Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wie genau kann ein Bandpass sein? Grenz/Mittelfrequenz


von JanB (Gast)


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Guten Tag,

wwie bekommt man bei einem Bandpassfilter eine möglichst kleine/enge 
Bandbreite hin? Wie klein bekommt man diese?
In welchen Frequenzbereichen bekommt man die engste Bandbreite und die 
steilsten Flanken?

mein Anliegen ist sehr unspezifisch gehalten, aber über ein paar Infos 
würde ich mich sehr freuen.

MfG Jan

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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JanB schrieb:
> wwie bekommt man bei einem Bandpassfilter eine möglichst kleine/enge
> Bandbreite hin?
Mit einer Spule entsprechender Güte (ein Schwingkreis ist ein 
Bandpass!). Oder einer geeigneten OP-Schaltung. Oder einem passenden 
Filteralgorithmus in einem Rechner.

Für konkretere Antworten musst du eine konkretere Anwendung angeben. Was 
soll in welchem Frequenzbereich wofür gefiltert werden?

: Bearbeitet durch Moderator
von Werner H. (werner45)


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Für kleinste Bandbreite und steilste Flanken nimmt man Quarzfilter.
Schwieriger wird eine große Bandbreite bei steilen Flanken. Da braucht 
man einige Dutzend passend abgestimmte Quarze nebst genauen 
Kondensatoren und abstimmbaren Spulen sowie eine definierte Eingangs- 
und Ausgangsimpedanz. Und alles dick versilbert.
Sowas teures erlaubte sich seinerzeit nur die Deutsche Post in ihren 
Trägerfrequenzanlagen (weil sie es nicht selber bezahlen mußte).

von Leo (Gast)


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JanB schrieb:
> mein Anliegen ist sehr unspezifisch gehalten, aber über ein paar Infos
> würde ich mich sehr freuen.

NF oder HF?

Wenn HF, welcher Frequenzbereich in etwa?

von Hp M. (nachtmix)


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JanB schrieb:
> In welchen Frequenzbereichen bekommt man die engste Bandbreite und die
> steilsten Flanken?

Wahrscheinlich in optischen Frequenzbereichen.

von MaWin (Gast)


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JanB schrieb:
> mein Anliegen ist sehr unspezifisch gehalten

Dann gibt es auch eine unspezifische Antwort:

Analoge oder gar passive Bandpässe hängen von der Güte der verwendeten 
Spule und Kondensatoren ab. Eine Spule der Güte 100 bewirkt einen 
schmaleren Filter als eine der Güte 10, aber Güte 1000 erreicht man wohl 
nie.

Baust du den Bandpass digital auf, als digitalen Filter, kannst du ihn 
fast beliebig genau bauen, lediglich die Reaktion, im analogen sagt man 
Einschwingzeit, dauert dann länger.

Wer 1MHz auf 1Hz genau filtern will, braucht halt mindestens 1 Sekunde 
bevor er das so genau erkennen kann.

Auch muss das Analogsignal digitalisiert werden. Wer nur 8 bt 
digitalisiert, arbeitet halt nicht so genau wie jemand der 24 bit 
digitalisiert. Damit sind dem Grenzen nach oben in der behandelbaren 
Frequenz gegeben.

von Achim H. (anymouse)


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Die kleine Bandbreite bekommt man über eine hohe Güte bzw. großer 
Gütefaktor. Die Güte dürfte von der Konstruktionsart des Filters 
abhängen.

Auf der Wiki-Seite https://de.wikipedia.org/wiki/G%C3%BCtefaktor findet 
man einige Gütefaktoren von schwingenden Systemen.

von Jens G. (jensig)


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Je kleiner die Mittenfrequenz eines filters ist, um so leichter wird es, 
enge Bandbreiten zu erhalten, da dann für eine betimmte Bandbreite die 
Güte nicht so hoch sein muß wie bei höheren frequenzen.

von Achim H. (anymouse)


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Jens G. schrieb:
> Je kleiner die Mittenfrequenz eines filters ist, um so leichter wird es,
> enge Bandbreiten zu erhalten, da dann für eine betimmte Bandbreite die
> Güte nicht so hoch sein muß wie bei höheren frequenzen.

Das gilt aber nur für die absolute Bandbreite. Wenn man dagegen die 
relative Bandbreite nimmt, schauts anders aus.

Ansonsten kann man ja mal versuchen, einen Filter mit Mittelfrequenz 
1µHz zu erstellen.

: Bearbeitet durch User
von Jens G. (jensig)


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Achim H. (anymouse) schrieb:

>Jens G. schrieb:
>> Je kleiner die Mittenfrequenz eines filters ist, um so leichter wird es,
>> enge Bandbreiten zu erhalten, da dann für eine betimmte Bandbreite die
>> Güte nicht so hoch sein muß wie bei höheren frequenzen.

>Das gilt aber nur für die absolute Bandbreite. Wenn man dagegen die
>relative Bandbreite nimmt, schauts anders aus.

Klar meine ich die absolute Bandbreite. Die rel. Bandbreite interessiert 
ja eigentlich eher nie als Endspezifikation.
Deswegen wird die ZF irgendwelcher Empfänger nicht ohne Not sinnlos hoch 
gelegt, wenn man rel. lässig eine bestimmte, rel. niedrige Bandbreite 
haben will, denn dann muß man es ja mit dem Q nicht so arg übertreiben.

>Ansonsten kann man ja mal versuchen, einen Filter mit Mittelfrequenz
>1µHz zu erstellen.

Nur zu ... ;-)

: Bearbeitet durch User
von Joachim B. (jar)


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Jens G. schrieb:
> Je kleiner die Mittenfrequenz eines filters ist, um so leichter wird es,
> enge Bandbreiten zu erhalten

ist das so?
ich grübel die ganze Zeit, wird F klein sinkt XL, um XL größer zu machen 
brauche ich mehr L also mehr Windungen, mehr Windungen sind aber 
längerer Draht und damit steigt R und die Güte sinkt, ich muss also den 
Draht dicker machen, damit wird der Durchmesser größer und die 
Induktivität sinkt.
Mehr Draht heisst auch mehr Koppelkapazität um also dort grenzwertige 
Betrachtungen anzustellen ist mir diese Aussage zu unsicher.

Kleinere Mittenfrequenz, leichter für enge Bandbreiten?

[ ] ja
[ ] nein
[x] ich weiss es nicht

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

JanB schrieb:
> wwie bekommt man bei einem Bandpassfilter eine möglichst kleine/enge
> Bandbreite hin? Wie klein bekommt man diese?
> In welchen Frequenzbereichen bekommt man die engste Bandbreite und die
> steilsten Flanken?

Das ist ziemlich analog zu Krokodilen - und da gilt ja immer: Je 
gruener, desto beiss.

SCNR,
WK

von Lurchi (Gast)


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Für LC filter nimmt die praktisch erreichbare Güte zu niedrigen 
Frequenzen irgendwann ab. Die absolute Bandbreite wird zu kleineren 
Frrquenzen trotzdem oft noch besser. Relativ zur Mittenfrequenz wird es 
eher schlechter.

Allerdings nutzt man je nach Frequenz verschiedene Bevorzugte Verfahren: 
für niedrige Frequenzen bieten sich digitale Filter an, für etwa den 
Audiobereich und etwas mehr gibt es aktive Filter mit RC und OPs, eher 
drüber eignen sich LC filter und noch höher geht es dann in Richtung 
Hohlleiter und dielektrische Filter. Neben den rein Elektrischen Filtern 
gibt es noch Mechanische Resonanzen etwas mit Quarzen, Keramik und ggf. 
SAW und ähnlichem die oft sehr hohe Güten erreichen. Extrem hohe 
Gütewerte erreicht man mit Kern-resonanzen (Cs, Rb, Fe - Mösbauerlinie) 
allerdings bei sehr hoher Frequenz.

von Jens G. (jensig)


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Joachim B. (jar)

>Jens G. schrieb:
>> Je kleiner die Mittenfrequenz eines filters ist, um so leichter wird es,
>> enge Bandbreiten zu erhalten

>ist das so?
>ich grübel die ganze Zeit, wird F klein sinkt XL, um XL größer zu machen
>brauche ich mehr L also mehr Windungen, mehr Windungen sind aber
>längerer Draht und damit steigt R und die Güte sinkt, ich muss also den
>Draht dicker machen, damit wird der Durchmesser größer und die
>Induktivität sinkt.

Halbe f bedeutet je doppelte L und C (wenn man mal das LC-Verhältnis 
gleich läßt).
Doppelte L bedeutet doppeltes X_L, aber nur sqrt(2)-fache Windungszahl, 
und damit R.
Das X_L zu R Verhältnis = Q verbessert sich damit sogar um sqrt(2) pro 
doppelter f.
Mit niedrigerer f sinkt auserdem der Skin- und Proximityeffekt, was das 
X_L/R Verhältnis nochmals verbessert.
Mit niedrigerer f verbessert sich also die Güte sogar überproportional

>Mehr Draht heisst auch mehr Koppelkapazität um also dort grenzwertige
>Betrachtungen anzustellen ist mir diese Aussage zu unsicher.

Diese Koppelkapazität hat aber jetzt nicht viel mit der Güte zu tun, 
sondern geht eher nur in die f ein. ...

>Kleinere Mittenfrequenz, leichter für enge Bandbreiten?

[x] ja
[ ] nein
[ ] ich weiss es nicht

: Bearbeitet durch User
von c-hater (Gast)


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JanB schrieb:

> wwie bekommt man bei einem Bandpassfilter eine möglichst kleine/enge
> Bandbreite hin?

Mit einem Resonator.

> Wie klein bekommt man diese?

Prinzipiell?: Bis auf Bandbreite 0.

Und bevor du fragst: nein, ein Resonator mit Bandbreite 0 ist praktisch 
weder realisierbar noch wäre er zu irgendwas sinnvoll verwendbar...

von Hp M. (nachtmix)


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MaWin schrieb:
> Analoge oder gar passive Bandpässe hängen von der Güte der verwendeten
> Spule und Kondensatoren ab. Eine Spule der Güte 100 bewirkt einen
> schmaleren Filter als eine der Güte 10, aber Güte 1000 erreicht man wohl
> nie.

Doch, ich erinnere mich in Datenbüchern über Ferrite Wickelbeispiele 
gesehen zu haben, die etwas höhere Gütezahlen erreichten.
Möglich wurde das  mit relativ großen Schalenkernen, Frequenzen um 
100kHz und dicker (= sehr vieldrähtiger) HF-Litze.

Resonatorgüten um 1000 bei 10GHz erreichen auch die Dielektrische 
Resonatoren (Keramikpillen), wie sie für die Oszillatoren in LNBs für 
Satellitenenempfang genutzt werden.
Höhere Güten, z.B. 8000 sind bei Mikrowellenfrequenzen mit 
Hohlraumresonatoren möglich. Ein in der Gegend um 3GHz abstimmbares 
Exemplar mit einer Betriebsgüte von gut 1000 habe ich noch in der 
Garage. Der Resonator ist etwa so groß  wie ein Kochtopf.

von Bernd (Gast)


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Hp M. schrieb:
> Höhere Güten, z.B. 8000 sind bei Mikrowellenfrequenzen mit
> Hohlraumresonatoren möglich.
Die dann z.B. mit Stepper- oder Piezomotoren mechanisch getunt werden, 
wenn die Resonanzfrequenz durch Temperaturdrift wegläuft.

von Jens G. (jensig)


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>> Höhere Güten, z.B. 8000 sind bei Mikrowellenfrequenzen mit
>> Hohlraumresonatoren möglich.
>Die dann z.B. mit Stepper- oder Piezomotoren mechanisch getunt werden,
>wenn die Resonanzfrequenz durch Temperaturdrift wegläuft.

Aaaahhh - Hoohlraumresonatoren mit AFC-Taste ;-)

von Sebastian S. (amateur)


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Unter vielem Anderen gilt auch hier: Sachen gibt’s, die gibt’s gar 
nicht.

Will sagen, oft ergeben die Formeln Werte, die es nicht gibt.

Das Stichwort an dieser Stelle lautet: E-Reihe.

Willst Du also einen beliebigen, errechten Wert haben, so musst Du ihn 
dir selber, aus einer Kombination von verschiedenen anderen Werten, 
zusammenstellen.

Ein Filter ist nur so genau, wie seine Elemente zusammengestellt wirken. 
Wie schon vorher angedeutet gibt es hier noch jede Menge Pferdefüße.

von Wolfgang (Gast)


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JanB schrieb:
> In welchen Frequenzbereichen bekommt man die engste Bandbreite und die
> steilsten Flanken?

Das kommt drauf an, wie du die Filterkurve aufzeichnest.

Natürlich ist bei gleicher Güte ein Filter für eine niedrige Frequenz 
absolut schmäler, als eins für eine hohe. Das ist ein Grund, warum in 
Radioempfänger ein oder zwei Zwischenfrequenzen verwendet werden.
Die Flankensteilheit hängt weit entfernt von der Grenzfrequenz nur von 
der Filterordnung ab.
In der Nähe der Grenzfrequenz wird sie durch den Filtertyp bestimmt.
https://blog.bliley.com/filter-typology-face-off-a-closer-look-at-the-top-4-filter-types

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Joachim B. schrieb:
> Jens G. schrieb:
>> Je kleiner die Mittenfrequenz eines filters ist, um so leichter wird es,
>> enge Bandbreiten zu erhalten
>
> ist das so?

Das ist trivialerweise so. Für Bandpässe ist die Güte ja definiert als 
(Mittenfrequenz ÷ Bandbreite).

LC-Bandfilter kann man über weite Frequenzbereiche aufbauen und der 
Aufwand ist in etwa proportional zur Güte. Bei gleicher Güte (= gleicher 
Aufwand = gleiche Kosten) kriegt man bei einem Bandfilter für 100kHz 
Mittenfrequenz also auch ein 1/10 der (absoluten) Bandbreite gegenüber 
einem Bandfilter für 1MHz Mittenfrequenz.

Allerdings gilt das kaum bis in den Tonfrequenzbereich, weil die Spulen 
dann viel zu groß und unhandlich werden. Da nimmt man dann eher aktive 
RC-Filter.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Eine unspezifische Antwort..

gute fertige Filter gibts zB um die 450kHz, mit einer Bandbreite von 
vielleicht 3kHz.
etwas weiter oben, bei 10.7MHz ist auch wieder ein Bereich von enge 
filter erhaeltlich sind.

Allenfalls waere die Anwendung noch interessant. Allenfalls kann man die 
Frequenz auch in den zum filtern einfachen Bereich schieben.
Allenfalls geht auch ein Lock-in Verstaerker, welcher auch beliebig enge 
filter darstellen kann.

von Werner H. (werner45)


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Eine mir bekannte Anordnung von LC-Filtern mit 13 Hz (!) Mittenrequenz 
fand sich in hochwertigen IR-Spektrometern der 1970er Jahre. Die Spulen 
waren auf Ferrit-EI48-Kernen gewickelt, die Kondensatoren MP. Warum 
Ferrit statt Dynamoblech, ist mir unbekannt.
Die seltsame Frequenz von 13 Hz ist ein Kompromiß zwischen der Trägheit 
der Thermoelementempfänger und Interferenzen mit der Netzfrequenz von 50 
bzw. 60 Hz.

Gruß - Werner

von Karlo Kater (Gast)


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Hallo

mal anders herum gefragt:

Warum gibt es eigentlich keinen Filter der eine Filterkurve wie ein 
Rechtecksignal hat?
Also sehr steile Flanken (fast unendlich) eine absolut flache (ebene, 
gerade) Durchlasskurve und im Durchlassbereich "keine" Dämpfung (keine 
Dämpfung im Sinn wie ein Stück Kupferdraht bei gemäßigten Stromstärken 
meist "keinen" praxisrelevanten Widerstand hat).
Die Begrifflichkeit "Kurve" sagt es ja schon indirekt das so was nicht 
machbar ist - aber warum?
Es scheint ja nicht (nur) an der Technik zu liegen denn Digital und oder 
als Berechneter Softwarefilter ist der perfekte Filter wohl auch nicht 
machbar - oder doch?
Was verhindert schon in der Theorie (oder doch nicht?) das in Filter 
Ideal ist?
Und als Anschlussfrage die wohl damit zusammenhängt:
Warum sind "gute" mehrstufige Filter (Bandpässe) so schwer "per Hand" zu 
Berechnen und schon bei wenigen Stufen (meist halt als Bandpass aber 
nicht nur) so schwer verständlich wie diese Stufen theoretisch, und erst 
recht in der Praxis funktionieren, bzw. wie und warum welche Werte und 
Anordnungen der Spulen und Kondensatoren gewählt werden (wurden).
Auch digitale (Softwarefilter) erklären sich nicht wirklich selbst - 
warum wird das so kompliziert und hoch mathematisch wo doch ein 
einzelner Schwingkreis eigentlich noch einfach mathematisch und von der 
Theorie her zu erfassen ist?

Karlo Kater

von Antoni Stolenkov (Gast)


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MaWin schrieb:
> Baust du den Bandpass digital auf, als digitalen Filter, kannst du ihn
> fast beliebig genau bauen, lediglich die Reaktion, im analogen sagt man
> Einschwingzeit, dauert dann länger.

Das bedeutet im Umkehrschluß, daß die minimal erreichbare Bandbreite 
unerreichbar ist.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Karlo Kater schrieb:
> Warum gibt es eigentlich keinen Filter der eine Filterkurve wie ein
> Rechtecksignal hat?

Weil die Einschwingzeit eines solchen Filters gigantisch wäre. Je 
steiler der Übergang, deto länger die Einschwingzeit. Dazu kommt noch 
das Kausalitätsproblem. Das ist trivial einzusehen, wenn man sich etwas 
Systemtheorie draufschafft. Stichwort Zeitdomäne vs. Frequenzdomäne. 
Fourier/Laplace Transformation usw.

Schau in ein Buch oder geh in die entsprechende Vorlesung. Ein Forum 
kann diesen Bildungsauftrag nicht erfüllen.

> Und als Anschlussfrage die wohl damit zusammenhängt:
> Warum sind "gute" mehrstufige Filter (Bandpässe) so schwer "per Hand" zu
> Berechnen und schon bei wenigen Stufen (meist halt als Bandpass aber
> nicht nur) so schwer verständlich wie diese Stufen theoretisch, und erst
> recht in der Praxis funktionieren

Das ist nicht so. Theoretisch kann man das sehr wohl berechnen. Ja, 
mit der Verfügbarkeit von Simulationsprogrammen a'la Spice und der 
Rechenleistung eines ehemals Supercomputers in jedem Smartphone ist die 
Berechnung geradezu trivial.

Was es praktisch schwierig macht ist, daß man die Größe parasitärer 
Elemente immer nur abschätzen kann. Jedes Stückchen Draht hat eine 
Induktivität. Und zwischen jedem Leiter und einem anderen Leiter bildet 
sich eine Kapazität aus.

Bei höheren Frequenzen (jenseits einiger MHz) oder bei hohen 
Anforderungen an die Genauigkeit kann man diese parasitären Elemente 
nicht mehr vernachlässigen. Und sie sind auch noch vom Aufbau abhängig: 
die Beinchen eines Kondensators etwas kürzer abgeschnitten oder auch nur 
der gleiche Kondensator schräg eingelötet gibt andere Werte.

> Auch digitale (Softwarefilter) erklären sich nicht wirklich selbst -
> warum wird das so kompliziert und hoch mathematisch

Das liegt an deiner mangelnden Bildung. Das ist nicht kompliziert.

: Bearbeitet durch User
von Wolfgang (Gast)


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JanB schrieb:
> mein Anliegen ist sehr unspezifisch gehalten, aber über ein paar Infos
> würde ich mich sehr freuen.

Vielleicht äußerst du dich mal, ob die gewünschten Infos nun schon dabei 
waren oder das hier ziellos so weiter gehen soll.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Karlo Kater schrieb:
> Warum gibt es eigentlich keinen Filter der eine Filterkurve wie ein
> Rechtecksignal hat?

Der Herr Gibbs hat dir da den Tag versaut:

https://de.wikipedia.org/wiki/Gibbs%E2%80%99sches_Ph%C3%A4nomen

Gruss
WK

von Der Zahn der Zeit (Gast)


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Karlo Kater schrieb:
> Warum gibt es eigentlich keinen Filter der eine Filterkurve wie ein
> Rechtecksignal hat?

Es gibt ebenso wenig einen (perfekten) Filter der eine Filterkurve wie 
ein Rechtecksignal hat, wie es ein (perfektes) Rechtecksignal gibt. 
Stichwort: Unendliche Flankensteilheit.

Es gibt sehr wohl - mehr oder weniger subjektiv gute oder schlechte und 
technisch aufwändige - Annäherungen an solche perfekten Filter und 
Rechtecksignale. Stichwort: Endliche Flankensteilheit.

von Egon D. (Gast)


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Karlo Kater schrieb:

> Warum sind "gute" mehrstufige Filter (Bandpässe) so
> schwer "per Hand" zu Berechnen und schon bei wenigen
> Stufen (meist halt als Bandpass aber nicht nur) so
> schwer verständlich wie diese Stufen theoretisch, und
> erst recht in der Praxis funktionieren, bzw. wie und
> warum welche Werte und Anordnungen der Spulen und
> Kondensatoren gewählt werden (wurden).

Das hat zahlreiche Gründe:

1.
Das Zuschalten weiterer Zweipole zu einem vorhandenen
Filter ist in der Laborpraxis ein ziemlich einfacher
Vorgang. Es ist eine ganz offensichtliche Sache, wenn
man an den Ausgang eines Filters weitere Bauelemente
anschließt, da ist nichts dabei.
Die mathematische Beschreibung dessen ist aber alles
andere als einfach! Das liegt daran, dass die neu
dazugeschalteten Bauelemente nicht einfach nur das
SIGNAL beeinflussen -- sie beeinflussen auch, wie das
URSPRÜNGLICHE Filter das Signal beeinflusst!
Abstrakte Formulierung dafür: Passive Bauteile sind
nicht rückwirkungsfrei.
In passiven Schaltungen beeinflussen sich also ALLE
Bauteile in gewissem Maße gegenseitig, und deshalb
werden die Formeln auch für relativ kleine Filter
schon sehr unhandlich -- eben weil die Wirkung JEDES
Bauteiles auf JEDES ANDERE beschrieben werden muss.

2.
Die Einstiegshürde für die Filtertheorie ist (bezogen
auf den Bevölkerungsdurchschnitt) ziemlich hoch. Neben
einem Grundverständnis für Signaltheorie (Fourier-
Transformation) sollte man mit komplexen Zahlen und
Polynomen sicher umgehen können; Bekanntschaft mit
der Funktionentheorie ist sehr hilfreich. Studierte
Mathematiker neigen hier zu einer gewissen Betriebs-
blindheit; für sie ist trivial, was für den
Bevölkerungsdurchschnitt komplett unverständlich ist.

3.
Gute, verständliche Lehrbücher sind seltene Ausnahmen.
Das gilt nicht nur für Mathematik und Signaltheorie,
sondern auch für die Grundlagen der Elektrotechnik.


> Auch digitale (Softwarefilter) erklären sich nicht
> wirklich selbst - warum wird das so kompliziert und
> hoch mathematisch wo doch ein einzelner Schwingkreis
> eigentlich noch einfach mathematisch und von der
> Theorie her zu erfassen ist?

Das liegt daran, dass digitale Filter i.d.R. keine
einfache digitale Realisierung eines analogen Filters
sind.
Digitale Filter sind eigentlich sogar einfacher als
analoge, weil die ganzen Komplikationen mit den analogen
Bauteilen entfallen -- aber sie sind auch gemeiner, weil
sie eben fast die direkte Realisierung der mathematischen
Formeln sind. Um Digitalfilter zu verstehen, MUSS man die
Mathematik dahinter verstehen -- da gibt es keinen Trick,
um das zu umgehen.

von Jens G. (jensig)


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> Auch digitale (Softwarefilter) erklären sich nicht
> wirklich selbst - warum wird das so kompliziert und
> hoch mathematisch wo doch ein einzelner Schwingkreis
> eigentlich noch einfach mathematisch und von der
> Theorie her zu erfassen ist?

Tja, es geht bei digitalen Filtern aber nicht einfach um die Darstellung 
der Filterkurve, oder der Schwingkreisformel (wenn einfacher LC), 
sondern um die signaltechnische Nutzung derselben. Und da wird es schon 
ein bißchen komplexer ...

von Joachim B. (jar)


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Jens G. schrieb:
> Halbe f bedeutet je doppelte L und C (wenn man mal das LC-Verhältnis
> gleich läßt).

vergiss doch C, wenn erst mal nur die Spulengüte Q=XL/R gilt

Das man die Spulengüte bei Niedrigstfrequenzen rein praktisch nicht 
unendlich hoch treiben kann wurde schon auch von Anderen begründet.

Wenn du meinst es geht doch begründe mit Drahtdurchmesser und 
Windungszahl und ohmschen R mit Daten.

Mit C sinkt allenfalls die Gesamtgüte, C vergrößert die Gesamtgüte NIE

: Bearbeitet durch User
von Rainer V. (a_zip)


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Egon D. schrieb:
> Gute, verständliche Lehrbücher sind seltene Ausnahmen.
> Das gilt nicht nur für Mathematik und Signaltheorie,
> sondern auch für die Grundlagen der Elektrotechnik.

Natürlich gibt es gute Lehrbücher, aber man muß sie auch finden...

z.B. Filtertheorie: Electronic Filter Design Handbook, Arthur B. 
Williams / Fred J. Taylor / McGRAY-HILL

und natürlich immer Tietze-Schenk

und ein Lehrbuch ist nur so gut, wie es zum Vorwissen des Studierenden 
passt! Wenn du kaum Ahnung von Vektorrechnung hast, dann ist ein 
Lehrbuch über Tensorrechnung für dich einfach nicht zu verstehen :-)

Gruß Rainer

von Henrik V. (henrik_v)


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Wenn ein Signal gegeben ist, das einen Signalanteil mit der kleinsten 
möglichen Bandbreite hat...
sollte auf einen schönen amplituden und frequenzstabilen Sinus 
hinauslaufen ....
dann ist der als solcher aus den andern Signalanteilen auch genauso 
schmalbandig zu entfernen.

Digital ist es ein Sinusfit und dessen Residuum das Ergebnis.
Aber auch hier gibt es Einschränkungen.. zB durch die Länge des 
betrachteten Fensters.

von Rainer D. (rainer4x4)


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Karlo Kater schrieb:
> Warum gibt es eigentlich keinen Filter der eine Filterkurve wie ein
> Rechtecksignal hat?
> Also sehr steile Flanken (fast unendlich) eine absolut flache (ebene,
> gerade) Durchlasskurve und im Durchlassbereich "keine" Dämpfung (keine
> Dämpfung im Sinn wie ein Stück Kupferdraht bei gemäßigten Stromstärken
> meist "keinen" praxisrelevanten Widerstand hat).

Na ja, DAS perfekte Filter zu bauen wäre nicht möglich. Allein die 
Einschwingzeiten .....
Aber es gibt schon recht steilflankige Filter, ich denke zB an 
Maskenfilter (meistens 8 Kreis Bandpässe)am Ausgang von DVB-T Sendern im 
Rundfunkbereich.
Allein der Abgleich ist ne Wissenschaft für sich. Ich brauchte zum Glück 
nie eines nachzugleichen.... ;-))

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