Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Operationsverstärker nach 5-15 Minuten defekt


von Jonas S. (jojo31)


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Hallo,

Ich habe in einer Testschaltung(auf einer Steckplatine) einen TLC272C 
Operationsverstärker. Ich habe ihn ganz einfach mit 15V VCC und ground 
beschalten, den + Eingang auf VCC und den - Eingang auf ground gelegt. 
Die Ausgänge habe ich offen gelassen. Der TLC272C hat eine Weile lang 
funktioniert. Auch wenn ich VCC an den - Eingang und ground an den + 
eingang verbunden habe hat er normal funktioniert und die 
Ausgangsspannung war passend. Nach ein paar Minuten Wartezeit ist er 
aber immer kaputt gegangen. Man hat dem TLC272 von außen nichts 
angesehen, aber die Strombegrenzung des Netzteils ist irgendwann immer 
angegangen und durch messen ist mir danach dann aufgefallen dass der 
Widerstand zwischen VCC und ground nur noch 20 Ohm groß war.
Ich habe es mehrmals getestet und der TLC ist jedes mal durchgebrannt. 
Laut Datenblatt verträgt er eine Versorgungsspannung von bis zu 16V, 
deswegen weiß ich nicht woran das liegen könnte.

Einen 100nF Kondensator zwischen VCC und gnd hatte ich anfangs nicht 
verbaut, aber später schon. Dieser hat also auch nichts geändert.

Weiß jemand woran das liegen kann dass der immer durchbrennt?

VG Jonas

von MaWin (Gast)


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Jonas S. schrieb:
> Weiß jemand woran das liegen kann dass der immer durchbrennt?

Nein, weil du natürlich nur von den Sachen scheibst die funktionieren, 
und das weglässt, in dem wohl das Problem liegt.

ABER: 'Funktionieren' kann dein OpAmp nicht, du verstösst gegen den 
Common mode input voltage range, der Eingang darf maximal an 1.5V 
weniger als VDD um noch zu funktionieren, d.h korrekt mit dem anderen 
Eingang zu vergleichen. Beschädigt werden sollte er bei Verbindung nach 
VDD trotzdem nicht.

von Michael M. (michaelm)


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Jonas S. schrieb:
> den + Eingang auf VCC und den - Eingang auf ground gelegt.
> Die Ausgänge habe ich offen gelassen. Der TLC272C hat eine Weile lang
> funktioniert. Auch wenn ich VCC an den - Eingang und ground an den +
> eingang verbunden habe hat er normal funktioniert und die
> Ausgangsspannung war passend.

Wie groß war denn die Ausgangssapnnung?

Einfach eine Spannung außerhalb des DB anlegen und das Teil seinem 
Schicksal überlassen? WAS funktioniert da deiner Meinung nach?
Selbst wenn du dich an die Vorgaben des DB bez. CommonMode gehalten 
hättest, finde ich das eine sehr sportliche Sichtweise, das als 
"Funktionieren" zu bezeichnen. ^^

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Laut Datenblatt darf man die beiden Spannungen an die Eingänge legen, 
sehr sinnvoll ist das nicht. Der OP wirkt dann höchstens als Komparator, 
da er mit Leerlaufverstärkung arbeitet, es fehlt eine Gegenkopplung.

Der Ausgang stößt so gegen seine beiden Betriebsspannungsgrenzen. Manche 
OPs vertragen das nicht, scheint aber auch erlaubt zu sein.

Bleibt noch eine Schwingung, die den OP zerstört. Ist die 
Betriebsspannung abgeblockt? Ist der Ausgang kapazitiv belastet? Das 
Datenblatt zeigt dazu Messkurven, die eindeutig eine Schwingung 
darstellen. Durch die Schwingung könnte der OP überhitzen.

von Jonas S. (jojo31)


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@ MaWin
die Common Mode Voltage ist doch : Vcm = (V(In+)+V(In-)) / 2
Also bei meiner Beschaltung Vcm = 15V/2 = 7.5V
Damit sollte es doch im passenden bereich sein, oder nicht?

@ Michael
wenn an + eingang 15V angelegt waren und am - Eingang ground war am 
Ausgang ca 13.5V.
wenn an - eingang 15V angelegt waren und am + Eingang ground war am 
Ausgang 0V.

Diese Verhaltensweise habe ich von einem Operationsverstärker erwartet. 
Deshalb habe ich ihn als funktionierend bezeichnet.

von Mario H. (rf-messkopf) Benutzerseite


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Das könnte, da es ein CMOS-OP ist, der Latch-Up-Effekt sein, besonders 
wenn es sich um einen frei schwebenden Aufbau mit schlecht 
kontrollierten Bedingungen handelt. Der TLC272 ist mir da als etwas 
sensibel in Erinnerung. Siehe hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Latch-Up-Effekt,

und auch den entsprechenden Abschnitt im Datenblatt.

von Peter D. (peda)


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Wie hast Du den 2. OPV beschaltet?
Wenn man den offen läßt, kann der hochfrequent schwingen.
Und wenn man dann noch die VDD nahe dem Maximalwert (16V) setzt, kann 
dann leicht die maximale Verlustleistung überschritten werden.

von Jonas S. (jojo31)


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Alles klar, vielen dank. Ich mir das nochmal an.
Den 2. OPV hatte ich eigentlich gleich wie den ersten beschaltet. Die 
Ausgänge waren beide offen. Ich habe nur regelmäßig die Spannung 
gemessen, aber sonst waren die Ausgänge frei.

von Dieter (Gast)


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Wie warm wird der OPV im Steckplatz wuerde ich noch fragen.

von MaWin (Gast)


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Jonas S. schrieb:
> die Common Mode Voltage ist doch : Vcm = (V(In+)+V(In-)) / 2
> Also bei meiner Beschaltung Vcm = 15V/2 = 7.5V

Nein, die common mode voltage gilt für jeden Eingang einzeln.

von Günni (Gast)


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Ich habe gern mit dem TLC272 gearbeitet und kenne ihn deshalb ganz gut. 
Stutzig gemacht hat mich die Idee, Eingänge direkt an die 
Plus-Versorgung zu legen und deshalb habe ich sicherheitshalber noch mal 
nachgesehen unter:
https://www.ti.com/lit/ds/symlink/tlc272.pdf?&ts=1588944790399
und da steht definitiv, dass der CommonMode nicht die obere 
Versorgungsspannung einschließt. Bei einer Versorgung von 5V endet der 
Eingangsbereich bei 3,5 V und bei 10 V bei 8,5 V. Daraus würde ich 
schließen, dass der Eingang generell um 1,5 V unter der Versorgung 
bleiben muss. (Bei 25°C ist die maximale Eingangsspannung bei einer 
Versorgung von 5 V mit 4,2 V etwas höher angegeben, aber über den ganzen 
Temperaturbereich gelten die 3,5 V.) Ich habe mir angewöhnt, für jedes 
IC, welches ich einsetze, immer erst einmal das Datenblatt zu lesen (und 
von Zeit zu Zeit auch mal mit einer neueren Version zu prüfen, ob sich 
etwas geändert hat). Das kostet etwas Zeit, spart diese aber ein, weil 
ich seltener Fehler suchen muss und außerdem spart es Geld.

von MaWin (Gast)


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Günni schrieb:
> Daraus würde ich schließen, dass der Eingang generell um 1,5 V unter der
> Versorgung bleiben muss.

Nein. Nur für die Funktion.

Die Zerstörungsgrenze steht unter absolute maximum ratings, und dort 
darf In bis VDD gehen.

von Axel S. (a-za-z0-9)


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Mario H. schrieb:
> Das könnte, da es ein CMOS-OP ist, der Latch-Up-Effekt sein

Das ist fast sicher Tod durch Latchup. Hat auch nichts mit der 
Beschaltung der Eingänge zu tun, zumindest solange sie keine Spannung 
außerhalb der Betriebsspannung sehen.

Wahrscheinlich taugt das Netzteil nichts und haut ab und zu mal eine 
Spannungsspitze raus. Die löst den Latchup aus und durch die sicher viel 
zu hoch eingestellte Strombegrenzung zerlegt sich der OPV thermisch.

Daß der OPV mit derart beschalteten Eingängen nichts sinnvolles tut, 
steht auf einem anderen Blatt. Sinnvoll ist dieser "Test" oder was immer 
es sein soll, also nicht.

von Hennes (Gast)


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Hallo

MaWin schrieb:
> Nein, weil du natürlich nur von den Sachen scheibst die funktionieren,
> und das weglässt, in dem wohl das Problem liegt.

Nett - der war gut...

Wenn das mal so einfach wäre, würde sich sehr viele Problem, gerade in 
der E-Technik aber nicht nur dort, sehr viel schneller beheben lassen 
und das gefühlte Verhältnis Zeit Fehlersuche vs. reale Reparaturzeit 
würde nicht so bei 98 zu 2 liegen.
Wenn du an einen realen Beispiel (vielleicht des TO ?!) erklären kann 
wie man das macht dann hast du alles Lob verdient.
Darin liegt doch das Hauptproblem von Elektrotechnischen Lehrgängen für 
Instandhaltungs-, Werkstatt- und Servicepersonal:
Die "Fehler" an den gelernt und trainiert wird und die man im Handbuch 
findet kommen so "vorbildlich" fast nie in der Realität vor, Subsysteme, 
Komponenten, Steuergeräte (gerne von verschiedenen Herstellern die 
voneinander nur wenig Wissen und von einen dritten "verheiratet" wurden 
jetzt aber von einen vierten instand gesetzt werden müssen) sind 
voneinander abhängig, und vieles andere mehr.
Ähnlich ist es hier - wenn ich im Rahmen meines Wissens und Erfahrungen 
alles überprüft habe, es aber trotzdem, gerne auch nur  "Hin und 
wieder", oder nach einer groben Zeitspanne nicht richtig Funktioniert 
(aber erstmal scheinbar doch), dann kann ich einfach nicht mehr erzählen 
oder wissen was ich denn nun weglassen haben soll.

von Günni (Gast)


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MaWin schrieb:
> Nein. Nur für die Funktion.
>
> Die Zerstörungsgrenze steht unter absolute maximum ratings, und dort
> darf In bis VDD gehen.

Stimmt so nicht ganz. Etwas unter der Tabelle steht:
"Exposure to absolute-maximum-rated conditions for extended periods may 
affect device reliability."
D.h., dass die "Zuverlässigkeit" leidet, wenn diese Maximalwerte längere 
Zeit anliegen. (Was immer man unter der längeren Zeit versteht.)

von Jonas S. (jojo31)


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Hallo Leute,

Ich habe die letzten Stunden nochmal viel getestet und nachgeprüft und 
jetzt ist es behoben. Die Schaltung ist mit neuem Netzteil und neuer 
Steckplatine aufgebaut und läuft inzwischen schon eine weile ohne 
zerstört zu werden.

2 Dinge die ich geändert habe:

1: das Netzteil ist wirklich schon sehr alt und gehört eigentlich 
ausgetauscht. Die Versorgungsspannung war sehr ungenau, deswegen habe 
ich ein neues Netzteil genommen.

2. Bei der Steckplatine auf der ich getestet habe hatte ein Kabel einen 
Wackelkontakt. Der OPV war deshalb zeitweise nur an VCC aber nicht an 
ground angeschlossen.

Es kann zwar auch was mit den Netzteil zu tun haben, aber ich denke dass 
der fehlende ground meine OPVs zerstört hat.
Ist diese Schlussfolgerung logisch? Kann es sein dass der OPV dadurch 
kaputt geht?
ich bin noch relativ neu auf dem Gebiet und habe wenig erfahrung. Wäre 
super wenn ihr dazu eure Meinung kurz geben könntet. (ob es an 1. oder 
2. lag)

Vielen Dank für die vielen Antworten. Ihr habt wirklich sehr geholfen 
und dadurch ist mir am Ende das Problem aufgefallen.

von Harald W. (wilhelms)


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Günni schrieb:

> (Was immer man unter der längeren Zeit versteht.)

"5-15 Minuten"?

von Harald W. (wilhelms)


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Jonas S. schrieb:

> ich denke dass der fehlende ground meine OPVs zerstört hat.

Da OPVs normalerweise keinen Ground-Anschluss haben, kann es auch
nicht stören, wenn der fehlt.

von Dieter (Gast)


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Jonas S. schrieb:
> Auch wenn ich VCC an den - Eingang und ground an den +
> eingang verbunden habe hat er normal funktioniert
Da kann es ungünstig sein, wenn die Masse flattert. So weit 
auseindergezogene Potentiale mögen OPAs nicht so gerne.

Jonas S. schrieb:
> Laut Datenblatt verträgt er eine Versorgungsspannung von bis zu 16V,
Für langes Leben, halten man besser mehr Abstand. Es sei denn, nach der 
Garantiezeit soll es nicht mehr lange halten.

Außerdem fehlt für eine nähere Betrachtung der Schaltplan, bzw. wenn der 
so geheim ist, wenigstens die relevanten Ausschnitte um den OPA herum 
(Es ist nicht der Opa gemeint. Den lass mal schön in Ruhe.).

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


Angehängte Dateien:

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Harald W. schrieb:
> Da OPVs normalerweise keinen Ground-Anschluss haben, ...

Wie kommst du darauf? S. Anhang.

von Harald W. (wilhelms)


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Yalu X. schrieb:

>> Da OPVs normalerweise keinen Ground-Anschluss haben, ...
>
> Wie kommst du darauf? S. Anhang.

Ooh, Ausnahmen bestätigen die Regel. Normalerweise wird der Anschluss
der negativen Betriebsspannung eher mit Vss o.ä. bezeichnet.

von Yalu X. (yalu) (Moderator)


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Jonas S. schrieb:
> Es kann zwar auch was mit den Netzteil zu tun haben, aber ich denke dass
> der fehlende ground meine OPVs zerstört hat.

Beides ist denkbar.

Spannungsspitzen des Netzteils sind natürlich immer eine Gefahrenquelle
für die angeschlossenen Komponenten.

Das Kontaktproblem an GND kann dazu führen, dass parasitäre
PN-Übergänge, die bei ordnungsgemäßer Versorgung negativ vorgespannt
werden und damit niemals leiten, wegen des zeitweise fehlenden GND
plötzlich doch leitend werden. Ist so ein PN-Übergang Teil eines
parasitären Thyristors, kann dieser zünden und bei der Wiederherstellung
der GND-Verbindung (durch den Wackelkontakt) zu einem Kurzschluss
führen. Das ist dann der berüchtigte Latch-Up.

Harald W. schrieb:
> Ooh, Ausnahmen bestätigen die Regel. Normalerweise wird der Anschluss
> der negativen Betriebsspannung eher mit Vss o.ä. bezeichnet.

Das ist ein Single-Supply-Opamp und dafür vorgesehen, nur mit einer
positven Versorgungsspannung betrieben zu werden (auch wenn natürlich
auch eine symmetrische Versorgung erlaubt ist).

PS:

Bei fehlendem GND-Kontakt liegt der GND-Anschluss des ICs zunächst auf
VDD-Potential. Wird einer der Eingänge mit GND verbunden, ist auf jeden
Fall die Forderung verletzt, dass das das Eingangspotential maximal 0,3V
unterhalb GND liegen darf. Evtl. kann also schon ein offener GND-Pin
(auch ohne dass er flattert) das Bauteil zum Ableben bringen.

: Bearbeitet durch Moderator
von olibert (Gast)


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Jonas S. schrieb:
> 2. Bei der Steckplatine auf der ich getestet habe hatte ein Kabel einen
> Wackelkontakt. Der OPV war deshalb zeitweise nur an VCC aber nicht an
> ground angeschlossen.

Steckplatinen sind grausam (überlange Drähte berühren sich, 
Kontaktprobleme, HF-Verhalten, ..). Nimm liebe eine billige 
Lochrasterplatine oder LTspice zum Testen und der Frustrationslevel geht 
nach unten.

von Dieter (Gast)


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Nicht umsonst haben sich einige häufige Steckbrettbenutzer Steckkabel 
gebaut mit zwei Steckstiften statt nur einem am Kabelende.
Pumuckl würde sagen:"Warum? Das ist ein großes Klabautermanngeheimnis!"

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