Hallo, ich erkundige mich gerade über Beschleunigungs-, bzw. Vibrationssensoren und möchte gerne die Empfindlichkeiten von zwei Sensoren vergleichen. Speziell geht es darum, dass ich einen Sensor als Vorlage habe, und nun einen ähnlichen heraussuchen möchte. Das Problem ist nämlich, dass der "Mustersensor" einen analogen Stromausgang hat, ich allerdings einen Spannungsausgang benötige. Der Mustersensor ist mit einer Empfindlichkeit von 150 (mikro)A/g angegeben, und liefert ein analoges Signal von 0..10 mA. Die Sensoren mit Spannungsausgang sind meist mit einer Empfindlichkeit von 50 (milli)V/g angegeben. Welcher der beiden Sensoren ist jetzt "besser"? Mein Verständnis der Empfindlichkeit ist die Anzahl der Werte, die der Sensor in dem Ausgangssignalbereich liefert.
> ... möchte gerne die Empfindlichkeiten von zwei Sensoren vergleichen. Dazu sind die Abgaben aus dem/den Datenblatt/ättern hilfreich. Einheit: Ladung pro Beschleunigung [As/(m/s²)]. Beispiel: https://www.bksv.com/de-DE/products/transducers/vibration/accelerometers/4371
Beschleunigungssensoren mit Analogausgang haben oft einen Spannungsausgang. Die Empfindlichkeit hängt dabei vom Messausgang ab. Üblich ist ein ratiometrischer Ausgang, d.h. ohne Beschleunigung beträgt die Ausgangsspannung etwa die Hälfte der Versorgungsspannung. Je nach Richtung der Beschleunigung wird die Spannung dann kleiner oder größer, wobei empfindliche Sensoren eine Empfindlichkeit von 1,2 V/g haben. Wird der Sensor z.B. mit 5V betrieben, so ist die Ausgangsspannung ohne Beschleunigung 2,5V und bei einer Beschleunigung von 1g je nach Richtung etwa 3,7 oder 1,3 V. Schon bei 2 g Beschleunigung kommt die Ausgangsspannung so nahe an die Grenzen der Versorgung, dass die Ausgangsstufe in die Sättigung geht. Für die Messung größerer Beschleunigungen müssen deshalb Sensoren mit einer geringeren Empfindlichkeit (in V/g) genommen werden. Die Sensoren werden meist mikromechanisch hergestellt. Gemessen wird die Auslenkung einer "trägen Masse" durch Änderung von Kapazitätsänderungen. Dadurch ist aber auch die maximal erfassbare Geschwindigkeit begrenzt. Vibrationen enthalten oft höhere Frequenzen. Deshalb ist dieses Messprinzip dort oft nicht anwendbar. Hier wird die Beschleunigung über die Biegung von Piezokristallen erfasst, auf denen bei Verformung Oberflächenladungen freigesetzt werden. Deshalb entsteht hier durch die Beschleunigung ein Strom, je nach Richtung der Beschleunigung in positiver oder negativer Richtung. Durch einen Ladungsverstärker kann der Strom dann in eine Spannung gewandelt werden. Die Auswahl des sinnvollen Sensortyps hängt also von dem Anwendungsfall ab. Wie groß ist die zu messende Beschleunigung maximal und welche Frequenzen (Geschwindigkeit der Beschleunigungsänderung) sollen noch erkannt werden?
Felix M. schrieb: > Das Problem ist nämlich, dass der "Mustersensor" einen analogen > Stromausgang hat, ich allerdings einen Spannungsausgang benötige. Dann hänge einen Bürdenwiderstand an den Stromausgang und du hast automatisch einen Spannungsausgang. Wenn du dir das Datenblatt deines Sensors mal anschaust wird da genau das drinstehen.
Hallo Günni, danke für die sehr umfangreiche Antwort. Günni schrieb: > Die Auswahl des sinnvollen Sensortyps hängt also von dem Anwendungsfall > ab. Wie groß ist die zu messende Beschleunigung maximal und welche > Frequenzen (Geschwindigkeit der Beschleunigungsänderung) sollen noch > erkannt werden? Es geht um die Vibration, die ein defektes Lager erzeugt. Die Beschleunigung ist im Bereich von 100-900 mg und die Frequenz sollte auch nicht allzu hoch sein (ich schätze so max. 200Hz). Genauere Angaben kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht machen.
Da würde meines Erachtens nach eine Frequenzanaylse deutlich mehr Sinn machen.
Felix M. schrieb: > Es geht um die Vibration, die ein defektes Lager erzeugt. Die > Beschleunigung ist im Bereich von 100-900 mg und die Frequenz sollte > auch nicht allzu hoch sein (ich schätze so max. 200Hz). Genauere Angaben > kann ich zu diesem Zeitpunkt nicht machen. So etwas hatte ich schon erwartet. Bei einem defekten Lager werden außer der Grundfrequenz mit dem "Rattern" auch etliche Oberwellen auftreten. Aber auch schon bei den 200 Hz kommen die meisten mikromechanischen Sensoren an ihre Grenze, was dazu führt, dass die Beschleunigung nur zeitverzögert ausgegeben werden. D.h. wenn der Schlag des Lagers im Signal sichtbar ist, hat sich die Welle schon ein Stück weitergedreht. Da diese Zeitverzögerung "halbwegs" konstant ist, entsteht - wenn sich die Drehzahl ändert - kein konstanter Fehlwinkel, sondern bei steigender Drehzahl wird auch der Fehlwinkel größer. Deshalb ist ein Vibrations- oder Beschleunigungsensor mit Piezoaufnehmer vermutlich die beste Wahl. Diese liefern einen Strom, den man mit Hilfe eines Ladungsverstärkers in eine Spannung umwandeln kann. Wichtig ist, dass dabei keine Nullpunktdrift auftritt, sondern nur die periodisch überlagerte Wechselspannungskomponente gemessen wird. Nach Schaltungsbeispielen würde ich zuerst in den Applikationsbeispielen von Analog Devices oder Linear Technology nachlesen, die öfter Schaltungen für "exotische" Anwendungen veröffentlicht haben. Den Strom mit Hilfe eines Widerstands in eine Spannung umzuwandeln, wird vermutlich nicht gut gehen, da Piezoelemente häufig einen spannungsabhängigen Innenwiderstand haben. Beim Ladungsverstärker bleibt die Spannung über dem Piezoelement Null und es wird nur der Strom "integriert" - allerdings in diesem Fall mit Driftkompensation. (Wie man das macht, habe ich mal - allerdings für einen anderen Anwendungsfall - in einer Applikation von Texas Instruments gesehen.) Ich werde mal in meinen Altlasten suchen. Wenn ich fündig werde, melde ich mich wieder. Das kann aber etwas dauern....
Felix M. schrieb: > Der Mustersensor ist mit einer Empfindlichkeit von 150 (mikro)A/g > ... > Die Sensoren mit Spannungsausgang sind meist mit einer Empfindlichkeit > von 50 (milli)V/g angegeben. > > Welcher der beiden Sensoren ist jetzt "besser"? Entscheidend ist nicht alleine die Empfindlichkeit des Sensors, sondern für die Anwendung kommt es auf Frequenzgang bezogen auf deine Anwendung und SNR bei der Datenerfassung an, d.h. nachdem du das Sensorsignal passend aufbereitet hast.
Ich habe mal ein wenig "gestöbert" und entdeckt das Datenblatt des alten, inzwischen abgekündigten Sensors ADXL05 von Analog Devices dieser hat die Position der "trägen Masse" über einen Differentialkondensator, der mit 1 MHz gespeist wurde abgefragt. Damit konnte der Sensor Beschleunigungen bis 300 Hz erfassen (3 dB-Grenze sogar 1 kHz. Der Sensor hatte eine wählbare Auflösung von 1 bis 5 g entsprechend einer Empfindlichkeit von 1 V/g bis 0,2 V/g. Der wäre für die Lagermessung geeignet gewesen. Man hätte ihn so anbringen müssen, dass die Beschleunigungen durch den Lagerschaden in horizontaler Richtung auf den Sensor wirken, der Sensor also nicht durch die Erdbeschleunigung ausgelenkt wird. Mit diesem Sensor (oder einen vergleichbaren mit Analogausgang) erhält man eine Ausgangsspannung, die ohne weitere Schaltung direkt mit einem AD-Wandler ausgewertet werden kann. Das unter https://www.analog.com/media/en/technical-documentation/obsolete-data-sheets/66309706ADXL05.pdf noch erhältliche Datenblatt kann einen Anhaltspunkt geben, worauf man bei der Suche nach einem vergleichbaren Sensor achten muss.
Ich habe noch einen interessanten Artikel gefunden: https://www.analog.com/en/technical-articles/how-to-build-a-mems-based-solution.html Für die beschriebene Vibrationsmessung wird der Sensor ADXL1002 genutzt. Der hat zwar einen Messbereich von 50 g, so dass man einen AD-Wandler hoher Auflösung braucht, damit der interessierende Bereich genau genug aufgelöst wird, aber sein Rauschen ist noch "halbwegs" gering und er kann Beschleunigungen bis 11 kHz messen. Das Rauschen kann somit durch einen passiven RC-Tiefpass verringert werden.
Welche weiteren 'Randbedingungen hast Du denn? Welches analoge Frontend? Range, Abtastrate(n) Auswertung im PC oder µC? Temperaturbereich? Muss das Rückführbar sein? Montage? Fix für ein Lager oder ? Kabellängen? Signalkonditionierer/Verstärker selber bauen? Preisregionen? Und weil ich es nicht lassen kann: Bitte SI Einheiten verwenden ;) Wenn später irdendwelche anderen Größen berechnet werden sollen, sind m/s² statt g (ramm?) sinnvoller, ach.. sind das g_local oder g_n ? :>
Henrik V. schrieb: > Und weil ich es nicht lassen kann: Bitte SI Einheiten verwenden ;) > Wenn später irdendwelche anderen Größen berechnet werden sollen, sind > m/s² statt g (ramm?) sinnvoller, g ist die Erdbeschleunigung (1 g =9,81 m/s²). Deshalb wird die Empfindlichkeit von Beschleunigungssensoren auch in V/g angegeben. Und auch bei Kampfpiloten (und Astronauten) wird angegeben, wieviel g auf den Piloten z.B. beim Fliegen enger Kurven einwirken können und ab wann eine kurze Ohnmacht auftreten kann, weil kurzfristig kein Blut mehr im Gehirn ankommt.
Günni schrieb: > g ist die Erdbeschleunigung und überall eine andere.. noch weniger sinnvoll als PS :) Und die Empfindlichkeit eines Beschleunigungssensors wird in einem Kalibrierschein* immer in der SI-Einheiten <Einheit>/(m/s²) angegeben. Wenn eine Angabe in g_n erfolgt, dann zusätzlich und immer unter Angabe des Umrechnungsfaktors. *)gemäß ISO 17025. Angaben von Herstellern aus Ländern mit überwiegend imperialen Größen mögen davon abweichen.
:
Bearbeitet durch User
Günni schrieb: > Den Strom mit Hilfe eines Widerstands in eine Spannung umzuwandeln, wird > vermutlich nicht gut gehen, da Piezoelemente häufig einen > spannungsabhängigen Innenwiderstand haben. Sorry aber der TO hat von einem "Sensor" und nicht von einem reinen Piezoelement gesprochen. Ausserdem hat er weiter im 1. Post geschrieben: Felix M. schrieb: > Der Mustersensor ist mit einer Empfindlichkeit von 150 (mikro)A/g > angegeben Das kann man sehr wohl über eine herkömmliche Strommessung messen. Bzw. mit einem Bürdewiderstand und einer Spannungsmessung.
Die Aufgabenstellung (der Anwendungszweck) macht das Ganze einfacher. Die Vibration durch das Lager bzw. den Lagerschaden sind so, dass eine konstante Drift nicht auftritt. Über eine Umdrehung der Welle ist die Summe der Beschleunigungen Null, da das Ganze sich (hoffentlich) nicht weiterbewegt. Deshalb kann man einen mikromechanischen Sensor verwenden und (nur) die Schwankungen um den "Mittelwert" der gemessenen Beschleunigungen verstärken (entsprechend der "AC"-Einstellung bei einem Oszilloskop. Dann kann man auch Sensoren geringer Empfindlichkeit (geringer Wert für V/g) z.B. den ADXL 1002 verwenden und dessen Signal verstärken. Damit ist dieses auch mit AD-Wandlern geringerer Auflösung auswerten und benötigt keinen Wandler mit 16 Bit Auflösung oder mehr.
Geeignet und mit digitalem Ausgang durch den eine Signalaufbereitung nicht nötig, der aber schwer zu löten ist, wäre auch der Sensor Bosch BMA280. Die Daten (aus dem Bosch Datenblatt entnommen): Acceleration ranges ±2g/±4g/±8g/±16g, Low pass filter bandwidth 500 Hz up to an max. output data read out of 2 kHz (unfiltered).
Günni schrieb: > Geeignet und mit digitalem Ausgang durch den eine Signalaufbereitung > nicht nötig, der aber schwer zu löten ist, wäre auch der Sensor Bosch > BMA280. Die Daten (aus dem Bosch Datenblatt entnommen): > Acceleration ranges ±2g/±4g/±8g/±16g, Low pass filter bandwidth 500 Hz > up to an max. output data read out of 2 kHz (unfiltered). Je mehr ich mich mit dem Thema befasse, desto klarer wird, das die Auswahl des Sensors zwar ein großer Teil ist, aber die zuvor genannte Frequenzanalyse auch noch eine große Rolle spielen wird. Ich möchte mich nochmal ganz herzlich für die ganzen Anregungen bedanken, vor allem bei Günni! (der Bosch Sensor hört sich gut an ..)
Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.