Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik 90V AC am Steckdosen-Schutzleiter


von H. L. (beduerftiger)


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Hallo an alle,

kurz zur Vorgeschichte:
Vor kurzem wollte ich am Arbeitsplatz etwas löten. Ich setze mich also 
hin, nehme den Lötkolben in die Hand und bekomme sofort ein starkes 
Kribbeln in Hand und Arm, was mich dazu veranlasst, den Lötkolben wieder 
in seine Halterung fallen zu lassen und kurz zurückzuschrecken.
Okey, da stimmt irgendwas nicht, oder habe ich mir das eingebildet?
Ich fasse den Lötkolben wieder an. Nichts.
Ich setze zum Löten an und berühre dabei mit dem Bein den Metallschrank 
neben mir. Zack, wieder ein Schlag, wieder den Kolben fallen lassen.

Wir messen anschließend alle möglichen Kombinationen aus Erde und 
Schutzleiter, verfolgen das Problem bis zur Steckdose. Aha, 90V AC von 
Schutzleiter zu Erde, direkt an der Steckdose.
Der FI hat nicht ausgelöst, was aber an sich ja nicht so aussagekräftig 
ist.
Das Problem besteht nur an einer Steckdose von insgesamt ~20 im Raum.

Die betreffende Leiste wurde natürlich außer Betrieb gesetzt und 
demnächst von Fachkräften gewartet.

Ich kann mir nicht erklären, woher diese 90V AC am Schutzleiter kommen 
und frage deshalb hier, ob jemand mit Erfahrung eine Vermutung dazu hat.

VG und bleibt gesund

von Horst S. (petawatt)


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Schutzleiter in Steckdose offensichtlich nicht angeschlossen bzw. Ader 
unterbrochen. Der Begriff "Schlag" sagt nicht viel aus.
Wurden die 90V hochohmig gemessen (DVM)? DVM mit Last überbrücken. Wie 
ändert sich die Spannung? Kurzschlussstrom zwischen Schutzleiter in 
Steckdose und Erde messen.
Was ist das für eine "Leiste" und welche Verbraucher sind angeschlossen?
Ableitstrom von Netzfiltern?
Grüße von petawatt

: Bearbeitet durch User
von A-Freak (Gast)


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Ziemlich sicher ist der Schutzleiter gebrochen (durchgebohrt, 
abgegammelt, nie angeklemmt, anderer Mist) und dein "PE" am Lötkolben 
hat durch kapazitive Kopplungen eine Spannung aufgenommen.

Wenn die Y-Kondensatoren groß genug sind, in einem Gerät der 
Schutzklasse I sind 3,5mA möglich, das spürt man schon ziemlich kräftig.

von A-Freak (Gast)


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Ein Absatz zu früh abgeschickt:

Bis ein FI mit 30mA abschaltet fliest schon ein Strom der dich schon 
richtig mit Schmerzen verkrampfen kann aber für die meisten Menschen 
noch nicht Lebensgefährlich ist. An meinem Labortisch habe ich nochmal 
lokale FIs mit 10mA installiert.

von @TO (Gast)


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Du schreibst mir hier zu viel Prosa!

Fotos von deinem Arbeitsplatz wo der Fehler zusehen ist möchten wir hier 
sehen.

von Horst S. (petawatt)


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@TO schrieb:
> Du schreibst mir hier zu viel Prosa!
>
> Fotos von deinem Arbeitsplatz wo der Fehler zusehen ist möchten wir hier
> sehen.

Geduld! Geduld! Es ist nicht jeder mit Spannungsprüfer und Lötkolben in 
der Hand geboren worden. Hatte beruflich viel mit Störungsaufklärung zu 
tun. Die erste Meldung ist immer nur kurz: "Funktioniert nicht mehr". 
Was nicht funktioniert, die näheren Begleitumstände und genauere Angaben 
zum betroffenen Gerät muss man dann mühsam erfragen. Dafür kann der 
Störungsmelder aber vielleicht gut kochen oder ein Musikinstrument 
spielen.
Grüße von petawatt

von Karl B. (gustav)


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@TO schrieb:
> Fotos von deinem Arbeitsplatz wo der Fehler zusehen ist möchten wir hier
> sehen.

Hi,
der Lötkolben meiner Lötstation ist sekundärseitig nirgends mit PE 
verbunden.
Dafür ist vorne eine Extra-Buchse für "Erdung" der Spitze mit der 
Schaltung
über 220k Ohm vorgesehen.
Normalerweise fasse ich den Lötkolben nicht am Metallteil an,
verbrenne mir sonst die Finger ;-)

Und der Metallschrank?

ciao
gustav

von Andreas M. (elektronenbremser)


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H. L. schrieb:
> 90V AC von Schutzleiter zu Erde

Wie geht das? Viele bezeichnen den Schutzleiter(PE) als Erde! Wie hast 
du gemessen?

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Naja was soll ein Bild schon zeigen...

Man muss halt die Unterbrechung finden, so ganz ohne Grund gibts keine 
Spannung am PE.
Eine Spannung hat man recht schnell auf einer Leitung. Aber nicht 
unbedingt wirkliche Leistung...

von Karl B. (gustav)


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H. L. schrieb:
> Ich kann mir nicht erklären, woher diese 90V AC am Schutzleiter kommen
> und frage deshalb hier, ob jemand mit Erfahrung eine Vermutung dazu hat.

Hi,
woher weißt Du, das es "reine" AC ist?
Hier geht es um Spannung PE gegen Bezugspotenzial Fußboden/Schrank.
Habt Ihr eventuell irgendwo einen defekten FU in Betrieb?
H. L. schrieb:
> Der FI hat nicht ausgelöst
Weil er evtl. nicht der geeignete (Typ B+) ist?

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Horst S. (petawatt)


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Karl B. schrieb:
> der Lötkolben meiner Lötstation ist sekundärseitig nirgends mit PE
> verbunden.

Bei einem einfachen Lötkolben mit 230V-Heizpatrone ist die Spitze aber 
direkt mit dem Schutzleiter verbunden.

Nach VDE ist die Ansprechtoleranz eines RCD -50% / +0%. 2 von mir 
vermessene 30mA RCD haben bei langsamer Steigerung des Stroms bei 20 / 
21 mA ausgelöst.

Zu den Auswirkungen des Stroms bei Interesse:
https://www.loullingen.lu/projekte/Defibrillator/103-STRO2.pdf

Grüße von petawatt

von Karl B. (gustav)


Angehängte Dateien:

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Hi,
woran ich mich stoße, ist dass es 90 V sein sollen.
Deswegen die Frage auch (nicht nur von mir), womit und wie das 
festgestellt wurde.
Ist der PE-Strang irgendwo unterbrochen,
könnten die Y-Kondensatoren etc. pp. die Ursache sein.
Sowas hatten wir schon einmal:
Beitrag "Re: Netzteil Elektromagnetische Strahlung"
Andrew T. schrieb:
> Exakt um deratige sinnfreie Messungen zu lassen,
> nutze die Vorgaben der IEC 60601 zum Thema des korrekten
> Abschlußwiderstandes mit Tiefpaß. Stichwort ist MD-device
Horst S. schrieb:
> Bei einem einfachen Lötkolben mit 230V-Heizpatrone ist die Spitze aber
> direkt mit dem Schutzleiter verbunden.

Du hast Recht.

ciao
gustav

: Bearbeitet durch User
von Horst S. (petawatt)


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Abgesehen von der elektrischen Stimulierung des TO freuen sich beim 
Löten die CMOS-IC auf der geerdeten Platine!
Problem unbedingt beseitigen.
Grüße von petawatt

von H. L. (beduerftiger)


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Karl B. schrieb:
> Hi,
> woran ich mich stoße, ist dass es 90 V sein sollen.
> Deswegen die Frage auch (nicht nur von mir), womit und wie das
> festgestellt wurde.

DMM Agilent U1251B, Spannungsmessung im AC Modus.
Gemessen wurde glaube ich zwischen dem unter Spannung stehenden 
Schutzleiter und einem "guten" Schutzleiter der benachbarten Steckdose.
Falls das jetzt irgendwie falsch gemessen ist, ich schalte die Steckdose 
garantiert nicht nochmal ein, um es richtig zu messen. :o)

> Ist der PE-Strang irgendwo unterbrochen,
> könnten die Y-Kondensatoren etc. pp. die Ursache sein.

Ich denke mal, dass es das sein wird. Dafür spricht, dass es nicht 
unbedingt schmerzhaft war.

von ●DesIntegrator ●. (Firma: FULL PALATINSK) (desinfector) Benutzerseite


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Horst S. schrieb:
> Abgesehen von der elektrischen Stimulierung des TO freuen sich beim
> Löten die CMOS-IC auf der geerdeten Platine!
> Problem unbedingt beseitigen.
> Grüße von petawatt

mit solch einem Baumarkt-Lötkolben geht man da auch eh nicht ran.

Zudem besagt eine unbelastete Messung mit einem Multimeter auch nichts.

von Harald W. (wilhelms)


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H. L. schrieb:

> DMM Agilent U1251B, Spannungsmessung im AC Modus.
> Gemessen wurde glaube ich zwischen dem unter Spannung stehenden
> Schutzleiter und einem "guten" Schutzleiter der benachbarten Steckdose.

Mit einem Eingangswiderstand von 5...10 MOhm ist die Messung
nicht ausagekräftig. Interessant wäre die Spannung mit einem
parallelgeschalteten 10kOhm zu messen.

> Falls das jetzt irgendwie falsch gemessen ist, ich schalte die Steckdose
> garantiert nicht nochmal ein, um es richtig zu messen.

Man kann ja die Schaltung mit abgeschalteter Sicherung aufbauen
und dann nach dem Einschalten die Spannung ablesen. Dann die
Sichereung wieder raus und Schaltung wieder abbauen.

von Udo S. (urschmitt)


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Harald W. schrieb:
> Interessant wäre die Spannung mit einem
> parallelgeschalteten 10kOhm zu messen.

Oder den Strom von dem "defekten" Schutzleiter zu einem "guten".

von Harald W. (wilhelms)


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Udo S. schrieb:

>> Interessant wäre die Spannung mit einem
>> parallelgeschalteten 10kOhm zu messen.
>
> Oder den Strom von dem "defekten" Schutzleiter zu einem "guten".

Solche Messungen mache ich nur ungern mit teuren Multimetern.
Das kostet oft eine Sicherung für ca. 10 EUR. :-)

von 2 Cent (Gast)


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Harald W. schrieb:
> Udo S. schrieb:
>
>>> Interessant wäre die Spannung mit einem
>>> parallelgeschalteten 10kOhm zu messen.
>>
>> Oder den Strom von dem "defekten" Schutzleiter zu einem "guten".
>
> Solche Messungen mache ich nur ungern mit teuren Multimetern.
> Das kostet oft eine Sicherung für ca. 10 EUR. :-)
Handelsübliche (ach nee, ist ja heutzutage kaum noch zu bekommen das 
Glühobst) Glühbirne als Strombegrenzungsvorwiderstand löst solcherlei 
Probleme.


LOL 29 Buchstaben "Strombegrenzungsvorwiderstand", ein gutes Password :D

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Nur wenn Du es auch rückwärts tippen kannst. Oder vorwärts-rückwärts 
alternierend.

Habe übrigens gerade mal an meiner Steckdose gemessen. Da liegen 240V am 
Schutzleiter zu einem Loch... AUWEIA

von Thomas E. (thomase)


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2 Cent schrieb:
> 29 Buchstaben "Strombegrenzungsvorwiderstand"

Lobenswert, daß du nicht 30 Buchstaben gebraucht hast.

von 2 Cent (Gast)


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Thomas E. schrieb:
> 2 Cent schrieb:
>> 29 Buchstaben "Strombegrenzungsvorwiderstand"
>
> Lobenswert, daß du nicht 30 Buchstaben gebraucht hast.
Dankie :D

von Uwe S. (bullshit-bingo)


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Variante 1, Messung der 90V geschah bei angeschlossenem Lötkolben:

Der Schutzleiter dieser Steckdose ist nicht angeschlossen. Dein 
Lötkolben hat dank Flussmitteldämpfen keine gute Isolation zum Gehäuse. 
Das führt in Zusammenspiel mit dem Widerstand deines Messgeräts zu den 
90V.

Variante 2, Messung geschah ohne Belastung:

Der Schutzleiter dieser Steckdose ist zwar angeschlossen, das Kabel hat 
jedoch woanders eine Unterbrechung (z.B. an der nächsten Dose). Durch 
kapazitive Kopplung auf dem Weg bis zur Dose ergeben sich (ebenfalls in 
Zusammenspiel mit dem Widerstand des Messgeräts) diese 90V.

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