Forum: Offtopic Zukunft Job Hochfrequenztechnik


von Tobias M. (tobimueller54)


Lesenswert?

Hallo Zusammen,

mich interessiert, wie ihr die beruflichen Perspektiven im Bereich der 
Hardwareentwicklung mit Vertiefung auf die Hochfrequenztechnik 
(Antennen, Frontends, etc.) in Deutschland aktuell und in den nächsten 
Jahrzehnten seht?

Mein persönlicher Eindruck ist der, dass die Anzahl der verfügbaren 
Stellenangebote abnimmt. Die höchste Dichte herscht im Bereich München 
und Stuttgart. In der Region NRW ist die Auswahl sehr übersichtlich 
geworden. Ich finde dies sehr schade, da ich diese Tätigkeit beruflich 
seit fast 5 Jahren ausfülle und sie mir große Freude bereitet. Auf Grund 
der von mir wahrgenommenen Entwicklung, denke ich jedoch nun darüber 
nach mich in den Bereich Softwareentwicklung (Embedded) zu orientieren 
(Vorkenntnisse vohanden, aber nicht in der Tiefe wie im der Bereich 
Hochfrequenztechnik). Diese Umorientierung erfordert jedoch eine gewisse 
Portion Mut, zumal diverse "Verbindichkeiten" (Kind, Haus) gedient 
werden möchten.

Ich bin sehr auf eure Meinungen und Einschätzungen gespannt.

Viele Grüße,

Tobias

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


Lesenswert?

Ich hatte das Studienmodell Hochfrequenztechnik genommen, und auch die 
ersten Jahre im TV-Richtfunk gearbeitet, bin aber seither beruflich nur 
noch mit Frequenzen bis 10 MHz beschäftigt. Ich betrachte es als 
Abstieg, aber damals war HF-Technik eben nur noch Handyfunk, da 
bestimmen nur noch Entwickler in Fernost die Richtung. Lang- bis 
Kurzwelle ist mit Schaltnetzteilen zugemüllt, und VHF/UHF immer mehr für 
den Kurzstreckenfunk genutzt, Weitverbindungen betrachtet man als 
veraltet. Bisher ist Satelliten-TV noch das letzte Rückzugsbiotop für 
den Mikrowellenspezialisten, vielleicht wird die Automobilelektronik mit 
Radarabstandsmessungen noch ein Zukunftsmarkt. Da die Frequenzen für 
Handies immer knapper werden, wird auch da auf höhere Bänder 
ausgewichen. Aber auch da sehe ich nur Firmen in Fernost als mögliche 
Arbeitgeber auf dem HF-Gebiet. Es fehlen einfach Killerapplikationen, 
die auch kleineren Firmen wieder die HF-Entwicklung schmackhaft machen 
könnten. Nur das Militär ist natürlich immer noch auf dem Gebiet 
interessiert, wen das nicht stört.

von Pandur S. (jetztnicht)


Lesenswert?

Die Frage ist unguenstig. Denn die Frage ist nicht "HF oder .. "

Die Äntwort ist auf alle Faelle "ja, HF und .."

Dasselbe su embedded, heisst : "ja, embedded und .."

: Bearbeitet durch User
von Tobias M. (tobimueller54)


Lesenswert?

@Christoph
Ich war auch der Hoffnung, dass durch die Automobilelektronik wieder 
mehr die HF in den Fokus kommt. Ich habe allerdings den Eindruck, dass 
hier mehr Stellen im Bereich der Signalverarbeitung bzw. der 
Algorithmenentwicklung als im Bereich der Hardware ausgeschrieben 
werden. Sicherlich gibt es insbesondere in Bayern große Unternehmen, die 
hochintegrierte SoCs für die Automobilindustrie produzieren. Hier geht 
die Hardwareentwicklung dann wohl mehr in richtig Chipdesign.

@Joggel E.
Naja, die beiden Anwendungsfelder sind schon recht weit vorn einander 
entfernt. Ich denke, dass man in keinem mindestens mittelständigem 
Unternehmen in beiden Feldern tätig sein wird. Ich lasse mich aber gerne 
einens besseren überzeugen. So wird man in den seltesten Fällen sowohl 
die Firmware entwickeln aus auch die HF qualifizieren.

von Pandur S. (jetztnicht)


Lesenswert?

Weshalb soll man nur grad soviel gehoert haben - wir reden nicht von 
koennen - wie das Jetzige, resp angepeilte Unternehmen benoetigt ?

Zum Einen bedeutet davon gehoert haben nicht koennen. Denn 2 
Semesterstunden sind vielleicht 40 Stunden zusammen, also etwa eine 
Woche.
Zum Anderen ist je mehr gehoert zu haben je besser. Man weiss ja nie 
wann man's brauchen kann.

Bei Hochfrequenz bist du auch nach 200 Stunden noch fast nirgendwo. Und 
die Grundzuege davon werden zum Layouten von Schaltungen benoetigt. Aber 
das zieht ihr euch ja auch nicht rein, weil das ja der Layouter macht.

Auch hier ja, Layouten gehoert dazu.

: Bearbeitet durch User
von Zero V. (Firma: Angestellter/Freelancer) (gnd)


Lesenswert?

Überall brauchen die Firmen HF Knowhow für Bluetooth, LTE, WLAN, 5G, GPS 
Antennen, Wireless Charging und Radar. Nur leider wollen sie das Knowhow 
nur einkaufen und nicht jemanden extra dafür einstellen.
Also mach dich selbstständig und dann kannst du abkassieren.

von Stefan H. (Firma: dm2sh) (stefan_helmert)


Lesenswert?

D. C. schrieb:
> Überall brauchen die Firmen HF Knowhow für Bluetooth, LTE, WLAN, 5G, GPS
> Antennen, Wireless Charging und Radar. Nur leider wollen sie das Knowhow
> nur einkaufen und nicht jemanden extra dafür einstellen.

Ich habe auch den Eindruck, HF-Technik hat in Deutschland fast keine 
Bedeutung. Es gibt zwar ein paar Unternehmen wie Rohde und Schwarz, 
welche tatsächlich auf diesem Gebiet arbeiten, aber es erscheint wie 
eine geschlossene Welt. An Universitäten gibt es zwar Vorlesungen zu HF, 
aber oft nur sehr kleine Lehrstühle und kaum Forschung. Im Gegensatz zu 
Software-Themen ist HF zu wenig öffentlich verbreitet.

Dabei wäre das Potenzial riesig: adiabatische Mischer und Empfänger; 
Smart-Antennas ohne Backbone; Cognitive Radio; Wireless-Network-Coding; 
...

von Alex G. (dragongamer)


Lesenswert?

D. C. schrieb:
> Überall brauchen die Firmen HF Knowhow für Bluetooth, LTE, WLAN, 5G, GPS
> Antennen, Wireless Charging und Radar. Nur leider wollen sie das Knowhow
> nur einkaufen
Eher kaufen sie fertige Module...

von Matthias B. (dl4bm)


Lesenswert?

Christoph db1uq K. schrieb:
> Ich hatte das Studienmodell Hochfrequenztechnik genommen, und auch die
> ersten Jahre im TV-Richtfunk gearbeitet, bin aber seither beruflich nur
> noch mit Frequenzen bis 10 MHz beschäftigt. [....]

Den Beitrag würde ich so unterschreiben - leider. Ebenso die Beobachtung 
des Threaderstellers, daß allenfalls im süddeutschen Raum, spez. 
Stuttgart und München, entsprechende Stellenangebote existieren. Eine 
Handvoll Stellen noch in Bremen, dann befindet man sich aber im 
angesprochenen militärischen Bereich.
Alleine wenn ich mir das Desaster in Backnang anschaue, müßte das jeden 
potentiellen Studieninteressierten abschrecken.

von Soul E. (Gast)


Lesenswert?

D. C. schrieb:

> Überall brauchen die Firmen HF Knowhow für Bluetooth, LTE, WLAN, 5G, GPS
> Antennen, Wireless Charging und Radar. Nur leider wollen sie das Knowhow
> nur einkaufen und nicht jemanden extra dafür einstellen.

Das ist doch heutzutage nur noch Chip auf die Platine und Antenne 
anpassen.

Klar, die Chips müssen auch entwickelt werden. Aber Broadcom, Dialog, 
Silabs etc sitzen halt nicht um die Ecke. Bleibt noch Messtechnik und 
professionelle Funktechnik. Da gibt es in DE immerhin Rohde & Schwarz 
mit Service in Köln, Entwicklung in München, und einem Dutzend 
aufgekaufter Entwicklungsstandorte landesweit.

von Tobias M. (tobimueller54)


Lesenswert?

Vielen Dank für eure Antworten. Ich versuche im Folgenden mal auf die 
meisten einzugehen.

@D. C. (gnd)
Selbstständigkeit sehe ich im Bereich HF als recht schwierig an, da das 
Investitionsaufkommen für Messgeräte oder Simulationssoftware enorm hoch 
ist. Die sehr wenigen Startups die ich kenne, kooperieren i.d.R. mit 
Instituten und haben dadurch "Zugriff" auf die jeweiligen Werkzeuge.

@Stefan H. (Firma: dm2sh)
R&S wäre von den Tätigenkeiten her perfekt (insbesondere für mich 
persönlich). Jedoch mag wohl kaum jemand dafür nach München ziehen. Mir 
fällt außerdem auf, dass selbst bei R&S die meisten (von der Anzahl her) 
Stellen im Bereich Software gesucht werden.

@Alex G.
Dies endspricht leider auch meiner Erfahrung. Es werden fertige Module 
gekauft und dann "nur" noch passende Antennen und Anpassnetzwerke 
entwickelt.

@Matthias B.
Welches Desaster in Backnang meinst du?

Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob man den paar wenigen HF-Firmen 
in Deutschland hinterherzieht (z.B. R&S, Infineon) oder sein 
Tätigkeitsbereich ändert.

von Peter D. (peda)


Lesenswert?

Umfangreiches HF-Wissen wird kaum noch für den Gerätebau benötigt.
Man nimmt fertige ICs und erstellt Schaltplan und Layout nach den 
Vorgaben der Hersteller. Für kleine und mittlere Stückzahlen nimmt man 
oft auch fertige Module und spart sich komplexe Layouts ganz.
Die HF-Entwicklung findet hauptsächlich nur noch in den IC-Firmen statt, 
d.h. nur von sehr wenigen Personen.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


Lesenswert?

Ich habe das so in Erinnerung:
Backnang das war mal AEG-Telefunken, dann hatte sich "der Daimler" die 
"Diversifikation" als Ziel gesetzt, einige Jahre später hiess das neuste 
Managementrezept "Besinnung auf Kernkompetenzen", dann wurde wieder 
verkauft...

https://de.wikipedia.org/wiki/Temic
https://de.wikipedia.org/wiki/Ericsson#Ericsson_in_Deutschland
https://de.wikipedia.org/wiki/Telent
https://de.wikipedia.org/wiki/Tesat-Spacecom#Geschichte
Marconi gehört also auch dazu
ANT Nachrichtentechnik war mir in Erinnerung, Bau von Wanderfeldröhren 
u.ä., das ist der Hochfrequenztechnik am nächsten

von CM Z. (Gast)


Lesenswert?

Guckt man bei Fa. Hensoldt in Ulm bzw. StepStone, werden dort nach wir 
vor Entwicklungs-Ing. für Radar-Systeme (E-Scan, M-Scan, Antennen, 
Module, SW, etc.) z.B. für das X-Band gesucht. Da wird einem schon 
allein von der Aufgabenstellung her in den nächsten Jahren nicht 
langweilig werden... :)

von Pandur S. (jetztnicht)


Lesenswert?

Was man vergessen sollte... zu glauben, dass man HF ab Studium koenne. 
Effektiv hat man da nicht mal die Grundlagen durch.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.