Hallo! Ich würde gerne ein Basiswissen über Regeltechnik aufbauen. Dafür habe ich mir im Kopf folgendes Szenario ausgedacht: Ein Autopilot für ein Elektroboot, welches einen eingegebenen Kompasskurs fahren kann. Als Eingabe hätte ich einen Kompass und als Ausgabe einen Servo am Lenkrad. (Bitte keine Hardwareantworten, vorerst ist dieses Projekt nur theoretisch in meinem Kopf, ob ich es dann umsetzte weiß ich noch gar nicht. Es geht mir in erster Linie um die Theorie.) Als Regler dachte ich an einen PID Regler und habe mich auch schon erkundigt, dass man die optimalen P,I,D Werte aus der Sprungantwort der Regelstrecke ausrechnen kann. Leider weiß ich aber nicht, wie ich zu dieser Sprungantwort komme. Gehen wir davon aus, ich sitze jetzt im Boot und habe einen Kompass, welcher den Kurs zu jeder gegebenen Zeit loggt. Was muss ich im Boot jetzt machen, um zur Sprungantwort zu kommen? Meines Wissens muss ich ja den Sollwert sprunghaft verändern. Ich dachte z.B. bei einem Autopilot ist das Maximum, was er drehen muss, 180°. Ich könnte jetzt das Lenkrad voll einschlagen, und nach 180° wieder auf null stellen. Stimmt dieser Ansatz, oder lieg ich da komplett daneben? Ich hoffe Ihr versteht meine Frage und könnt mir weiterhelfen! Liebe Grüße, Christoph
Du kannst einen Sollwertsprung machen: also von N auf W als Ziel schalten zum Beispiel. Das Steuer rumreissen soll dann der Autopilot machen. Was du dann aufzeichnest ist die gemessene Richtung, das ist die Antwort des Systems auf deinen Sprung. Der Sprung muss nicht zwingend das Maximum sein.
Christoph K. schrieb: > Es geht mir in erster Linie um die Theorie Aber ob deine Überlegungen richtig sind, weisst du erst, wenn du ein reales Boot fahren lässt. Du solltest dir also etwas aussuchen, was du nachher auch realisieren kannst (z.B. keine Mondlandung...). Georg
> Ein Autopilot für ein Elektroboot, welches einen > eingegebenen Kompasskurs fahren kann. Au Backe. Wie soll das gehen? 3min nach Norden und dann nach Westen abbiegen? > erkundigt, dass man die optimalen P,I,D Werte aus der Sprungantwort der > Regelstrecke ausrechnen kann. Das ist in der Praxis nicht immer ganz so einfach. Da ist oftmals noch etwas kreatives Raten und Erfahrung dabei. > Leider weiß ich aber nicht, wie ich zu dieser Sprungantwort komme. Du laesst dein Boot geradeaus fahren. Dann betaetigst du den Servo so das es links abbiegt und zeichnest dabei auf wie schnell das passiert. Das wird natuerlich nicht besonders genau sein, aber wie schon gesagt, kreatives Raten. :) > Stimmt dieser Ansatz, oder lieg ich da komplett daneben? Das stimmt soweit. Mach dir klar, das was du wissen willst ist wie schnell dein Boot auf solche Spruenge reagiert und das wird von seiner Form, seiner Masse und der Postion und Groesse des Ruder abhaengen. Ausserdem gibt es Zeitkonstanten da drin. Z.b braucht der Servo vielleicht 1s um seine Position anzufahren. All diese Dinge sind charakteristisch fuer deine Regelstrecke. Daher muessen die auch in deinem Sprung und seine Antwort darauf vorkommen. Olaf
Danke mal für eure beiden Antworten! Ihr habt jetzt immer nur vom Einschlagen geredet. Bedeutet das dann, dass ich hier eine Regelstrecke ohne Ausgleich habe, also eine I-T1 Strecke? Die Richtung wird sich ja bis in die Unendlichkeit ändern wenn der Servo nicht wieder gegenlenken darf. Oder soll ich den Servo z.b. nach 90 oder 180° doch wieder auf null stellen lassen, dann hätte ich ja einen Regelstrecke mit Ausgleich. Und zum Berechnen der P,I,D Werte benötige ich ja Tu und Tg. Tu könnte ich aus der Strecke ohne Ausgleich auch ablesen, aber wie sieht es mit Tg aus? Hier hängt es ja total davon ab, wie lange ich den Versuch mache, da die Grad der Drehung ja stetig ansteigen?
Christoph K. schrieb: > Gehen wir davon aus, ich sitze jetzt im Boot > und habe einen Kompass, welcher den Kurs zu jeder gegebenen Zeit loggt. > Was muss ich im Boot jetzt machen, um zur Sprungantwort zu kommen? > Meines Wissens muss ich ja den Sollwert sprunghaft verändern. Ich dachte > z.B. bei einem Autopilot ist das Maximum, was er drehen muss, 180°. Ich > könnte jetzt das Lenkrad voll einschlagen, und nach 180° wieder auf null > stellen. Wenn ich das so lese dann vermischt du hier bereits einiges. Als erstes braucht es mal die Regelabweichung, also um wie viel Grad das Boot von der vorgegeben Richtung abweicht. Das können max. die erwähnten 180° sein. Und der Ausgabewert des Reglers ist keine Drehung, sondern ein Winkel für den Rudereinschlag. Von Lenkrädern will ich hier nicht reden:-) Ansonsten hängt die Auslegung des Reglers dann vom Gesamtsystem Boot ab, wie die Vorredner schon schrieben.
Christoph K. schrieb: > Ein Autopilot für ein Elektroboot, welches einen eingegebenen > Kompasskurs fahren kann. Eine Fahrt auf Kompasskursen mag zwar ein Anfang sein, aber in der Regel braucht man einen Bahnregler. Sonst kriegt man Probleme mit Fremdeinflüssen (Wind, Strom).
Christoph K. schrieb: > Ich würde gerne ein Basiswissen über Regeltechnik aufbauen. Dafür habe > ich mir im Kopf folgendes Szenario ausgedacht: Ein Autopilot für ein > Elektroboot, welches einen eingegebenen Kompasskurs fahren kann. Als > Eingabe hätte ich einen Kompass und als Ausgabe einen Servo am Lenkrad. Sorry, aber es ist ausgesprochen diffiziel, da ausgerechnet mit einem Boot anzufangen. Jeder Wellenschlag wird die Kompasslage temporär ändern, wer da umgehend gegensteuert, verbraucht unnütz Energie und bremst über die Ruderwirkung das Boot ab. Abdrift durch Wind, Strömung und Wellen ist die nächste Geschichte und jedes Schiff reagiert da ganz anders drauf. Nimm einfach mal die Querung eines Flusses: Je nach Boots- und Fliessgeschwindigkeit wird eine vorher ausgesuchte Position niemals erreichbar sein. Und ein vorbetimmter Kompasskurs wird Dich dort nie dahin bringen, wo Du hin möchtest.
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Hallo, wie du im Eingangspost richtig erkannt hast, benötigst du zur Berechnung der Reglerparameter die Sprungantwort der Regelstrecke, also die Antwort der Regelgröße auf die sprunghafte Änderung der Führungsgröße. Im Beispiel Boot die Antwort des Kompasskurses auf die sprunghafte Änderung des Ruderwinkels. Was du im Eingangspost beschreibst ist die Antwort der Regelgröße auf die Führungsgröße, also die Sprungantwort des Gesamtsystems. Daraus kannst du nur erkennen, ob dir die Berechnung der Reglerparameter gelungen ist, da sie ja in das Gesamtsystem schon mit einfließen. Die Sprungantwort eines Bootes von beispielsweise Ruderwinkel 0° auf 30° ist die allmähliche Zunahme der Drehrate von anfangs 0° pro Sekunde auf einen konstanten Wert von x° pro Sekunde (theoretisch asymptotische Annäherung), also eine e hoch -x Funktion. Die aus der Sprungantwort berechneten Parameter sind nur für das Halten eines bereits annähernd anliegenden Kurses optimal, da ein reales Boot alles andere als ein lineares System ist. In https://de.wikipedia.org/wiki/Regler ist das alles recht gut erklärt. Bernd
Zudem hast du noch das Problem das deine Kursänderung Geschwindigkeitsabhängig ist solltest du zum Beispiel stehen wird das Boot nie den Kurs ändern und bei Vollgas ist es auch anders als bei halber Kraft.
Olaf schrieb: > Du laesst dein Boot geradeaus fahren. Dann betaetigst du den Servo so > das es links abbiegt und zeichnest dabei auf wie schnell das passiert. Es dauert zunächst, bis das Boot sich anfängt zu drehen. Aber wenn es sich dreht, hat es einen Drehimpuls. D.h. im Fallbeispiel, Boot fährt nach N und man macht einen vollen Backbord-Einschlag, den man bei W-Ausrichtung wieder auf Geradeaus stellt. Das Boot wird sich aber nach Erreichen des Kurses gegen W noch weiter drehen. Also näherungsweise vielleicht sowas wie ein I+PT1 System. Beides ist außerdem noch von der Geschwindigkeit abhängig...
> System. Beides ist außerdem noch von der Geschwindigkeit abhängig...
Halten wir einfach mal fest das es so kompex wird das es nicht
das erste Regelungsprojekt fuer einen Anfaenger sein sollte. :)
Vielleicht erstmal damit anfangen die Temperatur eines 10W Widerstandes
zu regeln. Da kann man auch schon einiges dran lernen.
Olaf
Nicht in Sachen Lenkung und Ruder denken, sondern in Sachen Kurs. Dann ist eine Kursänderung ein Schritt und die Lenkung ist das Stellglied. Das vorgeschlagene Thema ist nicht grad ein Einstieg in Regelungstechnik. Denn die Strecke ist nichtlinear. Der Ruderausschlag hängt nichtlinear mit der Geschwindigkeit zusammen. Auch eine Heizungsregelung ist eine nichtlineare Sache. Ja. Man kann viele nichtlineare Probleme mit einem PID loesen, die Theorie dazu funktioniert einfach nicht so wie sie sollte.
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Olaf schrieb: > Ausserdem gibt es Zeitkonstanten da drin. Z.b braucht der Servo > vielleicht 1s um seine Position anzufahren. Der Servo ist nun gerade ein schlechtes Beispiel für eine Zeitkonstante. Eine Zeitkonstante im systemtheoretischen sind ist, wie der Name schon sagt, konstant und insbesondere unabhängig von der Amplitude der Änderung. Bei einem Servo ist die Zeit, die er benötigt, um auf eine neue Position zu fahren, aber gerade nicht konstant, sondern proportional zur Änderung, weil die Verstellgeschwindigkeit durch die Maximalgeschwindigkeit des Motors und nicht durch den Positionsfehler bestimmt wird.
Das geilste am dem Thread ist ja nicht mal die Frage, sondern die Leute, die denken, dass sie die Regelungstechnik verstanden hätten. Was für Haarsträubende Antworten hier gegeben werden "Kreatives Raten"... WTF! Schritt 1: -Grundlagen Lernen -> Aufbau eines Regelkreises. Wie kommt das Ganze überhaupt zustanden? Was hat die Laplace-Transformation damit zutun und wo ist der Unterschied zwischen Zeitbereich und Frequenzbereich... -Wie werden die PID-Parameter am besten erhoben. Was ist "Sate of the Art"? Warum sind neuere Methoden für Anfänger vllt leichter zu benutzen?! -Wenn Zugang zu MATLAB und Simulink vorhanden ist -> Nutzen! Wenn nicht -> Scilab nutzen! -Sprungantwort, wofür überhaupt?! Tipp: Vorsteuerung + Regler! Tipp2: Jan Lunze - Regelungstechnik 1 Tipp3: Regelungsverfahren: Regeln mittels Ortskurvenverfahren ; Frequenzkennlinienverfahren der offenen Kette. Gruß.
Beitrag #6434422 wurde von einem Moderator gelöscht.
Christoph K. schrieb: > Ich würde gerne ein Basiswissen über Regeltechnik aufbauen. dann merke dir mal "eine Regelung lebt von der Regelabweichung" Damit diese NULL werden kann muss das P Glied unendlich verstärken und das gibt Überschwinger, abgesehen davon das es unendliche Verstärkung nicht gibt! Also baut man ein I-Glied ein welches erst in der Unendlichkeit also nie die Abweichung zu Null macht. Um die Langsamkeit der I-Strecke zu beschleunigen kann man ein D-Glied einschalten und fertig ist der PID Regler. Aber es wurde alles genannt, das klappt also beim Boot mit Geschwindigkeit Strömung und Wind mal eben so nicht. Weder ist dein Stellglied unendlich schnell, noch die Sprungantwort von deinem Boot.
Mit einem PID kann man tatsaechlich fast Alles auch Nichtlineares regeln, aber eben mit haendischer Einstellung, Die ganze Theorie kannst du wegschmeissen, weil die Theorie fuer lineare Systeme gilt. Die Laplacetheorie, resp Fouriertransformation ist nicht gueltig, weil F(a+b) != F(a) + F(b)
Pandur S. schrieb: > Mit einem PID kann man tatsaechlich fast Alles auch Nichtlineares > regeln, aber eben mit haendischer Einstellung, Die ganze Theorie kannst > du wegschmeissen, weil die Theorie fuer lineare Systeme gilt. Die > Laplacetheorie, resp Fouriertransformation ist nicht gueltig, weil > F(a+b) != F(a) + F(b) Was zum Teufel... Ja klar kannste wegwerfen, genau! Und du belegst sind das womit? Mit Theorie! Hahaha ich kann nicht mehr. Uwe Klamm - Geb. 1956 in Mainz, gelernter Heizungsmonteur erklärt uns warum man die Theorie wegschmeißen kann. Alles klar... Weil es ja auch keine Linearisierungsmethoden gibt. Made my day!
Mit haendischer Einstellung. Den P Anteil gross genug, sodass es nicht zu stark schwingt und mit dem I macht man den Fehler weg. Vielleicht dauert's etwas laenger, was soll's. Man ist zufrieden wenn's irgendwann mal etwa macht was man will. Linearisierungsmethoden sind nicht alles. Es gibt auch Strecken die sind asymmetrisch. Eine Heizung zB. Heizen geht so schnell wie das Stellglied kann. Kuehlen hat kein Stellglied...
Pandur S. schrieb: > Die ganze Theorie kannst > du wegschmeissen, weil die Theorie fuer lineare Systeme gilt. Für nichtlineare Systeme sollte man vielleicht nicht ausgerechnet eine Theorie wählen, die nur für lineare Systeme gilt ... Einen Verkehrsflieger wirst du auch nicht mit dem Wissen aus dem Autoführerschein vernünftig betreiben können.
Beitrag #6435003 wurde von einem Moderator gelöscht.
Ähm, die Regelstrecke (Eingang Rudereinschlag, Ausgang Himmelsrichtung der Bewegung) ist ein einfacher Integrator und damit linear.
Pandur S. schrieb: > Den P Anteil gross genug, sodass es nicht > zu stark schwingt und mit dem I macht man den Fehler weg. Da die Regelstrecke schon integrierendes Verhalten hat, brauchts überhaupt keinen I-Anteil im Regler mehr um eine bleibende Regelabweichung zu vermeiden*. Bleibt ein PD-Regler. Es ist vielmehr der D-Anteil wichtig, um das integrierende Verhalten zu dämpfen (integrierendes Verhalten führt zu Überschwingern, bis zu Schwingungen). Mit dem P-Anteil ermöglicht man Stabilität/ asymptotisches Verhalten. *Bleibende Regelabweichungen werden sowieso meist überbewertet. Lieber eine kleine bleibende Regelabweichung, wie Überschwinger und Stabilitätsprobleme.
Beitrag #6435376 wurde von einem Moderator gelöscht.
Früher gings mit dem D-Zug durch die Kinderstube, heute haben wir ICE. Arno
Maxe schrieb: > Ähm, die Regelstrecke (Eingang Rudereinschlag, Ausgang Himmelsrichtung > der Bewegung) ist ein einfacher Integrator und damit linear. Dann musst du entweder Rudereinschlag oder Geschwindigkeit limitieren. Sonst kommst du in den Bereich turbulenter Strömung am Ruder und das ist bestimmt nicht linear. Also immer schön sachte ...
Stroemungsgeschichten sind eigentlich immer nichtlinear.
Wolfgang schrieb: > turbulenter Strömung Das ist halt eine Frage der Abstrahierung, d.h. wie genau man es nehmen will, irgendwelche Dreckeffekte gibt es ja immer. Oder wer kennt ein 100% lineares System in freier Natur? Die Geschwindigkeit ist ein Punkt, aber die ließe sich einfach in Form eines geschwindigkeitsabhängigen Korrekturfaktors berücksichtigen. Zumindest wenn das Systemverhalten bekannt ist. Auch wenn der Regler nur für eine "Autonavigiergeschwindigkeit" ausgelegt ist, wäre das ja schon ein erster Schritt. Insgesamt halte ich das Ausgangsproblem für einen guten Einstieg in die Regelungstechnik. Gerade wenn einem regelungstechnische Grundlagen fehlen, aber mathematisch sollte man schon fit sein. Nur ist der TE wohl schon über alle Berge :-)
Maxe schrieb: > Das ist halt eine Frage der Abstrahierung, d.h. wie genau man es nehmen > will, irgendwelche Dreckeffekte gibt es ja immer. Das ist kein Dreckeffekt, sondern setzt ziemlich abrupt ein. Bei Flugzeugen heißt das Strömungsabriss mit entsprechend negativen Auswirkungen für den Auftrieb. Nennst du es einen "Dreckeffekt", wenn der Flieger z.B. plötzlich seitlich abkippt?
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