagiert sehr sensibel auf kleinste Erschütterungen.

So erhalte ich durch leichtes Klopfen am Boden bereits Amplituden von 
fast 0.5V. Da werde ich nicht mehr viel verstärken müssen. Ich werde das 
Signal aber auf +2.5V legen, damit ich mit dem ADC des Arduino schön 
beide Auslenkungen erfassen kann.

: Bearbeitet durch User
von Kurt (Gast)


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Auf Körperschall reagiert das schon irgendwie.
Aber damit seismische Wellen erfassen?

von KM (Gast)



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Hey, das ist mal ein interssanter Link den man ausgehend von deinem 
findet:

http://ds.iris.edu/seismon/swaves/index.php
http://ds.iris.edu/seismon/swaves/help/moreInfo.html?mobile=0

Endlich hab ich verstanden wie das mit den S und P Wellen und deren
unterschiedlichen Reflektsionsverhalten an den verschiedenen
Grenzflächen geht.

Bei deinem Aufbau ist der Gewindestab durchgehend und der Piezo
am Aussenring daran angeklebt oder ist er dazwischen unterbrochen?

Intuitiv hätte ich den Piezo kreisförmig am Rand fixiert und den 
Trägheitsstab in der Mitte senkrecht angeklebt.

>Das Ganze reagiert sehr sensibel auf kleinste Erschütterungen.

Stimmt, habs gerade mal ausprobiert.

Selbst mit einem 5-Minuten Hack konnte man schon Barfussschritte auf 
einem Weichen Teppichboden in 2m Entfernung sehen.

>Auf Körperschall reagiert das schon irgendwie.
>Aber damit seismische Wellen erfassen?

Wenns im Oberrheingraben mal wieder rumpelt oder sollte es in der Eifel 
losgehen, allemal.
Alles nur eine Frage der Aufängung der Trägen Masse und deren Ankopplung 
an den Piezo.
Diese Piezoscheiben scheinen wirklich sehr empfindlich zu sein.

von KM (Gast)



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Ups, falsches Format (.tiff)

von Weg mit dem Troll ! (Gast)


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Wobei der gezeigt Aufbau ein richtungsemfindlicher Resonator ist. Der 
bevorzugt Vorgänge im eigenen Frequenzbereich, mit der Vorzugsrichtung. 
Ich wuerd eher einen Sensor, resp Beschaltung wählen, die breitbandiger 
ist. Nicht unbedingt schneller, aber nach unteren Frequenzen offener. 
Standard fuer Vibrationen sind Tauchspulensensoren. Quasi Lautsprecher, 
ohne die Schallempfindlichkeit der Membran.

https://www.google.com/search?q=seismic+sensor

von oszi40 (Gast)


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>Tauchspulensensoren.
Frage ob die Spannung so schön hoch ist, wie beim Piezo.

Statt für 20€ Sensor zu beschaffen, wäre auch ein Experiment mit einer 
alten 24V od. besser 40V-Relaisspule + mit Schaumgummi gelagertem Magnet 
ein Versuch? Anderseits könnte eine Soundkarte zur Aufnahme statt des 
Oszis auch schon behelfsmäßig eine Aufnahme liefern? Nun bastelt mal 
schön.

von Christoph E. (stoppi)


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Die Gewindestange ist durch den Piezo unterbrochen. Der Piezo ist quasi 
vollständiges Bindeglied zwischen oberer/unterer Gewindestange...

: Bearbeitet durch User
von Christoph E. (stoppi)



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So, der Seismograph ist soweit fertig. Der LF356 dient dazu, den offset 
von 2.5V zu realisieren. Gain im Programm AmaSeis ist 50 und trotzdem 
erhalte ich so gut wie kein Rauschen. Wenn ich einen kleinen 
Schraubenzieher auf den Boden fallen lasse, mit der Faust auf den Boden 
klopfe oder neben dem Sensor vorbei gehe erkennt man deutlich die 
Ausschläge. Bin daher zufrieden mit dem Ergebnis...

von Lurchi (Gast)


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Die -9 V Versorgung könnte man mit einem passenderen OP (z.B. TLC271 
oder MCP6001 mit 3-5 V Versorgung) einsparen. Der ICL7660 verursacht 
recht gerne Störungen.

Der Sensor dürfte eine Ausgeprägte Resonanz zeigen. Damit ist er fast 
nur bei der einen relativ hohen Frequenz empfindlich. Eventuell könnte 
es sich lohnen die Resonanz zu dämpfen, etwa mit etwas Öl im Glas und 
ggf. einer Art Paddel am Ende. Dann könnte man den Empfänger auch mit 
mehr Verstärkung ausrüsten.

von Christoph E. (stoppi)


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Damit ich die vom Piezo kommenden, negativen Spannungen auch erfasse 
benötige ich doch auch eine negative Spannung? Wie soll dies mit 
single-supply funktionieren?

von KM (Gast)



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>Wie soll dies mit single-supply funktionieren?

Na ja, viele Wege führen nach Rom...
einer wäre der im Anhang.

Den Koppelkondenstator wählst du je nach gewünschter unteren 
Grenzfrequenz.

von Christoph E. (stoppi)


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Danke für die Schaltung.

Dazu hätte ich aber eine Frage: Angenommen es wird kein Signal über den 
Kondensator eingekoppelt. Dann liegen doch 2.5V am nichtinvertierenden 
Eingang des OPV an. Demnach müsste die Ausgangsspannung 2.5 * R2/R1 = 
2.5 * 50 = 125V sein (rein theoretisch natürlich) und nicht 2.5V wie 
gewünscht?

Verstehe ich nicht ganz...

Edit: Habe gerade gesehen, dass der Spannungsteiler nicht 1:1 ist 
sondern 1:100.

Okay, dann funktioniert es.

: Bearbeitet durch User
von Christoph E. (stoppi)


Angehängte Dateien:

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Würde dies hier auch funktionieren?

von Lurchi (Gast)


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Die Schaltung mit invertierender Verstärkung geht auch, zumindest für 
nicht so niedrige Frequenzen.

Der Piezo ist übrigens schon ein Kondensator, d.h. den Koppelkondensator 
braucht man also nicht.

Um die hohen Frequenzen etwas zu unterdrücken könnte man ggf. noch einen 
Kondensator parallel zum FB Widerstand einplanen.

von Christoph E. (stoppi)


Angehängte Dateien:

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Platine ist jetzt fertig und kann nun auch über die Spannungsbuchse 
betrieben werden. Habe den Seismographen über Nacht laufen lassen. 
Leider ist um 5 Uhr in der Früh die Batterie leer geworden. Wie man 
sieht, wandle ich nachts nicht im Schlaf. Die Erschütterungen davor 
stammen von mir zum Testen der Anordnung...

von Stefan F. (Gast)


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Kann man das Signal nicht einfach direkt (über einen Widerstand) auf den 
ADC geben und einfach auf die Auswertung der negativen Halbwellen 
verzichten?

von Kurt (Gast)


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Hm, wenn ich ein 08/15-Mikrofon auf den Boden lege, kommt nach
einem tauglichen Mikrofonvorverstärker etwa dasselbe raus:
Körperschall, wie er vom Fußboden kommt.

Genau das, was bei Tonaufnahmen manchmal stört, weil dieser
Körperschall auch vom Mikrofonstativ nicht komplett gedämpft
wird...

Aber, was hat das mit der Erfassung seismischer Vorgänge zu tun?
Ungefähr genau NICHTS...

von Harper (Gast)


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von Jonny (Gast)


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Was mich interessieren würde:

Liegen mit dem Aufbau mittlerweile Erfahrungen vor, ob man damit 
überhaupt die niederfrequenten und schwachen Signale von Erdbeben 
detektieren kann?

Ich betreibe seit ein paar Jahren ein Lehmann-Seismometer, das 
funktioniert recht gut…

Und jetzt frage ich mich, ob der parallele Einsatz dieser Methode 
weitere brauchbare Daten liefern würde.

Danke für Feedback

von Christoph E. (stoppi)


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Hallo Jonny!
Von meiner Seite liegen leider keine weiteren Erfahrungen mit dem 
Piezo-Seismograph vor, da ich diesen wieder verstaut habe. Aber 
vielleicht nutzt ihn ja ein anderer...

: Bearbeitet durch User
von jo (Gast)


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von Anton V. (Firma: privat) (jonny62)


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@Stoppi:

Was muss man denn in JAMASEIS (=Nachfolger von AMASEIS) als Input Source 
einstellen, damit mann die Werte (vom Arduino über die USB 
Schnittstelle) angezeigt bekommt?
Habe alle vorgesehenen Quellen (AS-1, SEP, EQ-1,...) ausprobiert, hat 
aber alles nicht funktioniert.

Danke für Rückinfo...
mfg
Jonny

von Christoph E. (stoppi)


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Hallo Jonny!

Hast du meine Nachricht nicht erhalten?

Hier der arduino-Code und andere Informationen: 
https://stoppi-homemade-physics.de/seismograph/

Wichtig ist die richtige baudrate mittels serial.begin(2400) und dann im 
Programm auch den richtigen com-Port und gain auswählen...

: Bearbeitet durch User
von Anton V. (Firma: privat) (jonny62)


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@Stoppi:

sorry, war im Spam Ordner :-(


Irgendwie hat es mit meinem NANO nicht geklappt, jetzt habe ich es mit 
einem UNO probiert und damit geht es jetzt einwandfrei.
Bei dem NANO kamen beim Upload jede Menge Fehlermeldungen mit denen ich 
nichts anfangen konnte.

Funktioniert echt super, noch mal danke für die rasche Hilfe.

So macht basteln Spass!

Grüsse aus dem Bastelkeller

Jonny

von Christoph E. (stoppi)


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Hallo Jonny!

Freut mich zu hören...

Bei Verwendung eines arduino Nanos (ich verwende eigentlich 
ausschließlich diese) musst du manchmal unter arduino und Prozessor den 
old bootloader auswählen. Klappt bei meinen auch nicht immer auf Anhieb.

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang (Gast)


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Christoph E. schrieb:
> Das Problem hierbei war, dass ich zwar das Signal rund 60-fach
> verstärkte, ich aber auch ein deutlich verrauschtes Signal erhalte.

Du könntest die Bandbreite von deinem Signal reduzieren, um das Rauschen 
zu verringern.

von Jonny (Gast)


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@Stoppi: Zwischenbericht:

Danke für den Tipp mit dem Bootloader - das war tatsächlich der Grund 
warum es mit den NANO nicht funktioniert hat.
Geht jetzt auch 👍🏼

Betreibe jetzt mal versuchsweise beide parallel, den Uno mit meinem 
alten Lehmann und den Nano mit dem Piezo, allerdings noch ohne 
Verstärker. Habe den Piezo einfach mal so angeschlossen, scheint schon 
zu funktionieren…

Lese die beiden in Jamaseis parallel ein, geht auch gut…

Mit freundlichen Grüßen
Jonny

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