Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Verträge im Detail


von iPunkt (Gast)


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Hallo,

sagt mal, ist es üblich einen vorgelegten Vertrag im Detail zu 
verhandeln, oder unterschreibt ihr doch eher das was man euch vorgibt in 
dem Glauben dass alle Mitarbeiter einen ähnlichen Vertrag haben und es 
da nicht auf jedes Detail ankommt?

Wenn ich in einem Unternehmen mit 3-4 stelliger Mitarbeiterzahl einen 
Vertrag bekomme, dann denke ich mir irgendwie immer, dass das ein 
Standardvertrag sein wird, den jeder vorgelegt bekommt, aber 
rückblickend frage ich mich nach einer Unterschrift dann oft, ob ich 
einzelne Klauseln hätte streichen oder bewußt eher zum eigenen Vorteil 
hätte verbessern sollen, also z.B. Kündigungsfristen erhöhen, 
Abfindungen aufnehmen,  bestimmte Gehaltssteigerungen vorne weg 
festschreiben... der Gestaltungsspielraum ist riesig, aber eben auch 
irgendwie zwingend sehr individuell...

Habe da irgendwie das Gefühl wenn man da mit Kleinkram ankäme dass es im 
besten Falle belächelt wird... und man im schlechtesten Fall dann doch 
noch aussortiert wird, nach Dem Motto man wäre ein Querulant...

von Vertrag (Gast)


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Wenn du immer andere um Erlaubnis fragen musst, brauchst du gar nicht 
erst versuchen zu verhandeln.

von Uwe G. (scd)


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iPunkt schrieb:
> sagt mal, ist es üblich einen vorgelegten Vertrag im Detail zu
> verhandeln, oder unterschreibt ihr doch eher das was man euch vorgibt in
> dem Glauben dass alle Mitarbeiter einen ähnlichen Vertrag haben und es
> da nicht auf jedes Detail ankommt?

Ja, es ist üblich, Verträge scharf in Richtung eigenem Vorteil zu 
verhandeln. Ich habe bisher noch jeden Arbeitsvertrag verhandelt.

Übrigens erwartet mein Arbeitgeber auch, dass ich das kann und mache, 
weil ich in meinem Job tagtäglich für ihn Verhandlungen führe und 
Verträge abschließe. Unabhängig davon sollte das aber jeder tun.

von JJ (Gast)


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Kommt drauf an. In großen Firmen bei 0815-Stellen wohl eher nicht, dafür 
sind deine Gegenüber weder befugt noch befähigt und der restliche 
Wasserkopf zu renitent. Bei KMU wohl eher, da musst du dann den GF 
überzeugen. Und du musst natürlich wissen was "üblich" ist. Ansonsten 
braucht du ein Gespür für das, was dir viel bedeutet und dein Gegenüber 
gleichzeitig wenig bis nichts abverlangt. Mit einigem Aufwand kannst du 
auch WIN-WIN-Klauseln vorschlagen. Dann ist dir der Job sicher und der 
nächste Karriereschritt schon reserviert.

von Marius (Gast)


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Habe in den bisherigen Buden, bei denen ich Angestellter war, nie 
Änderungen im Vertrag als Forderung auf den Tisch gepackt oder 
ähnliches.

Es war meist so, dass ich eh keine Wahl hatte. Friss oder Stirb, mal kam 
ich aus der Arbeitslosigkeit, mal wollte ich einfach nur weg von der 
einen Firma.

Da nahm ich meist das was man mir vor die Füße warf. Aber klar, die 
meisten Verträge sind doch irgendwo gleich und man entwickelt einen 
Blick dafür, was komisch bzw. was normal ist.

Ich muss auch sagen, das ich viel im Konzernumfeld und bei 
Dienstleistern unterwegs war, also alles Buden mit >1000 MA und da denke 
ich, wird es eh Standardverträge geben.

Wenn du es dir leisten kannst, sprich du hast mehrere Angebote oder 
einfach nur Zeit, dann kannst du ja versuchen da noch Änderungen 
reinzudrücken. Wenn es eine große Bude ist, dann denke ich, wird das 
vllt. nicht unbedingt belächelt, aber man wird dir schon zu verstehen 
geben, dass das ein Angebot ohne nachträgliche Änderungen ist. ;-)

Und bei so Sachen wie

- verlängerte Kündigungsfrist
- vordefinierte Gehaltssteigerungen
- persönliche Betreuung durch die Sekretärin vom Alten
- usw.

musst du dich fragen, ob du überhaupt in der Position bist so etwas zu 
verhandeln.

Klar, wenn die Firma einen Cobol Spezi sucht und du einer der wenigen 
bist die noch nicht verstorben sind, dann hast du natürlich eine Art 
Freifahrtschein.

Auch musste ich gerade beim Tippen dieser Zeilen an das Sprichwort aus 
Starship Troopers denken. "Nimm was du kriegen kannst." vom Leutnant 
Rasczak.

Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=XtJr_v0z7cg

Konnte ich helfen?

LG,
Marius

von ;) (Gast)


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Marius schrieb:
> - verlängerte Kündigungsfrist

Würde das denn überhaupt Sinn machen?

Die paar Monate mehr, können doch den Wechsel zu einer
neuen Firma eher hemmen, wenn die nicht lange warten will.
Ich denke mal, dass ein Bestandsarbeitgeber das weiß und das
damit auch bezwecken will.
Umgekehrt, bei entsprechender Interessenlage, hat der Arbeitgeber
ja das Mittel des Aufhebungsvertrags, wovon auch ausgiebig Gebrauch 
gemacht wird, wenn er jemanden los sein will.

Bei Wohnungsmieten ist es ja analog so geregelt, dass mit zunehmender
Mietdauer die Kündigungsfrist des Vermieters immer länger wird, die
des Mieters aber gleich, bei drei Monaten, bleibt.
So o.ä. sollte es auch bei Arbeitsverträgen sein.
Lange Kündigungsfrist für den Arbeitgeber. Kurze Kündigungsfrist
(max. 1 Monat) für den Arbeitnehmer.

Diese Lösung sollte man anstreben.

Man sollte immer berücksichtigen, dass Arbeitgeber sich viel Mühe
(vermutlich mit anwaltlicher Unterstützung) beim Entwurf ihres 
Mustervertrags gemacht haben.
Daher sollte man die Klauseln mal genau prüfen oder besser von
fachkundiger Stelle prüfen lassen.

Ist man Arbeitgeberseits nicht Willens zu verhandeln, wovon die
Gewerkschaften ein Lied singen können, muss man lieber verzichten
um zu signalisieren, dass es so nicht geht. Die Firmen haben ja die
Freiheit, weiter einen Dummen zu suchen.

von Klaus I. (klauspi)


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Meistens gibt es nur einen Standard-Vertrag.

iPunkt schrieb:
. der Gestaltungsspielraum ist riesig, aber eben auch
> irgendwie zwingend sehr individuell...

Unter der Ebene eines CEO gibt es das nicht in einen nennenswerten 
Umfang.

Ein Bekannter (frisch von der Uni) hat sich tatsächlich in den 
Arbeitsvertrag reinschreiben lassen, dass er der Entwickler der Gruppe 
Nr. 1 sein wird.

Der Arbeitgeber hat das nicht ernst genommen aber im Vertrag akzeptiert 
und zugesichert.

Der Kollege war dann aber für die Gruppe Nr. 2 (identisches 
Tätigkeitsfeld) zuständig und hat ordentlich Rabatz gemacht.

Die Gruppe 2 wurde dann in Gruppe 1 umbenannt und umgekehrt. Kurz darauf 
bekammen sie Kürzel wie A und B. Wobei er immer noch die A-Gruppe hatte 
und nicht Z bekommen hat. Das wäre wirklich lustig gewesen. Aber alzu 
lange verblieb er nicht im Unternehmen.

von Reinhard S. (rezz)


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;) schrieb:
> So o.ä. sollte es auch bei Arbeitsverträgen sein.
> Lange Kündigungsfrist für den Arbeitgeber. Kurze Kündigungsfrist
> (max. 1 Monat) für den Arbeitnehmer.
>
> Diese Lösung sollte man anstreben.

Ist doch bereits laut Gesetz so.

von oerks (Gast)


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> dass Arbeitgeber sich viel Mühe
> (vermutlich mit anwaltlicher Unterstützung) beim Entwurf ihres
> Mustervertrags gemacht haben.

Die tun nur so.

Beispiel: In einem Arbeitsvertrag werden pauschal saemtliche
Reisezeiten von der Abrechnung/Verguetung ausgeschlossen.
Diese Regelung ist unwirksam. In dem Vertrag haetten genau
bezeichnete Reisen/Reisezeiten aufgefuehrt werden muessen, fuer
die eine Abrechnung nicht in Frage kommen.
Ein pauschaler Ausschluss ist in jedem Fall unwirksam.

Man findet in umfangreichen Vertraegen sicherlich noch viele
weitere voellig unwirksame Bestimmungen.

Vieles geht nur aus der Rechtssprechung der Gerichte hervor
und ist in Gesetzentexten nicht detailliert behandelt.

Es kann sich also schon lohnen, einen Vertrag von einem
ausgewiesenen Arbeitsrechtler pruefen zu lassen.

Klagen kann man ja dann ja auch nach der Kuendigung :-).

von ;) (Gast)


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Reinhard S. schrieb:
> Ist doch bereits laut Gesetz so.

Ein Arbeitgeber, der Vertragsfreiheit auslebt, kann die
gesetzliche Regelung außen vor lassen. Ob die Gerichte
da im Streitfall dann mit spielen kommt auf den Einzelfall an.
Im Arbeitsrecht ist die Rechtsprechung recht Arbeitnehmerfreundlich.

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