Forum: Platinen MCPCB biegen / Pseudo-3D-Leiterplatte


von R. H. (narmo)



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Hallo zusammen :)

Ich muss für ein Projekt eine LED-Beleuchtung haben. In einem kurzen 
Impuls von 1-10us werden nahezu 350W in total 48 SMD-LEDs in Licht und 
Wärme umgewandelt, danach 1s Pause.
Dieser Aufbau muss auch eine bestimmte Form haben...:

Nun habe ich mir gedacht, ich könnte eine Alu-Leiterplatte nehmen, und 
diese dann zurechtbiegen. Somit ist eigentlich der gesamte Mechanische 
Aspekt meiner Konstruktion, die ganze Befestigung etc. schon in der 
Leiterplatte integriert.

Hat hier jemand schon Erfahrungen gemacht? Wie verhalten sich MCPCBs, 
wenn man sie biegt? Kann man sie gut von Hand biegen, oder braucht man 
für ansehliche Ergebnisse unbedingt Biegewerkzeug?

Ich habe mal die Leiterplatte flach, und gefaltet als Screenshot 
angehängt, damit Ihr etwa seht was ich meine. Sie ist nur 1-Seitig, 
200mm x 100mm und wird wahrscheinlich 1mm stark bei einem chinesischen 
Hersteller bestellt (und bestückt, da ich keinen Reflow-Ofen habe). Der 
ganze Spass wird mich wohl für 5 Stück 150-200€ kosten, inkl. Bauteile.

Falls das für alle Interessierten Neuland ist - ich werde hier 
wahrscheinlich updates posten wenn ich sie bestellt habe, oder neues 
rausfinde.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Ich hätte als erstes Bedenken, das die Kapton-LP reißt, wenn das Alu 
sich beim biegen dehnt.
Die Platte zu biegen dürfte das einfachste sein, aber ich würde an 
deiner Stelle vor und hinter dem Knick für jede Verbindung ein Pad 
machen, damit man da mit Kabel verbinden kann.

von R. H. (narmo)


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Das mit dem Lötpad ist eine sehr gute Idee, danke.

Da meine Leiterbahnen aber ziemlich breit sind, sollte das mit Abkratzen 
und Fädeln aber gut gehen - sonst bin ich selber Schuld, da hast du mich 
gewarnt ;)
Im schlimmsten Fall sind dort 60VDC, da habe ich lieber eine intakte 
Schicht Lötstopplack.

Sofern ich richtig nachgeschaut habe ist es nicht Kapton, sondern irgend 
ein anderes Material welches sogar Glasfaseranteil hat. Es gibt 
spezielle MCPCB-Materialien, welche zum Biegen gedacht sind - aber so 
für Prototypen kommt man schlecht an solche exotischen Materialien... 
Daher wird es wohl eher ein Ausprobieren und schauen, was passiert.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Die (einmal) biegbaren LPs sind aber m.W. rein Epoxy/FR4: flach 
bestücken, formen, ins Gehäuse legen.
Die tragen nicht selber, und die im Grunde nur dünngefrästen 
Knickstellen machen das nicht oft mit.

Alukaschiertes Material ist afaik immer Kaptonfolie auf Alu geklebt.

So oder so: Das Alu dehnt sich auf der Außenseite des Knicks, und da 
werden die Leiterbahnen m.E. rissig, wenn überhaupt noch was geht.

von Patrick C. (pcrom)


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350W... Dann wuerde ich nicht viel risiko nehmen mit neue techniken.
Ist es vielliecht eine idee 4 gleichen Platinen zu machen (jeder mit 12 
leds) und dann die konstruktion mittels zB 3d druck machen ?
4 gleichen kleinere Platinen werden wahrscheinlich auch kostenguenstiger 
sein.

von R. H. (narmo)


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Meine Inspiration erhielt ich bei dieser Website/Firma:

http://www.baknorthermal.com/heat-sinks/bendable-metal-core-pcbs

Und ihre passende Broschüre dazu:

http://www.baknorthermal.com/download-files/packaging-general-brochures/Baknor-Aluminium-Backed-PCB-Brochure.pdf

Da sieht man, wie auch 90°-Biegungen möglich sind - mit ihren 
Leiterplatten. Ob es nun ohne Fräsungen auf der Rückseite geht, oder mit 
1mm Blechdicke.. werde ich wohl herausfinden :)

Den Artikel mit dem Dielektrikum finde ich leider nicht mehr :/

von Wühlhase (Gast)


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Hab ich das richtig verstanden: Du willst für max. 10µs 350W in deine 
Schaltung jagen, und hast danach 1s Ruhe?

Das würde eine mittlere Leistung von knapp 3,5mW ergeben. Und das, was 
in Wärme umgewandelt wird, liegt nochmal deutlich darunter. So 
ineffizient sind LEDs schon lange nicht mehr.

Die Spitze ist zwar hoch, aber der Puls dürfte schon lange wieder 
abgeklungen sein bevor die Wärme die Pads erreicht. Dafür Aluplatinen zu 
nehmen schaut mir sehr übertrieben aus und außerdem schließe ich mich 
meinen Vorpostern an: Aluplatinen zu biegen schätze ich auch als 
problematisch ein.

Vorschlag: Rechne das ganze mal mit einer Flex-Platine durch, und lasse 
möglichst viel Cu auf der Folie um die Wärme in der Fläche zu verteilen. 
Und dann klebe die Platine möglichst flächig auf den Untergrund.

Das Flexmaterial ist an sich zwar kein besonders guter Wärmeleiter, aber 
unterschätze große Leiterquerschnitte - auch Wärmeleiterquerschnitte - 
nicht. Damit kann man viel erreichen trotz schlechter 
Materialeigenschaften. Nicht selten erreicht man damit mehr als mit 
guten Materialeigenschaften, aber geringerem Querschnitt.

von Wühlhase (Gast)


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Und Flexplatinen lassen sich in Altium übrigens ganz hervorragend 
falten. Wenn du schonmal damit arbeitest...

von R. H. (narmo)


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Ich habe Aluminium als Leiterplattenmaterial hauptsächlich wegen den 
mechanischen Eigenschaften gewählt - biegbar, und bleibt dann so. 
Flexprint hab ich schon verwendet, das wäre kein Problem - so habe ich 
aber die ganze mechanische Konstruktion auch schon im
Preis der Leiterplatte, sofern es funktioniert.

Die Wärme hab ich mir auch schon mal ausgerechnet, es ist wirklich nur 
die Festigkeit/Duktilität des Aluminium die mich interessiert.

Ja, ist im Altium gezeichnet, aber ich habe erst letzte Woche mit Altium 
angefangen.. kenne sonst nur Eagle ;)

von Teo D. (teoderix)


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von R. H. (narmo)


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Ja, aber bei meiner Hitzeentwicklung würde theoretisch auch ein normales 
Starrflex/Flex reichen. Es geht mir wirklich nur darum, dass es eine 
gewisse Festigkeit nach dem Biegen hat. So wie in der 3D-Ansicht - der 
ganze "Lampenschirm"/Halterung ist die Leiterplatte.

von R. H. (narmo)


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R. H. schrieb:
> Meine Inspiration erhielt ich bei dieser Website/Firma:
>
> http://www.baknorthermal.com/heat-sinks/bendable-metal-core-pcbs

Es wurde auch schon gemacht, in einer ziemlich ähnlichen Anwendung - 
ausrichten der LED. Nur weiss ich nicht, ob dort ein anderes 
Dielektrikum verwendet wurde / wie es mit den Blechdicken aussieht.

von Wühlhase (Gast)


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R. H. schrieb:
> Die Wärme hab ich mir auch schon mal ausgerechnet, es ist wirklich nur
> die Festigkeit/Duktilität des Aluminium die mich interessiert.

Ok, das war mir nicht ganz klar. Dann würde ich auch, wie von anderen 
bereits vorgeschlagen, wenigstens vor und nach den Biegestellen Lötpads 
vorsehen. Ich würde nicht davon ausgehen, daß die Leiterbahnen heile 
bleiben.

Wieviele willst du denn produzieren (lassen)? Einzelstück? Großserie?


R. H. schrieb:
> Ja, ist im Altium gezeichnet, aber ich habe erst letzte Woche mit Altium
> angefangen.. kenne sonst nur Eagle ;)

Ah, endlich vernünftiges Werkzeug? ;) (Nein, Spaß, bevor sich hier 
wieder jemand in die Eier getreten fühlt, das Forum insgesamt ist da ja 
recht empfindlich bei sowas.)

Fuchs dich gut ein, ich wünsche dir jedenfalls viel Erfolg dabei. Ich 
sag das nur weil ich mittlerweile ein paar Leute kenne, die von Eagle 
nach Altium umgestiegen wurden, und auf einmal Ärger haben den ich nicht 
nachvollziehen kann da es sich doch ganz gut damit arbeiten läßt.

von Wühlhase (Gast)


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Nachtrag: Ich hab mir mal grad die Seite von baknothermal angesehen. Ich 
würde darauf tippen daß das etwas spezielles ist, eigens auf Biegung 
ausgelegt. Ich denke nicht daß man das auf alle Alukernleiterkarten 
verallgemeinern sollte.

Ich glaube auch nicht daß das Problem nur der Isolator zwischen 
Leitermaterial und Alukern ist. Ich könnte mir gut vorstellen daß auch 
das Cu beim Biegen reißt. Die Bilder sind leider etwas unscharf, aber 
mir scheint das Cu recht dick zu sein. Und die Biegeradien finde ich 
auch recht groß, besonders wenn das Cu auf dem äußeren Teil der Biegung 
ist.

Idee: Du könntest die Biegelinien ja vorm Biegen anfräsen, sodaß das 
Material dünner ist. Dann sollten kleinere Biegeradien möglich sein.

von Teo D. (teoderix)


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R. H. schrieb:
> Es geht mir wirklich nur darum, dass es eine
> gewisse Festigkeit nach dem Biegen hat.

Aus dem KFZ-Bereich kenn ich gebogenes Alu und angetackertes Flex-PCB. 
Thermisch so ausgetüftelt, das die LEDs direkt parallel geschalten sind. 
Wie genau befestigt?-|

von R. H. (narmo)


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Bei den meisten chinesischen Herstellern liegt die Mindestbestellmenge 
bei 5 Stück, darum wird es erst mal ne 5er-Serie (1-2 wäre mir lieber, 
aber für den Preis kann ich nichts sagen).

Lötpads.. ich bin mir noch nicht ganz sicher, ich habe kein Problem mit 
Fädeln - seit dem ich das bei Flex-Prints musste geht es relativ gut :D 
So Kupferfolienklebeband anlöten ist ne Idee.
Aber werde noch ein paar Tage darüber schlafen (kriege so oder so erst 
dann Feedback vom Konstrukteur wegen den ganzen maximalen Dimensionen im 
Gerät) - es kann gut sein, dass ich sie dann trotzdem platziere.

Es ist ein Prototyp, irgendwann wird es schon in der Serienproduktion 
landen (nach einem gruündlichen Redesign natürlich) - war nur mal so ne 
Idee, wenn es klappt dann ist gut, ansonsten schaue ich weiter.

Die Fräsungen hab ich mir auch schon überlegt, muss aber noch 
herausfinden wie man das im Altium zeichnet, und ob meine 
Billighersteller das überhaupt fabrizieren können.

Zum vernünftigen Werkzeug.. Eagle gefällt mir trotzdem bis jetzt mehr, 
aber ich bin mir auch den gesamten Ablauf gewohnt :) Hatte den Luxus, 
richtige Scripts, Libraries und weitere Tools verwenden zu können.
Altium hat eine relativ steile Lernkurve, vor allem wenn man bewusst 
"von Grund auf" alles neu erlernt, und die Firma keine richtige 
Dokumentation/Wiki hat ( Ja, Stellenwechsel xD ). Eagle ist nun mal 
übersichtlicher, weniger komplex, man kann vielleicht weniger machen - 
ich bin dort aber nie an irgend eine Grenze gestossen.
Aber ich bin offen für Neues, und es wird sicher nützlich sein, wenn ich 
beide verwenden kann.


@teoderix
Hmm, das ist auch interessant. Werde mir noch dazu Gedanken machen, für 
heute aber mal Feierabend :)

von Wühlhase (Gast)


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R. H. schrieb:
> Die Fräsungen hab ich mir auch schon überlegt, muss aber noch
> herausfinden wie man das im Altium zeichnet, und ob meine
> Billighersteller das überhaupt fabrizieren können.

Schau dir mal ein paar Tutorials zu Draftsman an. Damit kann man ganz 
passble mechanische Zeichnungen von der Leiterplatte machen.

von nachtmix (Gast)


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R. H. schrieb:
> In einem kurzen
> Impuls von 1-10us werden nahezu 350W in total 48 SMD-LEDs in Licht und
> Wärme umgewandelt, danach 1s Pause.

Hast du geprüft, ob die LED da sicher mitspielen?

Die meisten modernen LED sind nicht sehr hoch überlastbar, und evtl. 
leuchten sie auch unzulässig lange nach.

von Christian B. (luckyfu)


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R. H. schrieb:
> Ja, aber bei meiner Hitzeentwicklung würde theoretisch auch ein normales
> Starrflex/Flex reichen. Es geht mir wirklich nur darum, dass es eine
> gewisse Festigkeit nach dem Biegen hat.

Dann schau dir mal die sog. Wirelaid Technik an. Bieten verschiedene 
Fertiger an (Würth, KSG/Häusermann, ...) Das bietet genau das: Biegen 
und bleibt danach mechanisch in der Form. Ich hab da mal eine 
Entwicklung gemacht, wo diese Eigenschaften notwendig waren.

von R. H. (narmo)


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Also kurzes Update: Wegen Zeitdruck und weil es im ersten Schritt darum 
geht, zu schauen ob die Lichtmenge reicht habe ich mal bei pcbway ein 
Assembly in Auftrag gegeben. Kostenpunkt 96$ pro Leiterplatte bei 5pcs 
(Mindestmenge) inklusive aller Bauteile (48 LED à 1.28$), Versand, 
Bestückung...

Wenn es funktioniert schaue ich weiter wegen Wirelaid - sieht gut aus. 
Alternativ ein Blech biegen lassen mit einem Flexprint aufgemacht, das 
hat den Vorteil dass es von Aussen mechanisch etwas geschüzt ist (60VDC 
und Berührungssicherheit)
Aber das ist alles eigentlich eher nach dem Proof Of Concept :)

Sobald ich die Printe erhalte werde ich hier wieder posten, wie meine 
Erfahrungen sind, und wie die Qualität der PCBs ist. Wenn es komplett 
nicht funktioniert braucht da nicht jemand den selben Fehler zu machen 
;)


Wegen den LED: laut Datenblatt Spitzenstrom 2A. Dann habe ich mir die 
Vorwärtsspannung aus dem I/U-Diagramm interpoliert, weil dieses nur bis 
1.5A ging. Berechnet habe ich die Leistung pro LED mit 2A * 3.62V. Da 
wir nur wenig Energie auf die Zeit betrachtet umwandeln, muss das ganze 
nur für 2A und nicht für die Wärme dimensioniert sein.
Auch die verwendeten Widerstände (0Ohm, aber da falls man nachrüsten 
muss - jeder Strang hat seinen eigenen Treiber) haben eine genügende 
Impulsbelastbarkeit. Da schaue ich schon drauf :)

von R. H. (narmo)


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Nun sind die Leiterplatten fertig hergestellt und getestet (durch 
pcbway). Der Versand erfolgt in den nächsten Tagen.

Sie haben mir ein Testvideo geschickt, welches ich unter diesem Link 
heraufgeladen habe:

https://nrm.dev/c8ceb

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