Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik OpAmp vs. Emitterfolger - kritische Signalübertragung


von Henry T. (ben_jo)



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Hallo Forum,

ich sitze gerade an einer Schaltung und habe ein Verständnisproblem was 
sich vermutlich auf die Ausgangsimpedanz von OpAmps oder Emitterfolgern 
bezieht.
Anwendungsfall:
Ich habe ein hochohmiges Audiosignal, welches erst verstärkt und dann 
über einige Meter übertragen werden soll. Parallel laufen Bus-Leitungen, 
welche in das Audiosignal einstreuen, wenn ich nur mit einem OpAmp 
arbeite. Schalte ich nach dem OpAmp einen Transistor in 
Emitterfolgerschaltung, sind die Einstreuungen verschwunden.  Kabel sind 
ordentlich geschirmt, etc..

Da OpAmps in aller regel eine ziemlich kleine (frequenzabhängige) 
Ausgangsimpedanz haben, stellt sich mir nun die Frage, warum der 
Emitterfolger schafft, was der OPV nicht kann.
Anbei gibts beide Schaltungen! Den Transistor würde ich mir natürlich 
gerne sparen, der bringt nur zusätzliches Rauschen, frisst strom, ... .
Gibt es die Möglichkeit, die Schaltung anzupassen um mit dem OPV das 
Verhalten des Emitterfolgers zu erreichen? Ggf. auch mit der zweiten 
Sektion des OPV.
Vielen Dank vorab für eure Hilfe!

von Achim S. (Gast)


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Henry T. schrieb:
> Da OpAmps in aller regel eine ziemlich kleine (frequenzabhängige)
> Ausgangsimpedanz haben, stellt sich mir nun die Frage, warum der
> Emitterfolger schafft, was der OPV nicht kann.

du hast am Ausgang des OPV noch 1,5kOhm in Serie. Am Ausgang des 
Emitterfolgers ist das nicht der Fall. Das macht ziemlich genau 1,5kOhm 
Unterschied im Hinblick auf die Ausgangsimpedanz.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Mit einem TL072 hast du zielsicher einen OpAmp gefunden, der so 
hochohmig am Ausgang ist, das er nur wenig Strom liefern kann. Das wird 
vom Emitterfoger dann verbessert, denn je niederohmiger die Leitung 
angetrieben wird, desto störunempfindlicher ist sie. Im Datenblatt 
belasten sie den Ausgang des Opamp maximal mit 2kOhm, das sollte dir zu 
denken geben.
Such dir also einen kräftigeren Opamp, und wenn das Signal klein ist, 
auch gleich einen, der weniger rauscht. Adhoc fällt mir z.B. der OPA2134 
ein, aber da gibts sicher noch einen Haufen andere.

von MaWin (Gast)


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Henry T. schrieb:
> warum der Emitterfolger schafft, was der OPV nicht kann.

Vermutlich führt die Unsymmetrie, aufladen der Ausgangsleitung über den 
Transistor mit wenigen Ohm, entladen über hochohmige 10k, zu einer 
Filterung so daß das reale übertragene Signal dem Signalpegel + 
positiver Störsignalspitzen entspricht, damit sind die Störungen fast 
weg.

Aber das ist natürlich Unsinnig.

Erstmal sollte deine Leitung einen Massebezug bekommen, z.B. 10k nach 
Masse.

Dann muss der OpAmp nicht über 1k5 entkoppelt werden, sondern über das 
minimal zum stabilen Betrieb mit kapazitiver Last notwendige, am Besten 
das zur Leitungsimpedanz passende, also 47 Ohm.

Dann koppeln deine (beiden) 2.2MOhm Spannungsteiler natürlich jede 
Störung der Versorgungsspannung mit -3dB ins Signal. Die sind also blöd. 
Am besten natürlich eine symmetrische Versorgungsspannung, oder 
zumindest eine nach Masse hin abgeblockte Hilfsspannung.

von Henry T. (ben_jo)


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Uii, das ging schnell, vielen Dank! Ich werd mal den OPA2134 testen!

von Sly_marbo (Gast)


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MaWin schrieb:
> Erstmal sollte deine Leitung einen Massebezug bekommen, z.B. 10k nach
> Masse.

Das solltest du vor allem auch testen ;)

von Der Zahn der Zeit (Gast)


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Achim S. schrieb:
> du hast am Ausgang des OPV noch 1,5kOhm in Serie. Am Ausgang des
> Emitterfolgers ist das nicht der Fall. Das macht ziemlich genau 1,5kOhm
> Unterschied im Hinblick auf die Ausgangsimpedanz.
... und damit größenordnungsmäßig einen Faktor 50 bis 100. Reduziere den 
Widerstand erheblich, aber nicht zu weit, denn dann entsteht bei 
kapazitiven Lasten (-> Kabeln) die Gefahr von Schwingen.

von W.S. (Gast)


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Henry T. schrieb:
> Parallel laufen Bus-Leitungen,
> welche in das Audiosignal einstreuen, wenn ich nur mit einem OpAmp
> arbeite. Schalte ich nach dem OpAmp einen Transistor in
> Emitterfolgerschaltung, sind die Einstreuungen verschwunden.  Kabel sind
> ordentlich geschirmt, etc..

Wenn das "Busleitungen" sind, dann läuft darüber nur Hochfrequentes. 
Sowas kannst du garantiert nicht hören.

Ich schätze daher eher, daß entweder der OpV beim Anschluß des Kabels 
ins Schwingen kommt (quasi in Clapp-Schaltung) oder daß er durch 
hochfrequente Einstreuungen in seinen Ausgangs- und damit 
Rückkoppel-Zweig zu Rauschen und Schwingen angeregt wird. Mit dem 
Emitterfolger hast du eine HF-mäßige Entkopplung und obendrein eine 
asymmetrische Ansteuerung ins Kabel hinein: nach oben niederohmig mit 
1k5/beta des Transistors und nach unten hin mit 10k als Impedanz, was 
deutlich größer ist als die 1k5 am OpV Ausgang.

Wahrscheinlich bewirken die ominösen Störungen bei der 
Emitterfolger-Version lediglich eine leichte Verzerrung, die du nicht 
hörst.

W.S.

von Mohandes H. (Firma: مهندس) (mohandes)


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MaWin schrieb:
> Dann muss der OpAmp nicht über 1k5 entkoppelt werden, sondern über das
> minimal zum stabilen Betrieb mit kapazitiver Last notwendige, am Besten
> das zur Leitungsimpedanz passende, also 47 Ohm.

Abgesehen von der Wahl eines anderen OPs: Ich würde auch mal die 1k5 
(warum?) am Ausgang reduzieren. Auch die 1µ in Reihe zu 100n machen 
keinen Sinn.

R8/R9 würde ich um ein bis zwei Größenordnungen verkleinern, damit sich 
der Emitterfolger dort keine Störungen einfängt. Es sollte aber auch 
ohne Transistor gehen.

Die Erdung des geschirmten Kabels geht aus dem Schaltplan nicht exakt 
hervor. Um Erdschleifen zu vermeiden sollte die Masse nur einseitig 
angeschlossen sein. Und: zentraler Massepunkt!

von Mark S. (voltwide)


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R7,R8,R9, C4, C5 ersatzlos streichen, die sind komplett überflüssig. 
Basis des Transistors direkt mit dem OP-Ausgang verbinden. Fertich

von HildeK (Gast)


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Mark S. schrieb:
> R7,R8,R9, C4, C5 ersatzlos streichen, die sind komplett überflüssig.
> Basis des Transistors direkt mit dem OP-Ausgang verbinden. Fertich

Ja, genau!
Und dann noch am Teilerpunkt von R3/R4 (zweimal 100k) blocken und den 
Eingang über einen weiteren Widerstand (100k-500k) auf das Bias bringen. 
Sonst kommen dort Störungen auf UB herein und werden noch um Faktor 5 
verstärkt.

Aber der TO wollte ja auf den Transistor verzichten. Die genannte 
Reduzierung des R7 auf 50Ω-100Ω sollte aus Kurzschlussschutz reichen.

von Gebhard R. (Firma: Raich Gerätebau & Entwicklung) (geb)


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Grundsätzlich wäre auch eine symmetrische Übertragung anzudenken. Mit 2 
Stk. OPV lässt sich das Signal symmetrieren,die Einstreuungen stark 
reduzieren.

von Thomas (Gast)


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Zeichne dir beide Schaltungen mal auf wenn du annimmst dass die Eingänge 
0 sind und deine Störquelle deine neuer Eingang ist.
Wenn ich mich jetzt auf die Schnelle nicht verschaut habe: Im unteren 
Fall blockt der npn, im oberen hast du im Prinzip das Störsignal mit V=1 
wieder am OPV

von Henry T. (ben_jo)



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Vielen Dank für die umfangreichen Antworten, das Forum ist wirklich 
spitze!

Matthias S. schrieb:
> Such dir also einen kräftigeren Opamp, und wenn das Signal klein ist,
> auch gleich einen, der weniger rauscht. Adhoc fällt mir z.B. der OPA2134
> ein, aber da gibts sicher noch einen Haufen andere.

Hab aktuell nur den TL72 zur Hand. Ein paar alte 4558D hätte ich noch 
da, wäre der Tausch sinnvoll? OPA2134 sind bestellt.

MaWin schrieb:
> Erstmal sollte deine Leitung einen Massebezug bekommen, z.B. 10k nach
> Masse.

Erledigt.

MaWin schrieb:
> Dann muss der OpAmp nicht über 1k5 entkoppelt werden, sondern über das
> minimal zum stabilen Betrieb mit kapazitiver Last notwendige, am Besten
> das zur Leitungsimpedanz passende, also 47 Ohm.

Erledigt.

MaWin schrieb:
> Dann koppeln deine (beiden) 2.2MOhm Spannungsteiler natürlich jede
> Störung der Versorgungsspannung mit -3dB ins Signal. Die sind also blöd.
> Am besten natürlich eine symmetrische Versorgungsspannung, oder
> zumindest eine nach Masse hin abgeblockte Hilfsspannung.

Symmetrische Versorgung nicht ohne Weiteres möglich, aber Hilfsspannung.

Das Störgeräusch kommt durch die Änderungen tieffrequenter rüber, aber 
mit identischer Intensität.

W.S. schrieb:
> Wenn das "Busleitungen" sind, dann läuft darüber nur Hochfrequentes.
> Sowas kannst du garantiert nicht hören.

Es handelt sich um einen seriellen Bus, welcher zyklisch Datenpakete 
sendet. Analog gesehen, sind das Rechteckspannungen zwischen 0 und 5 V, 
hohe Flankensteilheit inklusive. Bei jeden Datenpaket entsteht ein 
"Pop"-Geräusch, irgendwo unter 1kHz.

Das im Schaltplan mit Transistor einige Teile überflüssig sind, ist 
klar. Hatte ich aus zwei Plänen zusammengeschmissen.
Aber den Transistor gilt es zu vermeiden! Würde die Sache gerne nur mit 
OPVs aufbauen!

Anbei die aktuelle Schaltung.
Vielen Dank!

: Bearbeitet durch User
von Michael B. (laberkopp)


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Henry T. schrieb:
> Das Störgeräusch kommt durch die Änderungen tieffrequenter rüber, aber
> mit identischer Intensität.

Hmm also dann wenn der 1uF gegenüber der Frequenz die Ankopplung an den 
OpAmp Ausgang hochohmiger macht, reicht das Störsignal um in die Leitung 
einzustreuen.

Oder in die Masseleitung ?

Mit symmetrischer Versorgung könnte man den Ausgangselko ganz einsparen.

von Henry T. (ben_jo)


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Michael B. schrieb:
> Mit symmetrischer Versorgung könnte man den Ausgangselko ganz einsparen.

Im Gerät stehen ausschließlich 12V DC zur Verfügung. Über DC-Wandler +6 
und -6 bereitzustellen wäre zwar sicher machbar, aber die 
Spannungsversorgung wird dadurch sicher nicht gerade sauberer. Viel 
Platz ist auch nicht... .

von HildeK (Gast)


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Henry T. schrieb:
> Microsoft_PowerPoint-Praesentation__neu_.jpg
So sieht es schon mal besser aus. Nur C5 ist neben den 100k reichlich 
groß gewählt. Brauchst du eine Grenzfrequenz von 0.01Hz?
Die 12V sind doch vermutlich geregelt und langsamere Schwankungen sind 
für den Regler kein Problem. Deshalb sind hier 1µF locker ausreichend.

Michael B. schrieb:
> Mit symmetrischer Versorgung könnte man den Ausgangselko ganz einsparen.

Einen Qualitätsgewinn bringt das aber nur marginal, insbesondere werden 
dadurch die Störungen nicht kleiner.
Aber: eine symmetrische Übertragung würde was helfen! Das heißt aber ein 
zweiter OPA oder einen Audioübertrager und eine entsprechende Schaltung 
auf der Empfangsseite.

@Henry T.
Hast du diese Variante schon mal getestet?

von Henry T. (ben_jo)


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HildeK schrieb:
> Aber: eine symmetrische Übertragung würde was helfen! Das heißt aber ein
> zweiter OPA oder einen Audioübertrager und eine entsprechende Schaltung
> auf der Empfangsseite.

Wo genau käme denn dann das Signal- her? Das wäre ja dann vom GND 
komplett separiert!?

von HildeK (Gast)


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Henry T. schrieb:
> Wo genau käme denn dann das Signal- her? Das wäre ja dann vom GND
> komplett separiert!?

Am Ausgang noch einen OPA, invertierend, anbringen. Dann hast du zwei 
Ausgangssignale, out (das bisherige) und /out und brauchst eben zwei 
Signalleitungen + GND.
Jedes Mikrofonsignal auf der Bühne geht so ans Mischpult und da hat man 
nur wenige mV Pegel.
Am andern Ende braucht man dann einen Subtrahierer, der out minus /out 
macht.
Beides geht auch mit einem Audiotrafo auf jeder Seite anstatt des 
zusätzlichen OPA.
Bei letzterem brauchst du tatsächlich keine Masseverbindung, aber eine 
geschirmte Leitung ist trotzdem hilfreich; es reicht, diesen Schirm 
einseitig an GND zu hängen.
Die Audiotrafos gibt es als Fertiggeräte, sie heißen DI-Box, aber es 
gibt sie natürlich auch einzeln als Bauelement.

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