Hallo liebe Community, kann mir jemand erklären warum die Motorsteuerung(1) bis 20KW im Elektroauto so "billig" (~1100USD) und klein und leicht (4,5kg) ist? IMHO besteht die ja aus einem VFD Frequenzumrichter und einem MPPT Solarinverter mit vorgeschaltetem Gleichrichter (wenn Rekuperation integriert ist). Beides sind jetzt nicht gerade Produkte die man mal eben so aus dem Hut zaubert und dann für einen Hammerpreis (kurz über den Produktionskosten) verkaufen kann geschweige denn so leicht hinbekommt. Quellen: (1) https://www.evwest.com/catalog/product_info.php?cPath=1&products_id=349&osCsid=mgf7gmclpuh1fob9pugvjhk1b7 sowie (2) https://evwest.com/support/Basic%20Kit%20Schematic%20Hall%201238%201.5.pdf
So "billig" ist der, weil die Einzelteile keine 300€ kosten, mit Montage und umgelegten Entwicklungskosten kommst du dann auf 500€ und dann wollen Curtis und alle Zwischenhändler noch was dran verdienen. In großen Stückzahlen bekommt man den direkt von Curtis bestimmt auch 70% günstiger... Das Gewicht ergibt sich aus der Summe der Einzelkomponenten... Leiterplatte,Leistungshalbleiter und Zwischenkreis wiegen nicht soo viel. Das meiste Gewicht dürfte vom Kühlkörper kommen. Konkurrenzprodukte, z.B. der hier https://www.semikron.com/de/produkte/produktlinien/skai/skai-3-lv.html wiegen teilweise noch weniger (knappe 3kg).
Ist dann der große Preis-Gewichts-Unterschied zum Solar/Windinverter (nur für Akkus ohne Netznachbildung) der Wirkungsgrad oder etwas anderes (mein Bsp. oben war ja bis 20kw)?
Den Zusammenhang zu Solar/Wind verstehe ich nicht ganz. Die Teile oben sind dazu gedacht, einen (Antriebs-)Motor aus einer Batterie mit einem variablen Drehfeld zu versorgen. Solarinverter machen aus der Energie der Solarzellen 50Hz Netzspannung, sodass diese eingespeist werden kann. Der große Unterschied (bei gleicher Leistung) ist 1. der stationäre Einsatz und 2. die Spannung. 1. ermöglicht es, fast ohne Rücksicht auf Baugröße und Gewicht billiger zu bauen, sodass z.B. keine externe Wasserkühlung nötig ist. 2. macht es nötig, Leistungshalbleiter für höhere Spannungen (Batterie max. 72V, Netz ca. 400V) und viel stärkere Schutzschaltungen (Batterie nur Kfz-Normpulse bis 120V, Netz mehrere kV)zu verbauen. Die beiden Einsatzfälle sind nur begrenzt vergleichbar, die Anforderungen jeweils komplett andere. Auch die verkauften Stückzahlen werden sich um ein bis zwei Größenordnungen unterscheiden, wenn so ein Antriebsumrichter mal vom Fahrzeughersteller eindesigned ist.
Mike's Electric Stuff hat mal den Inverter eines Renault Zoe auseinandergenommen[1]. Ich war ziemlich baff, wieviel Elektronik da drin ist. Der mechanische Aufbau ist auch nicht ganz ohne (inkl Wasserkühlung). Seine Erklärung zu deiner Frage: normalerweise würden die Spulen für die Leistung gern 30kg wiegen. Renault hat statt dessen die Wicklungen des Motors als Spulen für den Buck/Boost genommen[2]. Dadurch sind das relativ kompakte Teile, allerdings brummt nun das Auto beim Laden :-) [1] https://www.youtube.com/watch?v=drS3sEsxOO8 https://www.youtube.com/watch?v=argrHjADn8g [2] Konzeptschaltbild bei 1:45 im ersten Video.
Leonard T. schrieb: > kann mir jemand erklären warum die Motorsteuerung(1) bis 20KW im > Elektroauto so "billig" (~1100USD) und klein und leicht (4,5kg) ist? Weil Leistungshalbleiter und Steuerelektronik schon seit 30 Jahren Stand der Technik sind und in hohen Stückzahlen gefertigt werden. Das ist ja eine Fehlannahme der Petrolheads: Es gibt wenige Dinge, die ausgereifter und erprobter sind als Permanenterregte Synchronmotoren mit Frequenzumrichter. Das wird seit 30 Jahren in hohen Stückzahlen in der Industrie verwendet. Da ist nichts neu dran! Ich habe vor über 10 Jahren bei einem Hersteller solcher Antriebe gearbeitet, und die Motoren inklusive Umrichter hätte man 1:1 in ein Auto einbauen können, der größte Umrichter hatte 120kW, das würde locker reichen, und auch mit 400V Zwischenkreis konnte man die betreiben (also direkt an der Batterie). Was die Rekuperation angeht: Dafür ist keine Hardware nötig, das macht die Software. Das ist lediglich eine Frage, in welchen Quadranten man den Antrieb betreibt, auch den Ladestrom für den Akku kann man in Software regeln. Und die Erzeugung der PWM dafür und die Mathematik macht ein STM32 problemlos. Der F4 kann beispielsweise zwei Synchronomtoren gleichzeitig steuern, er hat die nötigen Timer dafür schon in Hardware.
Leonard T. schrieb: > kann mir jemand erklären warum die Motorsteuerung(1) bis 20KW im > Elektroauto so "billig" (~1100USD) und klein und leicht (4,5kg) ist? Unter dem Preis zahlen Automobilhersteller den E-Motor mit Getriebe inklusive dem Inverter. Allerdings müssen die Entwicklungskosten noch dazugerechnet werden. Nur stehen da andere Stückzahlen als in der Solarbranche. Auch sind die Entwicklungsziele wie Sicherheit, Lebensdauer, Bedienbarkeit sehr unterschiedlich. Abgesehen davon melkt man die Kuh, solange sie Milch gibt...
Leonard T. schrieb: > kann mir jemand erklären warum die Motorsteuerung(1) bis 20KW im > Elektroauto so "billig" (~1100USD) und klein und leicht (4,5kg) ist? Woran machst du fest, dass das billig ist? Leonard T. schrieb: > IMHO besteht die ja aus einem VFD Frequenzumrichter und einem MPPT > Solarinverter mit vorgeschaltetem Gleichrichter (wenn Rekuperation > integriert ist). Ich vermute nicht, dass da ein Solarinverter drin ist, schon gar nicht mit vorgeschaltetem Gleichrichter. Das wird hardwareseitig ein "einfacher" vier-Quadranten-Steller für Drehstrommotoren sein, also drei Halbbrücken: https://www.ifr.ing.tu-bs.de/static/files/lehre/labore/rtp1/Skript_RegelungPMSM.pdf (Seite 3, PDF Seite 7) bzw. https://de.wikipedia.org/wiki/Vierquadrantensteller#/media/Datei:3-Fach-Halbbr%C3%BCcke_mit_FET.svg Damit kann man schon rückspeisen in den Zwischenkreis, der im einfachsten Fall direkt mit der Batterie verbunden ist. 20kW, also beispielsweise ungefähr 72V*300A oder 400V*50A, da sind die Komponenten nicht sooo teuer (also teurer als ein BUZ11 o.ä. schon, aber es sind auch noch keine 15kV*1000A aus der Eisenbahntechnik). Relativ große Stückzahlen (verglichen mit bespielsweise Sonder- oder Werkzeugmaschinen, nicht mit Verbrennungsmotoren), damit sind die Entwicklungskostenanteile gering. Leonard T. schrieb: > Beides sind jetzt nicht gerade Produkte die man mal > eben so aus dem Hut zaubert und dann für einen Hammerpreis (kurz über > den Produktionskosten) verkaufen kann geschweige denn so leicht > hinbekommt. Aber es ist auch keine Raketentechnik. MfG, Arno
Vielen lieben Dank für die ganzen hilfreichen Antworten!!!
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