Forum: HF, Funk und Felder Antennen Radar


von Fabian Z. (fabi_z)


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Hallo alle zusammen,

ich befasse mich derzeit mit Radarsystemen und habe eine grundlegende 
Frage zu diesen. Es wird ja zwischen monostatischen, bistatischen evtl. 
noch multistatischen Radarsystemen unterschieden. Beim monostatischen 
Radar Sendet und Empfängt eine Antenne.

Bei einem Puls verstehe ich auch noch alles. Der Puls wird ausgesandt 
und das reflektierende Signal wird Empfang. Daraus kann zum Beispiel die 
Entfernung bestimmt werden.

Bei einem monostatischen Radar mit kontinuierlichem Signal hab ich da 
schon mehr Probleme. Ein dauerhaft gesendetes Signal kann gleichzeitig 
über die selbe Antenne Empfangen?

Wie geht das?

Ist eine Antenne in der Lage gleichzeitig zu empfangen und zu senden?

Beste Grüße und vielen Dank für die Aufklärung

von Marek N. (Gast)


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Ja natürlich, eine Antenne ist doch reziprok!

Um das empfangene Signal zu detektieren wird ein Chirp gesendet.
Das empfangene Signal hat durch die Laufzeit eine andere Frequenz, als 
das gerade gesendete. Mit einer Mischerdiode wird das Signal ins 
Basisband gebracht. Die Frequenzdifferenz ist ein Maß für die Laufzeit 
des Signals.

Anwendung findet es z.B. beim Funkhöhenmesser von Flugzeugen oder beim 
Abstandsradar von Autos.

von Fabian Z. (fabi_z)


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Vielen Dank für deine schnelle Antwort.

Das eine Antenne passiv betrachtete äquivalent ist und Sende- wie 
Empfangsfalle theoretisch betrachtet identisch ist, war mir bewusst.

Jedoch das gleichzeitige Senden und Empfangen wird mir nicht klar.

Was würde passieren wenn ich mit einer Antenne bei 1GHz kontinuierlich 
sende und gleichzeitig das identische Signal (nur phasenverschoben) 
empfange. Wie funktioniert das mathematisch betrachtet?

Eine Antenne resoniert weil dies mit dem Sendesignal angeregt wird, kann 
diese auch von einem zweiten Signal (Empfangsfall) zur gleichen Zeit 
angeregt werden?

Entschuldigt wenn die Fragen villt dumm klingen, aber mir ist das noch 
nicht so ganz logisch.

von Hp M. (nachtmix)


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Fabian Z. schrieb:
> Was würde passieren wenn ich mit einer Antenne bei 1GHz kontinuierlich
> sende und gleichzeitig das identische Signal (nur phasenverschoben)
> empfange. Wie funktioniert das mathematisch betrachtet?

Bei konstanter Frequenz und gleichbleibender Strecke ergibt die 
Überlagerung von vorlaufender und reflektierter Energie eine stehende 
Welle.
Gleiche Frequenz, aber ortsabhängige Maxima und Minima.
Solch stehende Wellen kann man sogar bei Seil- oder Wasserwellen sehen.

A= V*sin (ω*t) + R*sin(ω*(t-Δt)) ; Wobei V die Amplitude der 
vorlaufenden Welle und R die (geringere) Amplitude der reflektierten 
Welle ist.

Die Zeitdifferenz Δt kann man über die Ausbreitungsgeschwindigkeit auch 
als Strecke ausdrücken und erhält dann mit ein bischen Trigonometrie die 
ortsabhängigkeit der Amplitude A.

https://de.wikipedia.org/wiki/Stehende_Welle

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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Fabian Z. schrieb:
> Eine Antenne resoniert

Was ist das denn?


Resonanz ist für die Abstrahlung oder den Empfang einer 
elektromagnetischen Welle nicht nötig.
Bei Radarfrequenzen genügt ein Loch oder ein Schlitz in der Wand des 
Hohlleiters, damit dort Energie aus- oder eintritt.
Mit einer Ausnahme: Man darf beinahe ungestraft in der Mitte der breiten 
Seite des Hohlleiters einen Längsschlitz machen, ohne dass dort 
nennenswert Energie austritt.
Davon macht man z.B. Gebrauch, wenn man mit einer Sonde die Lage und 
Größe von stehenden Wellen im Hohlleiter messen will.
https://en.wikipedia.org/wiki/Slotted_line

von Radar-Noob (Gast)


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Marek N. schrieb:
> Das empfangene Signal hat durch die Laufzeit eine andere Frequenz, als
> das gerade gesendete.

Warum ändert die Laufzeit die Frequenz?

von Baku M. (baku)


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Radar-Noob schrieb:
> Warum ändert die Laufzeit die Frequenz?

Die Antwort liegt in dem Satz davor, den du beim Zitieren unterschlagen 
hast:

>>Um das empfangene Signal zu detektieren wird ein Chirp gesendet.
>>Das empfangene Signal hat durch die Laufzeit eine andere Frequenz, als
>>das gerade gesendete.

Der Chirp ändert ja die Frequenz über die Zeit. Also hat das empfangene 
Signal, weil es ja um die Laufzeit früher ausgesendet wurde, eine andere 
Frequenz als das momentan gerade gesendete.
Es ändert also nicht die Laufzeit die Frequenz, das empfangene Signal 
ist nur 'älter' als das gerade gesendete, und wurde daher auf einer 
anderen Frequenz gesendet.
Das Geheimnis der anderen Frequenz steckt also in dem Chirp :-)

HTH
Baku

von GHz N. (ghz-nerd)


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in der Hochfrequenz kann eine Signal anhand seiner Ausbreitungsrichtung 
im der Leitung isoliert werden.
Es gibt passive Bauteile, die genau dafür gemacht sind. Wichtigste 
Beispiele sind der Richtloppler und der Zikulator. Diese Begriffe 
sollten dich weiterbringen.

von Huh? (Gast)


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GHz N. schrieb:
> Richtloppler

GHz N. schrieb:
> Diese Begriffe sollten dich weiterbringen.

ymmd :-)

von Huh? (Gast)


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Tausche l gegen k
Welches musst du selbst rausfinden ;-)

von Volker M. (Gast)


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Radar-Noob schrieb:
> Warum ändert die Laufzeit die Frequenz?

FMCW-Radar zur Entfernungsmessung:
Beim FMCW-Radar fährt der Sender eine schnelle Frequenzrampe, wie von 
Baku schon angesprochen. Damit hat man also je nach Signallaufzeit eine 
Differenzfrequenz zwischen aktueller Sendefrequenz und dem reflektierten 
Signal. Die Frequenzverschiebung ist ein Maß für die Laufzeit 
(Enfernung).

Doppler-Radar zur Geschwindigkeitsmessung:
Hier sendest du eine Festfrequenz und das empfangene Signal ist bei 
bewegten (!) Zielen frequenzverschoben durch den Dopppler-Effekt.

https://www.micro-radar.de/de/technologie/Radar-Prinzip.html

von Horst S. (petawatt)


Angehängte Dateien:

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Bin jetzt nicht der Radar-Experte. Wir haben auf unserer Segelyacht nur 
ein älteres Analog-Impulsradar. Typischer Innenaufbau des Radom siehe 
Anhang.
Waren Doppler- und Chirp-Radar vor einiger Zeit mehr was für das 
Militär, so ist das heute auch im Segelsport die Normalausführung. Das 
früher notwendige "Sichtgerät" unter Deck wurde durch den sowiso schon 
vorhandenen Kartenplotter (MFD=Multifunktionsdisplay) ersetzt. Das Radom 
kostet ca. 2500 € als Zusatzteil zum Plotter.

Als Vorteil im Vergleich zum alten Impulsradar werden unter anderem in 
den Herstellerprospekten genannt:
- Geringere maximale Sendeleistung
- Geringere Stromaufnahme
- Geringeres Radomgewicht
- Erweiterter Nahbereich
- Bessere Darstellung der Ziele durch digitale Signalverarbeitung und 
Verwendung unterschiedlicher Farben (Bewegungsrichtung, Zielverfolgung)
- Anbindung Radom-MFD auch über WIFI

Auffällig: Man spricht bei den Echos immer noch von "Zielen". Kommt 
sicher vom Militär.

Grüße von petawatt

von Hp M. (nachtmix)


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GHz N. schrieb:
> in der Hochfrequenz kann eine Signal anhand seiner Ausbreitungsrichtung
> im der Leitung isoliert werden.
> Es gibt passive Bauteile, die genau dafür gemacht sind. Wichtigste
> Beispiele sind der Richtloppler und der Zikulator. Diese Begriffe
> sollten dich weiterbringen.

Gibts sogar für Niederfrequenz.
Rein passive Zirkulatoren für NF sind mir zwar nicht bekannt (Gyratoren 
mit OpAmps gibts schon sehr lange), aber die Richtkoppler waren in 
praktisch jedem Wählscheibentelefon eingebaut und heissen dort 
Gabelschaltung.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gabelschaltung

Beitrag #6307451 wurde von einem Moderator gelöscht.
von Fabian Z. (fabi_z)


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Vielen Dank für den vielen Input. Jedoch ist mir die Theorie noch nicht 
ganz klar geworden.

Dieser Beitrag war schon mal super.

Hp M. schrieb:
> Fabian Z. schrieb:
>> Eine Antenne resoniert
>
> Was ist das denn?
>
>
> Resonanz ist für die Abstrahlung oder den Empfang einer
> elektromagnetischen Welle nicht nötig.

Jedoch ganz allgemein betrachtet. Wenn ich zum Beispiel ein CW Radar 
habe, welches monostatisch funktioniert, sendet eine einzige Antenne 
(zum Beispiel aus einem Schlitz eines Hohlleiters) kontinuierlich meine 
Welle ab.

Trotz des dauerhaften sende ist es möglich das zeitgleich, exakt zur 
selben zeit, durch den gleichen Schlitz ein Signal empfangen werden 
kann. Also senden und empfangen durch einen Schitz zur selben Zeit. Oder 
anders ausgedrückt, einkoppeln und auskoppeln einer EM-Welle zur selben 
Zeit. Warum geht das? Warum löschen sich die zwei Ebenen Wellen nicht 
aus?

Genau das verstehe ich nicht (wahrscheinlich weil mir hierzu das nötige 
Hintergrundwissen fehlt).

: Bearbeitet durch User
von GHz N. (ghz-nerd)


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Fabian Z. schrieb:
> Trotz des dauerhaften sende ist es möglich das zeitgleich, exakt zur
> selben zeit, durch den gleichen Schlitz ein Signal empfangen werden
> kann. Also senden und empfangen durch einen Schitz zur selben Zeit

Du vermischst hier zwei Dinge...
Sowohl das Ausbreitungsmedium Luft/Vakuum wie die Antennenstruktur und 
auch die Zuleitung (Koax oder Hohlleiter) sind (weitestgehend) lineare 
und bidirektionale Medien. Wellen, die sich in eine Richtung ausbreiten 
"kollidieren" nicht mit denen, die in die entgegengesetzte Richtung 
laufen, sondern überlagern sich nur. Wie bereits genannt ist dies z.b 
auch bei Wasserwellen und Schallwellem der Fall... (wenn man mit 
jemandem spricht hört man ja auch wenn die andere Person einen 
unterbricht...).
Am Ort der Überlagerung gibt es zwar lokal Interferenzmuster, aber es 
sind immer noch zwei wellen, die sich unabhängig voneinander ausbreiten.
Was sie unterscheidet ist die Richtung des Energieflusses (bei EM Wellen 
der Poyinting Vektor).
Für die Trennung von hin- und rücklaufenden Wellen auf einer Leitung 
existieren dann die oben etwähnten Bauteile und Schaltungen, die dies 
anhand der relativen Lage von Strom und Spannung bewerkstelligen.

von Hp M. (nachtmix)


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GHz N. schrieb:
> Wellen, die sich in eine Richtung ausbreiten
> "kollidieren" nicht mit denen, die in die entgegengesetzte Richtung
> laufen, sondern überlagern sich nur. Wie bereits genannt ist dies z.b
> auch bei Wasserwellen und Schallwellen der Fall..

Man nennt das auch das Superpositionsprinzip.
Damit ich nicht so viel schreiben muss, gibts fertige Videos:
z.b.: https://www.youtube.com/watch?v=p1IsVeKX81I
https://www.youtube.com/watch?v=0Tr9cggFEHU

von eric (Gast)


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Es gab/gibt zahlreiche Geräte, die mit einer einzigen Antenne
gleichzeitig im Dauerstrich -also ohne Zeitversatz-
senden und empfangen.
Das funktioniert problemlos, wenn das das Empfangsteil
nicht durch den Sender in die Begrenzung gesteuert wird.

Schon im WK2 gab es Abstandszünder, die darauf beruhten,
dass sich der Fusspunktwiderstand einer Antenne
durch die Rückstrahlung eines in der Nähe befindlichen
Reflektors ändert. Bei variablem Abstand ist das
lediglich eine andere Beschreibung des Dopplereffekts.
Die Geräte waren vorgesehen für Flugabwehrraketen,
die nicht mehr zum Einsatz kamen, sonst hätten wir
wahrscheinlich weniger Ruinen und Leichenberge gehabt.

Das gleiche Verfahren wurde ca. 25 Jahre später
für Einbruchmelder verwandt, die entweder auf UKW
oder im GHz-Bereich arbeiteten.
Die derzeit besten Einbruchmelder sind eine Kombination
aus PassivInfrarot- und Mikrowellen-Sensor,
die in UND-Schaltung verknüpft sind.
Der Mikrowellenmelder arbeitet im Dauerstrich
und gewinnt aus der Mischung von Sende- und Rückstrahlsignal
eine niederfrequente Dopplerfrequenz.

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