Hallo, ich bin Student der Elektrotechnik und habe ein Verständnisproblem: Angenommen ich betrachte z.B. die Leitungen zwischen einem Gate-Treiber und dem MOSFET. Der Strom fließt also vom Gate-Treiber zum MOSFET ins Gate und vom Source-Anschluss zurück zum Gate-Treiber: [p] _______ I --> ----------------------|___L_____|------------| _|_ MOSFET-Gate-Kapazität ________ __ I <-- ----------------------|___L_____|------------| [/p] Die Leitung vom Gate-Treiber zum Gate und die Leitung vom Source zurück zum Gate-Treiber haben ja parasitäre Induktivitäten. Nun habe ich gelernt, dass man die Fläche, die diese Leitungen aufspannen, minimieren soll, um die Gesamtinduktivität der Schleife zu minimieren. Kann man sich das durch die magnetische Kopplung der zwei Leitungen miteinander erklären? Ich habe das mal in LTSpice simuliert, siehe Anhang. Testweise habe ich dann mal einen Punkt aus der Simulation abgelesen: V_IN = 1V, f = 86.747705MHz, I1 = 354.53811mA * exp(-j19.426069°) und daraus die Schleifeninduktivität berechnet: L = imag(V_IN / I1) / (2 * pi *f) = 1.72111041104nH, was ja geringer als die Summe der Einzelinduktivitäten ist: L1 + L2 = 1.893nH. Sind meine Überlegungen so richtig? Vielen Dank fürs Durchlesen ;-)
Meine ASCII-Art war wohl zu breit...
1 | _________ |
2 | I --> ----------|___L_____|------------| |
3 | _|_ MOSFET-Gate-Kapazität |
4 | _________ ___ |
5 | I <-- -----------|___L_____|-----------| |
Habe noch herausgefunden:
1 | L = imag(V_IN / I1) / (2*pi*f) = 1.72111041104nH = L1 + L2 - 2*k*sqrt(L1*L2) |
Kann mir jemand erklären, warum das funktioniert und was da physikalisch passiert?
Peter schrieb: > Kann mir jemand erklären, warum das funktioniert > und was da physikalisch passiert? Nun ja, betrachte zwei parallele Leiter mit einer Kurzschlussbrücke in "unendlicher Ferne" und einen Strom in diesen Leitern, der im einen Leiter hin- und im anderen zurückfließt. Jetzt erstelle eine Schnittzeichnung davon, Schnitt- ebene senkrecht zur Achse beider Leiter, und zeichne die magnetischen Feldlinien ein. Zwischen den Leitern verstärkt sich das Feld, weil der Richtungssinn der Feldlinien übereinstimmt; außerhalb hebt sich das Feld nahezu auf, weil der Richtungssinn entgegengesetzt ist, die Feldstärke aber (aufgrund der nahezu gleichen Entfernung) fast gleich. Folgerung: Wenn der Strom an DERSELBEN Stelle hin- und zurückfließen könnte (was beim Koaxialkabel näherungsweise erfüllt ist), gäbe es überhaupt kein Magnetfeld außerhalb der Leiter -- also könnte in diesem Falle auch keine Energie in diesem Feld gespeichert sein. Also müsste auch die Indutivität Null sein. Das Bild mit den parallelen Leitern und der magnetischen Feldstärke kommt übrigens bei einer Standardaufgabe der "Grundlagen der Elektrotechnik" vor (Vordiplom E-Technik).
Hallo Egon, Danke für Deine Erklärungen, denn das geht schon in die Richtung wo ich Verständnisprobleme habe. Ich verstehe, wie die Feldlinien verlaufen und auch, dass sich das Feld außerhalb der Leiterschleife aufhebt, aber innerhalb verstärkt. Jedoch ist mir unklar, wie man durch den Feldverlauf auf die resultierende Induktivität schließt. Warum wird in dem von Dir beschriebenen Fall die Induktivität kleiner? Das Feld außerhalb löscht sich (fast) aus, aber dafür verstärkt es sich doch innerhalb? Es gilt doch: L = Phi / I, also die Induktivität ist der magnetische Fluss geteilt durch den Strom. Wenn sich das Feld innerhalb verstärkt, dann müsste ich doch einen größeren mag. Fluss (bei gleichem Strom) bekommen und damit mehr Induktivität? Vielen Dank für eure Bemühungen! Ich bin eben erst 4 Wochen im Studium.
Peter schrieb: > Warum wird in dem von Dir > beschriebenen Fall die Induktivität kleiner? Das Feld außerhalb löscht > sich (fast) aus, aber dafür verstärkt es sich doch innerhalb? Du musst das vektoriell betrachten, nicht nur den Betrag. Die Richtungen der Feldlinien sind entgegengesetzt weil der Strom entgegengesetzt fliesst.
Hallo Volker, Danke für die Antwort. Volker M. schrieb: > Du musst das vektoriell betrachten, nicht nur den Betrag. Die Richtungen > der Feldlinien sind entgegengesetzt weil der Strom entgegengesetzt > fliesst. Ja, ich habe das vektoriell betrachtet. Außerhalb der Schleife (die von den beiden Leitern aufgespannt wird) stimme ich Dir zu, dass sich dort das Feld auslöscht, weil die Richtung andersherum ist. Jedoch im Bereich zwischen den Leitern addieren sich die Felder.... https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/bf/Stromschleife.svg Oder habe ich einen Denkfehler?
Peter schrieb: > Jedoch im Bereich > zwischen den Leitern addieren sich die Felder.... Stimmt, da war ich gedanklich falsch.
Volker M. schrieb: > Stimmt, da war ich gedanklich falsch. Ok, aber warum wird dann die Induktivität der Leiterschleife kleiner, wenn die beiden Leiter dichter zusammen kommen?
Stell Dir vor die Feldstärke zwischen den Leitern ist konstant. Dann halbe Fläche -> halbe Induktivität. Das war zur Vorstellung, das Feld ist ja nicht konstant. Nun rechne mal das Integral für verschiedene Abstände aus und daraus die Induktivität.
Peter schrieb: > Ok, aber warum wird dann die Induktivität der Leiterschleife kleiner, > wenn die beiden Leiter dichter zusammen kommen? Du kannst das auch nach der TDL betrachten. Der Wellenwiderstand wird kleiner, wenn die Leiter zusammenrücken, genauer die geometrischen Verhältnisse sich entsprechend ändern. Das Abstand-zu-Leiterdurchmesser-Verhältnis (D/d) bestimmt den Wellenwiderstand (logarithmisch). Mehr Kapazitäts- und weniger Induktivitätsbelag heißt niederohmiger. Du kannst auch die Drähte dicker machen, das wirkt genauso.
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