Forum: Platinen Dicke Lötzpins entlöten


von Jens (Gast)


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Voller Scham muss ich jetzt diesen Beitrag verfassen.

Ich habe folgenden DCDC-Converter auf meine Platine gelötet.
https://static6.arrow.com/aropdfconversion/7c7579f898333f1086c65d8b388b833568274b26/irs-q12.pdf
Jetzt hat die Sache einen Haken. Ich weiß nicht wo ich mit meinen 
Gedanken war, aber das Teil habe ich doch wirklich falschherum 
raufgelötet. Shame on me.
Das Draufbekommen war schon schwierig, da ich (wohl durch den großen 
Kühlkörper) die Wärme nicht vernünftig übertragen bekomme.
Ich bekomme ihn nun einfach nicht mehr ab. Seit 3 Stunden versuche ich 
alles.
Alle möglichen Lötspitzen, Flussmittel, Entlötlitze, Pumpe. Nichts 
klappt. Ich will auch nicht meinen Lötkolben auf 500°C hauen, um nicht 
etwas zu zerstören.
Hat jemand noch einen Rat?

Gruß und Danke

von test (Gast)


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Jens schrieb:
> . Ich will auch nicht meinen Lötkolben auf 500°C hauen, um nicht etwas
> zu zerstören.

Warum? Wenn da richtig Masse hinterhängt zieht sie die Wärme sofort weg. 
Und der Lötkolben schafft offenbar nicht schnell genug nachzuheizen.
Oder anders, den Lötkolben auf max. Temp. zu regeln ist eine valide 
Option wenn die Lötspitze zu wenig Thermomasse hat (und/oder der 
Lötkolben zu wenig Power).


Ansonsten...


- Wenn bleifreies Lot dann bleifrei hinzufügen. Senkt den Schmelzpunkt.

- Hast du ein Edelstahlrohr das in die Löcher passt und über die Pins?

- Du kannst evtl. die Platine opfern um das Modul zu retten. Dremel ist 
dein Freund.

von test (Gast)


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Edit "Wenn bleifreies Lot dann bleifrei hinzufügen" meint natürlich 
"Wenn bleifreies Lot dann verbleites hinzufügen".

von Sam W. (sam_w)


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Jens schrieb:
> Hat jemand noch einen Rat?

Auf jeden Fall PLatine und Wandler gut vorheizen, knapp 100 °C sollte 
das aushalten.
Ein normaler Haushaltsfön schafft es auf stärkster Stufe ca. auf 80 °C, 
besser als nichts.
Dann könnte die thermische Leistung deines Lötkolbens ausreichen.

von Harald W. (wilhelms)


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Jens schrieb:

> Ich will auch nicht meinen Lötkolben auf 500°C hauen, um nicht
> etwas zu zerstören.

Hier hift nicht Temperatur, sondern Leistung. Im Zweifel auch mit dem
300W-Klempnerlötkolben. Unter 100W würde ich es garnicht erst probieren.

von ... (Gast)


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Heissluftpueschtole aus dem Baumarkt.

Damit habe ich schon Powerconnectoren unfallfrei aus Mainboards 
entloetet.

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Jens schrieb:
> Jetzt hat die Sache einen Haken. Ich weiß nicht wo ich mit meinen
> Gedanken war, aber das Teil habe ich doch wirklich falschherum raufgelötet.
Wie? Oben und unten vertauscht? Denn Recht-Links ist ja kaum möglich...

test schrieb:
> - Wenn bleifreies Lot dann bleifrei hinzufügen. Senkt den Schmelzpunkt.
ChipQuik nennt sich ein Entlötkit mit Wismut/Bismut-Lot, das die 
Temperatur des Lots noch deutlich weiter senkt. Damit bekommt man sogar 
DVI-Stecker entlötet.
"Billig" geht allerdings anders ;-)

Und man sollte erst mal auf einer nicht so arg wichtigen Platine das 
Entlöten üben. Aber das sollte man auch mit der Heißluftpistole. Sonst 
lernt man blitzschnell einen Vorgang namens "Delamination" samt 
zugehöriger Geruchsbelästigung kennen.

von ich bins (Gast)


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Der Schwierigkeitsgrad bei solchen Aktionen (THT allgemein) hängt unter 
anderem auch vom Verhältnis des Pindurchmessers zum Lochdurchmesser 
zusammen. Wenn das Loch groß genug ist, also viel Lötzinn zwischen 
Wandung und Pin passt, kann man versuchen mit einem Lötkolben (so viel 
Dampf wie möglich) UND einer Entlöt-/ Absaugstation gleichzeitig zu 
operieren.


- Backofen vorwärmen auf für maximal gut befundene Temperatur (z.B. 
80-100°C), dann Baugruppe rein und vorwärmen. Erst recht bei viel 
thermischer Masse. Hilft auch sehr gut gegen Delamination bei diesen 
Aktionen.
- Mit beiden Lötkolben (normal + Absauger) und viel zusätzlichem Lötzinn 
zur guten Wärmeübertragung eine Lötstelle aufschmelzen und wenn das Bad 
richtig flüssig ist, schnell absaugen. Die Absaugdüse braucht etwa den 
gleichen Innendurchmesser wie das THT-Loch damit sie über den Pin passt 
und noch Luft hat.
- Nacheinander so die Lötstellen durch machen
- Manchmal bleiben Pins nach dem Absaugen des Lötzinn noch im Loch 
kleben. => Wenn kaum noch Zinn drin ist, versuchen mit einer Zange zu 
lösen.
- Klappt nicht immer, erfordert neben der richtigen Ausstattung auch 
Erfahrung und vor allem Fingerspitzengefühl, rettet aber häufig Bauteil 
und Platine.

Andere Variante, aber auch nur situationsabhängig nutzbar:

- Auch vorwärmen etc.
- Viel Zinn
- Dann eine Pinreihe (die mit mehr Pins, hier Sekundär) aufschmelzen. 
Dazu Lötkolben schnell von Pin zu Pin ziehen bis alles sulzig ist.
- Dann das Bauteil am Körper packen und auf der aufgeschmolzenen Seite 
ziehen bis sie sich etwas löst.
- Dann mit der anderen Pinreihe genau so verfahren und dadurch 
abwechselnd Millimeter für Millimeter die Seiten das Bauteil kippend 
herausarbeiten.
- Das Bauteil ist dadurch natürlich stark belastet...

von Wegstaben V. (wegstabenverbuchsler)


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ich bins schrieb:
> Backofen vorwärmen auf für maximal gut befundene Temperatur (z.B.
> 80-100°C), dann Baugruppe rein und vorwärmen.

meine erste Backofen-Platine (incl. dem Plastik-Kram da drauf, z.B. 
Halter für SCART_Stecker) sah danach aus wie ein Gesamt-Kunstwerk von 
Colani + Dali zusammen.

von ich bins (Gast)


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Wegstaben V. schrieb:
> ich bins schrieb:
>> Backofen vorwärmen auf für maximal gut befundene Temperatur (z.B.
>> 80-100°C), dann Baugruppe rein und vorwärmen.
>
> meine erste Backofen-Platine (incl. dem Plastik-Kram da drauf, z.B.
> Halter für SCART_Stecker) sah danach aus wie ein Gesamt-Kunstwerk von
> Colani + Dali zusammen.

Will ich nicht anzweifeln. Aber war das nicht absehbar für deine 
Baugruppe?

Ich habe so schon (Jahre zurück) bei vielen Leistungsteilen die 
repariert werden mussten die dicken Bauteile ausgelötet.

Wenn das Aufschmelzen einer Lötstelle aufgrund der vorherrschenden 
thermischen Kapazität (z.B. auch weil der Layouter die Thermals 
weggelassen hatte) die Leistung der Lötkolben gerade nicht reicht, ist 
vorheizen oder auch eine Unterheizung das Mittel der Wahl.
Wie so oft gilt auch hier: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.

von Steve N. (scopem)


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Hallo,
sowas habe ich schon ausgelötet.
Aber nicht allein. Zu viert und mit sechs Lötkolben.
Drei Mann mit je zwei Lötkolben, ordentlich Lötzinn an die Pins und der 
vierte hält die Platine und hebelt vorsichtig das Bauteil abwechselnd 
von jeder Seite nach oben.

von Walta S. (walta)


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Steve N. schrieb:
> Hallo,
> sowas habe ich schon ausgelötet.
> Aber nicht allein. Zu viert und mit sechs Lötkolben.
> Drei Mann mit je zwei Lötkolben, ordentlich Lötzinn an die Pins und der
> vierte hält die Platine und hebelt vorsichtig das Bauteil abwechselnd
> von jeder Seite nach oben.

Da klingt ein wenig nach Elektrikerwitz: Wie viele Leute braucht es um 
ein Bauteil mit 3 Anschlüssen auszulöten? ...

;-)

walta

von Jens (Gast)


Angehängte Dateien:

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Vielen Dank für die zahlreichen Nachrichten.
Ich habe es nun mit vielen weiteren Tipps versucht und kam nicht weiter. 
Da zum Ende hin die Emotionen hochgekocht sind wurde der Platine noch 
ein umfassender Flugtest unterzogen. Fazit: Fliegt besser als gedacht.

Damit man meine geistige Abwesenheit nochmal in einem Bild sieht, hier 
im Anhang meine Glanzleistung (kurz nachdem ich mit den ersten 
Auslötversuchen anfing)

Hoffe bringt den ein oder anderen zum Lachen. :) War zum Glück nur eine 
Prototypenplatine aber trotzdem teures Lehrgeld...

von Karl (Gast)


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Herzlichen Glückwunsch zum Jungfernflug :-) Das haben wir alle hinter 
uns.

Wie schon geschrieben, entweder die Pins einzeln vom Lötzinn befreien 
oder alle auf einmal aufschmelzen. Ersteres geht quasi nur, wenn die 
Löcher deutlich größer sind als die Pins, weil sonst bekommt man nie 
alles raus.

Ansonsten VIEL Lötzinn zugeben, so dass alle Pins unter einer 
Lötzinnhaube sind und dann mit einem starken Lötkolben alles 
gleichzeitig aufschmelzen. Die Schwerkraft könnte bei dem Teil schon 
reichen, dass es nach unten aus der Platine fällt. Sonst sanft mit dem 
Kolben in der Schmelze auf die Pins drücken. Ein Helfer schadet gewiss 
nicht.

von Wegstaben V. (wegstabenverbuchsler)


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das sieht mir aber nicht wirklich nach der Notwendigkeit eines 
Dachdecker-Lötkolbens aus (zumindest nicht von der abfotografierten 
Seite)

Meine steinalte 80 Watt Lötpistole wäre hier wahrscheinlich "gut durch 
gekommen"

von GEKU (Gast)


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Mit einen Gaslötkolben oder mit einem Heißluftlötkolben alle Pins 
möglichst rasch gleichmäßig aufheizen, sodass in allen Pins des Lötzinn 
flüssig wird. Dann sollte,  sofern keine Presspassung, das Bauelement, 
dank  Schwerkraft, herausfallen. Ein Vorheizen des Bauelementes hilft 
zusätzlich.

von michael_ (Gast)


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Wie kann man eigentlich 5 und 3 polig vertauschen?

Ansonsten erst mal versuchen, die PIN mit einer Handpumpe freizumachen.
Bleilot.

Dann mit einem Schraubenzieher auf der Gegenseite leicht Druck ausüben.
Und dann nacheinander die PIN erhitzen. Von einem zum anderen Hüpfen.
Es knackt ganz leise, wenn ein PIN nachgiebt.
Immer im Kreis herum.

von Wegstaben V. (wegstabenverbuchsler)


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michael_ schrieb:
> Wie kann man eigentlich 5 und 3 polig vertauschen?

naja, es sieht aus, als ob das Bauteil fälschlicherweise auf der 
Lötseite montiert wurde, und nicht auf der Bestückungsseite.

Da die Pins der 3er und der 5er Reihe in sich mit gleichmäßigen Abstand 
stehen, "kann man das so machen" (verkehrt herum reinlöten)

von Harald W. (wilhelms)


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Jens schrieb:

> ein umfassender Flugtest

Vielleicht wäre ein Fluchtest besser geeignet. Insbesondere, wenn
man sich bei den Versuchen gerade die Finger verbrannt hat.

von Sam W. (sam_w)


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Jens schrieb:
> Hoffe bringt den ein oder anderen zum Lachen. :) War zum Glück nur eine
> Prototypenplatine aber trotzdem teures Lehrgeld...

Bevor du sie entsorgst, kannst du mir sie zuschicken und ich hole dir 
das Teil da raus... Und wenn gewünscht und erfolgreich, umgekehrt rein 
und zurück zu dir :-)

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