Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Composite Video DAC mit nur 2,7MSPS?


von Jules J. (anyfoo)


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Ich bin ein bisschen verwirrt ob des Datenblatts dieses DACs:
https://www.mouser.com/datasheet/2/609/AD5450_5451_5452_5453-1501688.pdf

Bei den Applications steht "Composite Video". Wie kriegt man denn 
allerdings ein vernünftiges ~6MHz NTSC/PAL Farbsignal hin, wenn der DAC 
nur 2,7 Millionen Sample pro Sekunde macht? Ist vielleicht ein 
s/w-Signal, oder die Hinzunahme einer zusätzlichen Farbschaltung 
gedacht?

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Vielleicht bezieht sich der Videoserviervorschlag auf die 12MHz 
multiplying Bandwidth. Da kannste dann evtl. damit den Pegel eines 
analogen Videosignals per DAC einstellbar machen...
Auf'm Karlskrone Dosenbier stand frueher auch "Ideal fuer Haus und 
Reise". So wuerd' ich auch die Anwendungsbereiche im Datenblatt sehen.

Gruss
WK

von Jules J. (anyfoo)


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Ob's an den 12MHz multiplying bandwidth liegt hab ich mich schon 
gefragt. Dass man da ja ein Signal mit bis zu 12MHz anlegen kann, aber 
was man dann so richtig damit tun soll, war mir nicht ganz klar. Farbe 
reinmoduliert kriegt man damit ja nicht. Aber Pegel verändern ginge 
natürlich. Das ist ein bisschen "underwhelming" als Application, würde 
man im Englischen jetzt sagen. :)

Aber gut, dann ist mir jetzt klar, dass das wohl eher eine 
Marketingaussage ist, als was handfestes, und ich schau mich mal weiter 
nach ~10MSPS DACs um. Vielen Dank!

(Ich suche sowieso nicht unbedingt nach was billigem, mehr nach was 
einfachem für ein Hobby-Projekt, und hab mehr aus Verwunderung gefragt 
als ich auf das Ding gestoßen bin.)

von Pandur S. (jetztnicht)


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Ein Composite Video bedeutet etwas in der Richtung von 576 x 480 pixel, 
schwarz weiss. Und interleaved, bedeutet 2 Halbbilder.

https://en.wikipedia.org/wiki/Composite_video

Allenfalls reichen diese 2MSample

von Jules J. (anyfoo)


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Joggel, "Composite" bedeutet der Definition nach Farbsignal, denn die 
"Komposition" im Namen bezieht sich darauf, dass Luminanz und Chrominanz 
miteinander auf dem selben Signal sind (was dein Link direkt mehrfach 
erklärt).

Und nachdem der Farbträger bei NTSC rund 3,6MHz, bei PAL sogar rund 
4,4MHz hat, wirst du dich schwer tun, mit etwas mehr als 2MS/s durch den 
DAC alleine die Farbe reinzumodulieren. Kurz gesagt hat ein NTSC Signal 
ca. 6MHz Bandbreite, was den 2MS/s entgegensteht.

Es sei denn eben, dass es so gedacht ist, dass der DAC eben nicht 
alleine das vollständige Composite-Signal ausgibt, und eine solche 
etwaige Anwendung hätte mich interessiert. Für meinen Bedarf werde ich 
letztendlich wohl stattdessen einfach zu einem besseren DAC greifen.

von Gustl B. (-gb-)


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Guck dir im Datenblatt die Seite 16 an und hier die Erklärung: 
https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/application-notes/AN-1085.pdf

von Jules J. (anyfoo)


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Danke, Gustl. Es geht bei multiplying DACs also anscheinend tatsächlich 
eher um die Konditionierung eines Signals, nicht um das ursprüngliche 
Generieren desselben? Macht Sinn.

Damit ist "Composite Video" dann wohl auch keine reine 
Marketing-Aussage, sondern das Ding ist - für seinen Einsatzzweck - 
tatsächlich für Composite Video geeignet. Nur halt nicht ums zu 
generieren.

: Bearbeitet durch User
von Gustl B. (-gb-)


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Genau. Deshalb ist im Datenblatt auf den Seiten 11 und 12 das Gain auch 
bis ca. 20 MHz eingezeichnet. f_out auf Seite 12 und die Frequenzen auf 
Seite 13 gehen aber nicht mal bis 100 kHz.

von Marek N. (Gast)


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Gustl B. schrieb:
> Guck dir im Datenblatt die Seite 16 an und hier die Erklärung:
> 
https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/application-notes/AN-1085.pdf

Ein Potilator xD

von Der Zahn der Zeit (Gast)


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Vor langer Zeit habe ich mal FBAS-Signale digitalisiert und 
"analogisiert", ohne Farbdecoder dazwischen. Dass das mit 20 MHz klappen 
musste, war klar, aber als auch mit 2 oder 3 MHz Abtastfrequenz ein 
Signal mit korrekten Farben zu sehen war, habe ich erst einmal ein 
dummes Gesicht gemacht.

Aber die Erklärung ist einfach: Ohne Bandbegrenzung des FBAS-Signals 
kommt es bei niedrigen Abtastfrequenzen zu Alias-Frequenzen, die bei 
re-analogisierung (Re-analogisierung, Re-Analogisierung oder 
re-Analogisierung?) zu Oberwellen führen, aus denen der Farbdecoder 
phasen- und amplitudenrichtig das Farbsignal rekonstruieren kann (und es 
auch tut). Nur eben mit "sehr breiten Pixeln". Das wird aber bei dem 
o.g. Datenblatt wohl kaum gemeint sein.

von Jules J. (anyfoo)


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Der Zahn der Zeit schrieb:
> Aber die Erklärung ist einfach: Ohne Bandbegrenzung des FBAS-Signals
> kommt es bei niedrigen Abtastfrequenzen zu Alias-Frequenzen

Hah, yap, klassische Reflektion des Spektrums wenn man nicht vorher 
tiefpassfiltert. Aber dass da in der Praxis tatsächlich korrekte Farben 
rauskommen, ist schon eine Überraschung, auch wenn es im Nachhinein von 
der Theorie her ja eigentlich völlig "klar" ist. Das könnte man ja 
direkt bewusst machen... Gewissermaßen ist das subsampling. 8)

Jetzt frag ich mich, ob man das im umgekehrten Fall hier, wo ein Signal 
nicht mit zu kleiner Rate abgetastet, sondern mit zu kleiner Rate 
erzeugt wird, genau so geht. Trotz 2,7MSps hat der DAC ja eine settling 
time von ca. 100ns, was deutlich unter den benötigten 166ns für 6MHz 
liegt. Das heißt man kriegt ungefiltert eine Treppe im Signal, die ja 
auch wieder die entsprechenden ungeraden Oberwellen erzeugt. Das würde 
mich direkt als Experiment mal interessieren...

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Wuerd' mal sagen: wenn der 8 fache Farbhilfstraeger durch 
3,5,11,13,19,21,... geteilt die Abtastfrequenz ist, dann koennte das 
noch relativ gut klappen. Dann sollte der Y Anteil in der unteren 
Haelfte des moeglichen Spektrums liegen und ein runtergefaltetes 
Aliasspektrum von um den Farbtraeger herum sollte in die obere Haelfte 
des Spektrums fallen - sprich Y und C kommen sich am wenigsten ins 
Gehege.

Also z.b. (4.43Mhz*8)/13 = 2.726MHz als Abtastfrequenz.
Dann ginge das moegliche Spektrum aus dem DAC von 0...1.363MHz - davon 
die untere Haelfte fuer Y, also ein Tiefpass von 0..681kHz und fuer's 
Chromasignal ein Bandpass mit 681kHz Bandbreite und Mittenfrequenz von 
4.43 MHz.
Dann werden die 4.43MHz und Umgebung z.b runtergefaltet auf 1.704Mhz und 
Umgebung.
Jetzt locker, flockig auf die Verletzung des Abtasttheorems pfeifen, 
also den Tiefpass und Bandpass einfach einsparen...Und schon gibt's eine 
Videoqualitaet wie frueher "VHS-Longplay mit Cassette in Bierlache 
gelegen" ;-)

Gruss
WK

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Dergute W. schrieb:
> Dann werden die 4.43MHz und Umgebung z.b runtergefaltet auf 1.704Mhz und
> Umgebung.

Huups - falsches Spektrum erwischt; die 4.43MHz kommen durch Faltung mit 
2x2.726MHz auf 1.019Mhz raus. Die 1.704MHz waeren ja bei 2.726MHz 
Abtastfrequenz auch schon wieder zu hoch...

Gruss
WK

von Jules J. (anyfoo)


Angehängte Dateien:

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So, danke für die Anregung, ich hab das mit dem mit zu niedriger 
Abtastrate generiertem Signal mal ausprobiert (in Software), hier das 
Ergebnis. :)

Dazu habe ich meinen in Matlab selbst gebauten PAL-Dekoder benutzt. 
Ausgangslage war ein mit ca. 35 MSps (also weit mehr als genug) 
generiertes Testbildsignal. Das erste Bild zeigt das bei gleicher Rate 
dekodierte Testsignal als Referenz.

Wie man sieht, ist mein PAL-Dekoder nicht besonders gut (vor allem was 
Trennung von Luma und Chroma betrifft), aber für Experimente taugt das 
allemal.

Dann habe ich den DAC mit niedriger Samplerate simuliert, indem ich das 
Signal (ohne filtern!) runtergesamplet habe und die fehlenden Samples 
vom nächsten Sample kopiert habe (konkret habe ich mit Nullen aufgefüllt 
und mit einem Rechteckfenster konvolviert[1], aber das Ergebnis ist ja 
das selbe).

Und dieses treppige Signal hab ich dann durch den Dekoder gejagt. Ich 
musste den Chroma-Gain verdreifachen (logisch, die Oberwelle ist ja nur 
1/3 so groß) und den Luma-Filter auf 1Mhz runterschrauben...

... aber ganz eindeutig, ein grausiges, aber sehr eindeutig farbiges 
Testbild mit nur 2,96 MSps. 8)


[1] Sagt man im deutschen gefaltet zu "convolved"?

von Jules J. (anyfoo)


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Falls es Zweifel gibt: Richtig für was nutzen kann man das übrigens 
nicht, glaube ich. Also, es zeigt, dass man mit einem DAC, der eine zu 
niedrige Abtastrate hat (um einiges sogar), trotzdem farbiges NTSC/PAL 
hinkriegt, aber eben auch nur wenn die Settle Time und analoge 
Bandbreite noch hoch genug sind um NTSC/PAL mit einzuschließen (und 
damit weit über der Abtastrate liegen). Und das ist ja dann albern. Mit 
einem DAC dessen Settle Time eher zur Abtastrate passt ginge das glaube 
ich nicht mehr, weil man das Treppensignal mit den entsprechenden 
Oberwellen nicht hinbekommt.

: Bearbeitet durch User
von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Hey, sieht ja schicker aus, als ich erwartet hab'. Wenn man jetzt noch 
einen "gscheiden" Tiefpass ans Y ranschraubt, wird vielleicht der jitter 
im Y besser. Man kann doch ganz schoen Schabernack treiben mit einem 
analogen Videosignal (Wurde bei Heimvideorecorden ja auch ordentlich 
ausgenutzt).

Jules J. schrieb:
> [1] Sagt man im deutschen gefaltet zu "convolved"?
Jepp!

Gruss
WK

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