Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Mikrofonvorverstärker Verständnisfrage


von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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http://stefanfrings.de/mikrofon_vorverstaerker/

Frage: Welche Funktion hat R5?
Nach meinem Verständnis sollte am Emitter von Q2 ein verstärktes aber um 
180° gedrehtes Signal anliegen.
Das Diagramm (Link auf der Seite weiter unten) zeigt ein fast 
vollständig geglättetes Signal V(tp3) mit einem Gleichspannungspegel von 
~0,7V. (ist das Ube(Q2)? )

Diese V(tp3) wird wie gesagt 180° gedreht über R5 stark abgeschwächt auf 
die Basis von Q1 zurückgekoppelt, welchen Zweck hat dies?

Das Diagramm zeigt für Vin kaum eine Amplitude, dagegen hat Vtp3 eine 
deutliche stärkere, entgegengerichtete Amplitude. M.E. ergibt sich da 
doch fast eine marginal zeitversetzte Auslöschung des Vin-Signals.

: Bearbeitet durch User
von MaWin (Gast)


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Mike B. schrieb:
> Welche Funktion hat R5?

Arbeitspunktstabilisierung.

Du willst ja eine bestimmte (mittlere) Spannung an den Trasistoren 
(Emitter und Basis) unabhängig von deren Stromverstrkung, damit du einen 
guten Aussteuerbereich hast.

von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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MaWin schrieb:
> Mike B. schrieb:
>> Welche Funktion hat R5?
>
> Arbeitspunktstabilisierung.
>
> Du willst ja eine bestimmte (mittlere) Spannung an den Trasistoren
> (Emitter und Basis) unabhängig von deren Stromverstrkung, damit du einen
> guten Aussteuerbereich hast.

Also nur um der Basis von Q1 eine stabile 0,7V vorzugeben?

von Alexxx (Gast)


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>> Frage: Welche Funktion hat R5?
(Hier nur) DC-Gegenkopplung, wg. C4: Arbeitspunktstabilisierung

>> Nach meinem Verständnis sollte am Emitter von Q2 ein verstärktes aber um
180° gedrehtes Signal anliegen.
Mikrofoneingang (Basis Q1) -> Kollektor Q1: 180° = Emitterschaltung!
Q2 Basis -> Q2 Emitter: 0° = Kollektorschaltung
Basis Q1 -> Emitter Q2: 180°

>> ...auf die Basis von Q1 zurückgekoppelt, welchen Zweck hat dies?
Gegenkopplung (s.o.): Arbeitspunktstabilisierung & (AC:)Verringerung der 
Verzerrungen / Stabilisierung der Verstärkung

von Christian S. (roehrenvorheizer)


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Hallo,

über R5 erfolgt eine Gegenkopplung sowohl für DC als auch für AC. 
Oberhalb der durch C1 und R6 vorgegebenen Grenzfrequenz ist die 
AC-Gegenkopplung deutlich geringer als die DC-Gegenkopplung.
An der Basis von Q1 wird auf jeden Fall mehr als 0,7V anliegen wegen dem 
Strom durch R4.

MfG

von Sprudelstrudel (Gast)


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Ein wenig merkwürdig finde ich C4 mit 22nF.
So etwas sieht man selten.

von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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Ich habe zwei Messwiderstände vor die Basis von Q1 gesetzt und lasse 
I(R5) und die Amplitude des Eingangssignals, also I(R9), darstellen.

Beide sind von der Amplitude her fast gleich, nur gedreht.
Ergo ergibt sich als Eingangssignal für Q1, = Ib(Q1), ein Signal mit 
einer kaum vorhandenen Amplitude.

Welchen Sinn macht es, mal von der Arbeitspunkteinstellung abgesehen, 
das Eingangssignal durch die Rückkopplung so stärk zu dämpfen?

von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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Alexxx schrieb:

>>> Nach meinem Verständnis sollte am Emitter von Q2 ein verstärktes aber um
>>> 180° gedrehtes Signal anliegen.
> Mikrofoneingang (Basis Q1) -> Kollektor Q1: 180° = Emitterschaltung!
> Q2 Basis -> Q2 Emitter: 0° = Kollektorschaltung
> Basis Q1 -> Emitter Q2: 180°

ja, richtig, so komme ich auf die 180°

>>> ...auf die Basis von Q1 zurückgekoppelt, welchen Zweck hat dies?
> (AC:)Verringerung der
> Verzerrungen / Stabilisierung der Verstärkung

Welche Verzerrungen sind hier gemeint, wieso muss ich die Verstärkung 
stabilisieren?

von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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Sprudelstrudel schrieb:
> Ein wenig merkwürdig finde ich C4 mit 22nF.
> So etwas sieht man selten.

einfacher Tiefpass 1.Ordnung um hohe Frequenzen aus dem Eingangssignal 
auszufiltern
für Sprachanwendungen sicher nicht verkehrt

von Karl B. (gustav)


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Hi,
für mich fehlt da ein Widerstand. Im Bild R4.

Mike B. schrieb:
> Sprudelstrudel schrieb:
>> Ein wenig merkwürdig finde ich C4 mit 22nF.
>> So etwas sieht man selten.

22nF ist wohl etwas groß gewählt.
Also, ganz ohne hörte ich einen Mittelwellensender (als die noch 
sendeten) durchstrahlen.

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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Christian S. schrieb:
> An der Basis von Q1 wird auf jeden Fall mehr als 0,7V anliegen wegen dem
> Strom durch R4.

die Simulation ergibt als Spannung an der basis gegen GND ~0,674V 
Wechselspannung mit einer Amplitude von 3mV

von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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Mike B. schrieb:
> Beide sind von der Amplitude her fast gleich, nur gedreht.
> Ergo ergibt sich als Eingangssignal für Q1, = Ib(Q1), ein Signal mit
> einer kaum vorhandenen Amplitude.

das ist nicht korrekt ausgedrückt

Mike B. schrieb:
> die Simulation ergibt als Spannung an der basis gegen GND ~0,674V
> Wechselspannung mit einer Amplitude von 3mV

dies ist die Amplitude
Strom- und Spannungsverlauf an Basis (Q1) siehe screenshot oben

Danke für alle Antworten!

p.s. über die größe von R5 kann man gut die Ausgangsspannung, line-out 
Pegel, des Mikrofonvorverstärkers einstellen

: Bearbeitet durch User
von Stefan F. (Gast)


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> ein wenig merkwürdig finde ich C4 mit 22nF.
> So etwas sieht man selten.

Der Kondensator blockiert HF Einstreuungen und begrenzt den 
Frequenzbereich nach oben hin auf etwa 20 kHz.

> Welchen Sinn macht es, mal von der Arbeitspunkteinstellung abgesehen,
> das Eingangssignal durch die Rückkopplung so stärk zu dämpfen?

Es wird nicht so stark gedämpft, wie du vermutlich glaubst. Bedenke, 
dass das Mikrofon einen Ausgangswiderstand von ca. 2 kΩ hat, während der 
Gegenkoppelungs-Widerstand 100 kΩ hat.

> Welche Verzerrungen sind hier gemeint, wieso muss ich
> die Verstärkung stabilisieren?

Verstärker neigen dazu, zu übertreiben. Das Ausgangssignal wird bei 
steigenden Flanken höher, als es sein sollte und bei fallen Flanken 
fällt es weiter ab, als es sollte. Dies führt zu Verzerrungen des 
Nutzsignals. Die Gegenkoppelung reduziert den Effekt.

von Lolita (Gast)


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Wie heißt das Simulationsproggy, was Mike da verwendet?

mfg

von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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Stefan ⛄ F. schrieb:
> Verstärker neigen dazu, zu übertreiben. Das Ausgangssignal wird bei
> steigenden Flanken höher, als es sein sollte und bei fallen Flanken
> fällt es weiter ab, als es sollte. Dies führt zu Verzerrungen des
> Nutzsignals. Die Gegenkoppelung reduziert den Effekt.

Danke!

von Stefan F. (Gast)


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Lolita schrieb:
> Wie heißt das Simulationsproggy, was Mike da verwendet?

LtSpice

von Lolita (Gast)


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Danke, @Stefan!

Weißt Du zufällig auch ob es ne Röhrelibrary hat,
Triode, Pentode, Stabi?

mfg

von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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Stefan ⛄ F. schrieb:
> Lolita schrieb:
>> Wie heißt das Simulationsproggy, was Mike da verwendet?
>
> LtSpice

richtig, LtSpice Version IV

p.s. es gibt deutlich jüngere Versionen ;)

von Stefan F. (Gast)


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Lolita schrieb:
> Weißt Du zufällig auch ob es ne Röhrelibrary hat,
> Triode, Pentode, Stabi?

Nein, das Programm ist nur dazu gedacht, Produkte von LT zu simulieren.

Aber man kann auf zahlreichen Webseiten zusätzliche Bauteil-Bibliotheken 
herunterladen.

von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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Lolita schrieb:
> Weißt Du zufällig auch ob es ne Röhrelibrary hat,
> Triode, Pentode, Stabi?

es gibt Unmengen an libaries, auch von privat-Personen
eine Triac+Thyristor-lybary ist standardmäßig enthalten
findet man aber auch hier z.B. 
https://www.littelfuse.de/technical-resources/technical-centers/semiconductors-technical-center/spice-models.aspx

auch für Röhren gibts was
http://www.duncanamps.com/technical/ltspice.html

von Lolita (Gast)


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Stefan meinte:
> Nein, das Programm ist nur dazu gedacht, Produkte von LT zu simulieren.
Schade.

Wie funktioniert sowas?
Wenn ich da jetzt etwa nen RC-Generator entwickle,
würde das Proggy dann die erzeugte Frequenz anzeigen?

mfg

von Stefan F. (Gast)


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Lolita schrieb:
> Fragen über Fragen am Thema des Threads vorbei

Mach doch bitte dafür einen eigenen Thread auf.

von Lolita (Gast)


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@all:

Oh, entschuldigung!  ;-O


mfg

von my2ct (Gast)


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Mike B. schrieb:
> Also nur um der Basis von Q1 eine stabile 0,7V vorzugeben?

Wie kommst du ausgerechnet auf 0,7V und gegen welchen Bezugspunkt?
Für den Arbeitspunkt muss der CE-Strom stabilisiert sein.

von Mike B. (mike_b97) Benutzerseite


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my2ct schrieb:
> Mike B. schrieb:
>> Also nur um der Basis von Q1 eine stabile 0,7V vorzugeben?
>
> Wie kommst du ausgerechnet auf 0,7V und gegen welchen Bezugspunkt?
> Für den Arbeitspunkt muss der CE-Strom stabilisiert sein.

im allerersten post dem link folgen, auf der Seite ist weiter unten ein 
Link zu "Diagramme", dort die Spannung des Messpunktes TP3
also V(tp3)

von Dieter (Gast)


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Die Schaltung hat im Prinzip zwei Gegenkopplungen. R4 und R3 bestimmen 
die Verstärkung. R5 stabilisiert den DC-Arbeitspunkt und durch die 
niedrigere Spannung am Emitter muss der Widerstand nicht so hochohmig 
ausfallen. Das wäre ungünstig im Hinblick auf das Widerstandsrauschen.

Mit zusätzlichen Bauteilen könnte noch etwas gewonnen werden. Es gibt 
dazu eine Variante, da entfällt R1 und R5 besteht statt dessen aus zwei 
Widerständen mit einem Elko nach Masse in der Mitte. Zwischen Emitter 
und Basis ist noch eine RC-Kombinations als Bootstrapping zur Erhöhung 
des Eingangswiderstandes ergänzt. Bezogen habe ich mich dabei auf die 
Schaltung von Karl.

von Dieter (Gast)


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Karl B. schrieb:
> 22nF ist wohl etwas groß gewählt.

Die Grenzfrequenz an 100kOhm wäre damit rund 70 Hz und an 1kOhm wäre 
diese 7kHz. Vermute daher, dass dieser vergessen wurde zu ändern, als 
die Schaltung von einem sehr einfachen RIAA-Kennlinienentzerrer für MM 
und MC übernommen wurde. Der C von 22nF aar aber unter Umständen aber 
doch wieder sinnvoll, wenn die Mikrophonsignale mit 14.x kHz digital 
gesampelt wurden. Wobei aber die Tiefpassfunktion sonst bevorzugt über 
die Rückkopplung realisiert wurde, weil das besser im Hinblick auf das 
Rauschen ist.

von ArnoR (Gast)


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Stefan ⛄ F. schrieb:
> Verstärker neigen dazu, zu übertreiben. Das Ausgangssignal wird bei
> steigenden Flanken höher, als es sein sollte und bei fallen Flanken
> fällt es weiter ab, als es sollte. Dies führt zu Verzerrungen des
> Nutzsignals. Die Gegenkoppelung reduziert den Effekt.

Autoren neigen dazu, zu übertreiben. Das Ausgangssignal wird bei
steigenden Flanken höher, als es sein sollte und bei fallen Flanken
fällt es weiter ab, als es sollte. Dies führt zu Verzerrungen des
Nutzsignals. Die Gegenkopplung verstärkt den Effekt.

von Dieter (Gast)


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Die Gegenkoppelung reduziert:verstärkt den Effekt.

Haltet bitte auseinander, dass sprachlich anstelle Rückkopplung auch 
Gegenkopplung gesagt wird.

Die Rückkopplung kann gleich- oder gegenphasig erfolgen. Man sagt hierzu 
auch Mit- oder Gegenkopplung.

von ArnoR (Gast)


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Dieter schrieb:
> Die Gegenkoppelung reduziert:verstärkt den Effekt.

K.A. was du damit sagen willst.

Dieter schrieb:
> Haltet bitte auseinander, dass sprachlich anstelle Rückkopplung auch
> Gegenkopplung gesagt wird.

Rückkopplung ist der Oberbegriff. Der zerfällt in die 2 Möglichkeiten 
Mittkopplung (gleichphasig) und Gegenkopplung (gegenphasig).

Hier war nur von Gegenkopplung die Rede.

von ArnoR (Gast)


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Bitte ein "t" in Mittkopplung streichen.

von Dieter (Gast)


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Nebenbei sei angemerkt, dass die verstärkungsvermindernde Rückkopplung 
gegenüber der Leerlaufverstärkung den Klirrfaktor in der Regel 
überproportional reduziert.

Das wollte Stefan eigentlich zum Ausdruck bringen.

von Stefan F. (Gast)


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Dieter schrieb:
> Die Grenzfrequenz an 100kOhm wäre damit rund 70 Hz und an 1kOhm wäre
> diese 7kHz. Vermute daher, dass dieser vergessen wurde zu ändern

Ich habe den Wert mit der Simulation und danach im konkreten Aufbau 
verifiziert. Das ist für Sprache so optimal.

Bei 1000 Hz liefert die Simulation 700 mVss.
Bei 10000 Hz liefert die Simulation 600 mVss.
Bei 20000 Hz liefert die Simulation 350 mVss.

Für Musik würde mal 10nF versuchen.

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