Hallo zusammen! Ich schreibe gerade an einer Abschlussarbeit über Wellen- und Selektivlöten im industriellen Kontext. Ein Teil davon ist die Definition der auf eine THT Lötstelle wirkenden Belastungsarten. Jetzt stehe ich vor dem Problem, dass mir die IPC-A-610 zwar sehr anschaulich mit Bildern zeigt wie eine Lötstelle aussehen darf und ich mir aus dem Roloff/Matek näherungsweise die Festigkeitsberechnung einer Lötstelle herleiten kann, jedoch finde ich zu dem Thema speziell für die Elektronikproduktion absolut nichts. Gibt es hier irgendjemand der mit Regelwerken für die Anforderungen an die mechanische Belastung (Scher-/Zug-/Torsionsfestigkeit usw.) oder deren Überprüfung von THT Lötstellen arbeitet/gearbeitet hat und mir einen Tipp geben kann? Vielen Dank im Voraus Andreas Pfeffer
Ich habe mal nachgesehen, was die ESA Standards so zur Verifikation von Lötstellen schreiben. Relevant ist hier wohl ECSS-Q-ST-70-08C. 13 Verification procedure 13.1 General 13.2 Vibration 13.3 Temperature cycling 13.4 Microsection Zu deiner konkreten Frage zu Kräften steht da nichts aber es sind Vibrationsbelastungen angegeben (was bei der Raumfahrt nicht verwundert, die Vibrationen beim Start sind das schlimmste was mechanisch Überlebt werden muss). Für Elektronik in Raketen sind das >20 G für 5 min, die Kräfte hängen dann ab von der Anzahl der Anschlüsse und des Gewichts eines Bauteils. Der selbe Standard schreibt auch vor, wie man Bauteile montieren muss (Löten und zusätzlich sehr oft Kleben), damit die das auch Überstehen. Bringt für deine Arbeit wohl nicht sehr viel aber Vibrationsbelastungen und entsprechende Normen gibt es vermutlich beim Automobilbau und bei Schienenfahrzeugen auch (Ich vermute mal, dort sind es <20 G :-)). Vielleicht kommst du dort weiter.
Andreas Pfeffer schrieb: > Scher-/Zug-/Torsionsfestigkeit Das ist unrealistisch, so werden eingelötete Bauteildrähte nicht belastet. Nur Herausreissen kommt in Frage, Abscheren geht bloss auf der gegenüberliegenden (Bauteil-) Seite und Torsion garnicht - wie soll denn ein Bauteil herausgedreht werden, schon garnicht bei mehr als einem Pin. Georg
Christoph Z. schrieb: > Bringt für deine Arbeit wohl nicht sehr viel aber Vibrationsbelastungen > und entsprechende Normen gibt es vermutlich beim Automobilbau und bei > Schienenfahrzeugen auch (Ich vermute mal, dort sind es <20 G :-)). > Vielleicht kommst du dort weiter. Für Automotive gibt es durchaus was, die ISO 16750-3 ist dein Freund. Bei Lkw-Anwendungen ist BBR58 ein übliches Profil, also 5,8 m/s² im Mittel. Da gibt es rausch- und sinusförmige Anregungen je nach Anbauort (und unterschiedliche Anregungsdauern), aber da endet meine Kompetenz. Als (wenn ich richtig vermute) Maschbauer kannst du aber sicher das nachlesen und verstehen :) Was das für die konkreten Bauelemente bedeutet, kann aber niemand geschlossen sagen. Ich kenne das so, dass man erst mal simuliert und dann die fertigen Geräte auf den Schwingtisch packt. Und da fällt schon auch mal ein Elko runter oder hängt nur noch an einem Bein. Bei Eisenbahns wackelt es im Zweifel noch mehr, aber da kenne ich die Normen nicht. EDIT: bei Steckern kannst du vielleicht noch Werte für Auszugskräfte finden, die dann die Lötstellen abkönnen müssen. Viel Spaß beim Graben durch die Produktnormen.
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> Ich kenne das so, dass man erst mal simuliert und > dann die fertigen Geräte auf den Schwingtisch packt. Und da fällt schon > auch mal ein Elko runter oder hängt nur noch an einem Bein. Yep. Das ganze ist vermutlich zu komplex um es zu berechnen. Ich hab z.B schon gesehen wie Federkontakte in Steckverbindern die eingesteckten Pins durchgeschubbert haben. Passiert das jetzt immer? Nur wenn der Pin vergoldet oder verzinnt ist? Bei Pins von verschiedenen Herstellern? Olaf
Weshalb sollten Kraefte zu schwierig zum Berechnen sein ? Man benoetigt ja nur Werte fuer die Belastungen der Bauteile. Wieviel macht ein 0207 Widerstand, usw. Die Belastungsvektoren werden durch die Geometrie der Befestigung bestimmt.
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Purzel H. schrieb: > Weshalb sollten Kraefte zu schwierig zum Berechnen sein ? Weil du es mit unzähligen Variablen zu tun hast und praktisch keinerlei Daten hast...ich denke du unterschätzt die Realität ein wenig. Der Hersteller gibt zwar meistens ein 3D-Modell seiner Bauteile raus, üblicherweise step-Dateien, aber damit sind keinerlei Mechaniksimulationen möglich. Wie federn die Bauteile nach, Elastizitäts- und Masseverteilung innerhalb eines Bauteils...das brauchst du alles um das Schwinungsverhalten der Bauteile zu simulieren. Und das Schwinungsverhalten der Leiterkarte hängt auch nicht nur von der Befestigungsgeometrie ab, sondern auch von der Anzahl der Lagen, Kupferverteilung. Dann willst du auch wissen wie fest die Viahülsen in der Leiterkarte sitzen, usw. Die meisten dieser Parameter sind nur mit sehr großem Aufwand überhaupt zu ermitteln, und auch daß wahrscheinlich nur sehr grob. Und angenommen, du hättest alle notwendigen Daten und Berechnungen, bräuchtest du wahrscheinlich eine ganze Serverfarm um das in endlicher Zeit zu berechnen. Und der herkömmliche Rütteltest wäre danach wahrscheinlich immer noch aussagekräftiger.
Olaf schrieb: > Ich hab z.B schon gesehen wie Federkontakte in Steckverbindern die > eingesteckten Pins durchgeschubbert haben. Hehe, ja kenne ich. Nach mehreren Jahren inkl. 6 Monate Fahrradtour waren die Goldfinger an meiner WLAN-Karte im X201 Laptop durchgescheuert. Jeder Pin hatte so ein kleines Loch drin. Schnellreparatur durch löten und eine neue Karte bestellt. Max G. schrieb: > Ich kenne das so, dass man erst mal simuliert und > dann die fertigen Geräte auf den Schwingtisch packt. Und da fällt schon > auch mal ein Elko runter oder hängt nur noch an einem Bein. Oder ein Relais fängt an zu schalten, obwohl es nicht soll :-)
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