Hallo, gestern fiel mir bei einer befreundeten Familie in deren Keller/Werkstatt überraschend ein kleines Schnapsfläschchen entgegen, das zu einem guten Teil mit Quecksilber gefüllt war. Ich fing es quasi reflexartig auf, während ich die kippelige Kiste mit der anderen Hand festhielt, so gut es ging. Dabei schwappte Hg aus der Flasche, hinein in die Kiste und auch aus der undichten Kiste auf den sehr staubigen Boden, der auch viel Sägemehl enthält. Ja, korrekt, die Flasche war unverschlossen, es stand auch nix anderes darauf als das, was der Schnapsbrenner da mal draufschrieb. Meinen Schreck und mein Entsetzen über Lagerort und -form von diesem Hg könnt ihr euch vielleicht vorstellen. Heute besorgte ich gute Flaschen mit Deckeln in der Apotheke. Ich füllte den Rest aus der Schnapsflasche um und ein wenig von dem Schwall aus der Kiste zurück in eine andere der Flaschen. Was mache ich aber mit dem verspritzten Rest auf dem Boden, nun in mittelgroßen bis winzigkleinen Kügelchen im Mehl+Staub, unter Geräten etc.? Immerhin ist der Boden Estrich, und der ist einwandfrei, so daß nix versickert ist. Das spielte sich auch in geringer Höhe ab, so ca. 20 cm über dem Boden, so daß der Schwall nicht allzustark beschleunigen konnte vor dem Aufprall. Der ganze Verteilradius ist vielleicht ein halber Meter. Staub+Mehl bremste sicher auch ein gutes Stück beim Ausbreiten. Der Rat vom Umweltladen meiner Stadt ist: Bloß niemand mehr da reingehen, sehr große Gesundheitsgefahr, prof. Entsorger schnell herbeiholen und den machen lassen. Konnte aber niemanden benennen, der das machen kann. Das ließ mich etwas ratlos zurück, denn ich hätte schon gedacht, daß mal jemandem ein Fieberthermometer o.ä. zerbrochen wäre. Das soll ja auch in Summe immerhin ein Kügelchen von ~5 mm Durchmesser enthalten. Nicht wenig, wie ich finde. Der/die Chemiker der FU-Berlin [1] hingegen versucht, die Leser in diesem Fall zu beruhigen, auch und vor allem indem erklärt wird, was da nun Lage ist und wie Hg wirkt, speziell auch im Zusammenspiel mit anderen Chemikalien, die andere Leute wohl früher schon auf Hg draufgeworfen haben mit dem Wunsch nach Verbesserung der Situation. Spoiler: wird nicht besser dadurch. Ich bin eher auf der antihysterischen Seite, sonst wäre ich auch heute nicht mehr zum Umfüllen in der Werkstatt gewesen. Ich schreibe euch dies aus a.) Unterhaltungsgründen hier :-) und b.) für vielleicht einen pragmatischen Rat für das Einsammeln der Kugeln, vielleicht dem Vermeiden von Einatmen von gasförmigem Hg (bin leider kein Taucher o. Feuerwehrmann mit Equipment) oder dem starken Reduzieren von Einatmungen. Der sehr forsche Macher in mir (der intern gleich wieder zum Schweigen gebracht wurde) überlegte zunächst, einen billigen Staubsauger zu opfern: draufhalten und alles Mehl-Staub-Hg-Gemisch wegschlürfen und Sack+Sauger zum Schadstoffmobil tragen. Eingetütet selbstverständlich. Dann aber fiel mir der viele Wind ein, der an dem Hg vorbeigeströmt wäre und mehr als nötig davon verdunstet hätte, die vielen Anrempelstellen im Faltenschlauch für die Kügelchen, und ich disqualifizierte diesen Ansatz schnell wieder. Es bleibt auch die Frage, wie groß die kleinsten Kügelchen sind und ob die ein Pinsel erfassen würde, wenn man den zum sanften Einkehren des Gemischs nutzen würde. Bliebe da Hg übrig auf dem Boden zurück? Evtl. so klein daß unsichtbar? Danke schonmal für Tips und gute Gedanken zu der Schwermetallhavarie. Jan. [1] https://www.bcp.fu-berlin.de/chemie/chemie/sicherheit/entsorgung/notfallentsorgung/index.html ps: auch wenn das hier locker-flockig klingt, ich habe den Raum nat. versperren lassen und eine Info drangemacht, so daß da niemand reinspaziert und inhaliert und das Hg am Boden noch platttritt oder im Raum weiter verteilt. Niemand soll da fahrlässig Risiken ausgesetzt werden. Schlimm genug, daß es soweit überhaupt kam.
Zusammenfegen, alles in eine Tüte, Tüte luftdicht verschließen und zum Sondermüll. Und natürlich hinterher gut lüften, gerne mehrere Tage, falls noch Reste bleiben und ausgasen.
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Lüften, lüften, lüften. Und das Quecksilber muss natürlich raus, so weit das geht. D.h. das Sägemehl auf dem Boden solltest du großzügig zusammenkehren und es muss raus aus dem Raum. Auch die Kiste steht besser längere Zeit draußen. Danach wischen schadet auch nicht. Problematisch sind offene Gefäße mit Quecksilber, ebenso Ritzen wo man nicht richtig saubermachen kann, weill da halt ständig was von dem Quecksilber verdampft.
Okay, danke für das Feedback. Ihr würdet das auch eher selber machen als so einen Spezi zu beauftragen. Könnt ihr mir eine Vorstellung davon geben, wie lange es dauert, bis ein Kügelchen von ... hm ... 1 mm weggeweht ist? Tage? Wochen? Monate?
Kügelchen mit 1mm Größe kriegt man vorsichtig aufgefegt. Wie ist der Boden denn beschaffen? Ist der dicht und versiegelt oder eher sowas wie grobporiger Beton? Im Extremfall könnte man das Verdunsten durch Erwärmung beschleunigen, aber dabei müsste man dann sehr gut lüften, damit sich das Zeug nicht irgendwo gleich wieder absetzt.
Ben B. schrieb: > Kügelchen mit 1mm Größe kriegt man vorsichtig aufgefegt. Das stimmt, das geht auf alle Fälle. Die Frage war aus Neugier. Wie schnell entfleucht das Hg denn ohne Hilfestellung wie Hitze oder Gebläse? > Wie ist der Boden denn beschaffen? Ist der dicht und versiegelt oder > eher sowas wie grobporiger Beton? Eher glatt, würde ich sagen. Aber kein Lack oder Harz drauf. > Im Extremfall könnte man das Verdunsten durch Erwärmung beschleunigen, > aber dabei müsste man dann sehr gut lüften, damit sich das Zeug nicht > irgendwo gleich wieder absetzt. Nee, das Mist. Außerdem will ich in der engen Altstadt, wo der Keller ist, nicht die Nachbarn unnötig dichtem Hg-Dampf-Anteilen aussetzen.
Professionell nimmt man wohl Mercurisorb [1]. [1] https://www.carlroth.com/de/de/quecksilberabsorber/quecksilber-bindemittel-mercurisorb-roth/p/9461.1
Jan R. schrieb: > Der Rat vom Umweltladen meiner Stadt ist: Bloß niemand mehr da > reingehen, sehr große Gesundheitsgefahr, Vollkommener Schwachsinn!!! Typisch deutsch, typisch Bürokraten! > prof. Entsorger schnell > herbeiholen und den machen lassen. Konnte aber niemanden benennen, der Käse. Den Kram zusammenfegen, in einen halbwegs dichten Platikbehälter füllen und beim Chemikalienentsorger abgeben. Fertig. Kannst ja vorher auch Alu-Späne oder ähnliches streuen, da amalgiert das Quecksilber. Müßte man aber mal rechercieren, welche Metalle bzw. Pulver dazu sinnvoll sind. Vermutlich gibt es auch pasende "Saugpulver" irgendwo zu kaufen, aber deren Beschaffung dauert auch ein paar Tage. Hg-Dämpfe entstehen langsam, die Anreicherung und Wirkung im Menschen ist noch viel langsamer. Du hast ja keinen Quecksilbersee erschaffen!
Jan R. schrieb: > Nee, das Mist. Außerdem will ich in der engen Altstadt, wo der Keller > ist, nicht die Nachbarn unnötig dichtem Hg-Dampf-Anteilen aussetzen. Die Konzentration für die Nachbarn in der Altstadt ist kein Problem. Da gibt es genug Luft, die die Konzentration verdünnt. Ich würde gründlich saubermachen und dann halt lüften. Es wird ja jetzt Sommer, da kann man auch die nächsten Monate das Fenster gekippt lassen. Quecksilber verdampft eher langsam. Wie viel Quecksilber in Ritzen im Fußboden eingedrungen ist, und wie viel davon im Herbst noch nicht verdampft ist, kann dir im Forum keiner sagen. Viel wird es nicht sein, wenn überhaupt etwas. Wenn du dann immer noch besorgt bist könntest du die Konzentration in der Raumluft messen lassen. Aber so wie du schreibst: glatter Boden, nur lokal, kleine Menge, würde ich mir da wenig Sorgen machen.
zum Aufsammeln kleiner Kügelchen eignen sich auch blanke Zinkblechstreifen. Dazu muss man die Oxidschicht entfernen (Schmirgel oder Säure). Die Standen bei uns im Labor in einem verschlossenen Glas bereit ...
Ich glaube man kann kleine Quecksilberkügelchen auch mit sehr dünnen (Glas)röhrchen aufsaugen, wobei das durch die Kapilarwirkung automatisch passiert. Ne Spritze mit ne feinen Nadel aus der Apotheke sollte auch gehen.
Schwefelpulver (gelb) verteilen und dann zusammenfegen. Ist die Standard-Lösung bei verschüttetem Hg. Das reagiert miteinander zu Quecksilbersulfid, was zumindest keinen Hg-Dampf mehr absondert und chemisch ziemlich träge ist. Sind dann mattgraue Krümel ...
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ich denke das du bei einer Berufsfeuerwehr ein passendes Bindemittel bekommst. Gibst halt was für die Kaffeetasse.
Falk B. schrieb: > Kannst ja vorher > auch Alu-Späne oder ähnliches streuen, da amalgiert das Quecksilber. > Müßte man aber mal rechercieren, welche Metalle bzw. Pulver dazu > sinnvoll sind. Ich kenne das von früher mit feinen Bleispänen zum binden.
Falk B. schrieb: > Ich glaube man kann kleine Quecksilberkügelchen auch mit sehr dünnen > (Glas)röhrchen aufsaugen, wobei das durch die Kapilarwirkung automatisch > passiert. Ne Spritze mit ne feinen Nadel aus der Apotheke sollte auch > gehen. Das klingt interessant, kann ich morgen mal ausprobieren. Kanülen habe ich vorrätig. Danke!
Frank E. schrieb: > Schwefelpulver (gelb) verteilen und dann zusammenfegen. Ist die > Standard-Lösung bei verschüttetem Hg. Das reagiert miteinander zu > Quecksilbersulfid, was zumindest keinen Hg-Dampf mehr absondert und > chemisch ziemlich träge ist. Sind dann mattgraue Krümel ... Von diesen vermeintlichen Hilfsmitteln rät die Autorenschaft (Chemie-Fachbereich der FU-Berlin, siehe mein Link im OP) ab, sie würden die Situation verschlechtern.
G. H. schrieb: > zum Aufsammeln kleiner Kügelchen eignen sich auch blanke > Zinkblechstreifen. Noch einfacher (zumindest für unsereiner): Kupferlitze. Quecksilber legiert sehr gern, und die dabei entstehenden Amalgame sind wenig flüchtig, sodass die wesentliche Gefahr (Quecksilberdampfbildung) eingedämmt wird. Sowas haben wir uns ja noch ziemlich lange in die Zähne pappen lassen … Mir ist vor 25 Jahren mal eine Kiste runtergefallen, in der (auch) Quecksilber-Schaltröhrchen lagen und eins davon zerbrochen ist. Dummerweise war damals meine Bastelecke auch noch im Schlafzimmer, sodass ich mir um so mehr Gedanken machen musste, wie ich den Kram los werde. Wie hier schon genannt, große Kugeln alle in ein Glas gesammelt, den ganzen Kleinkram am Ende mit Kupferlitze. Ich lebe noch. ;-)
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Jörg W. schrieb: > G. H. schrieb: >> zum Aufsammeln kleiner Kügelchen eignen sich auch blanke >> Zinkblechstreifen. > > Noch einfacher (zumindest für unsereiner): Kupferlitze. > Quecksilber legiert sehr gern, und die dabei entstehenden Amalgame sind > wenig flüchtig, sodass die wesentliche Gefahr (Quecksilberdampfbildung) > eingedämmt wird. Das klingt auch super. Werde ich probieren, Cu-Litze habe ich in Mengen. > Mir ist vor 25 Jahren mal eine Kiste runtergefallen, in der (auch) > [...] > Ich lebe noch. ;-) Das ist auch gut so! :-) Danke für den Tip!
Ich würds mal nicht übertreiben. Schwefel, Metallspäne, Kupferlitze: theoretisch alles schön und gut. Aber es muss ja auch irgendwie praktikabel sein. Den Boden quadratzentimeterweise mit Kupferlitze abbürsten? Mit einer Messingbürste? Oder Schwefel in den Boden einmassieren? Tatsache ist: In der Werkstatt stand, vermutlich schon jahrelang, eine offene Flasche mit Quecksilber rum. Da ist ständig was rausverdampft und es hat keine Sau gejuckt. Gestorben oder daran schwer erkrankt ist an dieser langfristigen Belastung auch keiner. Jetzt kommt das Zeug endlich weg! Du hast in dem Bereich wo was ausgelaufen ist ordentlich sauber gemacht, größere sichtbare Quecksilberkügelchen auf dem glatten Estrich wird es also nicht mehr geben. Wenn überhaupt, geht es jetzt um eine temporäre Belastung mit kleinen Mengen. Und weil du das weißt kann man lüften, was früher vermutlich niemand regelmäßig gemacht hat. Und selbst wenn: Nehmen wir an, du hättest ein Kügelchen mit einem Duchmesser von einem Millimeter übersehen. Ein silbrig glänzendes Kügelchen, auf glattem, gekehrtem und gewischtem Boden, das du übersehen hast. 1 mm Durchmesser sind 5.24e-4 cm³ und somit ca 7.1mg Quecksilber. Der Arbeitsplatzgrenzwert, also der zulässige Wert Quecksilber pro m³ Atemluft, wenn du lebenslang, 8 Stunden 5 Tage pro Woche dadrin arbeitest, sind 0,02 mg/m³. Wie viele Stunden ist man tatsächlich in dem Raum? Wenn es weniger sind ist mehr erlaubt. Wie viele m³ hat der Raum? Also in welcher Luftmenge verdünnt sich verdampftes Quecksilber? Und angenommen man lüftet nur einmal am Tag, wie hoch wäre die maximale Konzentration, wenn das Quecksilber vollständig in einem Tag verdampft? Dann ist es danach aber weg. Wie hoch, wenn es dafür eine Woche braucht? Oder einen Monat? Du kannst ja jetzt im Sommer lüften: Ein gekipptes Fenster in einem Wohnraum bringt eine Luftwechselrate zwischen 0.8 und 4.0. Kellerfenster sind vielleicht kleiner, aber nach 2 Stunden ist die Luft bestimmt auch ausgetauscht (das wäre eine Luftwechselrate von 0.5). Wie hoch wären die Konzentrationen dann? Rechne mal ein bischen rum und lass dich nicht verrückt machen.
Beitrag #6280014 wurde von einem Moderator gelöscht.
Also Quecksilber ist nicht Alkohol oder Wasser. Da ist nichts mit schnell verdampfen. Der Siedepunkt ist vielleicht 300 Grad. Der Dampfdruk bei Raumtemperatur also beliebig klein. Ein kleines Kuegelchen wird Jahre zum Verdampfen benoetigen. Und Quecksilber Vergiftung ist eine extrem langfristige Geschichte. Bedeutet deren folgen kommen erst im Alter.
Das mit der Kapillare funktioniert eben NICHT (Kapillardepression). Außer, die Kapillare ist aus einem Metall höherer Dichte (Pt, Au), diese Edelmetalle sind aber zu teuer und schwer beschaffbar. Was aber funktioniert, ist eine Glaskapillare (ausgezogenes Glasrohr) mit Vakuum und zwischengeschalteter Sammelflasche. Eine Membranpumpe oder Wasserstrahlpumpe schafft das, ein Staubsauger nicht. Sanft (!) zusammenkehren (Flachpinsel), das Hg verteilt sich sonst in noch mehr und in noch kleinere Kügelchen. Das Zusammenfließen kleiner Tropfen zu einem großen funktioniert nur gut, wenn alles schön sauber ist und oft nur nach mehreren Versuchen, bei Boden-Kehricht gerade nicht gut. Wasser mit etwas Spüli kann dabei trotzdem helfen. Ein Zusammenkehren auf glattem Boden klappt gut, auf rauhem Boden (Rohbeton, Holzbretter, rissiges Parkett) nicht. Da bleiben unerkannte Kügelchen in den Ritzen. Angeätztes Zinkblech legiert gut, Kupfer noch ausreichend, aber dazu muß man das Quecksilber sehen. Bleibt das Problem mit den Ritzen. Hier können sich kleine Mengen, aber mit großer Oberfläche, sammeln, die allmählich verdampfen. Um das Verdampfen zu stoppen, greift man zu den "Absorbern". Kohle ist eine Sauerei, weil sie schwarz ist. Am besten ist Schwefelblüte (Pulver, billig), ist nur hellgelb und nicht störend auffallend. Das Pulver wird systematisch über den ganzen Boden gekehrt und besonders in die Ritzen "einmassiert". Nun wird alles wieder besenrein zusammengekehrt und gesammelt, die Reste in den Ritzen bleiben einfach drin, also NICHT Staubsauben. Die Schwefelreste binden verdampfendes Quecksilber zu äußerst schwerlöslichem Quecksilbersulfid (Hauptvorkommen von natürlichem Quecksilber) und bleiben einfach unschädlich gemacht in den Ritzen. Nach einigen Wochen kann man dann wieder sauber Staubsaugen, in kalten Kellerräumen lieber erst nach Monaten. Anmerkung: Genauere Daten zum Quecksilberdampfdruck in Abhängigkeit von der Temperatur findet man bei der Vakuumtechnik und bei Wikipedia. Wo die FU-Berlin ihre diesbezüglichen Empfehlungen zur Quecksilberentsorgung abgeschrieben hat, weiß ich nicht. In vielen alten Literaturquellen (Büchern) wird Schwefelblüte empfohlen. Ansonsten bietet die FU-Berlin viele wirklich ausgezeichnet gemachte Skripte zur Chemie, sehr empfehlenswert! Gruß - Werner (Chemiker)
Der Siedepunkt von Quecksilber liegt bei 357°C, der Dampfdruck bei 20°C ist 0,163 Pascal, das ist gar nicht so wenig. Allerdings ist es wirklich nur bei Langzeitexposition schwer schädlich, kurzzeitig wie wenn ein altes Fieberthermometer zerbricht oder so gilt als unproblematisch. Akute Vergiftungen dürften damit eher schwierig sein, außer man hat es mit Verbindungen zu tun wie z.B. Dimethylquecksilber.
Hm, 1mm^3 Quecksilber wiegen (wenn ich mich nicht verrechnet habe) ca. 13mg. Laut EU sind in 1kg Thunfisch max. 1mg erlaubt. D.h. 1mm^3 sind also 13kg Thunfisch. Da 1mm^3 ja schon ein sehr gut sichtbares Kügelchen ist, kann es gut sein, dass der Quecksilbergehalt am Boden höher ist, wenn von einer Thunfisch-Pizza ein gefrorenes Bröckchen runterfällt, als wenn so ein winziges Perlchen übrigbleibt ;)
Wie viele Dosen Thunfisch sind denn so auf einer Deiner üblichen Pizzen?
Soll ja mal Zeiten gegeben haben, wo pro verbranntem Liter Benzin so etwa 1/2g an feinverteiltem Blei in die Atmosphäre gepustet wurde. Dazumals in einer Stadtwohnung an einer dichtbefahrenenen Strasse zu wohnen, dürfte um einiges schlimmer gewesen sein, als ein paar g verschüttetes Hg, wo man hinterher gut lüftet.
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Percy N. schrieb: > Wie viele Dosen Thunfisch sind denn so auf einer Deiner üblichen Pizzen? Eine Dosis Thuna. :-)
Rote T. schrieb: > Soll ja mal Zeiten gegeben haben, wo pro verbranntem Liter Benzin so > etwa 1/2g an feinverteiltem Blei in die Atmosphäre gepustet wurde. https://de.wikipedia.org/wiki/Quecksilber#Umweltemissionen
Harald W. schrieb: > Percy N. schrieb: > >> Wie viele Dosen Thunfisch sind denn so auf einer Deiner üblichen Pizzen? > > Eine Dosis Thuna. :-) Also ein ziemlicher Thunberg ...
Quecksilber soll angeblich auch an der Klebeschicht von Klebeband ( Panzertape, Teppichklebeband... ) gut haften. Ausprobieren musste ich das aber nie.
Stefan M. schrieb: > Quecksilber soll angeblich auch an der Klebeschicht von Klebeband ( > Panzertape, Teppichklebeband... ) gut haften. > Ausprobieren musste ich das aber nie. Ganz unabhängig davon, ob das funktioniert (ich weiß es nicht), wozu soll das gut sein? Flüssiges Quecksilber gibt es im Prinzip in 3 Formen: 1. sichtbare Kügelchen, die man vorsichtig entfernen kann. (Gab oben genug Vorschläge: mit Papier, mit Zinkblech, vorsichtig zusammenkehren /-pinseln) 2. kleine, und deswegen schlecht sichtbare Kügelchen, auch z.B., weil man bei 1. nicht aufgepasst hat oder zu grob war. Die sind wie gesagt klein und verdampfen wegen des hohen Oberfläche-Volumen-Verhältnises schneller, trotz des niedrigen Dampfdrucks von Quecksilber. Hier könnte das Klebeband helfen, wischen hilft auch, weil es sich im Wischwasser lößt, ebenso lüften und warten. 3. Quecksilber in Fugen/Ritzen. Da kommt das Klebeband nicht hin und man kann auch sonst schlecht putzen. Weil das Quecksilber nur wenig Oberfläche zur Luft hat verdampft es nur langsam, wodurch langanhaltende Belastungen entstehen. Das ist doof und hier gibt es, neben der Sanierung, nur die auch shon oben angeführte Möglichkeit, Schwefel (oder Mercurisorb) als Bindemittel in die Ritzen einzumassieren.
Tilo R. schrieb: > Ich würds mal nicht übertreiben. > Schwefel, Metallspäne, Kupferlitze: theoretisch alles schön und gut. > > Aber es muss ja auch irgendwie praktikabel sein. Den Boden > quadratzentimeterweise mit Kupferlitze abbürsten? Mit einer > Messingbürste? Oder Schwefel in den Boden einmassieren? > > Tatsache ist: > In der Werkstatt stand, vermutlich schon jahrelang, eine offene > Flasche mit Quecksilber rum. O ja, die stand da schon lange, wie aller anderer alter Krempel auch, wie die 80j. Eigentümerin erzählt. Sie ist über den Fund ebenso bestürzt, hat auch keine Erklärung, wofür das Hg mal gut war in der Holzwerkstatt. Das Rätsel ist für mich auch noch offen. Mittlerweile ist der Korken gefunden. Die Schnapsflasche hatte also einen, ob der aber früh oder erst sehr spät runterfiel? Keine Ahnung. Er lag jedenfalls im Umkreis der Flasche. Aber durch die Beiträge hier habe ich gelernt, daß der Hg-Dampf über die Jahre in einer offenen Flasche ja auch da drinblieb, weil der ja ne größere Dichte hat als Luft. Die Öffnung der Flasche ist ca. 6 mm ø, Verwirbelungen dürften da auch nicht viel abgetragen haben. > Da ist ständig was rausverdampft und es hat keine Sau gejuckt. Gestorben oder daran schwer > erkrankt ist an dieser langfristigen Belastung auch keiner. Erstmal hat das keiner gewußt. Der verstorbene Mann, ab dessen Tod die Werkstatt in Freeze ging, nahm das Wissen über die Pulle mit. Er starb an Parkinson; ob das mit Hg in der Luft zu tun hat oder nicht? Keine Ahnung. > Jetzt kommt das Zeug endlich weg! Yup. > Du hast in dem Bereich wo was ausgelaufen ist ordentlich sauber gemacht, größere sichtbare > Quecksilberkügelchen auf dem glatten Estrich wird es also nicht mehr geben. Ja, auf dem Weg dahin ... Größere sind schon aufgesammelt, viele andere liegen aber noch rum und kommen jetzt zügig weg. > Wenn überhaupt, geht es jetzt um eine temporäre Belastung mit kleinen > Mengen. Und weil du das weißt kann man lüften, was früher vermutlich > niemand regelmäßig gemacht hat. > > > > Und selbst wenn: > Nehmen wir an, du hättest ein Kügelchen mit einem Duchmesser von einem > Millimeter übersehen. Ein silbrig glänzendes Kügelchen, auf glattem, > gekehrtem und gewischtem Boden, das du übersehen hast. > 1 mm Durchmesser sind 5.24e-4 cm³ und somit ca 7.1mg Quecksilber. > > Der Arbeitsplatzgrenzwert, also der zulässige Wert Quecksilber pro m³ > Atemluft, wenn du lebenslang, 8 Stunden 5 Tage pro Woche dadrin > arbeitest, sind 0,02 mg/m³. > > Wie viele Stunden ist man tatsächlich in dem Raum? Wenn es weniger sind > ist mehr erlaubt. > Wie viele m³ hat der Raum? Also in welcher Luftmenge verdünnt sich > verdampftes Quecksilber? > > Und angenommen man lüftet nur einmal am Tag, wie hoch wäre die maximale > Konzentration, wenn das Quecksilber vollständig in einem Tag verdampft? > Dann ist es danach aber weg. > Wie hoch, wenn es dafür eine Woche braucht? Oder einen Monat? > > Du kannst ja jetzt im Sommer lüften: Ein gekipptes Fenster in einem > Wohnraum bringt eine Luftwechselrate zwischen 0.8 und 4.0. > Kellerfenster sind vielleicht kleiner, aber nach 2 Stunden ist die Luft > bestimmt auch ausgetauscht (das wäre eine Luftwechselrate von 0.5). > > Wie hoch wären die Konzentrationen dann? > Rechne mal ein bischen rum und lass dich nicht verrückt machen. Das finde ich absolut super, Tilo. Vielen Dank dafür! Ich habe hier echt nur viel zu eindimensional gedacht bei meinen Abschätzungen -- man kann ja klaro auch die Verdampfungsseite mal etwas berechnen und dann gucken, was da denn so der Wertebereich ist und wo die Grenzwerte liegen. Hier sollte ich noch zur allg. Vorstellung etwas über den Kellerraum sagen: Das ist ein Kellergewölbe, 10 m langer Raum, Gipfelhöhe so 3,5 m und breit ist der ca. 5 m. Also grob abzüglich der gewölbten Decke könnten da 150 m³ Luft drin sein. Naja, 140, denn es steht ja auch noch Zeug drin. Dann hat der zwei Zugänge an gegenüberliegenden Stirnseiten, man kann also Durchzug veranstalten. Es gibt dazu noch ein paar Oberlichter, kl. Fensterchen, die draußen knapp über Bodenebene sind. Und ich habe mal ein Industriegebläse hingebracht, das dann die Stelle mit dem verbliebenen Hg-Resten bepusten kann, wenn keiner drin ist und alles offen ist.
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Jan R. schrieb: > Also grob abzüglich der gewölbten Decke könnten da 150 m³ Luft drin > sein. Da sich ja außerdem niemand dauerhaft dort aufhält, ist die verbleibende Gefahr wohl außerordentlich gering.
Super, also alles halb so wild. Wer noch mehr rechnen will: Die Verdampfungsrate von Quecksilber bei Raumtemperatur beträgt 0,056 mg/(cm2*h)
Jan R. schrieb: > Sie ist über den Fund ebenso > bestürzt, hat auch keine Erklärung, wofür das Hg mal gut war in der > Holzwerkstatt. Das Rätsel ist für mich auch noch offen. Eventuell hat er Quecksilber(II)-chlorid hergestellt. Das wurde anscheinend früher zur Holzkonservierung verwendet. Das nennt sich Kyanisierung.
Beitrag #6282080 wurde von einem Moderator gelöscht.
Man könnte sich natürlich auch mal belesen: https://www.aerztezeitung.de/Medizin/So-gefaehrlich-ist-Quecksilber-in-Energiesparlampen-286464.html Die Angaben dürften sich extrapolieren lassen.
Percy N. schrieb: > Die Angaben dürften sich extrapolieren lassen. Die Mengen aus so einer Flasche dürften die paar Milligramm aus einer Leuchtstofflampe deutlich übersteigen. Da aber keiner weiß, wieviel denn nun wirklich „daneben gegangen“ ist (und wie groß die entsprechenden Kügelchen waren), dürfte es ziemlich schwierig mit Extrapolationen oder Berechnungen werden.
Wenn das noch öfter geplant ist: Im Laborbedarf gibt es Quecksilberzangen. Damit kann man die Kügelchen einsammeln, zumindest die größeren.
Holger L. schrieb: > Jan R. schrieb: >> Sie ist über den Fund ebenso >> bestürzt, hat auch keine Erklärung, wofür das Hg mal gut war in der >> Holzwerkstatt. Das Rätsel ist für mich auch noch offen. > > Eventuell hat er Quecksilber(II)-chlorid hergestellt. Das wurde > anscheinend früher zur Holzkonservierung verwendet. Das nennt sich > Kyanisierung. Danke für den Hinweis. Wenn ich mir das in [1] und [2] so durchlese, kommt der Gedanke, ggf. auch noch Säuren dort zu finden, vorzugsweise in harmlosen oder irreführenden Behältern ... Chemie-Gerätschaften wie Erlenmeyerkolben, Bechergläser, Schläuche sind mir jedenfalls bisher nicht aufgefallen. Ich finde es ja immer wieder erstaunlich, was Menschen früher mit aus heutiger Sicht schlimm giftigen Substanzen und Methoden an Menschen (in guten Motiven) angestellt haben. Jetzt auch über Hg hinausgeschaut. Speziell Hg hatte man auch zum Futtern verabreicht in Mengen (!), per Eßlöffel, um Darmverschlüsse aufzudrücken [3]. Mechanisch, denke ich. Und dann steht Ruckzuck die Frage im Raum, was in 50 oder 100 Jahren die Leute dann über unsere Methoden heute wohl denken werden ;-) [1] https://de.wikipedia.org/wiki/Quecksilber(II)-chlorid [2] https://de.wikipedia.org/wiki/Kyanisierung [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Quecksilber#Geschichte
Jan R. schrieb: > Und dann steht Ruckzuck die Frage im Raum, was in 50 oder 100 Jahren die > Leute dann über unsere Methoden heute wohl denken werden ;-) Man erinnere sich an die Szene in "Star Trek V - The Voyage home", wo McCoy einer Patientin mit Dialyse im Kankenhaus ne Pille verabreicht, woraufhin sich diese regeneriert ;-)
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