Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Definitionsproblem ESR!?


von Dominik (Gast)


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Hallo zusammen,

Bin gerade beim Auslegen einer Spannungsversorgung. Wieder einmal tut 
sich das Stabiliätsproblem auf.
Konkret geht es um den TPS65381A von TI. Der fordert eine effektive 
Kapazität von mind. 22µF und einen ESR zwischen 100mOhm und 300mOhm.

Bis jetzt hatte ich den ESR von Kerkos immer im niedrigen mOhm-Bereich 
angenommen. Beim checken des Voltage deratings der Kerkos bin ich auf 
einen Chart gestoßen, den ich mir anscheinend bis jetzt noch zu wenig 
angesehen habe: den Frequenzgang des ESRs( 
http://weblib.samsungsem.com/mlcc/mlcc-ec-data-sheet.do?partNumber=CL31B106KAHNNN 
oder 
https://ds.yuden.co.jp/TYCOMPAS/ut/download?pn=TMK316AB7106KL-T&fileType=Datasheet 
)
der nimmt ja bei immer kleiner werdenen Frequenzen proportional mit f 
zu, bis in den Ohm-Bereich!
Wie kann man den einem equivalten Series RESISTANCE spechen, wenn der 
einen Kennlinie wie eine Kapazität hat?
Der Wert in meinem Kopf im niedrigen mOhm-Bereich ist anscheinend der 
Minimalwert in der Kennlinie.

Für mich stellt sich jetzt natürlich die Frage, wie man eine Schaltung 
mit ESR-Anforderungen nun realistisch auslegt. Eine Anfoderung von 
100mOhm bis 300mOhm bezieht sich entweder implizit auf den Miminmalwert 
im MHz Bereich, oder ist schlichtweg nicht über den ganzen 
Frequenzbereich erfüllbar.
Wenn in einem Datenblatt gefordete ESR-Werte angegeben sind, beziehen 
sich diese implizit auf den Minimalwert des ESRs? Kommt mir alles sehr 
spanisch vor.

Für den Einwand, dass Kerkos für diesen Zweck die falsche Wahl sind: Im 
Datenblatt ist explizit erwähnt, dass normalerweise Kerkos für diese 
Kapaziät ausgewählt werden und dass deswegen ein Serienwiderstand 
empfohlen ist.

von Teo D. (teoderix)


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Normal bezieht sich dieser Wert natürlich auf eine bestimmte Frequenz, 
meist 100kHz. Wenn also nirgends was explizit angegeben ist..... Oder 
Hersteller kontaktieren, am besten bei >450°C und 1kW. ;)

von floppy disk (Gast)


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Dominik schrieb:
> Der fordert eine effektive
> Kapazität von mind. 22µF und einen
> ESR zwischen 100mOhm und 300mOhm.

Beim Ausgang des Buck, oder wo?

Ja, diese (oder ganz ähnliche) Kurven
sind für alle Kondensatoren gängig, so
weit ich weiß. Jeder C ist in echt RLC.

von ... (Gast)


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> dass normalerweise Kerkos für diese
> Kapaziät ausgewählt werden und dass deswegen ein Serienwiderstand
> empfohlen ist

Dann ist doch alles gut und das Datenblatt wird dir sicher
auch verraten, bei welcher Frequenz welcher Wert aus
Kapazitaet, ESR und Widerstand erwartet wird.

von Dominik (Gast)


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floppy disk schrieb:
> Beim Ausgang des Buck, oder wo?

Ja genau.

... schrieb:
> Dann ist doch alles gut und das Datenblatt wird dir sicher
> auch verraten, bei welcher Frequenz welcher Wert aus
> Kapazitaet, ESR und Widerstand erwartet wird.

Nö. Lediglich der Widerstandswert. Bin mir ziemlich sicher, dass ich das 
nicht überlesen habe.

von Toni Tester (Gast)


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Dominik schrieb:
> Wie kann man den einem equivalten Series RESISTANCE spechen, wenn der
> einen Kennlinie wie eine Kapazität hat?

Resistance != Resistor; Widerstandswert != Widerstand (Bauteil).
Eben wie Kapazität != Kondensator. Kenne den Unterschied.

Warum kann ein Widerstandswert Deiner Meinung nach nicht 
frequenzabhängig sein? Tatsächlich haben selbst reale Widerstände 
(Bauteil) mitunter eine mehr oder weniger starke Frequenzabhängigkeit 
ihres Sollwerts.

von Dominik (Gast)


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Toni Tester schrieb:
> Resistance != Resistor; Widerstandswert != Widerstand (Bauteil).
> Eben wie Kapazität != Kondensator. Kenne den Unterschied.

Na ne, wirklich!?
Nein im Ernst, ist schon klar. Darum gibts ja auch ein Ersatzschaltbild, 
um das echte Bauteil darzstellen. Für den Frequenzgang von  |Z| 
funktioniert das ja auch ganz gut: der Bereich für kleine Frequenzen 
verhält sich poroprtinal mit 1/f (das wär die (ideale) Kapazität im 
Ersatzschaltbild), bei hohen Frequenzen proportional f (das wär die 
(ideale)Indiktivität im Ersatzschaltbild).
Meine Verwirrtheit bezieht sich darauf, dass für etwas im 
Ersatzschaltbild, das sich in Bereichen mit sehr guter Näherung mit 1/f 
verändert, ein (idealer) Widerstand genommen wird.
Aber ich schätze mal, das hat den Gund, weil dieses Teil im 
Ersatzschaltbild keine Phasenverschiebung erzeugen soll.

Mich wundert, dass das im Alltag nich mehr Probleme macht. Da hat ja der 
ESR bei kleinen Frequenzen einen 1000x(!) so hohen Wert wie angenommen?!

von Helmut S. (helmuts)


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Die Angabe des ESR beim Kondensator bezieht auf den Bereich in dem der 
kapazitive Blindwiderstand Xc=1/(w*C) < Ohmscher Serienwiderstand ist. 
Das ist je nach Kapazität zwischen 100kHz und einigen MHz.

Bei deinem gewählten Regler benötigst du einen externen Serienwiderstand 
bei der Verwendung keramischer Kondensatoren da deren ESR im Bereich 
10mOhm ist. Die Baugröße des Serienwiderstandes hängt vom maximal 
erwarteten Ripplestrom des Kondensators ab.

von ... (Gast)


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> Da hat ja der ESR bei kleinen Frequenzen einen 1000x(!) so
> hohen Wert wie angenommen?!

Weswegen man zum Sieben einer gleichgerichteten Netzspannung
auch mindenstens 1000x so grosse Kondensatoren benutzt.
Bei den Grundlagen der Elektrotechnik geschlafen?

von Mark S. (voltwide)


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Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen: Unter ESR verstehe ich den 
reinen Realteil der komplexen impedanz. Und der ist in erster Näherung 
unabhängig von der Frequenz und hat erstmal nichts zu tun mit dem 
frequenzabhängigen Impedanzanstieg bedingt durch die Kapazität. Von 
daher teile ich durchaus die Verwunderung des TO. Es ist für mich also 
nicht ersichtlich, warum der ESR bei tiefen Frequenzen ansteigen sollte.

von Helmut S. (helmuts)


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Mark S. schrieb
> Um auf die Ausgangsfrage zurück zu kommen:
> Unter ESR verstehe ich den reinen Realteil der komplexen impedanz.
> Und der ist in erster Näherung unabhängig von der Frequenz ...

Eben nicht. Im Datenblatt ist oft nur der minimalen ESR bei sehr hohen 
Frequenzen angegeben.

Der tatsächliche Rser lässt sich mit folgender Formel näherungsweise 
beschreiben.

Rser = tangensdelta/(w*C) + ESR

Tangensdelta ist bei den beiden verlinkten Kondensatoren ca. 2%, also 
0,02.

: Bearbeitet durch User
von Bernhard S. (gmb)


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Helmut S. schrieb:
> Der tatsächliche Rser lässt sich mit folgender Formel näherungsweise
> beschreiben.
>
> Rser = tangensdelta/(w*C) + ESR

Wikipedia schreibt zumindest was anderes: "ESR (engl. Equivalent Series 
Resistance), der äquivalente Serienwiderstand, in ihm sind die ohmschen 
Leitungs- und die dielektrischen Umpolungsverluste des Kondensators 
zusammengefasst"

Mark S. schrieb:
> Es ist für mich also
> nicht ersichtlich, warum der ESR bei tiefen Frequenzen ansteigen sollte.

Ich vermute die Erklärung dafür ist diese: Tangens Delta als 
Materialeigenschaft ist bei tiefen Frequenzen konstant, damit steigt der 
Serienwiderstand, weil der kapazitive Blindwiderstand mit fallender 
Frequenz steigt und das TanD ja gerade das Verhältnis Blindwiderstand zu 
ohmschen Anteil angibt.

von Helmut S. (helmuts)


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Bernhard S. schrieb:
> Helmut S. schrieb:
>> Der tatsächliche Rser lässt sich mit folgender Formel näherungsweise
>> beschreiben.
>>
>> Rser = tangensdelta/(w*C) + ESR
>
> Wikipedia schreibt zumindest was anderes: "ESR (engl. Equivalent Series
> Resistance), der äquivalente Serienwiderstand, in ihm sind die ohmschen
> Leitungs- und die dielektrischen Umpolungsverluste des Kondensators
> zusammengefasst"

Die theoretischen Abhandlungen sind das Eine, die Praxis sieht anders 
aus. Die Hersteller geben nur den ESR-Wert für sehr hohe Frequenzen an 
bei dem der tangensdelta-Anteil vernachlässigt werden kann. Teilweise 
sind in dem Datenblatt beide Werte nebeneinander angegeben - ESR für 
100kHz bis 300kHz und tangensdelta für 120Hz.

http://industrial.panasonic.com/cdbs/www-data/pdf/AAB8000/AAB8000COL87.pdf

: Bearbeitet durch User
von Dominik (Gast)


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Bernhard S. schrieb:
> Ich vermute die Erklärung dafür ist diese: Tangens Delta als
> Materialeigenschaft ist bei tiefen Frequenzen konstant, damit steigt der
> Serienwiderstand, weil der kapazitive Blindwiderstand mit fallender
> Frequenz steigt und das TanD ja gerade das Verhältnis Blindwiderstand zu
> ohmschen Anteil angibt.

Ich glaube, damit hast du den Nagel auf den Kopf getroffen! Das passt 
auch perfekt mit

Helmut S. schrieb:
> Rser = tangensdelta/(w*C) + ESR

zusammen. Wieder einmal gescheiter geworden, danke!

von floppy disk (Gast)


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Dominik schrieb:
> TPS65381A von TI. Der fordert eine effektive
> Kapazität von mind. 22µF und einen ESR zwischen 100mOhm und 300mOhm.

Ich habe bei einem weiteren Blick ins DaBla zwar noch nicht gefunden, 
wie sich das genau berechnen soll, aber eines sollte man vielleicht 
schon klar stellen - gefunden auf Seite 18, ca. ab Mitte, letzter Absatz 
/ Buck:

"Typically low-ESR ceramic capacitors are used for the output,
so an external resistor is required to bring the

total_ESR into the specified ESR range."


Total_ESR ist also der ESR des Kerko + R des separaten R (!).

(Und das fassen die zeichnerisch in R(ESR) zusammen, damit nur ja
niemand auf die Idee kommt, Kerkos ohne separaten R zu verbauen.

Nicht im wirklichen Sinne eines Ersatzschaltbildes - denn dort
müßten sonst eher 2 R sitzen: R(ESR_int) und R(add_ext) oder so.)


HTH

von floppy disk (Gast)


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Und...

floppy disk schrieb:
> der ESR des Kerko

...ist rund um die Schaltfrequenz sicher so niedrig, daß Du mittels
z.B. 0,2Ohm R(ext) nicht über gesamt 0,3Ohm kommen solltest.

(Spezifikation erreicht.)

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