Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Wie Kindertelefone verdrahten


von Pino M. (pinomolino)


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Liebe Leute,
ich habe ein Paar uralte Kindertelefone geerbt (der Schachtel nach zu 
urteilen Marke "unser favorit", Nummer 5480).
Ich bin kein Elektroniker, aber so ein Grundverständnis von Strom und 
einfachen Bauteilen habe ich. So wie ich die Dinger verstehe, haben sie 
einen Taster, um die Gegenstelle zu rufen, und natürlich Mikrofon und 
Lautsprecher im Hörer. Der Rufknopf funktioniert (Gegenstelle summt und 
leuchtet), aber der Hörer bleibt einfach stumm.

Ich hab mich mal daran versucht, einen Schaltplan zu zeichnen, ist aber 
ehrlich gesagt mein Erster. Im Original ist parallel zur Glühbirne noch 
ein Summer verbaut, aber den hab ich bei circuitlab.com nicht gefunden.

Konkret habe ich folgende Fragen:
1. Im Gegensatz zu den Kindertelefonen aus 
Beitrag "Kindertelefon wieder flottmachen" sind bei mir Lautsprecher 
und Mikrofon in Serie geschaltet. Was ist denn davon zu halten?
2. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal, ob ich den Klingeldraht zwischen 
den Geräten über Kreuz oder parallel spannen muss. Macht das bei so 
simplen Bauteilen wie Mikro und Lautsprecher überhaupt einen 
Unterschied?
3. Habe jetzt schon einiges gelesen von "alte Kohlemikrofonkapseln 
verkleben", aber ich habe keine Ahnung, wie ich das prüfen soll? Gegen 
die Tischkante geklopft hab ich sie schon, aber mehr fällt mir nicht 
ein. Habe hier nur ein simples Digitalmultimeter zur Hand.

So, das war mein erstes Elektronik-Posting. Wenn ich da total wirres 
Zeug geschrieben hab, sagt mir bitte Bescheid, dann kann ich auch noch 
Rückfragen beantworten. Ich würde mich freuen, wenn mir jemand einen 
Tipp geben kann, wie ich die Dinger wieder flottkriege...

Herzlichen Dank!
Pino

von c r (Gast)


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Pino M. schrieb:
> 3. Habe jetzt schon einiges gelesen von "alte Kohlemikrofonkapseln
> verkleben"

Ja, das wird wahrscheinlich das Problem sein. Ich glaube die Aussichten 
die zu regenerieren sind auch nicht so gut.

Pino M. schrieb:
> 2. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mal, ob ich den Klingeldraht zwischen
> den Geräten über Kreuz oder parallel spannen muss. Macht das bei so
> simplen Bauteilen wie Mikro und Lautsprecher überhaupt einen
> Unterschied?

Nein, ist egal.

von c r (Gast)


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Ahja, vergessen:

Pino M. schrieb:
> 1. Im Gegensatz zu den Kindertelefonen aus
> Beitrag "Kindertelefon wieder flottmachen" sind bei mir Lautsprecher
> und Mikrofon in Serie geschaltet. Was ist denn davon zu halten?

Finde ich seltsam, ich würde erwarten, dass der Widerstand des Mikrofons 
die Lautstärke des Lautsprechers so doch deutlich reduziert...

Da ich aber die Widerstände beider Bauteile nicht kenne, würde ich mal 
davon ausgehen, dass das schon so passt.

von Ingo W. (uebrig) Benutzerseite


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c r schrieb:
> Nein, ist egal.

Würde eher für "über Kreuz" plädieren. Sonst heben sich die Spannungen 
der beiden Speisebatterien gegenseitig auf.

von c r (Gast)


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Ingo W. schrieb:
> Würde eher für "über Kreuz" plädieren. Sonst heben sich die Spannungen
> der beiden Speisebatterien gegenseitig auf.

Stimmt, hast recht. Denkfehler meinerseits.

von Ek13 (Gast)


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Ingo W. schrieb:
> c r schrieb:
> Nein, ist egal.
>
> Würde eher für "über Kreuz" plädieren. Sonst heben sich die Spannungen
> der beiden Speisebatterien gegenseitig auf.

...über Kreuz, sonst hebt sich die Batteriespannung gegenseitig auf.
Hier eine alte Schaltung aus „Elektrotechnik selbst erlebt“

von A. K. (Gast)


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"nur innerhalb des Grundstücks"

Schon eine Frechheit was sich die Post damals erlaubt hat, 
verwunderlich, dass das so lange gut ging.

LG

von Christian H. (netzwanze) Benutzerseite


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Arno K. schrieb:
> Schon eine Frechheit was sich die Post damals erlaubt hat,
> verwunderlich, dass das so lange gut ging.

Die Post gehörte damals noch den Staat und diese Vorschriften waren 
Gesetz.

von Beranzverrater (Gast)


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Arno K. schrieb:
> "nur innerhalb des Grundstücks"
>
> Schon eine Frechheit was sich die Post damals erlaubt hat,
> verwunderlich, dass das so lange gut ging.
>
> LG

Auf die Aufgaben des Staates hat der Staat meistens ein Monopol, ja

von HildeK (Gast)


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Arno K. schrieb:
> Schon eine Frechheit was sich die Post damals erlaubt hat,
> verwunderlich, dass das so lange gut ging.

Nennt sich Fernmeldehoheit und ist heute noch so.
https://de.wikipedia.org/wiki/Fernmeldehoheit

Ich hab das Gesetz als Jugendlicher trotzdem gebrochen ...

von Michael W. (Gast)


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HildeK schrieb:
> Ich hab das Gesetz als Jugendlicher trotzdem gebrochen ...

Wer nicht...? ;-)

von Axel S. (a-za-z0-9)


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c r schrieb:
> Pino M. schrieb:
>> 1. Im Gegensatz zu den Kindertelefonen aus
>> Beitrag "Kindertelefon wieder flottmachen" sind bei mir Lautsprecher
>> und Mikrofon in Serie geschaltet. Was ist denn davon zu halten?
>
> Finde ich seltsam

Ich nicht. Das ist doch eigentlich der Normalfall. Wobei bei echten 
Telefonen die Hörkapsel nicht direkt in Reihe geschaltet ist, sondern 
per Trafo angekoppelt ist, um eine Rückhördämpfung [1] zu erreichen. 
Aber die (aus Sicht der Hörkapsel) Primärseite des Trafos liegt in Reihe 
zum Mikrofon.

> ich würde erwarten, dass der Widerstand des Mikrofons
> die Lautstärke des Lautsprechers so doch deutlich reduziert...

Ein Kohlemikrofon verändert seinen Widerstand beim Besprechen und 
moduliert so den Strom. Nur dadurch hörst du überhaupt etwas in der 
Hörkapsel. Im Gegensatz zu typischen Lautsprechern (4-8Ω) sind die 
Hörkapseln mit ihren 200-300Ω übrigens auch eher hochohmig.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Gabelschaltung

von Beranzverrater (Gast)


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Axel S. schrieb:
> Im Gegensatz zu typischen Lautsprechern (4-8Ω) sind die Hörkapseln mit
> ihren 200-300Ω übrigens auch eher hochohmig.

Ich weiß, aber zum typischen Widerstand solcher Kohlemikrofone konnte 
ich auf die schnelle nichts finden.
Idealerweise (maximaler Pegel) müsste der ja dann auch in der 
Größenordnung liegen, oder?

von Pino M. (pinomolino)


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Wow, vielen Dank für die ganzen Beiträge, vor allem für die Buchseite! 
Ich nehm mal das Folgende mit:

1. Den Klingeldraht zwischen den Telefonen muss ich über Kreuz legen.
2. Die Mikrofone sind wahrscheinlich kaputt. Entweder durch Alterung 
oder durch Überlasten gemäß "Elektrotechnik selbst erlebt" (ist dieses 
Überlasten dauerhaft?)
3. Hab ich eine Chance, mit meinem Multimeter rauszufinden, ob ich ein 
Kohlemikrofon habe? Oder irgendwelche Charakteristiken abzulesen, jetzt 
wo das Mikrofon kaputt ist?
4. Tante Google sagt, man kann Ersatz für die Kohlekapseln entweder 
kaufen (starke 20 Euro, z.B. bei [1]) oder selber basteln (z.B. nach 
[2]). Bei beidem ist mir nicht klar, wie ich da "etwas passendes" finden 
kann. Also [2] scheint mir sehr seriös, aber da ist nirgends die Rede, 
welche z.B. Impedanzen diese Schaltung ersetzen kann. Ist das egal, weil 
man ich die Schaltung sowieso über den einstellbaren Widerstand an mein 
Telefon anpasse?

LG
Pino

[1] https://telefonmanufaktur.de/
[2] 
https://web.archive.org/web/20130130162004/http://home.magnet.ch/~sheimers/telemic.html 
, erklärt in https://opppf.de/TelephonMic/index.html

von Gerald K. (geku)


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c r schrieb:
> Ich glaube die Aussichten die zu regenerieren sind auch nicht so gut.

Starkes schütteln könnte die Kohlekörnchen wieder lockern

c r schrieb:
> Nein, ist egal

Ist nicht egal, da die Batterien, Kohlemikrofone und Lautsprecherkapseln 
in Serie geschaltet sind.

Sind die Telefone mit gleicher Polarität zusammengeschaltet, dann kann 
kein Strom fließen,  da sich die Spannungen der Batterien aufheben.

Die Batteriespannungen müssen sich durch die richtige Polung (Anschlüsse 
gekreuzt) addieren, nur so werden die Kohlemikrofonkapseln mit Strom 
durchflossen und können so den Gleichstrom modulieren.

Die Verschaltung von Mikrophon und Lautsprecherkapseln ist sehr einfach 
durchgeführt und hat keine Gabelschaltung, die Signale vom eigen 
Mikrophon werden dadurch auch vom eigenen Lautsprecher ungedämpft 
wiedergegeben. So kann jedes Gerät für sich durch Kurzschluss der 
Anschlussleitung leicht überprüft werden, aber Taste nicht betätigen. 
Man muss sich selbst hören, dann ist das Gerät in Ordnung.

Überprüfung der Zusammenschaltung durch Messung des Stroms auf der 
Leitung.

von Gerald K. (geku)


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Pino M. schrieb:
> Hab ich eine Chance, mit meinem Multimeter rauszufinden, ob ich ein
> Kohlemikrofon habe?

Ja.

Es werden aktive Mikrophone verwendet. Entweder die alten Kohlemikrofone 
oder dynamische Mikrofone mit verstärkender passiver elektronischer 
Stromquelle (modulieren Widerstand).

Das Erstere rauscht wesentlich stärker als das dynamische Mikrophon.

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Kohlemikrofon

: Bearbeitet durch User
von Axel S. (a-za-z0-9)


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Pino M. schrieb:

> 2. Die Mikrofone sind wahrscheinlich kaputt. Entweder durch Alterung
> oder durch Überlasten

Überlasten ist unwahrscheinlich. Beim Schütteln müssen Kohlemikrofone 
leicht "rascheln" (das sind die Kohlekörner im Inneren). Die Körner 
können verkleben. Leichtes Aufklopfen kann die Körner manchmal wieder 
lösen. An sich sind die Dinger recht langlebig. ich habe hier alte 
Telefone aus DDR-Zeiten - also über 30 Jahre alt - und die 
Kohlemikrofone da drin gehen immer noch.

> 3. Hab ich eine Chance, mit meinem Multimeter rauszufinden, ob ich ein
> Kohlemikrofon habe?

Ja. Einfach eine Widerstandsmessung machen. Elektronische Varianten 
brauchen mehr Spannung, als das Multimeter liefern kann. Auch mehr 
Spannung als deine zwei popeligen 4.5V Batterien liefern. In diesen 
Telefonen funktionieren nur Kohlemikrofone.

> 4. Tante Google sagt, man kann Ersatz für die Kohlekapseln entweder
> kaufen (starke 20 Euro, z.B. bei [1]) oder selber basteln [2]

Die Ersatzschaltung aus [2] wird bei dir nicht funktionieren. Die ist 
auf die höhere Spannung im echten Telefonnetz angewiesen. Schau mal auf 
ebay, ob du noch alte Analogtelefone findest. Aus denen kannst du 
Kohlemikrofone bergen. Über den Daumen gepeilt hat alles was mit 
Drehscheibe kommt, noch Kohlemikrofone.

Evtl. willst du ja gleich zwei richtige Telefone ersteigern und den 
ganzen Weg gehen: Haustelefon

von Andreas M. (andreas_m62)


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Evtl. könnte man die Kohlemikrofonkapseln
mal trocken in einen Ultraschallreiniger legen.

von Dieter (Gast)


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Bei Kohlekoernern half manchmal auch schuetteln oder kurzes vibrieren um 
diese wieder zum Laufen zu bringen.
 Ein einfaches Messgeraet ist nicht vorhanden?
Damit koennte man suchen, welches Teil in der Kette die Ursache waere.

von MaWin (Gast)


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Arno K. schrieb:
> "nur innerhalb des Grundstücks"
> Schon eine Frechheit was sich die Post damals erlaubt hat,
> verwunderlich, dass das so lange gut ging.

Die Regel gilt auch heute noch, Monopoliszen lassen sich die Butter 
nicht vom Brot nehmen.

Willst du über die Strasse, kannst du dir allerdings eine 
Telefongesellschaft gründen.

von minifloat (Gast)


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Dieter schrieb:
> Ein einfaches Messgeraet ist nicht vorhanden?

TLDnR?

Pino M. schrieb:
> Habe hier nur ein simples Digitalmultimeter zur Hand.

von Dieter (Gast)


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minifloat schrieb:
> Pino M. schrieb:
>> Habe hier nur ein simples Digitalmultimeter zur Hand.
Habe ich nicht mehr auf dem Schirm gehabt.

Wenn Du an Mikro und Lautsprecher zum Messen herankommst, dann messe mit 
dem Multimeter die Spannungen systematisch durch mit eingebauten 
Batterien.

Wenn das Messgeraet eine Ohmbereich hat, dann messe den Widerstand jeder 
Kapsel (Mikro, Speaker) und poste den.
Beim niedrigsten Ohmbereich solle man ein leichtes Knacken aus der 
Hoerermuschel hoeren koennen.

von Pino M. (pinomolino)


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Also mit Batterien (wenn ich die Anschlussbuchsen kurzschließe) fallen 
fast die kompletten 4,5V über dem Mikrofon ab; am Lautsprecher messe ich 
etwa 5mV.
An Widerständen messe ich 10Ohm im Lautsprecher, aber das Mikrofon 
schwankt wild (bei gleichbleibender Stille um mich rum) - vielleicht 
6kOhm?

Ich hab mir mal den Spaß gemacht, die Buchsen mit dem Multimeter 
kurzzuschließen; da hätte ich einen Strom von etwa 0,75mA erwartet, 
tatsächlich messen tue ich aber nix (nicht mal im 200µA-Bereich). Kann 
doch eigentlich nicht sein, dass die Flachbatterie einen so hohen 
Widerstand hat, oder?

von Dieter (Gast)


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Das ist eine Serienschaltung. Wenn an einem Mikro die grsammte Spannung 
abfaellt, sollte das der Übeltaeter sein. In der Regel streuen beide 
Mikros so stark, dass der Spannungafall sich darueber recht 
ungleichmaessig verteilt. Statt 1:1 bis zu 1:4 ist alles moeglich. An 
den Speakern faellt meist weniger ab als bei den Mikros.

von Dieter (Gast)


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Beim Messen ueber den Mikrofonen bitte den den gesamten Kreis, dh beide 
Telefone verbunden, den Spannungsabfall am Mikro messen.
Mein Spieltelefon lag bei 1k bis darunter. Beim oeffnen ging etwas 
verloren, hatte aber noch Kohlekoerner vom Kosmos Elektronik Kasten. 
Fuer den Kosmos Kasten konnte ich harte Graphitminen von Bleistiften als 
Alternative gewinnen.

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