Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Kleinste Menge an Werkzeug, mit der diese Menge gefertigt werden kann


von Rainer Winkler (Gast)


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Hallo,

in der Softwarewelt ist es ja relativ einfach, ein Paket an Software 
zusammenzustellen, mit dem sich jede Software (inkl dem Paket selber) 
entwickeln lässt.
Kernel, Text Editor, Compiler, Debugger, ggf Versionsverwaltung und ein 
paar nützliche Tools und man könnte einen leeren PC nehmen und im 
Prinzip jede Software darauf zum Laufen bekommen und ggf anpassen, dank 
diverser Buildsysteme und Paketmanager auch automatisiert und 
unkompliziert.

Wie ist das bei (mechanischem) Werkzeug/Maschinen?
Irgendwie ist die Menschheit ja von ein paar Stöcken und Steinen zu dem 
jetzigen Zustand gekommen, aber über sehr viele Zwischenschritte und mit 
viel Handarbeit.
Könnte man eine Werkstatt mit Maschinen ausstatten (CNC Fräse, CNC 
Drehmaschine, Roboter mit Greifarmen) mit denen man diese Maschinen 
nochmals in der gleichen Qualität/Präzision herstellen kann?
(Energie/Elektronik/Kunststoffteile/Halbzeuge in den entsprechenden 
Legierungen als unbegrenzt vorhanden angenommen)


In der Praxis ist es natürlich effizienter, große Mengen an Maschinen 
mit größeren Maschinen zu produzieren.
Aber braucht man zwingend einen ganzen Industriepark mit vielen 
Spezialmaschinen, um CNC Fräsen zu bauen, auch wenn Zeit und Geld keine 
Rolle spielen?
Ist es quasi möglich, mit einer Billig CNC Fräse zu starten und daraus 
Schritt für Schritt Fräsen zu "fräsen", die mit jedem Schritt präziser 
werden (weniger Spiel, bessere Linearität/Genauigkeit) oder nimmt die 
Qualität prinzipiell immer weiter ab?
Worauf ich hinaus will:
Mich wundert es, dass Maschinen wie Bohrmaschinen oder CNC Fräsen, die 
es seit Jahrzehnten gibt, viel teurer sind als das Metall, aus dem sie 
bestehen, (zT. nur 2% des Kaufpreises). Irgendwohin müssen also die 
restlichen 98% fließen. Ich gehe mal davon aus, dass sich ein Großteil 
der Produktion automatisieren lässt, die Kosten also zu einem Großteil 
durch Maschinen entstehen,
die wesentlich teurer sind als die produzierte Maschine.
Wenn es einfach möglich wäre, mit den gleichen Maschinen zu produzieren, 
die auch hergestellt werden, könnten die Kosten prinzipbedingt ja nicht 
so hoch sein.

-Welchen Maschinenpark braucht man mindestens, um zB eine kleine Proxxon 
Fräse (FF 500, Gewicht 50kg) zu bauen?
-Reicht dieser Maschinenpark dann aus, um den Maschinenpark zu 
reproduzieren oder braucht man dafür wieder einen noch 
größeren/komplexeren Maschinenpark?

von Walter T. (nicolas)


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Rainer Winkler schrieb:
> -Reicht dieser Maschinenpark dann aus, um den Maschinenpark zu
> reproduzieren oder braucht man dafür wieder einen noch
> größeren/komplexeren Maschinenpark?

Mit einer ungenauen Drehbank und einer ungenauen Fräse kann ich - das 
entsprechend abgelagerte Material und das richtige Meßmittel 
vorausgesetzt - eine etwas genauere Drehbank und eine etwas genauere 
Fräse herstellen.

Für Meßmittel gilt ähnliches. Der begrenzende Faktor ist die Geduld, die 
Fähigkeit des Anwenders und die Materialverfügbarkeit.

Andersherum ist allerdings schneller und billiger.

Es gibt den Spruch: Jede neue Drehbank wurde auf einer alten 
hergestellt.

von Tom (Gast)


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von MaWin (Gast)


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Rainer Winkler schrieb:
> Könnte man eine Werkstatt mit Maschinen ausstatten (CNC Fräse, CNC
> Drehmaschine, Roboter mit Greifarmen) mit denen man diese Maschinen
> nochmals in der gleichen Qualität/Präzision herstellen kann

Natürlich.

Präzise Maschinen sind oftmals sogar auf unpräziseren gefertigt worden.

Man korrigiert halt nach, dazu muss man messen. Man braucht also neben 
den Maschinen auch Haarlineale, Puppitast Messuhren, Tuschierfarbe, 
Scraper, Messplatten, Feilen. Dann wird nachgearbeitet bis es passt.

Ein Roboter ist davon noch weit entfernt. Eine grosse Maschine macht es 
aber leichter, eine kleine darauf zu produzieren, denn eine gleichgrosse 
passt nicht drauf. Beispielsweise beim Schleifen der Führungsbahnen 
nützt es nichts wenn die Führung der Maschine genau so kurz ist.


Aber vorher muss man Erz fördern, Stahl schmelzen, weichglühen und 
härten, man muss schleifen und ggf. Hartmetall sintern, Farbe und Öl, 
ggf. Granit und Filz kaufen.

Maschinen bestehen eben im Gegensatz zu Software nicht aus Nichts, 
sondern aus Rohstoffen. Die könnte man natürlich genau so voraussetzen 
wie das Vorhandensein eines Computers bei deinen sich selbst 
erstellenden Softwarepaketen.

von Kai S. (kai1986)


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Hallo,

hier muss man etwas unterscheiden. Eine Werkzeugmaschine zu fertigen ist 
ähnlich dem Schreiben einer Software. Der große Unterschied bei der 
Software kommt daher, das wenn sie einmal erstellt ist, sie sich 
beliebig oft vervielfältigen lässt.

Grundsätzlich wird heute auf jeder modernen CNC-Maschine genauer 
gefertigt als die Maschine selbst ist. Zur Kostenreduktion werden die 
Maschinen üblich mit einem Laserinterferometer vermessen und die 
Abweichung zwischen der echten Position und der von der CNC-Maschine 
eingestellten Position als Korrektur in der Steuerung der Maschine 
abgelegt.

Damit man eine Kopie von einer Maschine auf sich selbst herstellen kann 
ist die Art der einsetzbaren Teile stark eingeschränkt und müsste 
entsprechend extra so konstruiert sein. Grundsätzlich ist das aber wie 
schon erwähnt wurde mit viel Aufwand machbar.

Ein sehr schöne Beispiele sind das händische Schleifen von Linsen für 
ein Fernrohr oder das Schaben einer Führung. Beides mal sind die 
Werkzeuge viel einfacher und ungenauer als das Endprodukt. Das 
funktioniert aber nur, da die verwendeten Techniken so gewählt sind, das 
sie in grenzen selbstkorrigierend sind.

Gruß Kai

von Manfred (Gast)


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> Ein Roboter ist davon noch weit entfernt.

Es gab im Maschinenmarkt einen Bericht 'Roboter bauen Roboter', den ich 
leider nicht im web finde.

Interessant ist der: 
https://www.industry-of-things.de/amp/wenn-roboter-roboter-bauen-a-562757/ 
"Denn beim Roboterhersteller bauen die eigenen Roboterarme selbst die 
Gelenke für neue Roboterarme zusammen."

Auch den mal angucken, die setzen eigene Maschinen ein, weitere zu 
bauen: 
https://www.maschinenmarkt.vogel.de/automatisiert-und-vernetzt-roboterteile-zerspanen-a-860180/

von dadida (Gast)


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MaWin schrieb:
> Natürlich.

Natürlich nicht. (so einfach)

CNC bedeutet 'Computerized Numerical Control', d.h. ein Computer ist 
Teil davon. Jetzt braucht man noch eine ordentliche Foundry; das ist 
aber schon eine andere Hausnummer als eine Werkstatt.

von Kai S. (kai1986)


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dadida schrieb:
> CNC bedeutet 'Computerized Numerical Control', d.h. ein Computer ist
> Teil davon.

Ein Computer kann auch rein mechanisch aufgebaut sein, wobei damit der 
Platzbedarf und Energieverbrauch gegenüber üblicher Maschinen massiv 
ansteigt.

von Theor (Gast)


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Tom schrieb:
> Vielleicht interessant: https://en.wikipedia.org/wiki/David_J._Gingery

Au Mann. Das ist in diesem Jahr in diesem Forum der bei weitem 
interessanteste und wertvollste Hinweis überhaupt. :-) Danke sehr.

von Thomas (kosmos)


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Mit der Größe steigt auch die Genauikgeit. Mit dem Maßband ist es 
leichter 9,99 Meter abzustecken als mit dem Lineal eine 9,9mm Linie zu 
zeichnen.

von A. S. (Gast)


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Du glaubst gar nicht, wie genau ein Handwerker aus der Hand feilen und 
sägen kann. Und Toleranzen/Spiel kann man berücksichtigen. Du kannst 
perfekt plane Flächen herstellen ohne Messmittel, aus einem Längenmaß 
(z.b. 1m) alle Teilungen konstruieren (nonius mit 20tel mm).

Für dein Beispiel brauchst Du nur noch eine Esse (+Hammer, Zangen ...), 
ein paar Steine und ein Meter. Den Rest macht der Meister in einem Jahr 
mit genügend Hilfsarbeitern, angefangen mit Meißeln, Sägen und Feilen.

von Maxe (Gast)


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Rainer Winkler schrieb:
> Mich wundert es, dass Maschinen wie Bohrmaschinen oder CNC Fräsen, die
> es seit Jahrzehnten gibt, viel teurer sind als das Metall, aus dem sie
> bestehen, (zT. nur 2% des Kaufpreises). Irgendwohin müssen also die
> restlichen 98% fließen. Ich gehe mal davon aus, dass sich ein Großteil
> der Produktion automatisieren lässt, die Kosten also zu einem Großteil
> durch Maschinen entstehen,
> die wesentlich teurer sind als die produzierte Maschine.
> Wenn es einfach möglich wäre, mit den gleichen Maschinen zu produzieren,
> die auch hergestellt werden, könnten die Kosten prinzipbedingt ja nicht
> so hoch sein.
Die Kosten eines Produkts bestehen eigentlich immer zu 100% aus 
Arbeitszeit, Profit und Steuern/Abgaben. Die Kosten des Halbzeugs, der 
Fertigungsmaschinen, Transport usw., sind ja letztlich genauso 
zusammengesetzt, legt man das auf das Endprodukt um, dann kommt man eben 
auf die drei Anteile. Und letztlich ist der Aufwand eine solches Produkt 
herzustellen einfach sehr hoch. Heute sind Massenprodukte aber schon 
spottbillig.

> -Welchen Maschinenpark braucht man mindestens, um zB eine kleine Proxxon
> Fräse (FF 500, Gewicht 50kg) zu bauen?
Möchte man alles automatisiert, inklusive Handling, dann wäre dafür eine 
wahnwitzig große Fertigung nötig. Soll das Kabel in der Maschine auch 
hergestellt werden, soll die Legierung der Kupferdrähte darin 
eingestellt werden? Oder dürfen alle Komponenten schon montagefertig 
angeliefert werden? Also z.B. Komponente eins: Fräse; Komponente 2: 
Netzkabel. In diesem Fall wäre der erforderliche Maschinenpark 
überschaubar~

> -Reicht dieser Maschinenpark dann aus, um den Maschinenpark zu
> reproduzieren oder braucht man dafür wieder einen noch
> größeren/komplexeren Maschinenpark?
Die gleiche Fragestellung wieder, was darf angeliefert werden und was 
muss die Maschine selber können. Wenn man oben nur die Erze und einen 
Energieträger reingeben soll, wird es schwierig. Kann man alle 
Komponenten fertig anliefern, dann wird es einfacher. Dann braucht man 
aber auch keine Fräse mehr, ein Roboter wäre wohl geeigneter.

von MaWin (Gast)


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dadida schrieb:
> MaWin schrieb:
> Natürlich.
>
> Natürlich nicht. (so einfach)
>
> CNC bedeutet 'Computerized Numerical Control', d.h. ein Computer ist
> Teil davon. Jetzt braucht man noch eine ordentliche Foundry; das ist
> aber schon eine andere Hausnummer als eine Werkstatt.

Stimmt. Ich hab die Elektronik der CNC oder sagen wir besser der KI 
übersehen, die die Roboter zwingend brauchen um zum Replikanten zu 
werden.

Das wird dann ein reichlicher Maschinenzoo.

von Ramoner (Gast)


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Hallo Rainerle,

das kann dir etzala nur derjeniche beantworten der die Sch... baut, 
tadsächlich sogar!

Grüße nach
Meddlf.

von Michael Gugelhupf (Gast)


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Die 3D-Drucker Community hat am Anfang ekelhaft viel Wind um 
Selbst-Replikation gemacht. Was ist rausgekommen? 3D-Drucker die ein 
paar Plastikteile für 3D-Drucker drucken können. Ach ...

14, 15 Jahre nach dem Hype ist es sehr ruhig um die Selbstreplikatoren 
geworden. Mittlerweile hat auch der Letzte gemerkt, dass die notwendigen 
Metallteile und die Elektronik nicht vom Himmel fallen.

von dings (Gast)


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och nein...

bitte kein Drachelord gedöns auch noch hier in diesem Forum.

:-(

von Nick M. (Gast)


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Rainer Winkler schrieb:
> Mich wundert es, dass Maschinen wie Bohrmaschinen oder CNC Fräsen, die
> es seit Jahrzehnten gibt, viel teurer sind als das Metall, aus dem sie
> bestehen, (zT. nur 2% des Kaufpreises). Irgendwohin müssen also die
> restlichen 98% fließen.

Träumer!

Such mal auf YouTube nach "Haas factory tour" (sollte es mehrere geben). 
Da siehst du was zum Teil dahinter steckt. Und Haas ist einer der am 
stärksten auf Serienfertigung ausgerichtete WZM-Hersteller.

Ist ja auch echt eine Frechheit was die für die Elektronik verlangen. 
Das bissl Sand. Und die Software kostet sowieso nix zum kopieren.

von georg (Gast)


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Rainer Winkler schrieb:
> Mich wundert es, dass Maschinen wie Bohrmaschinen oder CNC Fräsen, die
> es seit Jahrzehnten gibt, viel teurer sind als das Metall, aus dem sie
> bestehen

Na und, wo ist das Problem - besorg dir eine Stahlbramme und mach deine 
CNC-Fräse selbst, kann für jemanden wie dich ja keine besondere Aufgabe 
sein.

Georg

von Oliver S. (oliverso)


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Rainer Winkler schrieb:
> Mich wundert es, dass Maschinen wie Bohrmaschinen oder CNC Fräsen, die
> es seit Jahrzehnten gibt, viel teurer sind als das Metall, aus dem sie
> bestehen, (zT. nur 2% des Kaufpreises).

Du wirst es nicht glauben, aber selbst das Metall ist viel teurer als 
das, woraus es besteht...

Oliver

von Major Tom (Gast)


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Rainer Winkler schrieb:

> -Reicht dieser Maschinenpark dann aus, um den Maschinenpark zu
> reproduzieren oder braucht man dafür wieder einen noch
> größeren/komplexeren Maschinenpark?

Auch für soclhen Technikfragen mit hohem fiktionalen Anteil ist 
Wikipedia Dein Freund:

https://en.wikipedia.org/wiki/Self-replicating_spacecraft

irgendwo in den links findet sich auch eine Abschätzung der Grundmasse 
der Replicator-Unit.

von Jemand (Gast)


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Hallo

> Mich wundert es, dass Maschinen wie Bohrmaschinen oder CNC Fräsen, die
> es seit Jahrzehnten gibt, viel teurer sind als das Metall, aus dem sie
> bestehen, (zT. nur 2% des Kaufpreises).

Ich meine aber zu verstehen worauf der Hinweis anspielt:

Halbleiterprodukte in Form von ICs insbesondere µC und µProzessoren aber 
auch in "diskreter" Ausführung wie z.B. Powermosfet sind immer und 
deutlichst Leistungsfähiger geworden und das bei gleichen Preis und in 
der Produktion immer höheren Ansprüchen - warum gibt es wohl 
letztendlich relativ wenige "echte Chipfarbriken" weltweit?!
Auch wenn China und andere Produktionsstandorte im Maschinenbau (im 
Bereich was man auch zu Hause stehen hat) die Preise etwas gedrückt 
haben so ist das nicht mal im entferntesten mit der Halbleiterproduktion 
zu vergleichen.
Und bei allen materiellen und personellen (können und wissen) Aufwand 
bei der Produktion von Werkzeugen und "Mechanischen Maschinen" ist 
dieser doch deutlich geringer als bei der Entwicklung und Produktion in 
der Halbleiterbranche - die kleine µProzessoe Bude welche mit einen 
einstelligen oder niedrigen zweistelligen Millionenbetrag in Euro 
aufgebaut werden kann gibt es nicht , unter dreistellig läuft da nichts 
manchmal muss sogar die Milliarden (unsere Europäische) Euro Schwelle 
übertreten werden.

von Karl (Gast)


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Maxe schrieb:
> Die Kosten eines Produkts bestehen eigentlich immer zu 100% aus
> Arbeitszeit, Profit und Steuern/Abgaben. Die Kosten des Halbzeugs, der
> Fertigungsmaschinen, Transport usw., sind ja letztlich genauso
> zusammengesetzt, legt man das auf das Endprodukt um, dann kommt man eben
> auf die drei Anteile. Und letztlich ist der Aufwand eine solches Produkt
> herzustellen einfach sehr hoch.

Merkwürdig, dass man diese Trivialität 137 Jahre nach dem Erscheinen von 
dem Kapital noch erläutern muss. Sollte eigentlich Allgemeinbildung sein 
und ist der Grund, dass es trotz technischen Fortschritts keine 
Arbeitslosigkeit gibt.

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