Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Warum immer so hohe Spanungen im Vorverstärker


von HiFi (Gast)


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Hallo,

ich habe hier einen AVR Verstärker von Yamaha zum basteln und leider 
sind wirklich alle Endstufen durch d.h. es liegt Gleichspannung am 
Lautsprechereingang an. Wie man das schafft, keine Ahnung, aber es hat 
mir etwas zum basteln beschert.

Da sich für die Yamaha Verstärker meistens die Servicemanuals im 
Internet finden lassen habe ich mir das passende besorgt, und stochere 
ich nun ein wenig im Gerät herum und versuche evtl. noch einen anderen 
Verwendungszweck für das Gerät zu finden. (Über die Gefahren der 
Netzspannung weiß ich Bescheid und halte mich vom Eingangsboard mit der 
Netzspanung fern)

Was mich aber wundert ist, das die ganzen Verstärker im Signalpfad alle 
mit relativ hoher Spannung 12/15V laufen obwohl ein normales Hifi-Signal 
unter
1 Volt liegt. (Laut Beschreibung 1V@500R Pre Out / 2V@500R Subwoofer)

Gibt es hier einen technischen Hintergrund wie z.B. die OPs brauchen das 
damit sie anständig funktionieren, oder hat es einfach den Grund weil 
man diese Spannung an einem Punkt braucht und die anderen Punkte einfach 
mit dazunimmt, weil es einfacher ist.

Gruß HiFi

: Verschoben durch Moderator
von Michael B. (laberkopp)


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HiFi schrieb:
> Gibt es hier einen technischen Hintergrund

2 Gründe:

Headroom, selbst wenn 0dB beim Line-Signal nur bei 0.775Vrms (1Vp) 
liegt, möchte man Übersteuerungen ohne clipping und die damit 
einhergehenden Verzerrungen übertragen. So +10dB, also die 3-fache 
Spannung, mithin +/-3V, möchte man unverzerrt weitergeben können. So 
weit sind die meisten VU-Meter beschrftet.

Dann: gute Qualität. De klassischen Operationsverstärker wie NE5532 
(oder gar uA741) haben in den Grenzbereichen, so 5V von der 
Versorgungsspannung weg, nicht mehr so gute Daten, mit +/-12V kann man 
also nur Signale bis +/-7V in guter Qualität übertragen.

Da ist noch viel Luft, und moderne Audiosysteme arbeiten oft nur noch 
mit 5V (signle supply, Ruhepegel also bei 2.5V), was bei modernen R2R 
OpAmpa für +6dBu headroom noch reicht, für +10dBu nicht mehr, und quasi 
nie im Bereich der optimalen Wiedergabequalität liegt. Aber das Volk 
will Jubelelektronik.

: Bearbeitet durch User
von Engelbert S. (engelbert)


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Ich hatte kürzlich einen Parasound zur Reparatur - der lief in der 
Vorstufe mit ±75V. Da kam sogar mein Labornetzteil mit nur ±60V an seine 
Grenzen.

Gruß,
Engelbert

von HiFi (Gast)


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Danke,


den NE5532 habe ich im Schaltplan tatsächlich auch gefunden aber nur in 
den Front, Center und Suroundkanälen sonst sind nur NJM2068 verbaut.


Gruß HiFi

von HildeK (Gast)


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HiFi schrieb:
> Was mich aber wundert ist, das die ganzen Verstärker im Signalpfad alle
> mit relativ hoher Spannung 12/15V laufen obwohl ein normales Hifi-Signal
> unter
> 1 Volt liegt. (Laut Beschreibung 1V@500R Pre Out / 2V@500R Subwoofer)

Das ist der Nominalpegel, Sinus 0dB.
Jetzt spiele mal ein Musikstück ab, bei dem sich der Drummer an seiner 
Base austobt ...

von Thomas (kosmos)


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wenn man ein Signal hat (+-0,75V) und das Netzteil schon +-75mV 
Rauschen/Ripple hat versaut dass das ganze Signal.

Wenn das Signal +-12V hat dann stören diese 75mV nicht.

Signal/Rauschabstand

Viele PA-Verstärker die ich geöffnet habe hatten direkt innen an der 
Rückwand einen kleine Platine mit einem Vorverstärker bevor das Signal 
über das Kabel weiter zur Verstärkerplatine ging.

Man versucht also da wo das Signal noch am stärksten ist es gleich zu 
verstärken damit sich später kein rauschen einschleichen kann.

von Peter R. (pnu)


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ein paar Vermutungen:

Die meisten Operationsverstärker sind von der Halbleitertechnik her auf 
+ - 15V ausgelegt. Bei 12V hat man dann komfortable Werte gegenüber 
Abweichungen  bei der 12V-Versorgung. 12V x 1,2 sind halt schon 14,4V 
aber nur in der Nähe der 15V die der Opamp vertragt. 15V x 1.2 sind 
schon 18V und wären zuviel.

Mit 12V haben die Opamps wahrscheinlich auch noch gute Unterdrückung 
gegen Vcc-Störspannungen.

große Aussteuerung von Halbleitern  bringt thermisch bedingte  Störungen 
wegen der Arbeitspunktverschiebungen. Bei 3V Uss Signal hat eine mit 5V 
versorgte Stufe wesentlich mehr thermisch bedingte Veränderungen als 
eine mit 12V versorgte.

Bei 12V kann eine RC-Siebung der Versorgungsspannung deutlich höheres R 
haben als bei 5V und damit besser Störungen unterdrücken.

10mV Störspannung auf 12V sind wesentlich besser als 10mV auf 5V Vcc

: Bearbeitet durch User
von HiFi (Gast)


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Hm,


das mit dem Störabstand hört sich relativ logisch an.


Mit dem 0dB Pegel kann ich leider weniger anfangen...

Wenn ich das mal "durchspinne"

0dB = 0,775V

Wenn mein aktueller Verstärker auf -20dB steht wirds schon richtig laut 
und mehr traue ich mich auch nicht, nicht das die Nachbarn vom nächsten 
Haus rüberkommen, man kennt sich ja und muß noch länger miteinander 
leben...

0,775V * -20dB sind dann ja 0,0775V

Wenn das am Lautsprecher mit 91dB@2,83V@1m anliegt kommen da theoretisch 
76dB raus
(gerechnet Verhältnis Uin / Uls@91dB = -30dB = 61dB am Lautsprecher)

Laut Internet ist das so geordnet:

60 dB(A)        Normales Gespräch
65 dB(A)        Risikoerhöhung
70 dB(A)   Staubsauger, Haartrockner
75 dB(A)   PKW
80 dB(A)   Starker Verkehr, Dreherei, Bohrerei, LKW
85 dB(A)   unangenehm, bei längerer Einwirkung Gehörschaden
90 dB(A)   schweres KFZ, Schweißumformer, Handschleifgerät
95 dB(A)   Holzfräsmaschine, Musik (Kopfhörer)
100 dB(A)   Kreissäge, Schleifhexe, Discothek

Und ich würde das persönlich bei 90dB(A) einordnen...

Und im Audiobereich ist es auch teilweise extrem schwer an Informationen 
zu kommen, denn man landet relativ schnell im Bereich
...die Höhen wurden um einiges luftiger und auch die Mitten waren 
wesentlich präsenter...

bei einem Ethernetkabel...

Naja, die Jungs in dieser Ecke haben eindeutig das größere Werbebudget!

Und zum Probieren fehlt die Zeit und auch das Spielgeld...

Aber ich hatte Letztens die Gelegenheit und durfte Klipsch 
Standlautsprecher ausprobieren und habe diese als alter Frevler an eine 
eine PA-Endstufe gehängt (Halbamtlich macht was sie soll, keine 
Hollywood) und laut Internetz rauschen die Dinger...
Ende vom Lied ohne Zuspieler (Amtliche laut Gemeinde) rauscht da nix 
auch wenn der Gain Regler auf Rechtsanschlag steht...

Gruß HiFi

von Michael B. (laberkopp)


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HiFi schrieb:
> Wenn das am Lautsprecher mit 91dB@2,83V@1m anliegt

Dazwischen ist zwischen Line Pegel und Lautsprecher die Endstufe, die 
macht natürlich viel mehr Spannung.

Noch ein Grund für die +/-15V, in Summe 30V: Alte Audiotechnik bediente 
sich einfachen Transistorschaltungen, und die sind auch nur in einem 
engen Spannungs- und Aussteuerngsbereich halbwegs linear. Also will man 
viel Versorgungsspannung (30V halten auch billige Transistoren aus) 
damit die Spannungsschwankung an einem Widerstand prozentual gering 
bleibt, damit sich die Ströme nicht zu sehr verändern, damit der 
Klirrfaktor kleine bleibt.

Und bei OpAmps ist man dabei geblieben.

von HildeK (Gast)


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HiFi schrieb:
> Laut Internet ist das so geordnet:
>
> 60 dB(A)        Normales Gespräch
> 65 dB(A)        Risikoerhöhung
> 70 dB(A)   Staubsauger, Haartrockner
usw.

Damit hat es nichts zu tun.
Die 0dB entsprechen den 0,775V. Das ist der nominale Linepegel, den du, 
bevor er auf die Endstufe geht, mit dem Volume-Steller fast immer 
verringerst.
Was aber eher wichtig ist, dass Signalspitzen im Audiosignal sein 
können, die auch mal 10-20dB größer sind, ohne direkt als 'brüllend 
laut' empfunden zu werden, weil das oft nur sehr kurz ist. Und die 
sollten nicht durch die Verstärkerschaltung begrenzt werden! (Gut, sie 
werden zum größten Teil durch den Kompressor und Limiter beim 
CD-Mastering schon entfernt)

HiFi schrieb:
> das mit dem Störabstand hört sich relativ logisch an.

Eigentlich nicht, denn das sind wenig mehr als 3dB und das ist die 
Grenze, die der Mensch als Lautstärkeänderung wahrnimmt.

von HiFi (Gast)


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Hm,


>Die 0dB entsprechen den 0,775V. Das ist der nominale Linepegel, den du,
>bevor er auf die Endstufe geht, mit dem Volume-Steller fast immer
>verringerst.


Aber was ist dann mit dem Rest in der ganzen Kette?

Weil eigentlich ist am Ende nur interessant was an meinen Ohren 
ankommt...


Im Service Manual von Onkyo steht bei einer Endstufe +29dB kann ich das 
dann verrechnen???

Line In 0db + Lautstärke Poti z.b. -20dB + Verstärker +29dB = +9dB?

Und dann hängt es eigentlich noch davon ab welche Impedanz meine 
Lautsprecher haben, weil durch 4 Ohm geht ein wenig mehr Strom als durch 
8 Ohm...


Gruss HiFi

von Udo K. (Gast)


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Diese Pegel haben natürlich auch mit Headroom zu tun.
Aber der eigentliche Grund ist Geschichte.
Früher gabs keine billige OPVs und Transistoren.

Rauschen war nicht wichtig, das Medium Schallplatte oder Radio
rauscht ohne Ende, und unnötige Verstärkung kostete.
Die Eingangsstufen waren diskrete Primitivschaltungen,
die irgendeine Versorgungsspannung verwendeten.

Dann kamen OPV, anfangs aus der Profiecke,
und die hatten 15 Volt als Versorgung.
Irgendwann in den 80'ern wurden die richtig billig und gut,
und das ist der Grund für die 15 Volt Versorgungsspannung.

Musik für die Massen war schon damals ohne viel Dynamik,
und die Lautsprecher hätten es nicht rüberbekommen.
Ausnahme natürlich die 0.1% Klassikliebhaber, aber die
investieren entsprechend.

Der kleinste Nenner war der Konsumerpegel von -10 DBV (0.312 Volt RMS).
Aber die Verstärker von vor 30 Jahren konnten max die Hälfte,
eher 1/3 davon am Eingang.

Erst mit der CD und der Digitalelektronik ist
dann ein 1 - 2 Vrms Signaleingang dazugekommen.
Wieviel Volt wusste damals wie heute keiner genau.
In Wahrheit wurde im Audiobereich ausser durch die Marktmacht
nie etwas genormt.

von Dieter (Gast)


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Die Spannungen sind so hoch, damit das Signal im Verhaeltnis dazu sehr 
klein ist, dh Kleinsignalverhalten mit geringerem Klirrfaktor und 
hoeherer Verstaerkung.
Bei 70V gegenueber 7V rund 1/10 bzw. 10fache.

von Lurchi (Gast)


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+-15 V Versorgung ist Standard für Audio OPs. Ensprechend sind auch die 
Pegel gewählt, dass es damit gut passt. Der Normale Pegel ist niedriger, 
aber spitzen gehen schon mal bis etwa 3-5 V.

Zwischendurch ist der Pegel in der Schaltung ggf. auch noch etwas höher 
um mehr Reserve bei der Dynamik zu haben. Der Line Pegel ist schließlich 
nur zwischen den Geräten vorgegeben intern darf es an kritischen Stellen 
auch anders sein.

von Konstantin Qualle (Gast)


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Wegen der Power... hätte ich jetzt spontan gesagt, paßt aber leider 
nicht ins Szenario.

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