Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Auswahlkriterien für Triac-Vergleichstypen


von David E. (re_sistor)


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Da hier immer wieder nach Triac-Vergleichs/Ersatztypen gefragt wird und 
ich vor demselben Problem stehe, würde ich gerne ein paar allgemeine 
Fragen dazu loslassen, da ich noch nicht alles verstanden habe.

In meinem Fall geht es um einen BTB06-700BW aus einem Kaffeeautomaten. 
Das Gerät wird mit 230V betrieben und der Triac ist freistehend 
eingelötet.

Das ist ein snubberless Triac der 6A schalten kann, maximal 700V 
verträgt, mit 50mA Gatestrom (BW) und für induktive Lasten geeignet (W 
am Ende), das Gehäuse ist mit T2 verbunden (nicht isoliert). 
Selbstredend gibt es exakt diesen Typ nicht (mehr) zu kaufen.

Hier meine bisherigen Erkenntnisse:

BTB ist die leitende Variante. Weil der freistehend ist, kann man auch 
die isolierte BTA nehmen.

700V Spannungsfestigkeit: Weil das Gerät mit 230V läuft, kann man auch 
einen Triac mit 600V nehmen, mit 800 V sowieso. Aber warum wurde einer 
mit 700V verbaut? Was machen 100V mehr oder weniger als das 
Originalbauteil im Betrieb aus?

6 A - mehr geht immer, vorausgesetzt, das Teil läßt sich problemlos 
einlöten (Gehäuse, Pinbelegung)

Beim Gatestrom ist mir am wenigsten klar. Kann man hier grundsätzlich 
auch einen Ersatztyp mit geringerem Gatestrom nehmen? Denn das geht 
runter bis 5mA. Welche Abweichungen sind hier ratsam und welche 
Konsequenzen hat ein anderer Zündstrom? (Lebensdauer, 
Fehleranfälligkeit..)

Und das "W" bedeutet, dass man damit induktive Lasten schalten kann. Es 
wird ein Motor angesteuert, das könnte also durchaus nicht unwichtig 
sein.

Vielen Dank schon mal.
David

: Bearbeitet durch User
von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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David E. schrieb:
> BTB ist die leitende Variante. Weil der freistehend ist, kann man auch
> die isolierte BTA nehmen.

Huh? Deine Schlussfolgerung ist verwirrend. Die isolierte Variante ist 
immer zu benutzen, die nicht isolierte nur da, wo es am Kühlkörper 
möglich ist.
Bei einem freistehenden kannst du also auch die nicht isolierte 
benutzen, wenn du nicht dran grapscht.

> Weil das Gerät mit 230V läuft, kann man auch
> einen Triac mit 600V nehmen, mit 800 V sowieso. Aber warum wurde einer
> mit 700V verbaut?
Das scheint eine Straffung der Produktlinie zu sein. Ja, in deinem Fall 
kannst du den 600V Typ benutzen, aber auch den 800V Typ, der sicher 
sinnvoll in einer 400V Anwendung ist.

> Kann man hier grundsätzlich
> auch einen Ersatztyp mit geringerem Gatestrom nehmen?

Ja, sofern es nicht eine Anwendung ist, die auf einen bestimmten 
Gatestrom bemessen ist (z.B. simple RC Phasenanschnitt Schaltung).

> Und das "W" bedeutet, dass man damit induktive Lasten schalten kann.
So isses. STM benutzt dafür das 'Snubberless' Buzzword, Philips redet 
von 3-Quadranten Triac.

: Bearbeitet durch User
von hinz (Gast)


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David E. schrieb:
> Und das "W" bedeutet, dass man damit induktive Lasten schalten kann.

Nein, diese Typen vertragen mehr dU/dt bevor sie über Kopf zünden, das 
ist u.a. bei induktiven Lasten zu beachten.

Und Typen mit geringem Zündstrom vertragen weniger dU/dt, was eben 
gerade bei induktiven Lasten zu Problemen führen kann.

von David E. (re_sistor)


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Matthias S. schrieb:
> Bei einem freistehenden kannst du also auch die nicht isolierte
> benutzen, wenn du nicht dran grapscht.

Ja pardon, genau das meinte ich. Der Hersteller hat freistehend einen 
nicht isolierten verbaut. Ist vermutlich billiger..

von MaWin (Gast)


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David E. schrieb:
> 700V Spannungsfestigkeit: Weil das Gerät mit 230V läuft, kann man auch
> einen Triac mit 600V nehmen, mit 800 V sowieso. Aber warum wurde einer
> mit 700V verbaut?

Schau mal auf den VDR der die Elektronik vor Überspannnug aus dem Netz 
schützen soll. Lies dessen Datenblatt.

Ein B72210S0251K101 für 250V~ begrenzt bei 650V bis 25A, ein 275V~ VDR 
B72210S0271K101 bei 710V, ein 300V~ VDR B72210S0301K101 bei 775V.
Laut VDE ist der VDR für 1.25 x Nennspannung auszulegen, also 287,5V~.

Einen 600V TRIAC kannst du bei jedem VDR vergessen, ein 800V hält.

von MaWin (Gast)


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David E. schrieb:
> Beim Gatestrom ist mir am wenigsten klar. Kann man hier grundsätzlich
> auch einen Ersatztyp mit geringerem Gatestrom nehmen? Denn das geht
> runter bis 5mA.

Jein.

Theoretisch ja, praktisch sind die empfindlicher (auf dU/dt) und 
triggern auch mal, wenn sie gar nicht sollen, z.B. bei Netzstörungen 
oder wenn der Snubber defekt ist oder wenn er, weil der alte snubberless 
war, gar fehlt.
Wenn also der TRIAC immer an bleibt: War er wohl zu empfindlich.

von Sebastian S. (amateur)


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Irgendwo ist der Verwendungszweck verschütt gegangen.
Ist das Teil für einen Motor (Pumpe/Ventil) oder für die Heizung?
In letzterem Falle gilt: "Sch** auf das W", in Ersterem ist es nicht 
ganz unwichtig.
Auch ist die "Überspannung" bei einer (fast rein) ohmschen Heizung nicht 
ganz so Doll wie bei etwas induktivem.

von David E. (re_sistor)


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Leider habe ich keinen Schalt- oder Bestückungsplan. Ich schrieb oben 
irgendwo Motor, aber eben noch mal nachvollzogen: Es ist tatsächlich 
irgendeine Art Zusatzheizung. Wegen W hab ich wohl an Motor gedacht..
Die Motoren werden über Triacs vom Typ T435-800T geschaltet.

von David E. (re_sistor)


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MaWin schrieb:
> Schau mal auf den VDR der die Elektronik vor Überspannnung aus dem Netz
> schützen soll. Lies dessen Datenblatt.

Der dazugehörige Varistor ist ein S07K300, also
B72207S0301K101
Nach Datenblatt begrenzt der bei 775V, dann wäre aber auch der im Gerät 
verbaute 700V-Triac nicht geeignet, bzw geplante Obsoleszenz..

von Soul E. (Gast)


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David E. schrieb:

> Nach Datenblatt begrenzt der bei 775V, dann wäre aber auch der im Gerät
> verbaute 700V-Triac nicht geeignet, bzw geplante Obsoleszenz..

Gut dass der 600 V und der 700 V-Thyristor nicht wissen dass sie von 
gleichen Wafer kommen wie der 800 V-Typ, und nur anders geprüft wurden. 
So kann man manchmal Glück haben und das schlechtere Bauteil verträgt 
trotzdem mehr. Kann klappen, muss aber nicht.

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