Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Laserdioden mit hoher Kohärenzlänge


von Markus K. (markus-)


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Hallo,

Ich habe neulich diese Video gesehen, in dem jemand ein FMCW-Lidar mit 
einfachen Komponenten gebaut hat und jetzt würde ich das gerne 
nachbauen.

https://www.youtube.com/watch?v=MUdro-6u2Zg

Als Mischer benutzt er die Photodiode, die zur Leistungskontrolle im 
Gehäuse der Laserdiode mit eingebaut ist und als Verstärker im TIA einen 
TL082. Also kein komplizierter Aufbau mit Strahlteiler oder so und ein 
leicht zu beschaffender OpAmp.

Allerdings: Wo bekommt man eine geeignete Laserdiode mit hoher 
Kohärenzlänge her? Das ist ja nur eine Spielerei, deswegen wollte ich 
auch keine 100€ dafür ausgeben.

Ich habe natürlich danach gesucht. Die üblichen Elektronikversender 
haben typischerweise Modelle mit Kohärenzlängen (falls es überhaupt 
angegeben ist) von <<1mm. Man findet im Netz Gerüchte, es solle welche 
geben die 20cm erreichen, aber ohne Typenangabe.

Kennt da jemand eine Quelle? Wegen der Augensicherheit vorzugsweise im 
sichtbaren Bereich.

von Michael B. (laberkopp)


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Markus K. schrieb:
> Wo bekommt man eine geeignete Laserdiode mit hoher
> Kohärenzlänge her

https://www.integraf.com/shop/holography-laser/

Nach meinem Kenntnisstand benötigt man einen hochkonstanten Strom damit 
die Kohärenzlänge von Halbleiterlasern über längere Zeit stabil bleibt, 
Modensprünge ruinieren sie.

von Achim S. (Gast)


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Markus K. schrieb:
> Die üblichen Elektronikversender
> haben typischerweise Modelle mit Kohärenzlängen (falls es überhaupt
> angegeben ist) von <<1mm.

Oft ist eher die Linienbreite als die Kohärenzlänge angegeben. Die 
Linienbreite (als Frequenzbreite) entspricht dem Kehrwert der 
Kohärenzzeit. Und die Kohärenzzeit zusammen mit der Lichtgeschwindigkeit 
ergeben die Kohärenzlänge.

Wenn die Linienbreite nicht als Frequenzbreite sondern als 
Wellenlängenbreite angegeben ist, musst du das erst umrechnen. 
Allerdings lohnt sich dann das Umrechnen nicht: eine Linienbreite von 
z.B. 1nm bei lambda = 600nm entspricht einer Frequenzbreite von 800GHz - 
also einer Kohärenzlänge von 0,4mm.

Markus K. schrieb:
> Als Mischer benutzt er die Photodiode, die zur Leistungskontrolle im
> Gehäuse der Laserdiode mit eingebaut ist

Und das wundert mich. Denn Läserdioden reagieren bezüglich ihrer 
spektralen Qualität extrem empfindlich auf Rückkopplungen. Man kann das 
bewusst nutzen, um die spektrale Reinheit zu erhöhen (mit external 
cavity Laserdioden oder auch in das die integriert mit DFB-Laserdioden). 
Aber unkontrollierte Rückkopplung führt bei "normalen" Laserdioden 
typischerweise zu Modensprüngen. Ich könnte mir vorstellen, dass in dem 
Youtube-Video nicht das Mischprodukt der Fotodiode gesehen wird sondern 
die heftige Reaktion der Laserdiode auf den direkt Rückreflex.

Markus K. schrieb:
> Allerdings: Wo bekommt man eine geeignete Laserdiode mit hoher
> Kohärenzlänge her?

Suche z.B. nach DFB-Laserdioden. Hier ein möglicher Link:
https://www.toptica.com/products/laser-diodes/dfbdbr/
Ob die Preise zum Bastleransatz passen musst du selbst prüfen. Und wie 
Laberkopp geschrieben hat schlagen Stromrauschen und Temperaturdrifts 
direkt auf die spektrale Qualität der Diode. Unter Umständen steht beim 
Anbieter auch noch irgendwo, dass die spektrale Qualität nur erreicht 
wird, wenn man Rückreflexe unterbindet (durch einen optischen Isolator).

von Markus K. (markus-)


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Michael B. schrieb:
> https://www.integraf.com/shop/holography-laser/

Danke für den Link.

> Nach meinem Kenntnisstand benötigt man einen hochkonstanten Strom damit
> die Kohärenzlänge von Halbleiterlasern über längere Zeit stabil bleibt,
> Modensprünge ruinieren sie.

Man muss für die Entfernungsmessung die Frequenz des Lichtes ändern. Im 
Video macht er das über die Stromänderung.

von Markus K. (markus-)


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Achim S. schrieb:
> Markus K. schrieb:
>> Die üblichen Elektronikversender
>> haben typischerweise Modelle mit Kohärenzlängen (falls es überhaupt
>> angegeben ist) von <<1mm.
>
> Oft ist eher die Linienbreite als die Kohärenzlänge angegeben.

Das ist natürlich richtig. Ich hatte das bereits umgerechnet.

> Markus K. schrieb:
>> Als Mischer benutzt er die Photodiode, die zur Leistungskontrolle im
>> Gehäuse der Laserdiode mit eingebaut ist
>
> Und das wundert mich. Denn Läserdioden reagieren bezüglich ihrer
> spektralen Qualität extrem empfindlich auf Rückkopplungen. Man kann das
> bewusst nutzen, um die spektrale Reinheit zu erhöhen (mit external
> cavity Laserdioden oder auch in das die integriert mit DFB-Laserdioden).
> Aber unkontrollierte Rückkopplung führt bei "normalen" Laserdioden
> typischerweise zu Modensprüngen. Ich könnte mir vorstellen, dass in dem
> Youtube-Video nicht das Mischprodukt der Fotodiode gesehen wird sondern
> die heftige Reaktion der Laserdiode auf den direkt Rückreflex.

Er sieht da beides. Die Amplitude der Rückkopplungen ist aber deutlich 
schwächer. In den Kommentaren auf Youtube schreibt ein Jeremy Herbert "I 
did my PhD on this exact topic. Yes, it is true that you can get the 
signal using just the laser diode itself, you need an extremely stable 
current source for the laser and then a very high gain amplifier with 
low noise on the terminal voltage of the laser. Even in academia, few 
people try to do it because using the photodiode is way easier. "
Ich habe zwar seine Hochschulseite gefunden, aber die Arbeit leider 
nicht.

> Markus K. schrieb:
>> Allerdings: Wo bekommt man eine geeignete Laserdiode mit hoher
>> Kohärenzlänge her?
>
> Suche z.B. nach DFB-Laserdioden. Hier ein möglicher Link:
> https://www.toptica.com/products/laser-diodes/dfbdbr/
> Ob die Preise zum Bastleransatz passen musst du selbst prüfen. Und wie
> Laberkopp geschrieben hat schlagen Stromrauschen und Temperaturdrifts
> direkt auf die spektrale Qualität der Diode. Unter Umständen steht beim
> Anbieter auch noch irgendwo, dass die spektrale Qualität nur erreicht
> wird, wenn man Rückreflexe unterbindet (durch einen optischen Isolator).

Danke, werde ich mir mal anschauen. Es gibt natürlich noch Firmen, die 
sehr schmalbandiges Laser bauen (100kHz Linienbreite), aber die wollen 
damit eher in die Automobilindustrie und sind nicht an Einzelstückzahlen 
interessiert. Die arbeiten auch typisch mit 1550nm, was die Sache nicht 
billiger macht.
Bsp.: https://www.lumentum.com/en/fmcw-lidar

von pegel (Gast)


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Ich habe jetzt nicht alles gelesen, habe mir das Video vor längerer Zeit 
auch angesehen.

Hat der nicht gesagt, dass er die Methode von anderen übernommen hat, 
aber niemand eine sinnvolle Messung hinbekommen hat?

von Echo (Gast)


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https://espace.library.uq.edu.au/view/UQ:684539 Eventuell ist es dieses 
Dokument? Leider nicht über sci-hub verfügbar.

von Achim S. (Gast)


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Markus K. schrieb:
> Er sieht da beides. Die Amplitude der Rückkopplungen ist aber deutlich
> schwächer.

Ich habe jetzt mal das Video etwas geduldiger durchgeschaut. Um 10:50 
herum wird erklärt, wie die Interferenz auf der Fotodiode funktioniert. 
Diesen Effekt gibt es natürlich (jeder kennt noch die Schulversuche zum 
Michelson-Interferometer). Aber das, was tatsächlich gemessen wird ist 
imho an keiner Stelle Interferenz auf der Fotodiode (die würde nämlich 
ein halbwegs sinusförmiges Signal mit wenig Oberwellen ergeben) sondern 
praktisch immer Rückwirkung der Reflektionen auf den Laser selbst.

Die seltsame Stufenform, die man z.B. bei 15:28 sieht geht meiner 
Einschätzung nach darauf zurück, dass der Laser vom Rückreflex auf 
verschiedene longitudinale Moden gezwungen wird. (er läuft jeweils 3 
Moden hoch und springt dann wieder zurück auf die Mode, die im Maximum 
des Verstärkungsprofils liegt. Auf der Fotodiode selbst spielt die 
Interferenz also keine Rolle. Die Interferenz findet zwischen Reflektor 
und Laserdiode statt, und man könnte die Reaktion des Lasers auf diese 
Interferenz auch mit einer externen Fotodiode messen, die nur einen 
Strahl abkriegt (also keine "eigene" Interferenz sehen kann).

Die Erklärung des physikalischen Effekts bei 10:50 beschreibt also 
eigentlich nicht das, was hier tatsächlich gemessen wird. Aber trotzdem 
gilt natürlich auch für den tatsächlichen Rückkoppelmechanismus, dass 
man die Zahl der Pulse zählen und daraus auf die Bewegung des Reflektors 
zurückschließen kann. Und in der FFT passt die Grundschwingung/der 
Hauptpeak ebenfalls.

Markus K. schrieb:
> Yes, it is true that you can get the
> signal using just the laser diode itself, you need an extremely stable
> current source for the laser and then a very high gain amplifier with
> low noise

Das bezieht sich darauf, dass man den Modensprung elektrisch aus der 
Änderung der Laserspannung ablesen will. Das ist tatsächlich knifflig.

Aber hier sieht man den Modensprung, der durch die optische Rückwirkung 
auf den Laser ausgelöst wird, im optischen Signal. Das ist einfach, weil 
die Moden unterschiedliche  Stellen unter dem Verstärkungsprofil haben 
(die Laserintensität beim Modensprung also mitspringt). Und die 
Fotodiode misst die Intensitätssprünge des Laserlichts die mit den 
Modensprüngen verbunden sind.

Die tatsächliche Signalform kann sich dabei - je nach "Arbeitspunkt" 
deutlich ändern. An vielen Stellen sieht man hier die Kurve mit den "3 
Stufen". An anderen Stellen sind nur zwei longitudinale Lasermoden im 
Spiel (z.B. 9:37, leider nur etwas klein im Bild).

von Pandur S. (jetztnicht)


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Das Ganze fuer eine Spielerei ? Du moechtest den Laserstom, resp die 
Laserleistung regeln und dabei Modenspruende erkennen.. Vergiss es. Das 
ist sehr abgehobene Technologie. Auch external Cavities sind sehr 
auswendig. Entweder hast du eine Flowbox, oder bist dauernd am Putzen.

das Ganze soll ?

von Markus K. (markus-)


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Joggel E. schrieb:
> Das Ganze fuer eine Spielerei ?

Die Bauteile, die er da benutzt, haben ihn vielleicht 20€ gekostet. Das 
ist in meinem Spielerei-Budget durchaus drin.

> Du moechtest den Laserstom, resp die
> Laserleistung regeln und dabei Modenspruende erkennen.. Vergiss es. Das
> ist sehr abgehobene Technologie.

Mit der Strom-/Leistungsregelung habe ich mich noch nicht beschäftigt. 
Im Video sagt er, er habe die Laserdiode genau charakterisiert und sie 
dann per Spannungsregelung mit Überstromabschaltung benutzt, d.h. er hat 
sie an seinem normalen Labornetzteil angeschlossen. Dass man Laserdioden 
normalerweise Strom- bzw. Leistungsgeregelt betreibt ist mir schon klar.

> das Ganze soll ?

FMCW-Lidare haben einen Haufen coole Features. Man kann sehr genau 
messen und hat trotzdem auf der elektrischen Seite nur niedrige 
Frequenzen (im Vergleich zu einem Puls-Lidar). Zumindest wenn man 
wirklich mit Interferenzen in der Photodiode arbeitet ist man auch sehr 
robust gegen Fremdlicht, weil nur kohärente Lichtquellen stören. Ob das 
hier auch der Fall ist, ist mir aber nicht klar.

Echo schrieb:
> https://espace.library.uq.edu.au/view/UQ:684539 Eventuell ist es dieses
> Dokument? Leider nicht über sci-hub verfügbar.

Ja, genau. Soweit war ich auch schon.

@Achim S.:
Danke für die Erklärungen.

von Levi L. (elektro_levi)


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Echt interessantes Thema. Welche Möglichkeiten gäbe es denn, wie man 
eine hochkonstante Stromquelle für diese Sensorik aufzubauen könnte, 
ohne ein so genaues Labornetzgerät wie Ben in dem Video zu haben?

: Bearbeitet durch User
von MaWin (Gast)


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Levi L. schrieb:
> Echt interessantes Thema. Welche Möglichkeiten gäbe es denn, wie man
> eine hochkonstante Stromquelle für diese Sensorik aufzubauen könnte,
> ohne ein so genaues Labornetzgerät wie Ben in dem Video zu haben?

Der primitive Weg ist eine Batterie und ein Vorwiderstand, wenn die 
Laserdiode ohne Regelung lasern kann.

Die Batteriespannung sinkt ab, die Laserdiode wird warm, das verändert 
den Strom,,aber so langsam, dass eine Messung (oder ein Hologramm) meist 
aufnehmbar ist

http://www.sisyph.com/smc11-puy-mary-ultra-low-noise-current-source

Da man eine Spannung passend regeln kann 
https://www.maximintegrated.com/en/design/technical-documents/app-notes/3/3657.html 
geht das auch mit Strom, eine Spule glättet Rauschen.

von TL431-Fan (Gast)


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Levi L. schrieb:
> Echt interessantes Thema. Welche Möglichkeiten gäbe es denn, wie
> man
> eine hochkonstante Stromquelle für diese Sensorik aufzubauen könnte,
> ohne ein so genaues Labornetzgerät wie Ben in dem Video zu haben?

Man kann eine Stromsenke bauen, die auf eine Referenzquelle bezogen ist, 
mit Referenzquellen analog TL431. Im Datenblatt des TL431 ist eine 
Schaltung beschrieben:
Figure 39 "precision constant current sink".

Eventuell erfüllt das schon die Anforderungen?
Der TL431 an Sich ist kein Genauigkeitwunder, aber es gibt ähnliche 
Referenzquellen mit hoher Genauigkeit, 0,1% sollte machbar sein.
Rauschen müsste man sich ansehen, dazu kann ich nicht viel sagen.

Ironischerweise benutze ich diese Schaltung ausgerechnet als 
LED-Treiber: Sie ist PWM-fähig, robus und mit den billigsten Varianten 
des LMV431 ziemlich kostengünstig.

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