Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Fragen Headstage von Kondensatormikrofonen


von Burkhard K. (buks)


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Ich denke über eine ultraschallgeeignete Headstage für ein 
Kondensatormikrofon nach. Dazu gleich mehrere Fragen:

  * Welche Polarisationsspannung wird benötigt?
  * Wie hängt die Spannung von der Kapselgeometrie/-aufbau ab?
  * Wie wird die Polarisationsspannung erzeugt (bei vorhandener 
Phantomspeisung)?
  * Wie die Polarisationsspannung an einem vorhandenen Mikrophon messen?
  * Gibt es sowas wie eine generische Headstagebeschaltung?
  * Wann/für welche Mikrophontypen ist RF-Modulation 
angebracht/vorteilhaft?
  * Ist RF-Modulation grundsätzlich für alle oder nur für bestimmte 
Kapseltypen geeignet?

Eine (DC-)Beispielschaltung habe ich bei Douglas Self, "Small Signal 
Audio Design", Fig. 17.7 gefunden. Dort besteht der Eingang aus 2x 
10GOhm + J905 JFET, gefolgt von einem AD822 OpAmp. Die 
Polarisationsspannung von 63V DC wird mittels eines (Black-Box) 
"LC-Oscillator"s generiert. Als Beispiel für eine RF-Schaltung (mit 
7.68MHz Oszillator) kenne ich noch 
https://www.beis.de/Elektronik/HF-Mic/HF-Mic.html.

Für weiteren Beispiele wäre ich dankbar.

von Maxim B. (max182)


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Burkhard K. schrieb:
> Welche Polarisationsspannung wird benötigt?

Hallo,
Wie Regel eine positive. Bei Doppelmembran benutzt man oft auch 
negative.
Je mehr, umso besser die Empfindlichkeit von Mikrofon und besser S/N. 
Man sollte so viel nehmen, wie Isolation von Kapsel ertragen kann. In 
Praxis variiert Polarisationsspannung zwischen 15 und 60 Volt bei 
Transistortypen und kann auch 120-150 Volt bei Röhrentypen sein. Durch 
variable Polarisationsspannung kann man Empfindlichkeit steuern (es gibt 
aber bessere Möglichkeiten für eine solche Steuerung).

Burkhard K. schrieb:
> Wie wird die Polarisationsspannung erzeugt (bei vorhandener
> Phantomspeisung)?

es gibt zwei Varianten:
1. Polarisationsspannung wird von Phantomspeisung abgeleitet.
2. Polarisationsspannung wird mit Wandler erzeugt.

1. Variante ist einfach. Das ist einzige positive Eigenschaft. Da 
Empfindlichkeit von Polarisationsspannung abhängig ist, wird S/N nicht 
besonders hoch, da Polarisationsspannung von Stromverbrauch abhängig 
bleibt und kann kaum über 46 Volt sein (1x FET, wie bei KM86 - KM88 von 
Neumann), eher aber 30 - 35 Volt (FET +  symmetrische Bipolarschaltung) 
und sogar niedriger (einige AKG). Bei Röhrentypen ist es günstiger, da 
höhere Spannungen vorhanden. Aber durch deutlich höhere 
Polarisationsspannung als bei den FET-Mikrofonen klingen Röhrenmikrofone 
anders (einige denken, das sei durch Röhre bedingt :) ).

2. Variante ist komplizierter. Dafür aber kann man 60 Volt für Kapsel 
nicht nur bei P48 haben, sondern auch bei P24 (Rode NT5) oder sogar bei 
P12 (Schoeps).

Bei Großmembraner erzeugt man durch variable Polarisationsspannung und 
Doppelmembran verschiedene Type (Kugel, Niere, Acht und Zwischenformen). 
Aber Großmembraner passen nur für Pop, für Klassik haben sie zu große 
richtungsabhängige Frequenzverzerrungen. Die passen schon gar nicht für 
Ultraschall.

Burkhard K. schrieb:
> Wie die Polarisationsspannung an einem vorhandenen Mikrophon messen?

Das ist schwer. Interne Wandler haben sehr wenig Leistung, da Membran so 
gut wie nichts verbraucht. An Membran selbst ist Messung gar nicht 
möglich, da 10^9 Ohm Impedanz. Man muß die Schaltung ankucken, dann kann 
man sagen, ob so eine Messung möglich ist.

Burkhard K. schrieb:
> Wann/für welche Mikrophontypen ist RF-Modulation
> angebracht/vorteilhaft?

Wenn man etwas Klangqualität opfern kann. Ansonsten nur Kabel.
Das betrifft natürlich in keiner Weise Sennheiser-Typ mit 
Hochfrequenz-Kapselschaltung: die ist rauscharmer als 
Niderfrequenzschaltung, braucht aber symmetrische Kapseln, die extra 
dafür entwickelt sein müssen.

: Bearbeitet durch User
von Burkhard K. (buks)


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Danke Dir für die ausführlichen Informationen und Beispielschaltungen.

Auf das Thema bin ich gestoßen durch 
https://bura.brunel.ac.uk/bitstream/2438/824/1/Halls2004.pdf (Justin A. 
Halls: "A COMPARISON OF BACKPLATE DESIGNS FOR HOMEMADE MICROPHONES FOR 
AIRBORNE ULTRASOUND").

Der Autor vergleicht mehrere selbstgebaute Kapselkonstruktionen 
(Einzelmembran, 13mm Durchmesser Backplate) hinsichtlich Empfindlichkeit 
und Linearität - ohne allerdings anzugeben, welche Headstage bei seinen 
Versuchen zum Einsatz kam. Er verweist lediglich auf alte 
Veröffentlichungen aus den 80er Jahren. Ich kann nur vrmuten, dass seine 
Eigenkonstruktionen in eine vorhandene Headstage eines kommerziellen 
Mikros gesteckt hat - aber das bleibt offen.

von Wegstaben V. (wegstabenverbuchsler)


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Burkhard K. schrieb:
> ultraschallgeeignete Headstage

ist Headstage sowas? Oder was sonst?

https://en.wiktionary.org/wiki/headstage

: Bearbeitet durch User
von Maxim B. (max182)


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Burkhard K. schrieb:
> Der Autor vergleicht mehrere selbstgebaute Kapselkonstruktionen
> (Einzelmembran, 13mm Durchmesser Backplate) hinsichtlich Empfindlichkeit
> und Linearität

12-13 mm Durchmesser ist für Musik optimal. Für Pop kann man mehr nehmen 
(sowieso nur Verzerrungen statt Musik :) ), für Messmikrofone benutzt 
man eher 5-6 mm, da hier richtungsabhängige Frequenzgang sehr 
unerwünscht ist, aber hohe Empfindlichkeit (sie richtet sich nach 
Membranenfläche) weniger wichtig ist (Messungen macht man mit spürbaren 
Schallpegel).

Es ist aber wichtig zu verstehen: Eingangsstufe von Mikrofon arbeitet an 
der Grenze des Machbaren. Nicht unüblich ist FET-Selektieren, wenn man 1 
aus 100 für Mikrofon wählt und andere 99 für weniger kritische Sachen 
gehen. Mikrofonbau hat im Vergleich mit Verstärker usw. noch eine 
zusätzliche Schwierigkeit: es reicht nicht, lineare Frequenzgang zu 
machen. Frequenzgang ist auch richtungsabhängig! Diese Abhängigkeit ist 
nicht unbedingt unerwünscht oder vermeidlich, sie sollte aber in 
bestimmten Grenzen bleiben und möglichst kleine Unterschiede bei 
Mikrofonen eines Typs haben. Aus Theorie ist bekannt: geringste 
Frequenzabhängigkeit hat Acht, sie ist hier durch richtungsabhängige 
Empfindlichkeit gekauft (übrigens, es gibt buchstäblich nur ein paar 
echten Acht, billigste Kapsel kostet ca. 450 € (AKG). Zwei macht Schoeps 
(ab 960 €), zwei oder drei gibt es bei Neumann (ab 1200 €)... Meistens 
macht man Acht aus zwei Nieren, dann stimmt das alles über Frequenzgang 
aber nicht!). Kugel hat im Prinzip unter gleichen Bedingungen stärkste 
Frequenzabhängigkeit von Richtung (deshalb gibt es keine echte Kugel 
über 16 mm, nur Doppelmembran - "Kugel", wo sie aus zwei Nieren 
besteht). Nieren liegen in der Mitte (deshalb wohl am häufigsten 
gebraucht).

: Bearbeitet durch User
von Burkhard K. (buks)


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Wegstaben V. schrieb:
> ist Headstage sowas? Oder was sonst?

Witzig :-)

Mikrofon-Headstages:
  * https://de.wikipedia.org/wiki/Datei:Kondmikro.jpg
  * (angehängt) günstiges Doppelmembranmikro

Headstages kommen bei sehr kleinen Signalen zum Einsatz wo jeder 
Millimeter Anschlussleitung zu Störeinstreuungen führen muss. Gibt es 
u.a. auch bei Patch-Clamp-Verstärkern mit denen Ströme von wenigen pA 
gemessen werden (https://de.wikipedia.org/wiki/Patch-Clamp-Technik)

Bei Messungen von Gehirnströmen dürfte die Ausgangssituation ähnlich 
sein.

von Hp M. (nachtmix)


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Burkhard K. schrieb:
> Mikrofon-Headstages:

Da steht aber "Impedanzwandler / Vorverstärker".

Kannst du kein Deutsch, oder kein Englisch, oder beides nicht?

von Maxim B. (max182)


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T.Bone ist von Thomann. In China produziert. Man kann damit viel Freude 
bekommen: viel Rauschen, viel Klangverzerrung und bei jedem Exemplar 
alles anders!

Burkhard K. schrieb:
> Ist RF-Modulation grundsätzlich für alle oder nur für bestimmte
> Kapseltypen geeignet?

Kapazität von Kapsel ist so ungefähr um 50 pF +-. Man kann natürlich 
versuchen (wer kann das verbieten) eine Kapsel in LC-Oszillator einlöten 
und FM damit machen. Besser vielleicht Phase modulieren von Frequenz, 
die von Quarz bestimmt wird. Aber ohne extra dafür eine Kapsel zu 
entwickeln bekommt man wohl keine professionelle Egenschaften. 
Experimentieren kann man aber.

: Bearbeitet durch User
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