Ich wollte mir heute eine Testbench basteln um ein (Legacy-) IDE Interface in VHDL auf Herz und Nieren zu testen. Hat ja vielleicht schon mal jemand gemacht, dachte ich mir, und nach einem VHDL Model eines IDE-Drive Interfaces gegoogelt. Gefunden hab' ich keins, aber mir gerät das da: https://patents.google.com/patent/US6535841B1/en in die Finger. Besitzen die doch tatsächlich die Frechheit, sich das Testen eines VHDL-Designs für ein IDE-Interface mittels einer VHDL-Testbench patentieren zu lassen. Da haut's mir doch gleich die Vögel raus... Und das passiert: 2003. Damals hat ja noch keiner was von Testbenches gewusst...
Ohne es jetzt im Detail gelesen zu haben, es wird nur EINE Methode patentiert, nicht das Verifizieren von IDE-Interfaces allgemein. Allerdings sieht die Methode schon SEHR "umfänglich" aus. Was mir hier als Patent-Anekdote einfällt: Waren bei alten 3D-Graphikkarten noch Fixedpoint Formate üblich, ist man irgenwann zu Floatingpoints umgestiegen. Und genau hier setzte ein Patent an. Darin wurde das Float-Format rund um Pixelberechnungen patentiert (deutlich nach 1995, vlt. nach 2000, weiss ich aber nicht mehr). Kann aber auch sein, dass das Patent angefechtet wurde.
Was erwartest du? Ein Patent einreichen ist ein bisschen Papierkram (wenn man damit regelmäßig arbeitet, weiß man wie das geht). Ein Patent durchbekommen ist eine Mischung aus Geschicktheit, Bösartigkeit und Überlastung der Patentämter (auch das ist eine der Hauptaufgaben). Im Prinzip nicht zu schwer, wenn man Neuartigkeit nachweisen kann. Ein Patent anfechten ist extrem teuer, zeitaufwändig und kann, wenn es dumm läuft, die gesamte Firma lahmlegen, weil die Gegenseite weitere Patente geltend macht. Die Vorteile liegen einseitig auf der Seite der Patentinhaber - Qualität des Patentes ist egal, und das Ziel ist eine außergerichtliche Einigung - weswegen man lieber alles patentieren lässt, was man patentieren kann. Auch, wenn es eine triviale Methode ist. Insbesondere, wenn es triviale Methode ist.
Es geht noch besser. Mein absoluter Favorit: DE202005004419U1 (mal bei espacenet eingeben und Original-PDF anschauen). Auch interessant: wieviele gut verkappte und moeglichst kryptisch beschriebene Varianten von Perpetuuum mobile es ins Register schaffen. Offenbar machen sich eine Menge Leute einen Spass draus, zu demonstrieren, wie defekt das System ist. S. R. schrieb: > Ein Patent anfechten ist extrem teuer, zeitaufwändig und kann, wenn es > dumm läuft, die gesamte Firma lahmlegen, weil die Gegenseite weitere > Patente geltend macht. Naja, die Gebuehr fuer die Pruefung 'Nichtigkeit' ist zumindest hierzulande nicht so hoch. Wenn man Glueck hat, bleibt's auch nur dabei.
Das Patentsystem ist seit Anbeginn kaputt, es schützt nicht die Erfinder sondern die Gierigen, es verhindert nicht unlauteren Wettbewerb in dem es Diebstahl von Ideen verhindert, das deutsche Wettbewerbsrecht würde das, was das Patentrecht erreichen sollte, viel besser können. Wer verdiente an der Erfindung des Schiffspropellers (nicht der österreichsche Erfinder) wer erfand den Rotationskolbenmotor (nicht Herr Wankel), von wem stammt der Walkman (nicht Sony), die Liste ist endlos in dem Erfinder um ihren Lohn gebracht werden und sich einfach nur die Firma mit der grösseren Marktmacht den Profit unter den Nagel reisst.
Im deutschen Patentwesen gibt es zumindest den Begriff der "Schöpfungshöhe" (da braucht's natürlich einen Patentanwalt, der die einschätzen kann), im amerikanischen System scheint's das m.W. so nicht zu geben. Microsoft hat ja wohl zumindest versucht, sich den Doppelklick patentieren zu lassen.
Martin S. schrieb: > Offenbar machen sich eine Menge Leute einen Spass draus, zu > demonstrieren, wie defekt das System ist. Solange Patente für Firmen hauptsächlich als Waffe interessant sind, ist ein großes Patentportfolio für Firmen schlicht notwendig. Gezielte Irreführung bei der Begriffswahl gehört dazu, denn man will verhindern, dass andere das Patent vorher finden. MaWin schrieb: > Das Patentsystem ist seit Anbeginn kaputt, Naja, darüber kann man streiten. Ein Crowdfunding-Projekt kann heutzutage von den Chinesen kopiert und geliefert werden, bevor das Crowdfunding abgeschlossen ist. Patente schützen die R&D-Investitionen, und zumindest in der Anfangszeit hat das wahrscheinlich auch einigermaßen funktioniert. Markus F. schrieb: > Microsoft hat ja wohl zumindest versucht, sich den > Doppelklick patentieren zu lassen. Microsoft hat mit der ganzen Patentierei erst angefangen, als die ersten Patentklagen ins Haus flatterten und sie sich dagegen verteidigen mussten. Wie ist eigentlich das Apple-gegen-Samsung-Fiasko ausgegangen?
Martin S. schrieb: > Es geht noch besser. Mein absoluter Favorit: DE202005004419U1 (mal bei > espacenet eingeben und Original-PDF anschauen). Das zumindest ist eine Erfindung, auf die sicherlich nicht jeder kommt...
Martin S. schrieb: > Es geht noch besser. Mein absoluter Favorit: DE202005004419U1 (mal bei > espacenet eingeben und Original-PDF anschauen). Und der Patentinhaber ist jetzt möglicherweise ein gemachter Mann, denn er das Patent wurde ja schon erteilt, bevor Lady Gaga es nutzte und möglicherweise eine Patentverletzung beging. Wenn die Werbewirksamkeit solch einer PR-Aktion in Euro und Cent berechnet wird, kann da schon einiges zusammenkommen. https://www.stern.de/lifestyle/leute/fleischkleid-von-lady-gaga-im-museum--skandal-outfit-von-den-mtv-video-music-awards-2010-6445916.html Microsoft hält übrigens ein Patent US20040230959 auf den Ungleich-Operator in Programmiersprachen.
Als Schüler wollte ich mir einen Bratwürstchen-Grill mit Helium-3 aus einem Kugelhaufenreaktor patentieren lassen. Garantiert fettarm und gesund.
Markus F. schrieb: > Gefunden hab' ich keins, aber mir gerät das da: > https://patents.google.com/patent/US6535841B1/en > in die Finger. nja 1997 mit random test constraints kommen, war zu der Zeit gerade "neu". Außerdem ist es nun seit 2017 ausgelaufen. Damit ist das Wissen niedergeschrieben und ab jetzt öfftenlich verwendbar. BTW lassen sich die Ansprüche umgehen. Statt zwei Channels, macht man 1 oder 3..
Markus F. schrieb: > Und das passiert: 2003. Damals hat ja noch keiner was von Testbenches > gewusst... Ich nehme an, das war ironisch gemeint, oder?
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