Forum: Offtopic Wie werden Halbleiterbauelemente produziert - aber nicht technisch sondern :


von Si Lizium (Gast)


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Hallo

Halbleiterbauelemente werden ja "gerne" abgekündigt bzw. haben auch mal 
exorbitant lange Lieferzeiten und es gibt mindestens hunderttausende 
wenn nicht sogar Millionen sich oft sogar nur in Kleinigkeiten 
unterscheidene verschiedene Typen.
Manchmal gibt es den (nahezu) gleichen Typ von verschiedenen Herstellern 
unter leicht unterschiedlicher Bezeichnung, oft aber ist man auf einen 
bestimmten Hersteller bzw. genauen Typ angewiesen weil es einfach nichts 
anderes gibt.

Wie werden Halbleiterbauelemente eigentlich hergestellt - und zwar wie 
in Titel schon angedeutet nicht technologisch - sondern logistisch.

Werden da einmal für einen (großen?) Durchlauf "einfach" mal direkt eine 
große Anzahl produziert und dann eingelagert - wobei Lagern generell ja 
"Bähh" ist und verschärfend bei so manchen Halbleiterbauelement auch 
technische herausfordert (Feuchtigkeitsaufnahme) wird.

Werden die Bauelemente wie Brötchen jeden Tag neu produziert? Eher nicht 
sonst gäbe es wohl kaum Monatelange Wartezeiten (?!)

Sind die vielen Typen und Hersteller letztendlich nur relativ wenige und 
nur das Gehäuse und der Aufdruck ändern sich nach Auftragslage, 
Nachfrage, was die Kristallkugel anzeigt (so kommt es mir manchmal 
vor)...?

Oder...?

Von außen betrachtet scheint mir bei der Halbleiterbauelementproduktion 
und "Verteilung" kein nachvollziehbares Konzept hinter zu stehen - 
Kunden und Verbraucherinteressen (bei weiten nicht nur von uns 
Hobbyisten) sind total Nebensächlich - außer von den ganz Großen usw.
Das wird natürlich Quatsch sein und hat was von Verschwörungstheorie 
(mehr Unwissen) - aber wie funktioniert es denn nun, welche Konzepte 
stehen dahinter, wie wird festgelegt was, wann und wie viel produziert 
wird usw.
?

: Verschoben durch Moderator
von Flip B. (frickelfreak)


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Es werden sicherlich eher große batches produziert. Es ist möglich dass 
wafer produziert und nicht sofort eingepackt werden, Meines wissens sind 
die nicht so empfindlich was umweltbedingungen angeht. Die müssen dann 
bei bedarf nur noch geschnitten und verpackt werden.

von Stefan F. (Gast)


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Si Lizium schrieb:
> Kunden und Verbraucherinteressen (bei weiten nicht nur von uns
> Hobbyisten) sind total Nebensächlich

Letztendlich geht jeder zur Arbeit, um Geld zu verdienen.

Sowohl die Entwicklung als auch die Produktion von Mikrochips lohnt sich 
nur in großen Massen. Was sich lohnt, wird gemacht. Geld regiert die 
Welt.

Die geringen Stückzahlen, um die es im Hobby-Bereich geht, sind für 
solche Hersteller vollkommen uninteressant. Ich erinnere mich an die 
90er Jahre zurück, da bekam man als Bastler von vielen Herstellern nicht 
einmal Datenblätter. Damals ging der Tipp um, man solle Datenblätter für 
ein Forschungsprojekt an irgendeiner Uni anfordern. Dann bekam man mit 
etwas Glück sogar kostenlose Proben von Chips, an die man sonst als 
Privatkunde überhaupt nicht heran gekommen wäre.

Mikrochips werden in großem Mengen mit Masken hergestellt, sonst wären 
sie unbezahlbar teuer. Da auf einen Wafer (Silizium-Scheibe) immer viele 
Chips passen, ist es nicht möglich, einzelne Stücke herzustellen. Wir 
reden hier je nach Chip-Größe eher von 100 bis tausenden. Niemand stellt 
so eine Maske für geringe Stückzahlen her.

Du würdest sicher auch keine Maschine zum Herstellen eines einzelnen 
Legosteins bauen. Da würde alleine die Form, wo das Plastik herein 
gepresst wird, 10.000 mal so viel kosten, wie der einzelne Legostein. 
Niemand würde das bezahlen wollen.

von Sven P. (Gast)


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WIMRE hat Linear (heute: Analog) mal damit geworben, überhaupt keine 
Bauteile abzukündigen. Der Vertriebler hat das so erklärt, dass die 
tatsächlich Wafer vorproduzieren und auf Lager legen, denn das ist wohl 
der komplizierteste Schritt, und der Schritt mit den meisten 
Abhängigkeiten.

Einpacken bei Bedarf geht dann "schnell".

von Blumpf (Gast)


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Was dir klar sein sollte:
Das Geschäft über die Distributoren (Mouse etc) ist nur ein kleiner Teil 
bei vielen Herstellern.

Die große Masse wird direkt abgesetzt. Also TI beliefert z.B. Foxconn 
oder dergleichen.
Da gehen die Millionen Stück über die Theke. Und danach planen die 
Hersteller.

Das siehst du aber als Kunde der Distries nicht. Und wenn das 
"plötzlich" abgekündigt wird, ist oft bei einem bestimmten Kunden ein 
wichtiges Serienprodukt ausgelaufen. Dann lohnt sich die Produktion 
schlicht nicht mehr, weil 75% des Umsatzes auf ein Bauteil fehlen.

Um Probleme damit zu vermeiden, lädt man bei Schlüsselbauteilen die 
Distries ein, und lässt sich ein konkretes Teil vorschlagen. Die haben 
noch am ehesten Einblick, wie die Situation aussieht. Wenn der Distrie 
weiß, du kaufst bei dem wirklich ein, wird er sich Mühe geben, etwas zu 
finden, dass auch länger lieferbar ist.

Natürlich handelt da jeder Hersteller ein bischen anders. Infineon oder 
Osram sind viel radikaler bei Abküdigungen als, sagen wir mal, 
Microchip.

Der Hobbyist sitzt dann letztendlich ganz hinten in der Nahrungskette. 
Warum das so ist liegt daran, dass die Stückzahlen sehr klein sind. 
Vielleicht <0,001% des Absatzes, wenn überhaut. Wenn eine Firma (wie 
Microchip oder ST als Beispiel) Hobbyisten unterstützen, dann als eine 
Art Marketingmaßnahme. In der Hoffnung, dass einige Hobbyisten auch 
beruflich in der Elektronik beschäftig sind.

von Jim M. (turboj)


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Si Lizium schrieb:
> Werden da einmal für einen (großen?) Durchlauf "einfach" mal direkt eine
> große Anzahl produziert

Muss man so machen weil man verdammt hohe Fixkosten hat.

So ein Satz lithografiscer Masken kostet 1 Mio EUR aufwärts und besteht 
aus >100 präzise gefertigten Bauteilen.

Da ist es nur verständlich das auch das "Umprogrammieren" einer 
Produktionsanlage signifikant Kosten erzeugt.

Also muss man Batches im 100k-1M Bereich produzieren, damit sich das 
unter dem Strich nachher lohnt...

von René F. (Gast)


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Ich vermute mal das ganze ist Produkt abhängig, es wird wohl Bauteile 
geben welche nahezu ununterbrochen hergestellt werden, für manche Exoten 
wird nur einmal im Jahr gerüstet.


Die Stückzahl ab der sich eine Produktion rechtfertigt ist vermutlich 
gar nicht so groß. Olimex hat zum Beispiel von Allwinner die Zusage 
bekommen sie würden bei Bestellungen ab 50 000 Stück auch abgekündigte 
SoCs produzieren, der A10 kostet nicht einmal 4€ bei Olimex, wenn man 
bedenkt das Olimex daran verdient, Allwinner daran verdient und der 
externe Fertiger von Allwinner daran verdient, müssen die 
Produktionskosten eigentlich lächerlich gering sein.

https://olimex.wordpress.com/2014/11/27/how-long-olinuxino-with-allwinner-socs-will-be-produced-again-now-we-know-the-answer-forever/

von Zeno (Gast)


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Jim M. schrieb:
> So ein Satz lithografiscer Masken kostet 1 Mio EUR aufwärts und besteht
> aus >100 präzise gefertigten Bauteilen.

Das sind i.d.R. Schablonen aus Glas, welches hocheben und mit Chrom und 
Fotolack beschichtet ist. Nach dem Belichten und Ätzen ist der Fotolack 
natürlich weg. Heute dürften die Schablonen im 7" Format oder sogar 
größer.
Früher gab es auch Schablonen im 3", 4", 5" Format, wobei in den 
80'zigern 5" das Standardformat war. Kann ich so genau sagen, da ich 
seinerzeit beruflich mit Schablonensteppern zu tun hatte - habe die 
Mechanik mit der Elektronik verheiratet und das Ergebnis geprüft. 
Teilweise habe ich die Dinger auch bei den Halbleiterherstellern 
installiert.
Mehr als 100 Schablonen pro Chiptyp war damals aber eher selten, was man 
aber gemacht hat und auch heute noch macht, mehrere Schablonensätze.

von Blumpf (Gast)


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Jim M. schrieb:
> Also muss man Batches im 100k-1M Bereich produzieren, damit sich das
> unter dem Strich nachher lohnt...

So geringe Stückzahlen werden sicher eher selten produziert ;-)

Mein Arbeitgeber hat einen eigenen Chip. Davon sind auf einem einzelnen 
Wafer  schon >64000. Wieviele Wafer bei einem Durchgang produziert 
werden, weiß ich nicht. Aber sicher nicht nur einer. Das ist ein 
Centprodukt, das jedes Jahr zu zigmillionen verkauft wird.

Ich tippe darauf, dass kostengünstige Bauteile unter einer dreistelligen 
Millionenzahl gar nicht produziert werden.

Bei Spezialdingen sieht das natürlich anders aus, aber bei Centbauteilen 
sind das viele.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Si Lizium schrieb:
> Wie werden Halbleiterbauelemente eigentlich hergestellt - und zwar wie
> in Titel schon angedeutet nicht technologisch - sondern logistisch.
>
> Werden da einmal für einen (großen?) Durchlauf "einfach" mal direkt eine
> große Anzahl produziert und dann eingelagert ...

Selber Denken geht nicht? Kriegst du davon Kopfschmerzen?

Werden Halbleiterbauelemente eigentlich auf großen (300mm Ø) 
Siliziumscheiben hergestellt? Passen da mehrere Bauelemente auf eine 
Scheibe? Lohnt es sich eigentlich, die Prozeßkette für eine einzelne 
Scheibe einzurichten?

von Andre (Gast)


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Axel S. schrieb:
> Selber Denken geht nicht? Kriegst du davon Kopfschmerzen?

Freundlich Antworten geht nicht?

Ich finde die Frage gut. Man hört immer nur "alles komplex und teuer", 
aber wie es letzten Endes abläuft verrät dann niemand.
Es wäre ja auch nicht undenkbar dass die inzwischen eine Art 
Pool-Fertigung haben: Heute machen wir x Lagen in Technologie abc, wenn 
dein Baustein dazu passt legt die Masken da hin und wir machen dir 2-3 
Wafer...

von Berufsrevolutionär (Gast)


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Si Lizium schrieb:
> Wie werden Halbleiterbauelemente eigentlich hergestellt - und zwar wie
> in Titel schon angedeutet nicht technologisch - sondern logistisch.

Ja Gott, wie alles im Kapitalismus, da wird nach "Nachfrage und Angebot" 
gewirtschaftet.

Nachfragen, also Kaufabsichten, werden gebündelt bis sich daraus 
sinnvolle Losgrößen binden lassen - für einen Transistor richtet man 
seine "Fertigungsstrasse" nicht ein, für einhunderdtausend schon - das 
nennt sich Produktionsplanung.

Da ein wissenschaftlicher Text dazu:
https://mediatum.ub.tum.de/doc/601620/document.pdf

In der Jugendliteratur der Achtziger gibt es vielleicht ne einfachere 
Darstellungen des Stoffes. Aber vielleicht hilft es, mal den Bäcker 
nebenan zu fragen wie er Bedarf abschätzt und entsprechend Grundstoffe 
kauft und Produktion plant. Oder Oma fragen, die kennt das noch aus der 
Haushaltskunde.

von georg (Gast)


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Blumpf schrieb:
> lädt man bei Schlüsselbauteilen die
> Distries ein

Und die kommen dann mit ihren Produktspezialsiten beim TO vorbei, um die 
Beschaffung von 10 ICs pro Monat zu besprechen? Das war schon vor Corona 
illusorisch.

Georg

von Berufsrevolutionär (Gast)


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Andre schrieb:
> Ich finde die Frage gut. Man hört immer nur "alles komplex und teuer",
> aber wie es letzten Endes abläuft verrät dann niemand.

Doch, wenn man seriös fragt und nicht nur zum Zeitvertreib. Meines 
Onkels, Bruder, Sohn hat beispielsweise mal bei infineon eine 
"Sommerschule" zum Thema Halbleiterfertigung besucht:

https://tu-dresden.de/tu-dresden/newsportal/news/sommerschule-1

von Carl D. (jcw2)


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Andre schrieb:
> Axel S. schrieb:
>> Selber Denken geht nicht? Kriegst du davon Kopfschmerzen?
>
> Freundlich Antworten geht nicht?
>
> Ich finde die Frage gut. Man hört immer nur "alles komplex und teuer",
> aber wie es letzten Endes abläuft verrät dann niemand.
> Es wäre ja auch nicht undenkbar dass die inzwischen eine Art
> Pool-Fertigung haben: Heute machen wir x Lagen in Technologie abc, wenn
> dein Baustein dazu passt legt die Masken da hin und wir machen dir 2-3
> Wafer...

Dann müßte man entweder Masken für den Pool anfertigen oder je Wafer die 
Masken wechseln. Und danach müßte man die Teile auch "sortenrein" 
trennen. Alles zu kompliziert aka teuer.

von Berufsrevolutionär (Gast)


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georg schrieb:
> Blumpf schrieb:
>> lädt man bei Schlüsselbauteilen die
>> Distries ein
>
> Und die kommen dann mit ihren Produktspezialsiten beim TO vorbei

Der TO ist aus Distri-Sicht eine Peanutkrümmel, bei dem kommt keiner 
vorbei, höchstens der Bestatter wenn es Zeit ist. Biste dagegen 
Entwicklungsingenieur bei einem Automobilzulieferer klingelt regelmäßig 
der Distrivertreter um deine Wünsche zu erfahren. Oder bei einem 
messebesuch wird erst mal der prognostizierte Bedarf für die nächsten 
Jahre abgefragt.

von Michael B. (laberkopp)


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Si Lizium schrieb:
> Werden da einmal für einen (großen?) Durchlauf "einfach" mal direkt eine
> große Anzahl produziert

Im Prinzip ja, denn wenn du 1 Wafer mit TL431 (der häufigste produzierte 
Chip) fertigst, hast du schon 100000 Stück, na gut nur 3000 Rollen. Und 
man fertigst besser den ganzen Tag eine Sorte, hat also hunderte von 
Wafern.

Hier kannst du mal das Schedule einer Halbleiterfabrik sehen (nur die 
georderten Runs eines Kunden)

https://towersemi.com/manufacturing/mpw-shuttle-program/
https://towersemi.com/wp-content/uploads/2020/04/MPW-Schedule_External_04_12_2020.pdf

> und dann eingelagert - wobei Lagern generell ja
> "Bähh" ist und verschärfend bei so manchen Halbleiterbauelement auch
> technische herausfordert (Feuchtigkeitsaufnahme) wird.

Richtig, man produziert lieber nicht so viel, daß die Chips alt werden.

> Werden die Bauelemente wie Brötchen jeden Tag neu produziert? Eher nicht
> sonst gäbe es wohl kaum Monatelange Wartezeiten (?!)

Es werden zwar dauernd Wafer verarbeitet, aber damit nicht jeden Tag 
jeder Chip produziert, und es gibt ja zigtausende.

> Sind die vielen Typen und Hersteller letztendlich nur relativ wenige und
> nur das Gehäuse und der Aufdruck ändern sich nach Auftragslage,

Wenn derselbe Chip von Konkurrenten stammt, sind das schon eigene 
Designs, von denen man auch einen Marktanteil abhaben will. Aber nicht 
jedder Hersteller baut ständig dasselbe, daher kündigen viele solche 
Teile ab, die sich aus seiner Sicht nicht mehr lohnen.

Es gibt aber Chiphersteller ohne Chipfabrik, die bei Auftragsfertogern 
wie TSMC oder GlobalFOundrioes herstellen lassen. Da muss ma halt 
warten, bis man dran kommt. Und es kann Konkurrent2 direkt vorher dran 
gewesen sein mit 'seinem' TL431, also dieselbe Fabrik, anderer Kunde, 
andere Masken.

Zeno schrieb:
> Das sind i.d.R. Schablonen aus Glas, welches hocheben und mit Chrom und
> Fotolack beschichtet ist. Nach dem Belichten und Ätzen ist der Fotolack
> natürlich weg. Heute dürften die Schablonen im 7" Format oder sogar
> größer.

Nein, damit geht 7nm nicht mehr. Es sind inzwischen einzelne Schablonen 
die per Stepper auf dem Wafer verfahren werden.

https://www.researchgate.net/figure/A-shuttle-mask-and-the-projections-on-the-wafer-Each-small-rectangle-with-a-number_fig1_228998646

von Blumpf (Gast)


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georg schrieb:
> Und die kommen dann mit ihren Produktspezialsiten beim TO vorbei, um die
> Beschaffung von 10 ICs pro Monat zu besprechen? Das war schon vor Corona
> illusorisch.

Genau dass die Hobbyisten niemanden interessieren habe ich doch 
geschrieben?
Dass man mit "Wenn der Distrie weiß, du kaufst bei dem wirklich ein"
Nicht 10 Stück für 100€ pro Jahr gemeint sind, habe ich mal als 
selbstverständlich vorausgesetzt.

Wenn man aber z.B. 50 oder 100k€ pro Jahr Umsatz hat, kommen die doch 
schon einmal vorbei.

Dann aber eh nicht digikey oder mouser, sondern eher AVNET, AROW, Future 
und Konsorten.

von auswanderer (Gast)


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Wo hat der TO denn bitte angefragt "2-3 Wafer fuer sich" produzieren zu 
lassen? Hier wird sich ueber Themen aufgeregt nach denen kein Mensch 
gefragt hat.

Ich kann von ein paar Details sprechen die ich aus der Zusammenarbeit 
mit einer Fab kenne.
Produziert wurden dort 5" Wafer. Die gehen durch die verschiedenen 
Prozesse in einem abgeschlossenen "Sortierkaestchen", hab die nicht 
gezaehlt aber waren sicher 20-25 Wafer in einem Kaestchen. Die wurden 
per Hand in Batches, ca 5-15 Kaestchen pro Batch zwischen den 
Produktionsschritten transportiert...also natuerlich nicht zwischen 
jedem einzelnen Schritt, eine Maschine/Strasse hat oft mehrere Schritte 
ausgefuehrt. Funktioniert dann so, dass ein Mitarbeiter so ein Kaestchen 
in einer Maschine laedt, die macht es auf, geht Wafer fuer Wafer durch, 
am Schluss holt man das Kaestchen wieder verschlossen aus der Maschine.
Die QA Aufwaende sind erheblich, oft zwischen den Schritten entweder 
eine automatisierte visuelle Inspektion, zum Teil auch wirklich ein 
Mitarbeiter der von Hand mit Mikroskop mehrere Bereiche auf dem Wafer 
ausmisst. Dient dazu fruehzeitig zu erkennen wenn eine Maschine aus der 
Justierung laeuft.
Die Ruestzeiten sind dabei noch erheblich, je nach Technologie/Produkt 
dauert es eine Weile bis der Yield stimmt...also zb. bei einem 
ungeplanten Stillstand wird 24h und laenger nur Ausschuss produziert.
Die Fab kam auf ca. 30 verschiedene Produkte die sie pro Monate 
produzieren konnte, allerdings parallel auf mehreren Fertigungsstrassen, 
da ein Produkt immer mindestens mehrere Tage lief.

Es kommt dann eben noch stark auf die Wafergroesse und Flaeche des 
Produktes an, aber du kannst leicht davon ausgehen dass ein 
Produktions-Run zehntausende bis hunderttausende Einheiten ergibt, bei 
kleineren Chips auch Millionen.

Ueber Lagerung von Wafern weiss ich nichts, kann ich mir aber gut 
vorstellen. Das Zerteilen, testen, sortieren in verschiedene Grades, 
Bonding, Packaging etc. macht einen nicht unerheblichen Teil der 
Aufwaende und Kosten aus. Das kann man aber wiederum sicher auch in 
kleineren Chargen machen.

Die Fabs selbst werden aber so wenig wie moeglich fertige Chips 
vorhalten wollen. Die pauschalen 12-16 Wochen ergeben sich denke ich 
durch die Planung, z.B. die Fab produziert einmal im Quartal Produkt A, 
da wird eben ueber ein Quartal gesammelt und dann bestimmt wie lange der 
Run dieses Quartal laueft. Da werden die Bestellungen der verschiedenen 
Distributoren gesammelt, Kundenbestellungen und Lager des Distributors 
fuellen. D.h. wenn du ein paar hundert Einheiten brauchst hat die der 
Distri vielleicht noch vom letzten Run auf Lager, wenn du richtig 
Stueckzahlen brauchst bist du in der quartalsweisen Planung. Wo da die 
Obergrenzen liegen weiss ich nicht, wenn es aber um 100k oder Millionen 
geht muss das sicher gut vorgeplant werden.

von Joachim B. (jar)


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Berufsrevolutionär schrieb:
> Nachfragen, also Kaufabsichten, werden gebündelt bis sich daraus
> sinnvolle Losgrößen binden lassen - für einen Transistor richtet man
> seine "Fertigungsstrasse" nicht ein

ich denke immer dabei noch an den "Managerpups" Losgröße 1 und "just in 
time Lieferung"
Was hat uns "just in time" beschert?
Rollende Lager verstopfte Strassen und das gleichzeitig mit Abbau der 
Bahnanschlüsse in der Industrie.

Total irre, die Folge, man bekommt kaum noch Ersatzteile zu oft schon 
während der normalen Gebrauchsdauer der Produkte, z.B. Scheinwerfer für 
PKW oder Druckköpfe für Drucker.

Erstebenswert? während wir im Müll ersticken und Resourcen ausbeuten?
Hauptsache Dosenpfand, aber die Einwegflaschen sind wieder auf dem 
Vormarsch und auf den Meeren bilden sich Plastikinseln.

: Bearbeitet durch User
von Blechbieger (Gast)


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Zu beachten ist auf die Durchlaufzeit, die einzelnen Prozessschritte 
dauern teilweise sehr lange. Es kann bis zu 12 Wochen dauern von vorne 
blanker Wafer rein bis hinten fertige Chips rauspurzeln.

von c-hater (Gast)


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Blechbieger schrieb:

> Zu beachten ist auf die Durchlaufzeit, die einzelnen Prozessschritte
> dauern teilweise sehr lange. Es kann bis zu 12 Wochen dauern von vorne
> blanker Wafer rein bis hinten fertige Chips rauspurzeln.

Ooops. Das ist mir neu. Allerdings habe ich mich auch längst nicht mit 
allen heute gebräuchlichen Prozessen intensiv beschäftigt.

Könntest du bitte etwas mehr in's Detail gehen? Welche Schritte dauern 
besonders lange? In welchen "Typen" von Produkten werden diese "langen" 
Schritte verwendet?

von Klaus W. (Gast)


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Berufsrevolutionär schrieb:
> Biste dagegen
> Entwicklungsingenieur bei einem Automobilzulieferer klingelt regelmäßig
> der Distrivertreter um deine Wünsche zu erfahren. Oder bei einem
> messebesuch wird erst mal der prognostizierte Bedarf für die nächsten
> Jahre abgefragt.

Und dann kommt so ein böser Virus daher und man alle Prognosen im Lokus 
runter spülen.

von FS (Gast)


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Si Lizium schrieb:
> Sind die vielen Typen und Hersteller letztendlich nur relativ wenige und
> nur das Gehäuse und der Aufdruck ändern sich nach Auftragslage,
> Nachfrage, was die Kristallkugel anzeigt (so kommt es mir manchmal
> vor)...?

Am Beispiel AVR kann ich mir vorstellen, dass dort in einer Serie 
wirklich immer nur eine oder sehr wenige Varianten hergestellt werden 
weil die Masken sicherlich sehr teuer sind. Sprich: Auf dem Wafer stellt 
man den Chip z.B. mit allen Pins und möglicherweise dem größten 
SRAM/Flashspeicher her, in einem nächsten Arbeitsschritt wird der 
Speicher dann evtl. künstlich begrenzt und je nach Gehäuse werden eben 
nicht alle Pins nach außen verdrahtet.

Soweit ich weiß ist das bei Intel-Chips ähnlich, nur werden hier wohl 
Features auch per interner Firmware freigeschaltet und blockiert.

von Berufsrevolutionär (Gast)


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c-hater schrieb:
> Blechbieger schrieb:
>
>> Zu beachten ist auf die Durchlaufzeit, die einzelnen Prozessschritte
>> dauern teilweise sehr lange. Es kann bis zu 12 Wochen dauern von vorne
>> blanker Wafer rein bis hinten fertige Chips rauspurzeln.
>
> Ooops. Das ist mir neu. Allerdings habe ich mich auch längst nicht mit
> allen heute gebräuchlichen Prozessen intensiv beschäftigt.

Nicht erst heute, das war schon vor 20 Jahren so, bei Quimonda hiess es 
8 Wochen für ein 'rocket los', also eine Charge die besonders schnell 
durchgeschleust wurde

> Könntest du bitte etwas mehr in's Detail gehen? Welche Schritte dauern
> besonders lange? In welchen "Typen" von Produkten werden diese "langen"
> Schritte verwendet?

Die Schritte dauer nicht sonderlich lang so 2-15 Minuten. Allerdings 
dauert das Handling zwischen den Schritten 
(ausschleusen,Prozesskontrolle, transport, zusammenstellen, 
einschleusen) so seine zeit, weil eben für die verschiedenen Schritte 
(Belichtung,Sputter, Epitaxie, Clean, Etch,...), verschiedene Maschinen 
benötigt werden, da gibt es keinen Chip-3d-drucker-Vollautomat. und für 
jeden layer geht die runde von vorne los. Und auch Chips haben so um die 
10 Layer.

Da ist ne Doktorarbeit zu dem Thema verlinkt: 
Beitrag "Re: Wie werden Halbleiterbauelemente produziert - aber nicht technisch sondern :"

von c-hater (Gast)


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Berufsrevolutionär schrieb:

> Die Schritte dauer nicht sonderlich lang so 2-15 Minuten.

Das war, was ich meinte...

> Allerdings
> dauert das Handling zwischen den Schritten

Das ist Logistik und Produktionsplanung. Hat mit dem eigentlichen 
Prozess eher wenig zu tun.

Nur insofern, dass natürlich die Dauer der Schritte und die Kapazität 
der entsprechenden Anlagen dabei berücksichtigt werden müssen. Ich bin 
ziemlich sicher, dass dieses Problem heutzutage mit einer sehr guten 
Näherung gelöst ist. Die optimale Lösung ist natürlich nur mit 
exponentiellem Zeitaufwand ermittelbar.

Wenn also der Durchlauf einer Charge wirklich so lange dauert, dann 
dürfte es vor allem daran liegen, dass nicht auf minimale Durchlaufzeit, 
sondern auf Minimierung der Kosten optimiert wurde. Sprich: mit 
entsprechendem Einwurf von Coins kannst du auch ein relativ kleines Los 
sehr viel schneller durch den Prozess bekommen...

von Zeno (Gast)


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Michael B. schrieb:
> Zeno schrieb:
>> Das sind i.d.R. Schablonen aus Glas, welches hocheben und mit Chrom und
>> Fotolack beschichtet ist. Nach dem Belichten und Ätzen ist der Fotolack
>> natürlich weg. Heute dürften die Schablonen im 7" Format oder sogar
>> größer.
>
> Nein, damit geht 7nm nicht mehr. Es sind inzwischen einzelne Schablonen
> die per Stepper auf dem Wafer verfahren werden.

Das 7nm nicht mehr mit Licht gehen weis ich selber Du Schlauberger. 7nm 
geht generell nicht mit Licht, weder in den 80'zigern noch heute.
Mit Schablonen 7nm zu machen ist natürlich auch Käse, so etwas macht man 
mit Elektronenstrahl.
Im übrigen waren die Geräte an denen ich gearbeitet habe auch Stepper, 
nämlich Schablonenstepper. Und ja die Auflösung war begrenzt da wir 
blauem Licht gearbeitet haben. UV wäre besser gewesen weil man damit 
kleinere Strukturen hinbekommt, es ist alleine daran gescheitert, das 
man es optisch nicht beherrscht hat. Für UV ist die Optik aus Flußspat 
zu fertigen, was man damals noch nicht vernünftig bearbeiten konnte, 
speziell der Poliervorgang wurde nicht beherrscht.
Mit extreme UV kann man theoretisch bis auf 10nm herunter kommen, aber 
dann ist mit Optik definitiv Ende Gelände. Fotolack wird bei so kleinen 
Strukturen auch nicht mehr funktionieren.
Bleibt noch Röntgenstrahlung.
7nm ist auch heute noch die Ausnahme weil technologisch schwer 
beherrschbar und die Ausbeute ist entsprechend gering.
Viel weiter runter wird es nicht gehen da man dann in die Größenordnung 
der Atomabstände im Kristallgitter kommt. Jegliche kleinere Struktur ist 
das physikalisch völlig sinnlos.

Ach ja und im übrigen hatte ich von den 80'zigern gesprochen ist ja auch 
schon ne Weile her.
Aber auch damals war man nicht blöd. In meiner Firma hat man neben 
Schablonensteppern auch Waferstepper gefertigt und zwar solche mit Licht 
und auch mit Elektronenstrahl. Wir haben die gesamte Palatte an Geräten 
für die Halbleitertechnik hergestellt. Das erschöpft sich ja nicht mit 
den Belichtern.

von Zeno (Gast)


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c-hater schrieb:
> Könntest du bitte etwas mehr in's Detail gehen? Welche Schritte dauern
> besonders lange? In welchen "Typen" von Produkten werden diese "langen"
> Schritte verwendet?

Z.B. die Dotierung kann sehr lange dauern. Ist ein thermischer Prozeß, 
wobei die die Dotanten in aller Regel gasförmig sind. Man muß halt 
warten bis die gewünschte Dotierung in der gewünschten Tiefe erreicht 
ist. Tage dauert das auch nicht aber durchaus mehrere Stunden.
Wir haben mal im Studium einen Transistor gebaut und ich meine mich 
erinnern zu können das, das Dotieren so um die 2-3 Stunden gedauert hat. 
Man darf allerdings auch nicht vergessen das damals die Strukturbreiten 
im m Bereich gelegen haben, d.h. die Löcher in der Maske schon relativ 
groß waren, so das da auch relativ viel Material pro Zeiteinheit durch 
passte.
Auch das Überziehen des Wavers mit einer SiO2 Schicht, die als Ätzmaske 
bzw. Dotiermaske dient, braucht seine Zeit. Wie lange das genau dauert 
weis ich aber nicht mehr - ist schon gute 40Jahre her.

von Blechbieger (Gast)


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c-hater schrieb:
> Könntest du bitte etwas mehr in's Detail gehen? Welche Schritte dauern
> besonders lange? In welchen "Typen" von Produkten werden diese "langen"
> Schritte verwendet?

Details kenne ich nicht aber die anderen haben ja schon ein paar Punkte 
genannt.

Früher gängig aber heute selten sind maskenprogrammierbare Gatearrays. 
Da können Wafer mit Dotierungen und den unteren Metalllagen im Voraus 
produziert und gelagert werden. Für das kundenspezifische Design müssen 
dann nur noch die oberen ein, zwei Metalllagen gefertigt werden was 
entsprechend schneller geht.

Joachim B. schrieb:
> ich denke immer dabei noch an den "Managerpups" Losgröße 1 und "just in
> time Lieferung"

In Form von feldprogrammierbaren Gatearrays (FPGA) geht das auch. Dies 
Stückkosten sind dann halt relativ hoch.

von Jens G. (jensig)


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Zeno (Gast) schrieb:

>Das 7nm nicht mehr mit Licht gehen weis ich selber Du Schlauberger. 7nm
>geht generell nicht mit Licht, weder in den 80'zigern noch heute.
>Mit Schablonen 7nm zu machen ist natürlich auch Käse, so etwas macht man
>mit Elektronenstrahl.

Aber nicht für die Massenproduktion. Und es ist immer noch Licht, wenn 
auch extrem kurzwelliges (sehen kann man es natürlich nicht mehr).
Wie lange willste denn mit Elektronenstrahl die Strukturen der zig 
Milliarden Transistoren eines heutigen Prozessors "malen", bis Du zu 
einem Ergebnis kommst?
Das alles ist immer noch optische Lithographie, bisher irgendwas um die 
193nm, welches mit speziellen Techniken auch wesentlich kleinere 
Strukturen hinbekommt bis in den 10nm-Bereich.
Inzwischen nutzt man nun auch 11nm oder so (extrem UV) bei den neuesten 
Technologien.
Von Elektronenstrahl lese ich aber bisher immer noch nichts für die 
Produktion.

: Bearbeitet durch User
von Achim S. (Gast)


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Berufsrevolutionär schrieb:
> Die Schritte dauer nicht sonderlich lang so 2-15 Minuten.

Man muss auseinanderhalten, ob man die Bearbeitungszeit eines Wafers 
oder eines Loses betrachtet. Wenn ein einzelner Wafers (oder 4 Wafer 
parallel) ein paar Minuten poliert werden, dann kann das gesamte Los 
trotzdem eine Stunde lang das Tool belegen. Und erst wenn alle Wafer des 
Loses bearbeitet wurden, ist das Tool wieder frei und das Los zieht 
weiter zum nächsten Prozessschritt.

Wenn alles optimal läuft, dann wird das Los sofort zum nächsten Tool 
transportiert und das ist gerade frei geworden, so das "unser" Los 
sofort weiterprozessiert werden kann. In der realen Welt kommt es aber 
auch mal zu Engpässen (weil vielleicht Tool x grade nicht sauber läuft 
und erst aufwändig "nachjustiert" werden muss, damit man sich nicht alle 
folgenden Lose kaputt macht).

Wenn es also nicht optimal läuft, dann steht das Los erst mal in der 
Warteschlange. Das richtig zu planen, so dass die Werkzeuge immer gut 
ausgelastet sind, die Lose aber auch nicht zu lange Zeit mit Warten 
verbringen, gehört zu den größeren Herausforderungen für eine Fab. Zumal 
sich auch die Priorisierung der verschiedenen Produkte innerhalb der 
Herstellungszeit schon mal verändern kann.

Je nach Komplexität des Chips kommen gerne mal weit über hundert 
einzelne Prozesschritte zusammen. Also hunderte mal eine Stunde (oder 
ein paar Stunden) prozessieren (das Los, nicht den einzelnen Wafer), 
hunderte mal transportieren, diverse male warten bis das Werkzeug frei 
wird - ein paar Wochen Durchlaufzeit sind viel schneller vorbei, als es 
sich im ersten Moment anhört.

von S. R. (svenska)


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Si Lizium schrieb:
> Werden da einmal für einen (großen?) Durchlauf "einfach"
> mal direkt eine große Anzahl produziert und dann
> eingelagert - wobei Lagern generell ja

Ja. Und wenn man die Wafer einlagert, dann spart man einerseits Platz 
und kann andererseits die Sortenvielfalt bei Bedarf herstellen.

Viele ältere Chips lassen sich nicht mehr so einfach nachproduzieren, 
weil die Fabs bereits auf eine andere Prozesstechnologie umgestellt 
wurden, der ursprüngliche Produzent nicht mehr existiert o.ä. Alte 
Masken lassen sich nicht auf neuen Verfahren verwenden.

Mit genug Wafern "auf Lager" kann man die Chips aber trotzdem noch ein 
Jahrzehnt weiterhin verkaufen. Der erste Wafer ist teuer, alle weiteren 
(solange die Fertigungsstraße aktiv ist) sind im Vergleich spottbillig.

Si Lizium schrieb:
> Werden die Bauelemente wie Brötchen jeden Tag neu produziert?

Nein. Die Vorlaufzeiten eines Durchlaufs sind enorm.
Wenn die Pipeline erstmal läuft, dann geht das schneller.

Si Lizium schrieb:
> Sind die vielen Typen und Hersteller letztendlich nur
> relativ wenige und nur das Gehäuse und der Aufdruck
> ändern sich nach Auftragslage, Nachfrage, was die
> Kristallkugel anzeigt (so kommt es mir manchmal vor)...?

Teilweise. Einerseits gibt es Unterschiede in Gehäuse, Pinanzahl und 
Aufdruck, andererseits kann man durch Binning den Yield nachträglich 
erhöhen. Wenn man z.B. weiß, dass der SRAM öfter mal nicht richtig 
gelingt, dann macht man eben zwei Varianten und entscheidet nach dem 
Test, ob es "halber SRAM oben", "halber SRAM unten" oder "ganzer SRAM" 
ist.

Hat man genug Wafer rumliegen, kann man auch eine kundenspezifische 
Variante bauen. Der Wafer ist ja schon produziert.

Si Lizium schrieb:
> Von außen betrachtet scheint mir bei der Halbleiterbauelementproduktion
> und "Verteilung" kein nachvollziehbares Konzept hinter zu stehen

Das liegt in erster Linie daran, dass du keinen Einblick in die Gedanken 
im Hintergrund hast. Es gibt viele Partikularinteressen, von denen du 
unendlich weit entfernt bist.

Ist ein bisschen wie Aktien - für den Normalsterblichen ist das ein 
reines Zufallsgewinnspiel, aber wenn man besonderen Einblick hat, dann 
kann man daraus kräftigen Gewinn schlagen. Beispielsweise "erst Aktien 
verkaufen, dann die Öffentlichkeit informieren".

von Matthias S. (da_user)


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Blumpf schrieb:
> Mein Arbeitgeber hat einen eigenen Chip. Davon sind auf einem einzelnen
> Wafer  schon >64000. Wieviele Wafer bei einem Durchgang produziert
> werden, weiß ich nicht. Aber sicher nicht nur einer. Das ist ein
> Centprodukt, das jedes Jahr zu zigmillionen verkauft wird.

Ich war mal bei einem deutschen Halbleiterproduzenten tätig. Mit der 
Losgröße bin ich mir nicht mehr ganz sicher. Standardlosgröße waren aber 
auf jeden Fall zwei Horden mit jeweils entweder 20 oder 25 Wafern (8"), 
also 40 oder 50 Scheiben. Das Gefühl sagt mir aber eher 50Stk.

c-hater schrieb:
> Könntest du bitte etwas mehr in's Detail gehen? Welche Schritte dauern
> besonders lange? In welchen "Typen" von Produkten werden diese "langen"
> Schritte verwendet?

Im Bereich des FrontEnds (also die Produktion des Wafers) gibt es nur 
sehr wenige Produktionsschritte, die nur für bestimmte "Typen" 
vorgesehen sind, und diese sind dann auch meist eher am Ende der 
Produktion hin, die dann, je nachdem wie man das jetzt da gerade 
handhabt, auch schon im Bereich des BackEnds gemacht werden. (BackEnd: 
Gehäuse drum machen).
Ich meine mich zu erinnern, dass das Sputtern für die (40-)50 Scheiben 
gerne mal 48-72h gedauert hat.

Das FrontEnd ist damit eher Prozessorientiert. Damit wird hier auch 
nicht einfach einen Monat lang Produkt A produziert, dann drei Tage 
umgerüstet das man Produkt B produzieren kann. Es befinden sich in der 
Fab einfach die Produkte A-K. Den viele Prozesse sind bei den Produkten 
gleich, bzw. sehr ähnlich und nur bei wenigen Maschinen fallen 
Umrüstzeiten an. Die sind dann aber entsprechend optimiert, sowohl in 
Sachen Umrüstzeit wie auch in Sachen Auslastung.

Es gibt m.W. auch Techniken, bei denen man erst hinterher bestimmt, was 
dieser einzelne Chip den so alles kann.
Ich glaube, dass das z.B. Intel gerne verwendet: Eine Prozessorfamilie 
hat das gleiche Die (Chip) drinnen, die haben vorher auch die komplett 
gleichen Prozessschritte gesehen.
Erst irgendwann beim testen wird z.B. geguckt, welcher Chip jetzt die 
4GHz schafft, und welcher nur 2GHz. Oder bei welchem die 
Funktionseinheit XYZ funktioniert, und bei welchem nicht.
Und dann werden z.B. entsprechende Leiterbahnen durchtrennt, oder die 
Software auf dem Chip entsprechend gesetzt.

Wenn der Chip Funktionseinheiten hat, die gerne fehlerhaft produziert 
werden, wird diese Funktionseinheit auch mal doppelt mit draufgemacht. 
Dann wird halt die aktiviert die (besser) funktioniert.

c-hater schrieb:
> Wenn also der Durchlauf einer Charge wirklich so lange dauert, dann
> dürfte es vor allem daran liegen, dass nicht auf minimale Durchlaufzeit,
> sondern auf Minimierung der Kosten optimiert wurde. Sprich: mit
> entsprechendem Einwurf von Coins kannst du auch ein relativ kleines Los
> sehr viel schneller durch den Prozess bekommen...

Oder wenn der Ausschuss eines Loses zu groß wird und damit dem Kunden 
die versprochene Menge nicht mehr geliefert werden könnte. Da kann der 
Durchlauf ziemlich plötzlich schonmal schnell werden.
Und wenn man dann am letzten Prozessschritt vor der 
FrontEnd-Auslieferung sitzt, und der wöchentliche Liefertag ansteht, 
stehen all deine Regale mit solchen Losen voll und du kannst somit 
trotzdem nur so hantieren, als wären alles ganz normale Lose...

von Michael (Gast)


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Jim M. schrieb:
> So ein Satz lithografiscer Masken kostet 1 Mio EUR aufwärts und besteht
> aus >100 präzise gefertigten Bauteilen.

Wir setzen ein Mixed-Signal-ASIC in 350nm-Technologie ein. Der 
Maskensatz (16 Stück) kostet knapp 40k EUR, ein einzelner Wafer ist für 
knapp 2k EUR damit herstellbar. Die Fertigung dauert pro Durchlauf etwa 
zwei Monate bei der Fab.

Letztlich ist das Assemblieren in das Gehäuse teurer als der einzelne 
Die.

Das was du beschreibst mag auf komplexe, moderne Mikroprozessoren usw. 
zutreffen - "einfache" Halbleiter sind eine andere "Hausnummer"!

von M. Н. (Gast)


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Hallo,

die Herstellung hängt natürlich immer vom Hersteller/Stückzahl ab.

Im allgemeinen lohnt sich die Asic-Produktion nur in größeren 
Stückzahlen, wenn man die Chips billig haben will. In der Regel werden 
somit ganze Wafer-chargen mit demselben Chip auf einmal hergestellt. Als 
Beispiel: Eine Wafer-charge besteht aus 12 Wafern à 800 Chips.

Für die Herstellung ist es extremer Aufwand viele verschiedene Wafer 
oder Wafer mit verschiedenen Chips zu fertigen. Wenn bspw. nur ein Wafer 
eines Chips hergestellt wird, muss dafür trotzdem die Lithographie mit 
den Masken ausgerüstet werden, der Wafertester auf den entsprechen Chip 
umgerüstet werden, die Wafersäge für den entsprechenden Chip aufgesetzt 
werden und so weiter.

Dazu kommen noch diverse Schwierigkeiten beim Verpacken: Ist der Chip 
produziert und vereinzelt, muss die Maschine konfiguriert werden, die 
den einzelnen Chip ins Gehäuse steckt, das fertige IC muss getestet 
werden, der Chip muss in passende Gurte verpackt werden.

Das alles lohnt sich nur, wenn man die selben Chips in großen 
Stückzahlen laufen lässt und die Auslastungen der teils wahnsinnig 
teuren Maschinen hoch hält. Wenn da alle 2 Stunden von einem IC auf den 
anderen umbestückt/umgebaut werden muss, kostet das viel zu viel Geld.

Dazu kommt, dass Asic Produktion, Test, Verpackung, Endtest meist nicht 
am selben Ort stattfinden. Ein Chip umreist schonmal die ganze Welt, 
bevor er fertig im Gurt landet. Das lohnt sich auch nur, wenn man diese 
in großen Stückzahlen verschickt.

von Carl D. (jcw2)


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Michael schrieb:
> Jim M. schrieb:
>> So ein Satz lithografiscer Masken kostet 1 Mio EUR aufwärts und besteht
>> aus >100 präzise gefertigten Bauteilen.
>
> Wir setzen ein Mixed-Signal-ASIC in 350nm-Technologie ein. Der
> Maskensatz (16 Stück) kostet knapp 40k EUR, ein einzelner Wafer ist für
> knapp 2k EUR damit herstellbar. Die Fertigung dauert pro Durchlauf etwa
> zwei Monate bei der Fab.
>
> Letztlich ist das Assemblieren in das Gehäuse teurer als der einzelne
> Die.
>
> Das was du beschreibst mag auf komplexe, moderne Mikroprozessoren usw.
> zutreffen - "einfache" Halbleiter sind eine andere "Hausnummer"!

Eben 350/7.

von 1234567890 (Gast)


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Ruf doch einfach mal bei einer Fab an. Z.B. in Erfurt bei der XFab oder 
Melexis. Die sind auf geringe Stückzahlen spezialisiert. Dort kannst du 
dir mit einem anderen Kunden auch eine Scheibe teilen. Manchmal sind 
sogar 3 Kunden auf einem Wafer mit verschiedenen Anwendungen 
verheiratet, damit es sich lohnt mehr als zwei oder drei Wafer 
herzustellen.

von Dieter (Gast)


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Das ist eine interessante Idee von 1234567890 (Gast) 02.05.2020 21:07.
Statt einer Sammelbestellung bei Mouser eine Sammelbestellung eines 
Wafers mit Chips, Transistoren und Dioden.

Das größte Problem dürfte aber sein, dass die Hersteller bei der 
Erstellung von den Datensätzen und Masken meistens übersehen haben, 
diese als Module für Kleinstserien abzulegen. Das habe ich als Student 
selbst mitbekommen. Es war intern bekannt, dass die Quellen nicht 
gewahrt wurden und es nur noch die Arbeitsmatrizen für die 
Litographiemaschine gab. Wenn die defekt gehen sollten, oder die 
Maschine, dann war es vorbei mit der Produktion. Die Weltfirma hatte 
später dabei nur Glück das die Chinesen eine wirklich leistungsmäßige 
gute Kopie produzierten, auch ungestempelt, um das eigene Branding drauf 
zu machen.

Der Fehler, der fast immer gemacht wird, ist dass die Masken für die 
großen Wafer erstellt werden, aber vergessen wird die Minimumelemente in 
einem transportablen & interoperablen Format mit abzulegen. Das wäre am 
Ende, wenn die Großvorlage so funktioniert wie diese soll, in wenigen 
Minuten erledigt. Später ist der Aufwand ein Vielfaches an Arbeitszeit.

Ein Hinweis war früher immer, ob es Bauteile länger geben wird, ob es 
außer der Commercial Version auch noch eine Industrial and Militäry 
Version gibt in den Datenbüchern.

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