Forum: Digitale Signalverarbeitung / DSP / Machine Learning Transformationen (z, Fourier, Laplace,.) in der Digitalen Signalverarbeitung


von Markus (Gast)


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Hallo zusammen.

Ich bin ein Neuling im DSP-Bereich (nicht beruflich, rein privat) und 
versuche gerade den Durchblich bei den ganzen Transformationen von Zeit 
in Spektrum (Frequenz) und zurück zu bekommen.

Da gibt es ja die Laplace und z-Transformation, ebenso die Fourier mit 
den Inversen. Letztere, also die DFT oder FFT bzw. IFFT scheint ja (ist 
es wirklich so?) meist genutzte Transformation auf einem Rechenwerk 
(CPU, DSP) zu sein. In den Büchern der Nachrichtentechnik geht ohne 
FFT/IFFT ja gar nichts, verständlich, aber ich suche auch nach 
Anwendungen der z- bzw. Laplace auf DSPs. Warum hat die FFT hier so 
einen scheinbaren Vorsprung gegenüber den anderen Transformationen? Ist 
diese rechentechnisch leichter zu implementieren?

Entschuldigt diese - für die Profis sicher dumm anmutende Frage -, aber 
wir fingen ja alle mal klein an und ich versuche die (scheinbare?) 
Dominanz der FFT in praktischen Anwendungen zu verstehen.

Vielen Dank für Eure Antworten,
Markus

von Marek N. (Gast)


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Die Z-Transformation ist die diskrete Laplace-Transformation.
Sie spielt eine gewisse Rolle bei der Charakterisierung von 
Impulsantworten von z.B. Filtern oder Übertragungskanälen.
Die Substitution z -> exp(j omega/Omega) in der Impulsantwort liefert 
den Frequenzgang entlang des Einheitskreises.

DFT bzw. IDFT ist das diskrete Analogon der Fouriertransformation.
Sie liefert zu einem diskreten Zeitsignal die spektrale 
Leistungsdichteverteilung.
Es gibt nicht die FFT, sondern verschiedene Implementierungen der DFT 
bzw. IDFT, die gegenüber der formellen DFT deutlich performanter sind.

FFT hat Vorteile gegenüber der Faltung mit der Impulsantwort: Signal 
FFT-en, mit Übertragungsfreqeuenzgang des Filters multiplizieren, zurück 
IFFT-en ist deutlich performanter, als im Zeitbereich das Signal mit 
Impulsantwort zu falten. Stichwort: "Fast Convolution".

Alles in Allem ein schönes Thema, aber leider sehr mathematik-lastig.

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Markus schrieb:
> Letztere, also die DFT oder FFT bzw. IFFT scheint ja (ist
> es wirklich so?) meist genutzte Transformation auf einem Rechenwerk
> (CPU, DSP) zu sein.

Ich kenne keine Statistik die zeigt welche Transformation am häufigsten 
verwendet wird.

Aber was glaubst du zum Beispiel wie oft dir schon eine diskrete 
Kosinustransformation (DCT) über den Weg gelaufen ist ohne das du es 
gemerkt hast? Die diversen DCT-Varianten sind in fast allen Audio- und 
Bildkompressionsalgorithmen im Einsatz, wie MP3 und JPEG.

> In den Büchern der Nachrichtentechnik geht ohne
> FFT/IFFT ja gar nichts, verständlich, aber ich suche auch nach
> Anwendungen der z- bzw. Laplace auf DSPs.

Zum Beispiel wird die Z-Transformation bei FIR und IIR Filter verwendet. 
Dann gibt es ein paar Differenzengleichung die sich gut mit der 
Z-Transformation rechnen lassen. Da die Mathematiker fleißig waren gibt 
es über die Chirp Z-Transformation (CZT) und dem Bluestein-Algorithmus 
eine Verbindung zur DFT (die DFT als spezieller Fall der CZT).

> Warum hat die FFT hier so
> einen scheinbaren Vorsprung gegenüber den anderen Transformationen? Ist
> diese rechentechnisch leichter zu implementieren?

Nützlich und praktisch anwendbar. Die DFT ist vom Aufbau ziemlich 
einfach und lässt sich dank der diversen FFT-Algorithmen gut 
implementieren. Natürlich verwendet man die.

Vielleicht sollte man aber mal klar sagen dass der normale 
Nachrichtentechnik-Ingenieur sich nicht ausdenkt welche Transformation 
wann wofür verwendet wird. Das entnimmt er der Fachliteratur.

Mathematiker formulieren die Transformationen, ein paar helle Lichter 
finden Anwendungen dafür und fügen sie damit dem Wissensbestand der 
Nachrichtentechnik hinzu. Daraus wiederum einwickelt sich in der Praxis 
wie man etwas macht dass es funktioniert. Das landet dann in 
Lehrbüchern.

Es ist ein ganz wichtiger Punkt in Ingenieurwissenschaften das 
weiterzutragen und ausbauen was sich bewährt hat. Im Gegensatz zur 
Informatik, wo die einen das mit dem Arsch abreißen was die anderen 
gerade aufgebaut haben. Die Informatik versagt furchtbar darin zu 
erkennen wann sie einen "Gewinner" haben.

> Entschuldigt diese - für die Profis sicher dumm anmutende Frage -, aber
> wir fingen ja alle mal klein an und ich versuche die (scheinbare?)
> Dominanz der FFT in praktischen Anwendungen zu verstehen.

Du beantwortest dir deine Frage selber: Man hat viele praktische 
Anwendungen gefunden, die DFT ist ein "Gewinner". Also lehrt man sie 
folgerichtig als wichtige Grundlage. Was dann wieder dazu führt das die 
nächste Ingenieurgeneration sie auch verwendet und mehr Anwendungen 
gefunden werden.

Hat man damit immer "die beste" Lösung? Wahrscheinlich nicht. Mir dreht 
sich immer der Magen um wenn jemand nach der besten Lösung, dem besten 
Produkt etc. fragt. Technische Lösungen sind immer ein Kompromiss. Die 
DFT hat sich in vielen Anwendungen als guter Kompromiss bewährt.

von mh (Gast)


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Hannes J. schrieb:
> Im Gegensatz zur
> Informatik, wo die einen das mit dem Arsch abreißen was die anderen
> gerade aufgebaut haben. Die Informatik versagt furchtbar darin zu
> erkennen wann sie einen "Gewinner" haben.

Hast du ein Beispiel dafür?

von Marek N. (Gast)


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Stimmt, MPEG trieft ja förmlich vor DCT.

von Toby P. (Gast)


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mh schrieb:
> Hast du ein Beispiel dafür?

SQL 😎

von mh (Gast)


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Toby P. schrieb:
> mh schrieb:
>> Hast du ein Beispiel dafür?
>
> SQL 😎

Ist SQL jetzt der Gewinner oder der Arsch?

von Xeraniad X. (xeraniad)


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Die DFT /FFT kann für gegebene Abtast -Werte (einer als periodisch 
angenommenen Zeitfunktion) berechnet werden. Diese Transformation ergibt 
die komplexen Fourier -Koeffizienten
Die Laplace -Transformation wird nicht auf Abtast -Werte, sondern für 
als Ausdruck gegebene Funktionen angewendet. Damit kann man dann z. B. 
Differerential -Gleichungen lösen.

von Purzel H. (hacky)


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Um diese Funktionen zu verstehen und nachvollziehen zu koennen sollte 
man Physik, oder Mathematik studiert haben. Die anderen muessen's 
einfach glauben.

von Schorsch (Gast)


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Markus schrieb:
> Warum hat die FFT hier so
> einen scheinbaren Vorsprung gegenüber den anderen Transformationen? Ist
> diese rechentechnisch leichter zu implementieren?

Meine persönlichen Erfahrungen:
- Mit FFT habe ich meist bei der Echtzeit-Datenverarbeitung zu tun.
- Mit Laplace hatte ich bisher nur bei der Charakterisierung von 
Systemen zu tun, also etwas, was man in aller Ruhe mit Papier und 
Bleistift durchführen kann. Das Ergebnis kann z.B. eine 
Übertragungsfunktion sein, welche man wiederum in der 
Echtzeitdatenverarbeitung verwenden kann, oder z.B. 
Stabilitätskriterien, damit man weiß, in welchen Rahmenbedienungen man 
das System sicher betreiben kann.

von Frager (Gast)


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Purzel H. schrieb:
> Um diese Funktionen zu verstehen und nachvollziehen zu koennen
> sollte man Physik, oder Mathematik studiert haben. Die anderen muessen's
> einfach glauben.

Blödsinn. Als E Techniker maße ich mir an, es trotzdem zu verstehen

von Michael (Gast)


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Laplace und Z-Transformation ermöglichen es elegant Differenzial- bzw. 
Differenzengleichungen zu lösen. Insbesondere im Filterdesign und in der 
Reglerauslegung zeigen sie ihre Stärke und ermöglichen recht einfach 
Stabilitätsbetrachtungen usw. Im Gegensatz zur Fouriertransformation 
eignen sie sich das Abkling- bzw. Aufschwingverhalten von Systemen zu 
modellieren.

Eine Filterauslegung geschieht klassischerweise offline, im DSP landen 
in vielen Fällen nur die vorab berechneten Koeffizienten. Längere 
FIR-Filter sind aber von ihrer Rechenkomplextität her sehr aufwendig. 
Und hier kommt die diskrete Fouiertransformation (DFT). In der 
DFT-Domäne nämlich wird die aufwendige Faltung der Komplexität O(N^2) zu 
einer einfachen Multiplikation. Und die DFT lässt sich mittels der FFT 
mit einer geringen Komplexität von O(N log N) berechnen. Das ganze nennt 
sich schnelle Faltung [1] und ist vermutlich mit Abstand der wichtigste 
Grund für ihre ungemein weite Verbreitung der FFT in der praktischen 
DSP-Anwendung.

[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Schnelle_Faltung

von Jan (Gast)


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Frager schrieb:
> Blödsinn. Als E Techniker maße ich mir an, es trotzdem zu verstehen

Me2. Hatten aber auch mit den Physikern zusammen Mathe ;)

Aber: ich maße mir nicht an, die mathematische Theorie nachvollziehen zu 
können. Dafür braucht man Topologie/Gruppentheorie, Distributionen 
Theorie, das ganze "Standardzeug" über die Konvergenzsätze in 
verschiedenen Räumen und zu Integralen (kA, zu welcher Gruppe das 
gehört).

Was aber E-Techniker gut erklären können sind die Zusammenhänge, wie das 
Spektrum zu interpretieren ist etc, denn es gibt sehr viele praktische 
Anwendungen.

von squierrel (Gast)


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Michael schrieb:
> Z-Transformation

Michael schrieb:
> Reglerauslegung

etwas zusammengekürzt ;)

Kenne ich auch nur aus dem Bereich Reglerauslegung wo die Totzeiten der 
Regelschleife ein Thema sind.

Das ganze wird selbst an ein paar FHs so gelehrt, dass man es versteht.

von bubu (Gast)


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ich sach mal so... laplace begegnet dir maximal wenn du sowas viele
jahre beruflich machst, und FFTs brauchst du, wenn es hoch kommt, für 5% 
aller denkbaren audio effekte.

i.e. es gibt viele andere sachen, die man viel häufiger benötigt... die 
vielleicht keine transnformationen im  mathematischen sinn darstellen, 
aber mit diesen gemeinsam haben, dass man dort hin encoded und wieder 
decoden kann, als da wären mid/side (sum/difference), symetrierung 
(hilbert transform), sowie das aufsplitten in frequenzbänder oder das 
erzeugen komplexer signale (also z.b. ein musiksignal, was logisch mit 
einer davon abgeleiteten steuerspannung zusammenhängt.

ja, fft ist verhältnismäßg einfach, hat aber den nachteil hoher latenz, 
was im echtzeitbetrieb eines prozesses (also bei der üblichen art von 
audiosoftware) nicht so lustig ist.

von bubu (Gast)


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nicht zu vergessen die vectorisierung (signale werden oft in chunks 
berechnet) und natürlich die allgegenwärtige formatkonvertierung (also 
änderung der kanäle, gewichtung, kompressionsverfahren, sowei änderung 
der samplingrate oder bittiefe.)

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