Forum: Offtopic Quecksilber verschüttet


von Jan R. (janra)


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Hallo,
gestern fiel mir bei einer befreundeten Familie in deren 
Keller/Werkstatt überraschend ein kleines Schnapsfläschchen entgegen, 
das zu einem guten Teil mit Quecksilber gefüllt war. Ich fing es quasi 
reflexartig auf, während ich die kippelige Kiste mit der anderen Hand 
festhielt, so gut es ging. Dabei schwappte Hg aus der Flasche, hinein in 
die Kiste und auch aus der undichten Kiste auf den sehr staubigen Boden, 
der auch viel Sägemehl enthält. Ja, korrekt, die Flasche war 
unverschlossen, es stand auch nix anderes darauf als das, was der 
Schnapsbrenner da mal draufschrieb. Meinen Schreck und mein Entsetzen 
über Lagerort und -form von diesem Hg könnt ihr euch vielleicht 
vorstellen.

Heute besorgte ich gute Flaschen mit Deckeln in der Apotheke. Ich füllte 
den Rest aus der Schnapsflasche um und ein wenig von dem Schwall aus der 
Kiste zurück in eine andere der Flaschen. Was mache ich aber mit dem 
verspritzten Rest auf dem Boden, nun in mittelgroßen bis winzigkleinen 
Kügelchen im Mehl+Staub, unter Geräten etc.?  Immerhin ist der Boden 
Estrich, und der ist einwandfrei, so daß nix versickert ist. Das spielte 
sich auch in geringer Höhe ab, so ca. 20 cm über dem Boden, so daß der 
Schwall nicht allzustark beschleunigen konnte vor dem Aufprall. Der 
ganze Verteilradius ist vielleicht ein halber Meter. Staub+Mehl bremste 
sicher auch ein gutes Stück beim Ausbreiten.

Der Rat vom Umweltladen meiner Stadt ist: Bloß niemand mehr da 
reingehen, sehr große Gesundheitsgefahr, prof. Entsorger schnell 
herbeiholen und den machen lassen. Konnte aber niemanden benennen, der 
das machen kann. Das ließ mich etwas ratlos zurück, denn ich hätte schon 
gedacht, daß mal jemandem ein Fieberthermometer o.ä. zerbrochen wäre. 
Das soll ja auch in Summe immerhin ein Kügelchen von ~5 mm Durchmesser 
enthalten. Nicht wenig, wie ich finde.

Der/die Chemiker der FU-Berlin [1] hingegen versucht, die Leser in 
diesem Fall zu beruhigen, auch und vor allem indem erklärt wird, was da 
nun Lage ist und wie Hg wirkt, speziell auch im Zusammenspiel mit 
anderen Chemikalien, die andere Leute wohl früher schon auf Hg 
draufgeworfen haben mit dem Wunsch nach Verbesserung der Situation. 
Spoiler: wird nicht besser dadurch.

Ich bin eher auf der antihysterischen Seite, sonst wäre ich auch heute 
nicht mehr zum Umfüllen in der Werkstatt gewesen. Ich schreibe euch dies 
aus
a.) Unterhaltungsgründen hier :-) und
b.) für vielleicht einen pragmatischen Rat für das Einsammeln der 
Kugeln, vielleicht dem Vermeiden von Einatmen von gasförmigem Hg (bin 
leider kein Taucher o. Feuerwehrmann mit Equipment) oder dem starken 
Reduzieren von Einatmungen.

Der sehr forsche Macher in mir (der intern gleich wieder zum Schweigen 
gebracht wurde) überlegte zunächst, einen billigen Staubsauger zu 
opfern: draufhalten und alles Mehl-Staub-Hg-Gemisch wegschlürfen und 
Sack+Sauger zum Schadstoffmobil tragen. Eingetütet selbstverständlich. 
Dann aber fiel mir der viele Wind ein, der an dem Hg vorbeigeströmt wäre 
und mehr als nötig davon verdunstet hätte, die vielen Anrempelstellen im 
Faltenschlauch für die Kügelchen, und ich disqualifizierte diesen Ansatz 
schnell wieder.

Es bleibt auch die Frage, wie groß die kleinsten Kügelchen sind und ob 
die ein Pinsel erfassen würde, wenn man den zum sanften Einkehren des 
Gemischs nutzen würde. Bliebe da Hg übrig auf dem Boden zurück? Evtl. so 
klein daß unsichtbar?

Danke schonmal für Tips und gute Gedanken zu der Schwermetallhavarie.
   Jan.

[1] 
https://www.bcp.fu-berlin.de/chemie/chemie/sicherheit/entsorgung/notfallentsorgung/index.html

ps: auch wenn das hier locker-flockig klingt, ich habe den Raum nat. 
versperren lassen und eine Info drangemacht, so daß da niemand 
reinspaziert und inhaliert und das Hg am Boden noch platttritt oder im 
Raum weiter verteilt. Niemand soll da fahrlässig Risiken ausgesetzt 
werden. Schlimm genug, daß es soweit überhaupt kam.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Zusammenfegen, alles in eine Tüte, Tüte luftdicht verschließen
und zum Sondermüll. Und natürlich hinterher gut lüften, gerne mehrere 
Tage, falls noch Reste bleiben und ausgasen.

: Bearbeitet durch User
von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Lüften, lüften, lüften.

Und das Quecksilber muss natürlich raus, so weit das geht.
D.h. das Sägemehl auf dem Boden solltest du großzügig zusammenkehren und 
es muss raus aus dem Raum. Auch die Kiste steht besser längere Zeit 
draußen.
Danach wischen schadet auch nicht.

Problematisch sind offene Gefäße mit Quecksilber, ebenso Ritzen wo man 
nicht richtig saubermachen kann, weill da halt ständig was von dem 
Quecksilber verdampft.

von Jan R. (janra)


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Okay, danke für das Feedback. Ihr würdet das auch eher selber machen als 
so einen Spezi zu beauftragen.

Könnt ihr mir eine Vorstellung davon geben, wie lange es dauert, bis ein 
Kügelchen von ... hm ... 1 mm weggeweht ist? Tage? Wochen? Monate?

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Kügelchen mit 1mm Größe kriegt man vorsichtig aufgefegt.

Wie ist der Boden denn beschaffen? Ist der dicht und versiegelt oder 
eher sowas wie grobporiger Beton?

Im Extremfall könnte man das Verdunsten durch Erwärmung beschleunigen, 
aber dabei müsste man dann sehr gut lüften, damit sich das Zeug nicht 
irgendwo gleich wieder absetzt.

von Jan R. (janra)


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Ben B. schrieb:
> Kügelchen mit 1mm Größe kriegt man vorsichtig aufgefegt.

Das stimmt, das geht auf alle Fälle.

Die Frage war aus Neugier. Wie schnell entfleucht das Hg denn ohne 
Hilfestellung wie Hitze oder Gebläse?

> Wie ist der Boden denn beschaffen? Ist der dicht und versiegelt oder
> eher sowas wie grobporiger Beton?

Eher glatt, würde ich sagen. Aber kein Lack oder Harz drauf.

> Im Extremfall könnte man das Verdunsten durch Erwärmung beschleunigen,
> aber dabei müsste man dann sehr gut lüften, damit sich das Zeug nicht
> irgendwo gleich wieder absetzt.

Nee, das Mist. Außerdem will ich in der engen Altstadt, wo der Keller 
ist, nicht die Nachbarn unnötig dichtem Hg-Dampf-Anteilen aussetzen.

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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von Falk B. (falk)


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Jan R. schrieb:
> Der Rat vom Umweltladen meiner Stadt ist: Bloß niemand mehr da
> reingehen, sehr große Gesundheitsgefahr,

Vollkommener Schwachsinn!!! Typisch deutsch, typisch Bürokraten!

> prof. Entsorger schnell
> herbeiholen und den machen lassen. Konnte aber niemanden benennen, der

Käse. Den Kram zusammenfegen, in einen halbwegs dichten Platikbehälter 
füllen und beim Chemikalienentsorger abgeben. Fertig. Kannst ja vorher 
auch Alu-Späne oder ähnliches streuen, da amalgiert das Quecksilber. 
Müßte man aber mal rechercieren, welche Metalle bzw. Pulver dazu 
sinnvoll sind. Vermutlich gibt es auch pasende "Saugpulver" irgendwo zu 
kaufen, aber deren Beschaffung dauert auch ein paar Tage.

Hg-Dämpfe entstehen langsam, die Anreicherung und Wirkung im Menschen 
ist noch viel langsamer. Du hast ja keinen Quecksilbersee erschaffen!

von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Jan R. schrieb:
> Nee, das Mist. Außerdem will ich in der engen Altstadt, wo der Keller
> ist, nicht die Nachbarn unnötig dichtem Hg-Dampf-Anteilen aussetzen.

Die Konzentration für die Nachbarn in der Altstadt ist kein Problem. Da 
gibt es genug Luft, die die Konzentration verdünnt.
Ich würde gründlich saubermachen und dann halt lüften. Es wird ja jetzt 
Sommer, da kann man auch die nächsten Monate das Fenster gekippt lassen.

Quecksilber verdampft eher langsam. Wie viel Quecksilber in Ritzen im 
Fußboden eingedrungen ist, und wie viel davon im Herbst noch nicht 
verdampft ist, kann dir im Forum keiner sagen.
Viel wird es nicht sein, wenn überhaupt etwas.

Wenn du dann immer noch besorgt bist könntest du die Konzentration in 
der Raumluft messen lassen. Aber so wie du schreibst: glatter Boden, nur 
lokal, kleine Menge, würde ich mir da wenig Sorgen machen.

von G. H. (schufti)


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zum Aufsammeln kleiner Kügelchen eignen sich auch blanke 
Zinkblechstreifen. Dazu muss man die Oxidschicht entfernen (Schmirgel 
oder Säure).
Die Standen bei uns im Labor in einem verschlossenen Glas bereit ...

von Falk B. (falk)


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Ich glaube man kann kleine Quecksilberkügelchen auch mit sehr dünnen 
(Glas)röhrchen aufsaugen, wobei das durch die Kapilarwirkung automatisch 
passiert. Ne Spritze mit ne feinen Nadel aus der Apotheke sollte auch 
gehen.

von Frank E. (Firma: Q3) (qualidat)


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Schwefelpulver (gelb) verteilen und dann zusammenfegen. Ist die 
Standard-Lösung bei verschüttetem Hg. Das reagiert miteinander zu 
Quecksilbersulfid, was zumindest keinen Hg-Dampf mehr absondert und 
chemisch ziemlich träge ist. Sind dann mattgraue Krümel ...

: Bearbeitet durch User
von Thomas (kosmos)


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ich denke das du bei einer Berufsfeuerwehr ein passendes Bindemittel 
bekommst. Gibst halt was für die Kaffeetasse.

von Dieter W. (dds5)


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Falk B. schrieb:
> Kannst ja vorher
> auch Alu-Späne oder ähnliches streuen, da amalgiert das Quecksilber.
> Müßte man aber mal rechercieren, welche Metalle bzw. Pulver dazu
> sinnvoll sind.

Ich kenne das von früher mit feinen Bleispänen zum binden.

von Jan R. (janra)


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Falk B. schrieb:
> Ich glaube man kann kleine Quecksilberkügelchen auch mit sehr dünnen
> (Glas)röhrchen aufsaugen, wobei das durch die Kapilarwirkung automatisch
> passiert. Ne Spritze mit ne feinen Nadel aus der Apotheke sollte auch
> gehen.

Das klingt interessant, kann ich morgen mal ausprobieren. Kanülen habe 
ich vorrätig. Danke!

von Jan R. (janra)


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Frank E. schrieb:
> Schwefelpulver (gelb) verteilen und dann zusammenfegen. Ist die
> Standard-Lösung bei verschüttetem Hg. Das reagiert miteinander zu
> Quecksilbersulfid, was zumindest keinen Hg-Dampf mehr absondert und
> chemisch ziemlich träge ist. Sind dann mattgraue Krümel ...

Von diesen vermeintlichen Hilfsmitteln rät die Autorenschaft 
(Chemie-Fachbereich der FU-Berlin, siehe mein Link im OP) ab, sie würden 
die Situation verschlechtern.

von Percy N. (vox_bovi)


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Frag doch mal einen älteren Zahnarzt.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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G. H. schrieb:
> zum Aufsammeln kleiner Kügelchen eignen sich auch blanke
> Zinkblechstreifen.

Noch einfacher (zumindest für unsereiner): Kupferlitze.

Quecksilber legiert sehr gern, und die dabei entstehenden Amalgame sind 
wenig flüchtig, sodass die wesentliche Gefahr (Quecksilberdampfbildung) 
eingedämmt wird. Sowas haben wir uns ja noch ziemlich lange in die Zähne 
pappen lassen …

Mir ist vor 25 Jahren mal eine Kiste runtergefallen, in der (auch) 
Quecksilber-Schaltröhrchen lagen und eins davon zerbrochen ist. 
Dummerweise war damals meine Bastelecke auch noch im Schlafzimmer, 
sodass ich mir um so mehr Gedanken machen musste, wie ich den Kram los 
werde. Wie hier schon genannt, große Kugeln alle in ein Glas gesammelt, 
den ganzen Kleinkram am Ende mit Kupferlitze.

Ich lebe noch. ;-)

: Bearbeitet durch Moderator
von Jan R. (janra)


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Jörg W. schrieb:
> G. H. schrieb:
>> zum Aufsammeln kleiner Kügelchen eignen sich auch blanke
>> Zinkblechstreifen.
>
> Noch einfacher (zumindest für unsereiner): Kupferlitze.
> Quecksilber legiert sehr gern, und die dabei entstehenden Amalgame sind
> wenig flüchtig, sodass die wesentliche Gefahr (Quecksilberdampfbildung)
> eingedämmt wird.

Das klingt auch super. Werde ich probieren, Cu-Litze habe ich in Mengen.

> Mir ist vor 25 Jahren mal eine Kiste runtergefallen, in der (auch)
> [...]
> Ich lebe noch. ;-)

Das ist auch gut so! :-)

Danke für den Tip!

von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Ich würds mal nicht übertreiben.
Schwefel, Metallspäne, Kupferlitze: theoretisch alles schön und gut.

Aber es muss ja auch irgendwie praktikabel sein. Den Boden 
quadratzentimeterweise mit Kupferlitze abbürsten? Mit einer 
Messingbürste? Oder Schwefel in den Boden einmassieren?

Tatsache ist:
In der Werkstatt stand, vermutlich schon jahrelang, eine offene Flasche 
mit Quecksilber rum. Da ist ständig was rausverdampft und es hat keine 
Sau gejuckt. Gestorben oder daran schwer erkrankt ist an dieser 
langfristigen Belastung auch keiner.
Jetzt kommt das Zeug endlich weg!
Du hast in dem Bereich wo was ausgelaufen ist ordentlich sauber gemacht, 
größere sichtbare Quecksilberkügelchen auf dem glatten Estrich wird es 
also nicht mehr geben.

Wenn überhaupt, geht es jetzt um eine temporäre Belastung mit kleinen 
Mengen. Und weil du das weißt kann man lüften, was früher vermutlich 
niemand regelmäßig gemacht hat.



Und selbst wenn:
Nehmen wir an, du hättest ein Kügelchen mit einem Duchmesser von einem 
Millimeter übersehen. Ein silbrig glänzendes Kügelchen, auf glattem, 
gekehrtem und gewischtem Boden, das du übersehen hast.
1 mm Durchmesser sind 5.24e-4 cm³ und somit ca 7.1mg Quecksilber.

Der Arbeitsplatzgrenzwert, also der zulässige Wert Quecksilber pro m³ 
Atemluft, wenn du lebenslang, 8 Stunden 5 Tage pro Woche dadrin 
arbeitest, sind 0,02 mg/m³.

Wie viele Stunden ist man tatsächlich in dem Raum? Wenn es weniger sind 
ist mehr erlaubt.
Wie viele m³ hat der Raum? Also in welcher Luftmenge verdünnt sich 
verdampftes Quecksilber?

Und angenommen man lüftet nur einmal am Tag, wie hoch wäre die maximale 
Konzentration, wenn das Quecksilber vollständig in einem Tag verdampft? 
Dann ist es danach aber weg.
Wie hoch, wenn es dafür eine Woche braucht? Oder einen Monat?

Du kannst ja jetzt im Sommer lüften: Ein gekipptes Fenster in einem 
Wohnraum bringt eine Luftwechselrate zwischen 0.8 und 4.0.
Kellerfenster sind vielleicht kleiner, aber nach 2 Stunden ist die Luft 
bestimmt auch ausgetauscht (das wäre eine Luftwechselrate von 0.5).

Wie hoch wären die Konzentrationen dann?
Rechne mal ein bischen rum und lass dich nicht verrückt machen.

Beitrag #6280014 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Pandur S. (jetztnicht)


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Also Quecksilber ist nicht Alkohol oder Wasser. Da ist nichts mit 
schnell verdampfen. Der Siedepunkt ist vielleicht 300 Grad. Der 
Dampfdruk bei Raumtemperatur also beliebig klein. Ein kleines Kuegelchen 
wird Jahre zum Verdampfen benoetigen.
Und Quecksilber Vergiftung ist eine extrem langfristige Geschichte. 
Bedeutet deren folgen kommen erst im Alter.

von Werner H. (werner45)


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Das mit der Kapillare funktioniert eben NICHT (Kapillardepression). 
Außer, die Kapillare ist aus einem Metall höherer Dichte (Pt, Au), diese 
Edelmetalle sind aber zu teuer und schwer beschaffbar.
Was aber funktioniert, ist eine Glaskapillare (ausgezogenes Glasrohr) 
mit Vakuum und zwischengeschalteter Sammelflasche. Eine Membranpumpe 
oder Wasserstrahlpumpe schafft das, ein Staubsauger nicht.

Sanft (!) zusammenkehren (Flachpinsel), das Hg verteilt sich sonst in 
noch mehr und in noch kleinere Kügelchen. Das Zusammenfließen kleiner 
Tropfen zu einem großen funktioniert nur gut, wenn alles schön sauber 
ist und oft nur nach mehreren Versuchen, bei Boden-Kehricht gerade nicht 
gut. Wasser mit etwas Spüli kann dabei trotzdem helfen.
Ein Zusammenkehren auf glattem Boden klappt gut, auf rauhem Boden 
(Rohbeton, Holzbretter, rissiges Parkett) nicht. Da bleiben unerkannte 
Kügelchen in den Ritzen.
Angeätztes Zinkblech legiert gut, Kupfer noch ausreichend, aber dazu muß 
man das Quecksilber sehen.

Bleibt das Problem mit den Ritzen. Hier können sich kleine Mengen, aber 
mit großer Oberfläche, sammeln, die allmählich verdampfen. Um das 
Verdampfen zu stoppen, greift man zu den "Absorbern". Kohle ist eine 
Sauerei, weil sie schwarz ist. Am besten ist Schwefelblüte (Pulver, 
billig), ist nur hellgelb und nicht störend auffallend. Das Pulver wird 
systematisch über den ganzen Boden gekehrt und besonders in die Ritzen 
"einmassiert". Nun wird alles wieder besenrein zusammengekehrt und 
gesammelt, die Reste in den Ritzen bleiben einfach drin, also NICHT 
Staubsauben. Die Schwefelreste binden verdampfendes Quecksilber zu 
äußerst schwerlöslichem Quecksilbersulfid (Hauptvorkommen von 
natürlichem Quecksilber) und bleiben einfach unschädlich gemacht in den 
Ritzen. Nach einigen Wochen kann man dann wieder sauber Staubsaugen, in 
kalten Kellerräumen lieber erst nach Monaten.

Anmerkung: Genauere Daten zum Quecksilberdampfdruck in Abhängigkeit von 
der Temperatur findet man bei der Vakuumtechnik und bei Wikipedia.

Wo die FU-Berlin ihre diesbezüglichen Empfehlungen zur 
Quecksilberentsorgung abgeschrieben hat, weiß ich nicht. In vielen alten 
Literaturquellen (Büchern) wird Schwefelblüte empfohlen. Ansonsten 
bietet die FU-Berlin viele wirklich ausgezeichnet gemachte Skripte zur 
Chemie, sehr empfehlenswert!

Gruß  -  Werner  (Chemiker)

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Der Siedepunkt von Quecksilber liegt bei 357°C, der Dampfdruck bei 20°C 
ist 0,163 Pascal, das ist gar nicht so wenig.

Allerdings ist es wirklich nur bei Langzeitexposition schwer schädlich, 
kurzzeitig wie wenn ein altes Fieberthermometer zerbricht oder so gilt 
als unproblematisch. Akute Vergiftungen dürften damit eher schwierig 
sein, außer man hat es mit Verbindungen zu tun wie z.B. 
Dimethylquecksilber.

von Georg A. (georga)


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Hm, 1mm^3 Quecksilber wiegen (wenn ich mich nicht verrechnet habe) ca. 
13mg. Laut EU sind in 1kg Thunfisch max. 1mg erlaubt. D.h. 1mm^3 sind 
also 13kg Thunfisch. Da 1mm^3 ja schon ein sehr gut sichtbares Kügelchen 
ist, kann es gut sein, dass der Quecksilbergehalt am Boden höher ist, 
wenn von einer Thunfisch-Pizza ein gefrorenes Bröckchen runterfällt, als 
wenn so ein winziges Perlchen übrigbleibt ;)

von Percy N. (vox_bovi)


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Wie viele Dosen Thunfisch sind denn so auf einer Deiner üblichen Pizzen?

von 🍅🍅 🍅. (tomate)


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Soll ja mal Zeiten gegeben haben, wo pro verbranntem Liter Benzin  so 
etwa 1/2g an feinverteiltem Blei in die Atmosphäre gepustet wurde. 
Dazumals in einer Stadtwohnung an einer dichtbefahrenenen Strasse zu 
wohnen, dürfte um einiges schlimmer gewesen sein, als ein paar g 
verschüttetes Hg, wo man hinterher gut lüftet.

: Bearbeitet durch User
von Harald W. (wilhelms)


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Percy N. schrieb:

> Wie viele Dosen Thunfisch sind denn so auf einer Deiner üblichen Pizzen?

Eine Dosis Thuna. :-)

von Falk B. (falk)


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Rote T. schrieb:
> Soll ja mal Zeiten gegeben haben, wo pro verbranntem Liter Benzin  so
> etwa 1/2g an feinverteiltem Blei in die Atmosphäre gepustet wurde.

https://de.wikipedia.org/wiki/Quecksilber#Umweltemissionen

von Percy N. (vox_bovi)


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Harald W. schrieb:
> Percy N. schrieb:
>
>> Wie viele Dosen Thunfisch sind denn so auf einer Deiner üblichen Pizzen?
>
> Eine Dosis Thuna. :-)

Also ein ziemlicher Thunberg ...

von Stefan M. (derwisch)


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Quecksilber soll angeblich auch an der Klebeschicht von Klebeband ( 
Panzertape, Teppichklebeband... ) gut haften.
Ausprobieren musste ich das aber nie.

von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Stefan M. schrieb:
> Quecksilber soll angeblich auch an der Klebeschicht von Klebeband (
> Panzertape, Teppichklebeband... ) gut haften.
> Ausprobieren musste ich das aber nie.
Ganz unabhängig davon, ob das funktioniert (ich weiß es nicht), wozu 
soll das gut sein?

Flüssiges Quecksilber gibt es im Prinzip in 3 Formen:

1. sichtbare Kügelchen, die man vorsichtig entfernen kann. (Gab oben 
genug Vorschläge: mit Papier, mit Zinkblech, vorsichtig zusammenkehren 
/-pinseln)

2. kleine, und deswegen schlecht sichtbare Kügelchen, auch z.B., weil 
man bei 1. nicht aufgepasst hat oder zu grob war. Die sind wie gesagt 
klein und verdampfen wegen des hohen Oberfläche-Volumen-Verhältnises 
schneller, trotz des niedrigen Dampfdrucks von Quecksilber. Hier könnte 
das Klebeband helfen, wischen hilft auch, weil es sich im Wischwasser 
lößt, ebenso lüften und warten.

3. Quecksilber in Fugen/Ritzen. Da kommt das Klebeband nicht hin und man 
kann auch sonst schlecht putzen. Weil das Quecksilber nur wenig 
Oberfläche zur Luft hat verdampft es nur langsam, wodurch langanhaltende 
Belastungen entstehen. Das ist doof und hier gibt es, neben der 
Sanierung, nur die auch shon oben angeführte Möglichkeit, Schwefel (oder 
Mercurisorb) als Bindemittel in die Ritzen einzumassieren.

von Jan R. (janra)


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Tilo R. schrieb:
> Ich würds mal nicht übertreiben.
> Schwefel, Metallspäne, Kupferlitze: theoretisch alles schön und gut.
>
> Aber es muss ja auch irgendwie praktikabel sein. Den Boden
> quadratzentimeterweise mit Kupferlitze abbürsten? Mit einer
> Messingbürste? Oder Schwefel in den Boden einmassieren?
>
> Tatsache ist:
> In der Werkstatt stand, vermutlich schon jahrelang, eine offene
> Flasche mit Quecksilber rum.

O ja, die stand da schon lange, wie aller anderer alter Krempel auch, 
wie die 80j. Eigentümerin erzählt. Sie ist über den Fund ebenso 
bestürzt, hat auch keine Erklärung, wofür das Hg mal gut war in der 
Holzwerkstatt. Das Rätsel ist für mich auch noch offen.

Mittlerweile ist der Korken gefunden. Die Schnapsflasche hatte also 
einen, ob der aber früh oder erst sehr spät runterfiel? Keine Ahnung. Er 
lag jedenfalls im Umkreis der Flasche.

Aber durch die Beiträge hier habe ich gelernt, daß der Hg-Dampf über die 
Jahre in einer offenen Flasche ja auch da drinblieb, weil der ja ne 
größere Dichte hat als Luft. Die Öffnung der Flasche ist ca. 6 mm ø, 
Verwirbelungen dürften da auch nicht viel abgetragen haben.

> Da ist ständig was rausverdampft und es hat keine Sau gejuckt. Gestorben oder 
daran schwer > erkrankt ist an dieser langfristigen Belastung auch keiner.

Erstmal hat das keiner gewußt. Der verstorbene Mann, ab dessen Tod die 
Werkstatt in Freeze ging, nahm das Wissen über die Pulle mit. Er starb 
an Parkinson; ob das mit Hg in der Luft zu tun hat oder nicht? Keine 
Ahnung.

> Jetzt kommt das Zeug endlich weg!

Yup.

> Du hast in dem Bereich wo was ausgelaufen ist ordentlich sauber gemacht, größere 
sichtbare
> Quecksilberkügelchen auf dem glatten Estrich wird es also nicht mehr geben.

Ja, auf dem Weg dahin ... Größere sind schon aufgesammelt, viele andere 
liegen aber noch rum und kommen jetzt zügig weg.

> Wenn überhaupt, geht es jetzt um eine temporäre Belastung mit kleinen
> Mengen. Und weil du das weißt kann man lüften, was früher vermutlich
> niemand regelmäßig gemacht hat.
>
>
>
> Und selbst wenn:
> Nehmen wir an, du hättest ein Kügelchen mit einem Duchmesser von einem
> Millimeter übersehen. Ein silbrig glänzendes Kügelchen, auf glattem,
> gekehrtem und gewischtem Boden, das du übersehen hast.
> 1 mm Durchmesser sind 5.24e-4 cm³ und somit ca 7.1mg Quecksilber.
>
> Der Arbeitsplatzgrenzwert, also der zulässige Wert Quecksilber pro m³
> Atemluft, wenn du lebenslang, 8 Stunden 5 Tage pro Woche dadrin
> arbeitest, sind 0,02 mg/m³.
>
> Wie viele Stunden ist man tatsächlich in dem Raum? Wenn es weniger sind
> ist mehr erlaubt.
> Wie viele m³ hat der Raum? Also in welcher Luftmenge verdünnt sich
> verdampftes Quecksilber?
>
> Und angenommen man lüftet nur einmal am Tag, wie hoch wäre die maximale
> Konzentration, wenn das Quecksilber vollständig in einem Tag verdampft?
> Dann ist es danach aber weg.
> Wie hoch, wenn es dafür eine Woche braucht? Oder einen Monat?
>
> Du kannst ja jetzt im Sommer lüften: Ein gekipptes Fenster in einem
> Wohnraum bringt eine Luftwechselrate zwischen 0.8 und 4.0.
> Kellerfenster sind vielleicht kleiner, aber nach 2 Stunden ist die Luft
> bestimmt auch ausgetauscht (das wäre eine Luftwechselrate von 0.5).
>
> Wie hoch wären die Konzentrationen dann?
> Rechne mal ein bischen rum und lass dich nicht verrückt machen.

Das finde ich absolut super, Tilo. Vielen Dank dafür! Ich habe hier echt 
nur viel zu eindimensional gedacht bei meinen Abschätzungen -- man kann 
ja klaro auch die Verdampfungsseite mal etwas berechnen und dann gucken, 
was da denn so der Wertebereich ist und wo die Grenzwerte liegen.

Hier sollte ich noch zur allg. Vorstellung etwas über den Kellerraum 
sagen: Das ist ein Kellergewölbe, 10 m langer Raum, Gipfelhöhe so 3,5 m 
und breit ist der ca. 5 m. Also grob abzüglich der gewölbten Decke 
könnten da 150 m³ Luft drin sein. Naja, 140, denn es steht ja auch noch 
Zeug drin.

Dann hat der zwei Zugänge an gegenüberliegenden Stirnseiten, man kann 
also Durchzug veranstalten. Es gibt dazu noch ein paar Oberlichter, kl. 
Fensterchen, die draußen knapp über Bodenebene sind. Und ich habe mal 
ein Industriegebläse hingebracht, das dann die Stelle mit dem 
verbliebenen Hg-Resten bepusten kann, wenn keiner drin ist und alles 
offen ist.

: Bearbeitet durch User
von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Jan R. schrieb:
> Also grob abzüglich der gewölbten Decke könnten da 150 m³ Luft drin
> sein.

Da sich ja außerdem niemand dauerhaft dort aufhält, ist die verbleibende 
Gefahr wohl außerordentlich gering.

von Tilo R. (joey5337) Benutzerseite


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Super, also alles halb so wild.

Wer noch mehr rechnen will:
Die Verdampfungsrate von Quecksilber bei Raumtemperatur beträgt
0,056 mg/(cm2*h)

von Holger L. (max5v)


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Jan R. schrieb:
> Sie ist über den Fund ebenso
> bestürzt, hat auch keine Erklärung, wofür das Hg mal gut war in der
> Holzwerkstatt. Das Rätsel ist für mich auch noch offen.

Eventuell hat er Quecksilber(II)-chlorid hergestellt. Das wurde 
anscheinend früher zur Holzkonservierung verwendet. Das nennt sich 
Kyanisierung.

Beitrag #6282080 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Inzwischen ist das Zeug jedenfalls lange verdunstet und weggeschnupft.

von Percy N. (vox_bovi)


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Man könnte sich natürlich auch mal belesen:

https://www.aerztezeitung.de/Medizin/So-gefaehrlich-ist-Quecksilber-in-Energiesparlampen-286464.html

Die Angaben dürften sich extrapolieren lassen.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Percy N. schrieb:
> Die Angaben dürften sich extrapolieren lassen.

Die Mengen aus so einer Flasche dürften die paar Milligramm aus einer 
Leuchtstofflampe deutlich übersteigen.

Da aber keiner weiß, wieviel denn nun wirklich „daneben gegangen“ ist 
(und wie groß die entsprechenden Kügelchen waren), dürfte es ziemlich 
schwierig mit Extrapolationen oder Berechnungen werden.

von Michael B. (alter_mann)


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Wenn das noch öfter geplant ist: Im Laborbedarf gibt es 
Quecksilberzangen. Damit kann man die Kügelchen einsammeln, zumindest 
die größeren.

von Jan R. (janra)


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Holger L. schrieb:
> Jan R. schrieb:
>> Sie ist über den Fund ebenso
>> bestürzt, hat auch keine Erklärung, wofür das Hg mal gut war in der
>> Holzwerkstatt. Das Rätsel ist für mich auch noch offen.
>
> Eventuell hat er Quecksilber(II)-chlorid hergestellt. Das wurde
> anscheinend früher zur Holzkonservierung verwendet. Das nennt sich
> Kyanisierung.

Danke für den Hinweis. Wenn ich mir das in [1] und [2] so durchlese, 
kommt der Gedanke, ggf. auch noch Säuren dort zu finden, vorzugsweise in 
harmlosen oder irreführenden Behältern ...
Chemie-Gerätschaften wie Erlenmeyerkolben, Bechergläser, Schläuche sind 
mir jedenfalls bisher nicht aufgefallen.

Ich finde es ja immer wieder erstaunlich, was Menschen früher mit aus 
heutiger Sicht schlimm giftigen Substanzen und Methoden an Menschen (in 
guten Motiven) angestellt haben. Jetzt auch über Hg hinausgeschaut. 
Speziell Hg hatte man auch zum Futtern verabreicht in Mengen (!), per 
Eßlöffel, um Darmverschlüsse aufzudrücken [3]. Mechanisch, denke ich.
Und dann steht Ruckzuck die Frage im Raum, was in 50 oder 100 Jahren die 
Leute dann über unsere Methoden heute wohl denken werden ;-)


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Quecksilber(II)-chlorid
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Kyanisierung
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/Quecksilber#Geschichte

von Falk B. (falk)


Lesenswert?

Jan R. schrieb:
> Und dann steht Ruckzuck die Frage im Raum, was in 50 oder 100 Jahren die
> Leute dann über unsere Methoden heute wohl denken werden ;-)

Man erinnere sich an die Szene in "Star Trek V - The Voyage home", wo 
McCoy einer Patientin mit Dialyse im Kankenhaus ne Pille verabreicht, 
woraufhin sich diese regeneriert ;-)

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