Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Mikrovoltmeter - einige Fragen


von Christoph E. (stoppi)



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Hallo!

Bei diversen physikalischen Experimenten wie etwa der Messung der 
Wärmestrahlung mittels Thermosäule kommen immer wieder einmal sehr 
geringe Spannungen im µV-Bereich vor.

Um diese messen zu können, habe ich mir zunächst einen 
nicht-invertierenden Verstärker mit dem AD8551 bzw. MAX4238 (sollten 
laut Datenblatt um die 1 µV input-offset-voltage haben). Dies 
funktionierte nicht perfekt, da bei sehr geringen Eingangsspannungen von 
z.B. 1 µV die Ausgangsspannung höher bzw. versetzt war z.B. 6 mV.

Die geringen Eingangsspannungen habe ich über einen gewöhnlichen 
Spannungsteiler (1kOhm / 1 GOhm) gelöst. Sicherlich nicht ideal, aber 
ich habe nichts anderes zur Hand. Also wenn ich an den Teiler 1.4V 
anlege (ist das Minimum meines Selbstbau-Netzteils), so erhalte ich 5-6 
mV am Ausgang. Nur wenn ich das Netzgerät abklemme und den Eingang zum 
OPV kurzschließe, geht die Ausgangsspannung auf 0.3 mV zurück.

Spielen mir hier Thermospannungen etc. mit rein oder Störungen vom 
Netzteil?

Um diesen offset zu beseitigen, habe ich nach dem Verstärker einen 
Differenzenverstärker (ebenfalls mit dem AD8551 bzw. MAX4238) mit gain = 
1 angebaut in der Hoffnung, mir eben diesen offset im Bereich von 5mV zu 
eliminieren.

Funktioniert nur bedingt. Im "höheren" Bereich ab ca. 5µV stimmen nun 
Ausgangsspannung und Eingangsspannung recht gut überein (Verstärkung = 
1000). Nur im ganz unteren Bereich bleibt mir ein (nun zwar geringerer) 
offset von ca. 2mV (Ausgang 3.5 mV bei 1.5µV Eingang).

Sind etwa die von mir gewählten 10kOhm Widerstände für den offset zu 
gering?

Daher meine Frage, ob ich (wohl) mit diesen Unzulänglichkeiten leben 
muss oder ob es eine andere/bessere Variante gibt, Spannungen im 
µV-Bereich zu messen?

Danke im voraus für eure Anmerkungen/Hinweise.

: Bearbeitet durch User
von Plate (Gast)


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Christoph E. schrieb:

> funktionierte nicht perfekt, da bei sehr geringen Eingangsspannungen von
> z.B. 1 µV die Ausgangsspannung höher bzw. versetzt war z.B. 6 mV.

> Funktioniert nur bedingt. Im "höheren" Bereich ab ca. 5µV stimmen nun
> Ausgangsspannung und Eingangsspannung recht gut überein (Verstärkung =
> 1000).

hab mir die Destillation erlaubt. IMO streuen Elementarspannungen 
ein,pH-Messgeräte z.B. haben Platinelektroden - nur so eine Idee am 
Rand, kann natürlich falsch sein, ist ja nur ein Lügenforum ;)

von dummschwaetzer (Gast)


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für solche Anwendungen würde ich die OPVs nicht rail to rail betreiben.
Gib denen was leicht negatives (-1V?) an deren NegativSupply,
oder einen Virtuellen GND leicht über deinen derzeitigen GND

von Michael B. (laberkopp)


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Christoph E. schrieb:
> Die geringen Eingangsspannungen habe ich über einen gewöhnlichen
> Spannungsteiler (1kOhm / 1 GOhm) gelöst

Nimm lieber 1 Ohm, 1MOHm

Und ein POTI in der Rückkopplung ? Willst du messen oder spielen ? 
Reduziere den Spannungsteiler auch um den Faktor 100, und nutze einen 
Festwiderstand.

Christoph E. schrieb:
> so erhalte ich 5-6 mV am Ausgang.

Normal, der Ausgang kann bei 20kOhm Belastung (10k) nicht weniger als 
4-10mV liefern laut Datenblatt.

Will man exakt auf 0V, muss man eine leicht negative Betriebsspanung an 
V- klemmen.

Thermospannungen sind immer ein Problem, auch das Biegen der 
Leiterplatte führt zu Abweichungen. Ein Gain von 1000 macht die Sache 
nicht besser.

Um Effekte durch Netzteile auszuschliessn, versorge es zum Test aus 
Batterien.

von Andrew T. (marsufant)


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Michael B. schrieb:
> Nimm lieber 1 Ohm, 1MOHm

Und etwas Schirmung durch Metallfolie um den Eingangsbereich sowie 1uF 
MKP bzw. MKC parallel zu den 1 Ohm sind hilfreich,

um Störungen von aussen weiter zu reduzieren.

von Matthias K. (matthias_k23)


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Die geringen Eingangsspannungen habe ich über einen gewöhnlichen
> Spannungsteiler (1kOhm / 1 GOhm) gelöst. Sicherlich nicht ideal, aber
> ich habe nichts anderes zur Hand.

Eine Option wäre noch hier doch noch mal genauer hinzuschauen, was für 
Widerstandsmaterialien es denn tatsächlich sind.
Dickschicht oder bessere Metallschichtwiderstände? Was ist das für ein 
Potimaterial? etc

Noch weniger thermisch bedingtes Eigenrauschenen vlt mit 
Metalldrahtwiderstände, aber die sind wahrscheinlich wieder zu gross und 
du hast dann wieder neue Probleme. Metallfolienwiderstände wären ideal, 
wirst Du wohl aber als Hobbyelektroniker schwer ordern können ...

Viel Erfolg

zum Verständnis sh. hier:
https://www.eetimes.com/strategies-for-minimizing-resistor-generated-noise/#

von Andrew T. (marsufant)


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Christoph E. schrieb:
> Spielen mir hier Thermospannungen etc. mit rein oder Störungen vom
> Netzteil?

BTW: Du hast da Du Steckfassungen/Adapter-PCB verwendet hast durch die 
dortigen Materialien ebenfalls bereits Thermospannungen im uV Bereich.
Das wird dann kritisch.

von Werner H. (werner45)


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Bei µV-Verstärkern nimmt man normalerweise chopperstabilisierte Typen, 
evtl. mit AC-Bypass, je nach Anforderungen.
Abschirmungen (Gehäuse) und Erdungen an der richtigen Stelle sind 
wesentlich für wenig Störeinfluß von außen.

Die uralten Kompensationsschreiber mit 1 mV Vollausschlag auf 25 cm sind 
auch Mikrovolt-Verstärker. Das thermospannungsarme Lot für den 
Eingangsbereich ist cadmiumhaltiges Lötzinn.

: Bearbeitet durch User
von Christoph E. (stoppi)


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Vielen Dank einmal für die vielen, wertvollen Tipps.
Zur negativen Spannungsversorgung: der pin 4 des Max4238 ist dezidiert 
mit GND bezeichnet. Da werde ich wohl keine negative Spannung 
anschließen können oder?

Beim AD8551 ist das anders, bei dem ist die pin-Bezeichnung eben V-. 
Maximale Versorgungsspannung ist bei beiden OPV nur 6V, da muss ich 
natürlich auch aufpassen...

von MaWin (Gast)


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Christoph E. schrieb:
> der pin 4 des Max4238 ist dezidiert mit GND bezeichnet. Da werde ich
> wohl keine negative Spannung anschließen können oder?

Woher soll er wissen, dass die negativ ist ?

von Andrew T. (marsufant)


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Christoph E. schrieb:
> Zur negativen Spannungsversorgung: der pin 4 des Max4238 ist dezidiert
> mit GND bezeichnet. Da werde ich wohl keine negative Spannung
> anschließen können oder?

Schau mal z.B. hier wie es gemeint ist:

http://dangerousprototypes.com/blog/2011/03/05/app-note-high-quality-white-noise-generator/

-2.5V an GND des max4238

von Christoph E. (stoppi)


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Danke für die Hinweise...
Was ich nicht ganz verstehe: warum ist pin 4 vom Max4238 dann nicht ganz 
normal mit V- oder Vss bezeichnet wie bei anderen auch?
Nachteil einer symmetrischen Spannungsversorgung wäre halt der halbierte 
Messbereich.
Aber ich werde es einmal wie vorgeschlagen mit -0.1V an Vss probieren...

@MaWin: Das weiß er natürlich nicht, aber nachdem meine Eingangssignale 
auf GND bezogen sind und der pin eben auch mit GND bezeichnet ist, 
dachte ich mir, dass ich dort nicht tiefer gehen kann.

: Bearbeitet durch User
von Sebastian S. (amateur)


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Ich bin ja mal gespannt, wann die Leute kapieren, das R2R-OPs NICHT bis 
an die Betriebsspannung oder die Masse rankommen, sondern nur FAST.
Wird dieses FAST dann noch mit einem Faktor 1000 versehen, so wird 
daraus - OH WUNDER - ein Etwas.

Bei einer "normalen" Anwendung wird das ja auch kein Problem sein, 
aber...

Bei so geringen Spannungen würde ich auch den Randeffekten, die beim 
Betrieb eines OP mit asymmetrischer Betriebsspannung entstehen, aus dem 
Weg gehen. Und +5V (oder was auch immer) und -0,1V sind mächtig 
asymmetrisch.
Und noch was: Wenn ich sowieso eine zweite Spannung brauche, so kann ich 
auch gleich eine "richtige" erzeugen.

: Bearbeitet durch User
von Christoph E. (stoppi)


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Danke, Sebastian!

Da ich ja den 7805 schon habe, werde ich ihn dann wie abgebildet für 
+/-2.5V verwenden. Oder gäbe es mit dieser Versorgungsart Probleme?

von MaWin (Gast)


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Christoph E. schrieb:
> Da ich ja den 7805 schon habe, werde ich ihn dann wie abgebildet für
> +/-2.5V verwenden

Unsinn.

Du erzeugst mit einem 7805 ja die 5V aus einer höheren Spannung, z.B. 
9V.

Da kannst du auch gleich negative -0.7V draus machen:
1
      +----+
2
 +----|7805|-- 5V
3
+|    +----+
4
9V       |
5
-| 1N4001 |
6
 +--|<|---+--- 0V GND
7
 |
8
 +------------  -0.7V
Passende Abblockkondensatoren dazudenken.
5.7V sind für den MAX auch nicht zu viel.

von Thomas R. (Gast)


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Denke mal übet einen Chopper-Verstärker nach.
https://de.wikipedia.org/wiki/Chopper-Verst%C3%A4rker

von Sebastian S. (amateur)


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Wäre schön, wenn das so einfach ginge!
Eine Batterie mit Dauerlast, in Form von Widerständen, ist von 
vornherein mittelprächtig.
Auch wird das mit den (2X) 100K wohl so nicht gehen. Nett für die 
Batterie - mies als Vorwiderstand.

: Bearbeitet durch User
von 🍅🍅 🍅. (tomate)


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Ich würds mal damit versuchen, differentiell Eingang ist immer besser 
als gegen Masse:
https://de.wikipedia.org/wiki/Instrumentenverst%C3%A4rker

Den negativen Eingang dann z.B. hochohmig auf virtuelles GND bei 2.5V 
mittels Spannungsteiler.

: Bearbeitet durch User
von ths (Gast)


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Der Max4328 hat 1,5 µVpp Input Noise, das ist nicht wenig. Die 
Eingangsoffsetspannung ist nicht von großer Bedeutung, die kann man 
tarieren oder wegdrücken. Wichtiger ist die Input Offset Drift.

Ich möchte für einen erfolgreichen Einstieg in die Thematik einen 
Vorschlag machen:

Als ersten Verstärker einen PGA204. Die Verstärkung kann man per Jumper 
einstellen zwischen 2/10/100/1000. Die Input Voltage Drift ist 
akzeptabel, das Rauschverhalten auch und die Gain Drift ist sehr 
kurzzeitstabil. Leider nicht billig, kostenloses Muster anfordern. Evtl. 
AD8422 o.ä. nehmen.

Der zweite Verstärker ist schon unkritischer, da ist reichlich Auswahl.

Beide Verstärker mit ± 9 V aus Batterien speisen.

Während des Messens die Schaltung vor Zugluft schützen. Karton 
drüberstülpen.

Um eine kleine Eingangsspannungsquelle zu generieren, reicht eine 
Spannungsreferenz (aus den +9 V speisen) und ein Spannungsteiler, der 
nicht zu hochohmig ist wegen Widerstandsrauschen.

Nach dem Einschalten thermisches Gleichgewicht abwarten: 
Thermospannungen.

Damit kannst du in den Mikrovolt - Mikrokosmos vordringen.

von Alexander S. (alesi)


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Hallo,

ich nehme an du willst dir selber etwas bauen. Falls nicht und es auch 
etwas kosten darf, gibt es das natürlich auch fertig, z.B.
https://www.femto.de/de/produkte/spannungsverstaerker/variable-verstaerkung-100-khz-dlpva.html
Falls du lieber selber bastelst, kannst du den Link ja als Referenz 
nehmen.

von GuruGuru (Gast)


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1µV Offset ist eine Marketing-Aussage.
In der Praxis hast du Thermospannungen auf der Platine oder den 
Anschlussleitungen, die höher sind.
Außerdem musst du dich von der Vorstellung lösen, dass es die Null Volt 
gibt. Du wirst sehen, dass dein Nullpunkt nie konstant bleibt, auch wenn 
du oft abnullst.
Als einzige Abhilfe müsste die gesamte Platine in einen Temperatur 
geregelten Alublock!
Der AD8551 hat ein hohes Rauschen. Da müsstest du die Grenzfrequenz der 
Verstärkung extrem niedrig machen.
Wenn es um die Auswertung einer Messbrücke geht, gibt es die Methode der
AC-Speisung. Dann eliminieren sich Offset und Thermospannungen von 
selbst.
So machen es auch Lock-In-Verstärker.

von Lurchi (Gast)


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Gerade mit Spannungen nahe null kann die Spannung auch mal negative 
sein, und sei es auch nur vom Rauschen. Da sollte man schon eine 
negative Spannung oder Virtuelle Masse nutzen. Die Version mit dem 
einfachen Widerstandsteiler geht, man muss aber ggf. aufpassen mit der 
Belastung, etwa vom Teiler für die Verstärkung. D.h. die 2x100 K sind 
schon grenzwertig hoch. Bei Versorgung aus einem Netzteil wären 2x10 K 
passender. Eine alternative sind ggf. 2 dioden oder eine LED an der 
negativen Seite - da hat man bei gleichem Strom eine niedrigere 
Impedanz. Dass die virtuelle Masse mit dem Temperatur etwas variable ist 
stört i.A. nicht.

Die auto-zero OPs mögen eine gute Abblockung der Versorgungsspannung, 
denn in den Schaltphasen geht es recht schnell zu, auch wenn die 
Bandbreite der OPs klein ist.

Der Eingang sollte etwas Schutz und HF Filter haben. Manche der OPs 
reagieren auf eine Veränderung der Kapazität am Eingang, vor allem wenn 
die Signalquelle nicht so niederohmig ist.

von GuruGuru (Gast)


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Die sicherlich beste Möglichkeit: Nimm einen differentiellen 24Bit-ADC 
mit einem PGA / 128-fach Buffer/Vorverstärker!
Den -Eingang (Mess-GND) hängst du auf Uref-halbe.
Da kommst du selbst bei 5V Referenz auf eine Auflösung von 5nV!
UND er hat auch gleich einen digitalen Teifpass drin.
Z.B. AD7190: 9nVeff Rauschen!
Oder ADS1235 mit 42nVpp Rauschen...
PS:
>> Die geringen Eingangsspannungen habe ich über einen gewöhnlichen
Spannungsteiler (1kOhm / 1 GOhm) gelöst...

So wird das eh' nix!
Entweder du nimmst sau teure, schwer zu beschaffende 
höchst-Präzisionswiderstände (TK 0,2ppm)
ODER du kaskadierst matched Widerstandsnetzwerke
(in einem Gehäuse) z.B. mehrere LT5400-3 (1/41) hintereinander.
Aber auch dabei hast du die Thermospannungen!
Mit einem digitalen Funktionsgenerator kannst du noch recht stabil
100mV ausgeben - wenn er auch DC macht.

von Christoph E. (stoppi)


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Vielen Dank für die vielen, konstruktiven Hinweise und Vorschläge...

Ich probiere das einmal mit der Diode im GND-Pfad des 7805 aus und 
berichte dann. Mit den bisherigen Ergebnissen kann ich dann euren 
Schilderungen zufolge eh schon glücklich sein. Wie gesagt, so schlecht 
funktioniert das Ganze eh nicht bis auf den nicht zu eliminierenden 
offset bei Spannungen < 5µV.

von Arno H. (arno_h)


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Alt aber gut: AN280 von AD.
Der Download des  "Low Level Measurement Handbook" von Keithley 
(inzwischen 7.Aufl.) ist sehr zu empfehlen.

Arno

von Christoph E. (stoppi)


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So, habe nun die Spannungsversorgung der beiden OPV abgeändert und bin 
mit dem Ergebnis nun eigentlich zufrieden. Ausgangsspannung in mV folgt 
sehr schön der Eingangsspannung in µV.

Das Multimeter am Ausgang stelle ich aber lieber auf V mit 1mV 
Auflösung, dann ist die Anzeige stabil. Im mV-Bereich mit 0.1mV 
Auflösung schwankt sie doch deutlich stärker. Aber wirklich kleinere 
Spannungen als 1µV habe ich eh nicht vor damit zu messen.

Vielen Dank nochmals für eure Unterstützung...

von Arno H. (arno_h)


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Warum blockst du nur die positive Versorgung am IC ab?

Arno

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