Forum: Platinen Drahtbrücke bei geschaltetem Strom mit mehreren Ampere


von Dussel (Gast)


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Moin,

spricht etwas dagegen, bei Einzelstücken geschaltete 
'Hochstrom'-Verbindungen (ich denke an ein paar Ampere bei einigen kHz) 
als Drahtbrücken auszuführen? Die Verbindung wird nicht auf dem Kupfer 
geroutet, sondern als Drahtbrücke(n) von Bauteil zu Bauteil geführt. 
Natürlich nur ein paar wenige Verbindungen stramm gezogen, keine 
Drahtschlaufen.

Ein Vorteil wäre, dass man Platz auf der Kupferfläche spart und so 
einfacher zum Beispiel eine Masselage auch auf zweilagigen Platinen 
aufbauen kann.

Ein anderer Vorteil wäre, dass der Widerstand geringer wird. Ein Draht 
mit einem Millimeter Durchmesser hat den halben Widerstand einer 5 mm 
breiten 70µm-Leiterbahn.

Ein Nachteil wäre eventuell das schlechtere elektrische Verhalten durch 
die zusätzlichen Lötstellen und den nicht plan aufliegenden Leiter. 
Macht das wirklich was aus oder ist das eher wie 90°-Winkel bei 
Leiterbahnen?

Der andere mögliche Nachteil ist, dass der Draht eine kleinere 
Oberfläche hat und nicht an der Platine anliegt. Das könnte Probleme mit 
der Wärmeabfuhr geben. Macht das was aus oder ist das vielleicht sogar 
besser, weil er besser von Luft umgeben ist und die Wärme durch 
Konvektion besser abgegen kann?

von Wolfgang (Gast)


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Dussel schrieb:
> spricht etwas dagegen, bei Einzelstücken geschaltete
> 'Hochstrom'-Verbindungen (ich denke an ein paar Ampere bei einigen kHz)
> als Drahtbrücken auszuführen?

Den "Draht" zum Auflöten auf Platinen kann man sogar fertig als 
Stromschiene kaufen, z.B.
https://www.secomp.de/de_DE/schroff-leiterplatten-stromschienen-lp-schiene-1pol-5te-l210/i/26158467

von Dussel (Gast)


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Klar, Stromschienen gibt es, aber die hat man ja normalerweise nicht ma 
so rumliegen.
Bedeutet das, dass du der Meinung bist, dass das schon funktionieren 
wird, wenn man sowas kaufen kann?

von Percy N. (vox_bovi)


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Was meint Wolfgang wohl mit "sogar"?

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Dussel.

Dussel schrieb:

> spricht etwas dagegen, bei Einzelstücken geschaltete
> 'Hochstrom'-Verbindungen (ich denke an ein paar Ampere bei einigen kHz)
> als Drahtbrücken auszuführen? Die Verbindung wird nicht auf dem Kupfer
> geroutet, sondern als Drahtbrücke(n) von Bauteil zu Bauteil geführt.
> Natürlich nur ein paar wenige Verbindungen stramm gezogen, keine
> Drahtschlaufen.

Das funktioniert meist sogar besser als streng geroutete Verbindungen, 
wenn man mit etwas Erfahrung an die Sache herangeht.
Durch die Verteilung im Dreidimensionalen ergeben sich weniger 
Verkopplungen der Leitungen als im Zweidimensionalen....solange man 
dabei keine Fehler macht.


> Ein anderer Vorteil wäre, dass der Widerstand geringer wird. Ein Draht
> mit einem Millimeter Durchmesser hat den halben Widerstand einer 5 mm
> breiten 70µm-Leiterbahn.

Du vergisst den Skineffekt. Aber grundsätzlich stimmt auch das. Im 
Prinzip könntest Du ja sogar HF-Litze verwenden. Ich habe meist 2,5 oder 
4mm² Massivdraht genommen.

>
> Ein Nachteil wäre eventuell das schlechtere elektrische Verhalten durch
> die zusätzlichen Lötstellen

Ja. Aber eher unkritisch.

> und den nicht plan aufliegenden Leiter.

Eher egal.

> Macht das wirklich was aus oder ist das eher wie 90°-Winkel bei
> Leiterbahnen?

Das ist nur bei wirklich extremen Frequenzen oder Strömen interessant.
Eher nicht in Deinem Fall.

> oder ist das vielleicht sogar
> besser, weil er besser von Luft umgeben ist und die Wärme durch
> Konvektion besser abgegen kann?

Das ist Richtig. Besonders effektiv bei Blankdraht.

Der Nachteil Deiner Vorgehensweise ist eher der mechanische 
handwerkliche Aufwand.....sowas wird teuer. Vorallem wenn die Leitungen 
maßhaltig gebogen und verlötet werden müssen.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

von Wühlhase (Gast)


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Bernd W. schrieb:
>> Ein anderer Vorteil wäre, dass der Widerstand geringer wird. Ein Draht
>> mit einem Millimeter Durchmesser hat den halben Widerstand einer 5 mm
>> breiten 70µm-Leiterbahn.
>
> Du vergisst den Skineffekt.

Die Eindringtiefe liegt bei 5kHz immer noch bei fast 1mm. Das sollte 
noch gehen.


Ansonsten:
Grundsätzlich kann man das schon machen. Aber ob es dann halt kacke ist 
oder nicht, hängt von verschiedenen Faktoren ab, z.B. auch: Wieviel 
HF-Dreck darfst/willst/möchtest du durch die Gegend blasen? Dazu ist vor 
allem deine Schaltgeschwindigkeit (hat mit der Schaltfrequenz nichts zu 
tun) wichtig, aber auch die Länge deiner Drahtstücke.

Ich persönlich würde geschaltete Ströme über längere Strecken vermeiden 
so weit es nur geht.

Grundsätzlich sehe ich nicht, warum du für "einige Ampere" Draht 
verwenden willst. Je nach Umgebungstemperatur und was "einige Ampere" 
genau heißen kannst du das mit etwa 1mm Leiterbahnbreite machen.

von MaWin (Gast)


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Dussel schrieb:
> Ein Draht
> mit einem Millimeter Durchmesser hat den halben Widerstand einer 5 mm
> breiten 70µm-Leiterbahn.

Aber lang nicht dieselbe Oberfläche, sondern weniger als die Hälfte, 
also eher mehr Probleme die halbe Leistung loszuwerden.

Auch ist seine Induktivität höher, und manchmal verlängert der Draht wie 
Leitungswege, ausserdem bewirkt der Draht zwei zusätzliche 
Lötpunktübergänge im Leitungsverlauf.

Aber es KANN schon sinnvoll sein. Kommt aufs Gesamtergebnis an.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Wühlhase.


Wühlhase schrieb:

>> Du vergisst den Skineffekt.
>
> Die Eindringtiefe liegt bei 5kHz immer noch bei fast 1mm. Das sollte
> noch gehen.

Aber:

> Dazu ist vor
> allem deine Schaltgeschwindigkeit (hat mit der Schaltfrequenz nichts zu
> tun) wichtig,

Eben.

Je nach den Umständen kann das Oberwellen bedämpfen und EMV 
Eigenschaften verbessern helfen oder aber den Wirkungsgrad 
verschlechtern.

Bei Sperrwandlern sind die Schaltflanken z.B. noch wichtiger als bei 
anderen Wandlertypen. Insbesonders wenn Du Wert auf die hohe 
Leerlaufspannung legst.


> Ich persönlich würde geschaltete Ströme über längere Strecken vermeiden
> so weit es nur geht.

Sehr richtig.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Bernd W. schrieb:
>> oder ist das vielleicht sogar
>> besser, weil er besser von Luft umgeben ist und die Wärme durch
>> Konvektion besser abgegen kann?
>
> Das ist Richtig. Besonders effektiv bei Blankdraht.

Bei blankem Draht mag die Konvektion zwar besser sein, aber dafür ist 
der für die Wärmeabstrahlung relevante Emissionskoeffizient deutlich 
geringer als bei einer lackierten Leiterbahn.

von Dussel (Gast)


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Danke für die vielen sinnvollen Antworten

Bernd W. schrieb:
> Du vergisst den Skineffekt.
Der tritt ja bei einer Leiterbahn auch auf.

Bernd W. schrieb:
> Der Nachteil Deiner Vorgehensweise ist eher der mechanische
> handwerkliche Aufwand.....sowas wird teuer.
Wie gesagt, geht es um Einzelstücke. Da macht das nicht viel aus. 
Zumindest weniger, als der Aufpreis für 105µm oder mehr Leiterbahnen.

Wühlhase schrieb:
> Ich persönlich würde geschaltete Ströme über längere Strecken vermeiden
> so weit es nur geht.
Klar. Das sowieso. Aber manchmal geht es halt nicht.

Wühlhase schrieb:
> Grundsätzlich sehe ich nicht, warum du für "einige Ampere" Draht
> verwenden willst. Je nach Umgebungstemperatur und was "einige Ampere"
> genau heißen kannst du das mit etwa 1mm Leiterbahnbreite machen.
Laut dem Artikel in der Artikelsammlung braucht man für 17 A bei 70 µm 4 
mm Breite. Das ist schon nicht mehr so wenig.

MaWin schrieb:
> Aber lang nicht dieselbe Oberfläche, sondern weniger als die Hälfte,
> also eher mehr Probleme die halbe Leistung loszuwerden.
Stimmt natürlich auch.

von Wühlhase (Gast)


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Dussel schrieb:
> Wühlhase schrieb:
>> Ich persönlich würde geschaltete Ströme über längere Strecken vermeiden
>> so weit es nur geht.
> Klar. Das sowieso. Aber manchmal geht es halt nicht.

Dann würde ich lieber über eine vierlagige Leiterkarte nachdenken. Das 
ist in der Regel nicht viel teurer als zweilagig.

von Dussel (Gast)


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Wühlhase schrieb:
> Dann würde ich lieber über eine vierlagige Leiterkarte nachdenken. Das
> ist in der Regel nicht viel teurer als zweilagig.
Es macht preislich schon was aus und lohnt sich meiner Meinung nach 
nicht für ein paar Zentimeter.

Macht so eine Drahtbrücke eigentlich abstrahlungsmäßig was aus? Ein 
bisschen natürlich, aber ist das relevant? Natürlich unter der Annahme, 
dass die Brücke knapp über der Oberfläche verläuft (keine wilden 
Schleifen).

Ich könnte mir vorstellen, dass das sogar besser ist, weil man dann eher 
die Möglichkeit hat, eine Bahn für den Rückstrom direkt unter der Brücke 
zu führen und so die Fläche klein hält.
Stimmt das?

von Udo S. (urschmitt)


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Dussel schrieb:
> ein paar Ampere bei einigen kHz

Dussel schrieb:
> 17 A

Dussel schrieb:
> ein paar Zentimeter

Wenn du das konkret in Zahlen fasst kann man dir besser helfen.
Aus den paar Ampere wurden 17A, vieleicht werden jetzt aus den "einigen 
kHz" auf einmal 200kHz und aus den "paar Zentimeter" auf einmal 20cm 
über 3 Ecken.

von Dussel (Gast)


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Udo S. schrieb:
> Aus den paar Ampere wurden 17A
17 A würde ich noch zur Größenordnung von 'ein paar' Zählen.

Da es kein konkretes Projekt ist, gibt es auch keine konkreten Zahlen, 
aber sagen wir mal 15 A, 5 cm und 10 kHz.
Es geht halt auch nicht um eine quantitative Aussage, sondern nur eine 
qualitative: gleich, schlechter, viel schlechter.

von Harald W. (wilhelms)


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Bernd W. schrieb:

> Du vergisst den Skineffekt.

Der sielt aber bei den "einigen kHz" des TEs noch keine Rolle.

von Harald W. (wilhelms)


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Dussel schrieb:

> Es geht halt auch nicht um eine quantitative Aussage, sondern nur eine
> qualitative: gleich, schlechter, viel schlechter.

Es fehlt die Angabe "besser".

von Dussel (Gast)


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Besser ist natürlich immer gut, aber mir ging es erstmal nur darum, dass 
es nicht schlechter ist.

von Percy N. (vox_bovi)


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Was besser ist als das, was schlechter ist, muss noch lange nicht gut 
sein ...

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