Forum: HF, Funk und Felder Sequential Wave Imprinting Machine


von Qrp-gaijin @. (Firma: http://qrp-gaijin.blogspot.com) (qrp-gaijin)


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Steve Mann hat ein interessantes Gerät bzw. Verfahren entwickelt -- das 
sogenannte "Sequential Wave Imprinting Machine" -- mit dem man RF-Wellen 
im physikalischen Raum visualisieren kann. Um zu verstehen, was das 
heisst, siehe dieses Video: 
https://content.instructables.com/ORIG/F9G/FD23/IKJ8OZFD/F9GFD23IKJ8OZFD.gif?format=mp4 
(von 
https://www.instructables.com/Imprint-Invisible-Sound-and-Radio-Waves-Onto-Your-/).

Obwohl ich selbst das als hochinteressant finde, habe ich leider in den 
mir bekannten üblichen Internetforen keine Hobby-Bastler gefunden, die 
sowas gebaut haben oder sich dafür interessieren. Ich dachte, vielleicht 
wäre dies ein Thema für dieses Forum.

Bauanleitungen gibt es hier: 
https://www.instructables.com/Imprint-Invisible-Sound-and-Radio-Waves-Onto-Your-/ 
(siehe Abschnitt "Step 3: A Cheap and Easy Phenomenal Augmented Reality 
Example You Can Prepare in a Few Minutes"). Das Einzige, das mich dabei 
stört, ist dass ein Radar als Signalquelle gebraucht wird. Ich denke 
mir, das muss auch einfacher gehen, mit einem einfachen Oszillator (mit 
Wellenlänge um einige Zentimeter) als Signalquelle. Dabei muss ich auch 
zugestehen, dass ich das Prinzip des Gerätes nur ungefähr verstehe.

Das Prinzip wird vom Mann so erläutert:

> This is due to an effect that I discovered in my childhood,
> when moving a broken oscilloscope (no sweep) back and forth
> to simulate a timebase by moving through space. What I
> discovered in spacetime was that the base can be spatial
> rather than temporal, and thus the spacebase shows waves
> perfectly aligned with where they actually are in physical
> reality, when a sensor (such as a receive antenna) is moved
> back and forth together with the oscilloscope.

> A traveling wave may be represented by cos(ωt-kx). A
> superheterodyne receiver picks up this signal and, let's
> say it is in tune with the transmitted signal, thus the
> local oscillator (chalk drawing on left) is cos(ωt).
> Thus the result, coming down to baseband is cos(-kx) = cos(kx).

> Thus what we see traced out by the oscilloscope is a
> function cos(kx) only of space, not time. The wave is
> "sitting still" now, and we can see it in exact alignment
> with where it is in space (no longer traveling at the speed
> of light).

Ich glaube, dass Herr Mann oben mit "superheterodyne" eigentlich "direct 
conversion" meinte.

Ich interpretiere das Prinzip wie folgt: nehmen wir an, dass TX und RX 
Oszillatoren beide Sinuswellen erzeugen und sind beide auf die gleiche 
Frequenz abgestimmt. Dann -- weil das TX-Signal mit begrenzter 
Geschwindikeit den Raum überqueren muss um beim Empfänger anzukommen -- 
eine Verschiebung in Raum erzeugt eine Phasenverschiebung, die von der 
räumlichen Verschiebung abhängt, zwischen TX-Signal und RX-LO-Signal. 
Diese Phasenverschiebung kann dann visualisert werden, und sie 
entspricht der Amplitude der Sinuswelle und gibt dann die Sinuswelle 
wieder, in physikalischem Raum. Ich würde gern wissen, ob ich das 
Prinzip richtig verstanden habe, oder völlig daneben liege.

Weiteres dazu liest man hier:

http://wearcam.org/swim/

http://emergingtechnet.org/SDSProceedings~del/SDSpackingList/28_SDS2020_RC_31.pdf

----

Nachtrag: der obige Forschungsbericht von 2020 scheint zu bestätigen, 
dass die Phasenverschiebung den Kern des Prinzips bildet. Zitat (p. 3):

> The I and Q signals from the two SDRs, both converted from
> Cartesian coordinate system to polar coordinate system
> (amplitude and phase), are then used to implement a software
> LIA (Fig. 8) by calculating and using the *phase difference*
> between the stationary reference antennae and the moving
> signal receive antennae to reconstruct the radio waveform.

: Bearbeitet durch User
von GHz N. (ghz-nerd)


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Damit dieses Vorhaben funktioniert müssen Sende- und Empfangsoszillator 
perfekt synchronisisert sein (entweder 2x PLL mit gemeinsamer Referenz 
oder ganz einfach von derselben Quelle stammen), sonst wandert das 
Stehwellenmuster umher.

Wenn ich es richtig verstanden habe, sind Sender und Empfänger am 
gleichen Ort und werden vom selben Oszillator "angetrieben" (Prinzip des 
Radarmoduls).

Der "Anzeigebalken" muss gleichzeitig der stärkste/einzige Reflektor für 
das Radarsignal sein (ganz wichtig sonst kann das nicht funktionieren). 
Die Anzeige ist nämlich (Kabel, drahtlos oder wie auch immer) mit dem 
Radarmodul verbunden  und stellt einfach dessen DC gekoppeltes IF Signal 
dar.

von Hp M. (nachtmix)


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Qrp-gaijin @. schrieb:
> Das Einzige, das mich dabei
> stört, ist dass ein Radar als Signalquelle gebraucht wird. Ich denke
> mir, das muss auch einfacher gehen, mit einem einfachen Oszillator (mit
> Wellenlänge um einige Zentimeter) als Signalquelle.

Na, das ist doch ein Radar.
Es gibt z.B. Bewegungsmelder oder Türöffner, die auf 2,45GHz arbeiten, 
und solche, die auf 24,125GHz arbeiten.
Hier einer für 24,125 GHz
https://www.conrad.de/de/p/rsm-1650-radar-bewegungsmelder-1-st-5-v-max-l-x-b-x-h-25-x-25-x-13-mm-502370.html
C. hatte auch mal welche für 2,45GHz, aber ich habe auf die Schnelle 
keine mehr gefunden. Evtl sind sie aus der Mode gekommen, weil auf 
dieser Frequenz auch Mikrowellenherde, WLAN, Bluetooth etc. arbeiten und 
u.U. stören.


Wenn du mit der Antenne eines solchen Senders eine reflektierende Wand 
aus Metall anstrahlst (Ein grosses Stück Alu-Folie genügt), dann 
bekommst du zwischen der Sendeantenne und dem Reflektor ein Feld aus 
stehenden Wellen, in welchem Minima und Maxima der elektrischen 
Feldstärke abwechseln.
Diese Feldstärke wird gemessen und entsprechend werden mehr oder weniger 
LED der Thermometeranzeige angezündet.

Für solche Demonstrationen ist die ältere Frequenz 2,45GHz besser 
geeignet, weil bei 24,.. GHz  Minima und Maxima nur 3mm voneinander 
entfernt sind, während es bei 2,45GHz immerhin ca 3cm sind.
Ausserdem sind Dioden für die niedrigere Frequenz einfacher und billiger 
zu bekommen, mit denen man die hochfrequente Strahlung nachweisen kann.

Der Rest ist im Prinzip ein klassischer Detektorempfänger, wie ihn schon 
die Pioniere der Funktechnik benutzten: Die Diode richtet die 
hochfrequente Spannung gleich, und mit dieser Gleichspannung betreibt 
man, -evtl nach ein bischen Verstärkung-, einige LEDs.
Dafür gibt es ICs, die man auch in Austeuerunghsanzeigern u.dgl. findet. 
Früher waren das z.B. UAA170, UAA171 oder LM3914, LM3915. Wer einen 
Microcontroller programmieren kann, der einen ADC an Bord hat, kann auch 
diesen benutzen um einige LED anhand der gemessenen Feldstärke 
anzusteuern.

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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GHz N. schrieb:
> Damit dieses Vorhaben funktioniert müssen Sende- und Empfangsoszillator
> perfekt synchronisisert sein (entweder 2x PLL mit gemeinsamer Referenz
> oder ganz einfach von derselben Quelle stammen), sonst wandert das
> Stehwellenmuster umher.

Warum so kompliziert?
Frequenzgleichheit ist ja automatisch vorhanden, wenn man die 
hinlaufende Welle mit der reflektierten überlagert.
- Jedenfalls solange sich die Sendefrequenz nicht allzu  heftig ändert, 
wie etwa beim FM-CW-Radar für Höhenmesser.

GHz N. schrieb:
> Der "Anzeigebalken" muss gleichzeitig der stärkste/einzige Reflektor für
> das Radarsignal sein

Nö, der Anzeigebalken ist nur der Detektor und befindet sich irgendwo 
zwischen Sender und Reflektor.

: Bearbeitet durch User
von Hp M. (nachtmix)


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Qrp-gaijin @. schrieb:
> Ich glaube, dass Herr Mann oben mit "superheterodyne" eigentlich "direct
> conversion" meinte.

Ich habe sogar den Eindruck, dass Herr Mann nicht recht verstanden hat, 
was er da treibt. Jedenfalls ist seine Erklärung einigermassen konfus.

von GHz N. (ghz-nerd)


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Hp M. schrieb:
> Nö, der Anzeigebalken ist nur der Detektor und befindet sich irgendwo
> zwischen Sender und Reflektor.

ok, man kann natürlich auch das Radarmodul auf den Anzeigebalken selbst 
montieren (und dabei aber nach wie vor die IF des Radarmoduls anzeigen) 
und das ganze gegen eine Wand/Reflektor richten.


Hp M. schrieb:
> Für solche Demonstrationen ist die ältere Frequenz 2,45GHz besser
> geeignet, weil bei 24,.. GHz  Minima und Maxima nur 3mm voneinander
> entfernt sind, während es bei 2,45GHz immerhin ca 3cm sind.
> Ausserdem sind Dioden für die niedrigere Frequenz einfacher und billiger
> zu bekommen, mit denen man die hochfrequente Strahlung nachweisen kann.

Detektor-Dioden werden dabei gar nicht nicht gebraucht, weil der Mischer 
im Radarmodul die Detektion durchführt!
Stehwellen wie du sie beschreibst sind nur sichtbar, wenn hin- und 
rücklaufende Feldstärke in etwa gleich stark sind (z.B in einem Kabel). 
IM Freifeld kannst du das vergessen. da ist es im besten Fall ein 
mikroskopisches Schwanken.

von Hp M. (nachtmix)


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GHz N. schrieb:
> Detektor-Dioden werden dabei gar nicht nicht gebraucht, weil der Mischer
> im Radarmodul die Detektion durchführt!

Korrekt.
Aber dann müsste man Sender oder Reflektor bewegen, was nicht so 
intuitiv verständlich ist, als wenn man zeigt, dass die stehende Welle 
wirklich ortsfest ist.
Am einfachsten demonstriert man solche Interferenzmuster wohl immer noch 
mit Wasserwellen, weil man diese in sogar zwei Raumdimensionen auch ohne 
Hilfsmittel sehen kann.

GHz N. schrieb:
> Stehwellen wie du sie beschreibst sind nur sichtbar, wenn hin- und
> rücklaufende Feldstärke in etwa gleich stark sind (z.B in einem Kabel).
> IM Freifeld kannst du das vergessen. da ist es im besten Fall ein
> mikroskopisches Schwanken.

Einigermassen gleich stark sollten die interferierenden Wellen schon 
sein, wenn man sie gut beobachten will, das ist richtig.
Aber ansonsten kommt es vorwiegend auf die Empfindlichkeit des 
Empfängers an.
Ich habe ein 24GHz Radarmodul (Nur Gunn-Diode, kein Durchblasemischer) 
mal nach oben gegen die Zimmerdecke strahlen lassen um möglichst 
niemanden zu stören. Als Empfänger diente der Spekki mit einem 
Koaxkabel.
Sofort nach dem Einschalten des Oszillators war der ganze Raum von einem 
komplizierten Muster stehender Wellen erfüllt.
Zwar war das noch kein wirkliches Freifeld, aber ich erinnere mich, dass 
ich vor Jahrzehnten in der Nähe des Düsseldorfer Flughafens gewohnt 
habe, ca. 2km querab der Startbahn.
Dort konnte man gerade noch das holländische Fernsehen empfangen 
("Flintstones", Sender Roermond?), aber wenn ein nach Westen startender 
Flieger die Fresnel-Zone durchquerte, kam es zu heftigen 
Empfangsschankungen. Zuerst langsam, vllt 1Hz, dann immer schneller bis 
vllt 30Hz und schwächer werdend.

Qrp-gaijin @. schrieb:
> Ich würde gern wissen, ob ich das
> Prinzip richtig verstanden habe, oder völlig daneben liege.

Ja, ungefähr.


Qrp-gaijin @. schrieb:
>> The I and Q signals from the two SDRs, ....

Da gibt es einige Haken und Ösen, die GHz N. schon angesprochen hat:
GHz N. schrieb:
> Damit dieses Vorhaben funktioniert müssen Sende- und Empfangsoszillator
> perfekt synchronisisert sein

Selbst wenn die beiden SDR frequenzsynchron sind, weil z.B. die 
LO-Frequenz vom USB-Takt abgeleitet wird (was ich nicht weiss), bedeutet 
das längst nicht, dass sie auch phasenstabil zueinander sind, da sie ja 
unabhängig voneinander zu verschiedenen Zeiten gestartet werden.
Auch die Synthesizer für den LO selbst können noch kleinere 
Phasensprünge verursachen.




Im Übrigen ist das Aufzeichnen eines räumlichen Interferenzfeldes 
elektromagnetischer Wellen keineswegs neu, und bestimmt hat es nicht 
Herr Mann erfunden, sondern Denis Gabor, der später den Nobelpreis dafür 
bekam.
https://de.wikipedia.org/wiki/Dennis_G%C3%A1bor

: Bearbeitet durch User
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