Hallo zusammen, ich möchte an unserer FH eine Leiterkarte in der Dampfphaseanlage löten. Die Bestückung mache ich selber. Die Karte wird von oben und unten bestückt. Leider weiß ich nicht, wie ich das ganze beidseitig machen soll. Ich habe das noch nie gemacht und weiß nicht, wie ich da vorgehen soll. Wenn ich eine Seite fertig gemacht habe und zur nächsten gehe, dann besteht doch die Gefahr, dass in der Anlage die Bauteile unterhalb der Platine bei 230°C herunterfallen. Wie kann ich denn eine Seite befestigen, sodass die anderen Seite gelötet werden kann? MfG
Ganz einfach, in dem man die Bauteile der Unterseite mit Kleber plaziert. Der muss natürlich die Dampfphase überleben!
Als Gast hier schrieb: > Ganz einfach, in dem man die Bauteile der Unterseite mit Kleber > plaziert. > Der muss natürlich die Dampfphase überleben! Sind das Spezialkleber?
Ich frage nur, weil ich nicht weiß, nach welchen Begriffen ich online suchen muss. MfG
Naja es kommt auf die Bauteile an, wenn du auf der Unterseite nur Hühnerfutter hast, dann ist kleben wahrscheinlich nicht mal notwendig, unser Bestücker arbeitet auch mit Dampfphase und fertigt unser Produkt ohne zu kleben, auf der Unterseite befindet sich aber nur Kleinzeug, Widerstände, Keramikkondensatoren, Dioden, Chips der GRöße SO8 und kleiner und ein μSD Kartenhalter.
Große Bauteile sollte man kleben, kleine kleben von selbst (Oberflächenspannung). Selbst bei geschmolzenem Zinn. D.h Stecker, Batteriehalter oder LGAs & große BGA sind etwas im Risiko. Was man daher überlegen sollte ist welche Seite man zuerst bestückt. Und falls man das Layout beeinflussen kann, schon dabei. Notfalls baut man sich eine temperaturfeste "Stütze" (z.B. M8-Mutter oder irgendwie sowas) und legt die Platine so auf das Gitter dass ein Teil vom Gewicht der Leiterplatte auf dem kritischen Bauteil liegt. Prinzip "Dolmen". Im übrigen ist das Problem unabhängig von Dampfphase oder nicht.
Kevin schrieb: > Wenn ich eine Seite fertig gemacht habe und zur nächsten gehe, > dann besteht doch die Gefahr, dass in der Anlage die Bauteile unterhalb > der Platine bei 230°C herunterfallen. Nicht, wenn du beim Layout ein paar Dinge berücksichtigst: - es gibt einen Verhältniswert von Bauteilgewicht zu gesamter Padfläche. Zahlen weiß ich nicht auswendig, aber solange eine Grenze nicht überschritten wird, fallen die BE nicht ab. - man achtet beim Layout darauf, dass BE, die zu schwer sind und den o.g. Wert überschreiten, auf der zweiten Lötseite angeordnet werden (große Elkos und Spulen, manche Steckverbinder) - übliche SMD Bauteile (R, C, Transistoren, Dioden, DIL-Gehäuse in SMD, auch viele BGAs) fallen bei erneutem Erwärmen auf der Unterseite nicht ab. - bei sinnvoll angelegten Bauteilbibliotheken ist dort schon ein Flag gesetzt, wenn man es nicht auf beiden Seiten platzieren darf - professionell vermeidet man Kleben, weil das als zusätzlichen Arbeitsschritt Geld kostet - manche BE könnten gar nicht geklebt werden, so z.B. BGAs mit Balls auf der ganzen Fläche oder ICs mit Exposed Pad
Ich stimme voll und ganz HildeKs Äußerungen zu, gehe aber bei einem Punkt sogar noch weiter: BGA darf auf keinen Fall geklebt werden, weil es exakt so ausgelegt ist, dass durch das aufgeschmolzene Lot eine Zentrierung des Gehäuses in allen sechs Freiheitsgraden erfolgt. Dieser Vorgang sollte nicht gestört werden.
HildeK schrieb: > - professionell vermeidet man Kleben, weil das als zusätzlichen > Arbeitsschritt Geld kostet Es ist auch sehr hinderlich bei Reparaturen - aber das interessiert ja heute kein Schwein mehr. Georg
Andreas S. schrieb: > BGA darf auf keinen Fall geklebt werden, weil es exakt so ausgelegt ist, > dass durch das aufgeschmolzene Lot eine Zentrierung des Gehäuses in > allen sechs Freiheitsgraden erfolgt. Ja, da hast du natürlich recht - daran dachte ich gar nicht. Die Kleberei kam aus der Zeit, als erste SMD-BE verwendet wurden und man noch mit der Schwalllötung gearbeitet hat. Ohne Kleben hätte es die SMD-BE alle weg geschwemmt. Wenn heute noch geklebt wird, dann nur in den großen Ausnahmefällen, wo eines der schweren BE unbedingt auf der 1. Lötseite platziert werden muss.
Bauteile die Kräfte von außen verkraften müssen, sollten besonders sorgfältig befestigt werden, weil das Lötzinn der Pads das zwar eine Weile auch können, aber meist nur temporär, bis sich Risse und kalte Lötstellen bemerkbar machen.
Kevin schrieb: > Ich frage nur, weil ich nicht weiß, nach welchen Begriffen ich online > suchen muss. "SMD-Kleber" so schwer?
Dr.Who schrieb: > Bauteile die Kräfte von außen verkraften müssen, sollten > besonders sorgfältig befestigt werden, weil das Lötzinn der > Pads das zwar eine Weile auch können, aber meist nur temporär, > bis sich Risse und kalte Lötstellen bemerkbar machen. Aber sicher nicht durch kleben. Solche Bauteile sind zumeist board to wire Stecker. Die gibt es dann mit entsprechenden Haltenasen, von einfachen Plastestöpseln, die eher der Zentrierung denn der mechanischen Haltbarkeit dienen bis hin zu THT Rastnasen am SMD Steckverbinder gibt es da alles mögliche. Wenn hier etwas geklebt werden muss hat man schlicht beim Design das falsche Bauteil ausgweählt.
Auch auf meinen doppelseitig bestückten Leiterplatten wird nichts geklebt. Nur beim Layout wird aufgepasst, dass nicht z.B. ein SMD-DCDC-Zuckerwürfel mit seinen kleinen Pads unten platziert wird. Eine mindestens ebenso schwere Wandler-Spule mit großen Pads ist dagegen kein Problem. Und auch größere Mosfets fallen nicht runter... Wenn du jetzt beim Layout nicht aufgepasst und unten dicke SMD-Bauteile hast, dann könntest du mit Reflowlöten für die Prototypen noch den Trick mit zwei unterschiedlichen Loten (unten bleifrei und oben verbleit oder sogar mit Bismut drin) nehmen. Bei der Dampfphase funktioniert der Trick aber nicht, weil du da schlecht zwischen 2 unterschiedlichen Temperaturen umstellen kannst.
> Die Kleberei kam aus der Zeit, als erste SMD-BE verwendet wurden und man > noch mit der Schwalllötung gearbeitet hat. Ohne Kleben hätte es die > SMD-BE alle weg geschwemmt. > Wenn heute noch geklebt wird, dann nur in den großen Ausnahmefällen, wo > eines der schweren BE unbedingt auf der 1. Lötseite platziert werden > muss. Das Kleben von Bauteilen auf der Unterseite ist auch heute noch üblich, wenn als Prozessschritt das Wellenlöten folgt und die SMD-Bereiche auf der Leiterplattenunterseite nicht durch die Schalllötmaske abgedeckt werden. Im Normalfall läuft es so: Paste drucken Bestücken Löten LP wenden Paste drucken Bestücken Löten Nur sehr schwere Bauteile könnten abfallen, wenn das Lot bein 2. Mal aufschmilzt.
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Ähm, mal ne Frage Kevin. Ihr habt ne Dampfphase da stehen. Frag doch mal die Leute die damit "normalerweise" arbeiten, also die Leute aus der E-wekstatt, E-Labor oder wie das bei auch auch immer heißen mag. Die können dir normalerweise genau sagen wie das funktioniert und worauf du beim Bestücken achten solltest. Außerdem haben die auch Tips zum Layout. Ggf muß auch das Programm aungpaßt werden.
Max schrieb: > Frag doch mal die Leute die damit "normalerweise" arbeiten Das ist übrigens auch eine schlaue Vorgehensweise später in der Industrie: vor dem Beauftragen/Fertigstellen einer Leiterplatte einfach mal einen Bestücker/Fertiger drüber schauen lassen. Und ebenfalls eine gute Idee ist, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen. Auf Messen und in Zeitschriften kann man da so einiges Interessantes sehen. Man muss ja nicht jeden Fehler und jede Erfahrung selber machen...
Frank H. schrieb: > Im Normalfall läuft es so: > Paste drucken > Bestücken > Löten > LP wenden > Paste drucken > Bestücken > Löten Der Ablauf ist nicht richtig. Du hast das Kleben vergessen. Paste drucken 1. Seite Bestücken 1. Seite Löten 1. Seite LP wenden Kleber drucken 2. Seite Bestücken 2. Seite Kleber aushärten 2. Seite Wellenlöten 2. Seite. Der Kleber härtet bei etwa 160 °C aus, er sollte die erste Löttemperatur beim Wellenlöten erhalten. Jeder weitere Temperaturbeaufschlagung macht ihn spröde, wenn Reparaturen anstehen, läßt sich ein Bauteil leichter entfernen, da der spröde Kleber dann einfacher bricht. Ein Hinweis: Wenn der Kleber mit einer Schablone gedruckt werden soll, dann sind unbedingt Passmarken erforderlich. Gruß Squeegee DFM-Engineer Lacroix Electronics
Squeegee schrieb: > Der Ablauf ist nicht richtig. Du hast das Kleben vergessen. > > Paste drucken 1. Seite > Bestücken 1. Seite > Löten 1. Seite > LP wenden > Kleber drucken 2. Seite > Bestücken 2. Seite > Kleber aushärten 2. Seite > Wellenlöten 2. Seite. Wäre es nicht sinnvoll, den Kleber für die Bestückung der 1. Seite einzusetzen, weil dies die Seite ist, deren Bauteile beim 2. Lötdurchgang herabhängen und von der Verklebung profitieren können?
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Andreas S. schrieb: > Wäre es nicht sinnvoll, den Kleber für die Bestückung der 1. Seite > einzusetzen, weil dies die Seite ist, deren Bauteile beim 2. > Lötdurchgang herabhängen und von der Verklebung profitieren können? Es muss überhaupt kein Kleber sein. Der Kleber wird nur eingesetzt, wenn die LP danach ganzflächig über eine Lötwelle gezogen werden muss (um THT Bauteile über die kompplette LP verteilt zu löten). Das geht aber nur mit Bauteilen mit größeren Pin Abständen und nicht mit BGAs. Sind kleinere Bauteile oder BGAs auf der Seite, von der die THT Pins verlötet werden müssen, wir auf ein Selektiv Löt verfahren zurückgegriffen. Bei dem wird die Platine nur mit den THT Pins über die Welle gezogen. SMD Bauteile können beidseitig ohne verkleben gelötet werden. Die Platine erwärmt sich durch passende Lötprofile auf der Rückseite nicht so weit, dass die Bauteile wieder herunterfallen.
ich schrieb: > Die Platine erwärmt sich durch passende Lötprofile auf der Rückseite > nicht so weit, dass die Bauteile wieder herunterfallen. Die Bauteile, sofern richtig ausgewählt, halten durch Adhäsion auch auf voll aufgeschmolzenem Zinn. Squeegee schrieb: > Der Ablauf ist nicht richtig. Hier mal mit Bildern und Anmerkungen zum Kleben: https://www.cad-ul.de/faq/zweiseitige-bestueckung.php ich schrieb: > wir auf ein Selektiv Löt verfahren zurückgegriffen. Bei dem wird die > Platine nur mit den THT Pins über die Welle gezogen. Entweder werden dabei Lötmasken eingesetzt, die dafür sorgen, dass die Welle nicht an andere Bauteile kommt, oder es wird dann mit einem "Finger" gelötet, der die passenden Koordinaten anfährt: https://schropp-gmbh.de/selektivloeten/
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