Forum: HF, Funk und Felder Warum wird bei SSB-Empfängern der Clarifier nicht automatisch eingestellt? Wozu manuell?


von Space (Gast)


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Hallo zusammen!

die Frage steht eigentlich schon im Titel.
Warum wird bei SSB-Empfängern der Clarifier nicht automatisch 
eingestellt? Wozu manuell? Das sollte doch heute digital relativ einfach 
machbar sein. Dennoch muss man auch heute noch manuell herumdrehen, bis 
sich die Stimme weder nach Vader noch nach Mikey anhört.

Oder übersehe ich hier irgendwas? Ist diese Funktion bei 
Amateurfunkgeräten Standard?

von W.S. (Gast)


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Space schrieb:
> Oder übersehe ich hier irgendwas?

Ja. Der sogenannte Clarifier ist eigentlich nichts anderes als eine 
BFO-Feinverstellung.

Sowas ist nötig, wenn der Empfänger nur in einem groben Raster von z.B. 
1 kHz abstimmbar ist. Bessere Empfänger brauchen so etwas nicht, weil 
sie feiner abstimmbar sind. Da reichen zur Verständlichkeit 
Abstimmschritte von 10..20 Hz bereits aus, noch feiner braucht man es 
nicht wirklich.

Etwas anderes ist PBS (Passband-Shift). Da wird bei gleichbleibender 
Abstimmung die Durchlaßkurve des Filters verschoben, um ggf. Störungen 
am oberen oder unteren Ende zu verringern.

W.S.

von Jörg W. (dl8dtl) (Moderator) Benutzerseite


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Space schrieb:
> Warum wird bei SSB-Empfängern der Clarifier nicht automatisch
> eingestellt?

Wonach willst du ihn denn einstellen? Durch das Fehlen des Trägers hast 
du keine "autoritative" Information über die exakte Lage des ankommenden 
Basisband-Signals. Ob der Typ da gegenüber eher Typ "Mickeymaus" oder 
"Brummbär" ist, könnte wohl höchstens eine KI entscheiden, keine simple 
digitale Signalverarbeitung.

von Marek N. (Gast)


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Es gibt von Prof. Ulrich Rohde ein Patent aus den 70ern, bei dem der BFO 
auf den 50 oder 60 Hz Netzbrumm einrastet, der sich zumindest bei 
Feststationen damals nicht ganz vermeiden ließ.

Ich überlege gerade, welches "richtige" AFU-Gerät überhaupt einen 
Clarifier braucht? Die analogen VFOs sind ja eh durchgängig abstimmbar 
und der BFO über beide Seutenbänder verstellbar.
DDS-Synthezizer haben Sub-Hz Auflösung.
Selbst bei ollen FT-290R ist der CLAR auch eigentlich nur ein RIT in 100 
Hz-Schritten.

Im SDR ist eh alles Wurst, da sich der NCO mit beliebiger Frequenz und 
Phase konfigurieren lässt. Ist ja nur eh nur noch eine Sinustabelle.

von ... (Gast)


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> überhaupt einen Clarifier braucht?

Manche Weltempfaenger haben halt nur 1 kHz Step mit ihrem Synthesizer.
Und es gibt halt Trottel, die ihre Sendefrequenz nicht auf ein
glattes kHz stellen koennen.

von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Hallo zusammen, Marek.

Du denkst zu kurz. Der Clarifier verändert nur den BFO, der VFO 
hingegen, zumindest bei einem TRX, auch die Sendefrequenz. Wenn dein 
Gegenüber zurück kommt, hat er ohne Clarifier seinen (T)RX nachgezogen 
und das Spiel beginnt wieder von vorn. So läuft man sich gegenseitig 
nach.

73
Wilhelm

von Gerald K. (geku)


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Jörg W. schrieb:
> Wonach willst du ihn denn einstellen? Durch das Fehlen des Trägers hast
> du keine "autoritative" Information über die exakte Lage des ankommenden
> Basisband-Signals.

Man könnte ein Referenzsignal mitschicken. Verdammt, dann hat man wieder 
den Träger.

von Space (Gast)


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Danke für die Rückmeldungen!

Könnte man nicht einfach vor jedem Durchgang ein kurzes Signal mit 
definierter Frequenz mitschicken, auf welches sich die Gegenstation 
einstellt? Die Gegenstation kann dieses Signal ja einfach aktustisch 
unterdrücken, damit es nicht nervt.

Verstehe irgendwie nicht, warum grade im Bastler und Innovationsbereich 
des Amateurfunks eine so banale Funktion noch nicht entwickelt wurde. 
Das liegt doch eigentlich ziemlich nahe sowas einzubauen. :-)

von Erwin D. (Gast)


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Space schrieb:
> Verstehe irgendwie nicht, warum grade im Bastler und Innovationsbereich
> des Amateurfunks eine so banale Funktion noch nicht entwickelt wurde.

Könnte daran liegen, dass niemand eine Notwendigkeit dafür sieht. Die 
Frequenz bei SSB wird immer nach bester Verständlichkeit eingestellt. 
Und das kann je nach Stör-Situation und persönlichem Geschmack manchmal 
höher und manchmal tiefer sein.

von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Hallo zusammen.

> Könnte man nicht einfach vor jedem Durchgang ein kurzes Signal mit
> definierter Frequenz mitschicken,

Um dann mal eben nicht ein bisschen an einem Knöpfen drehen zu müssen, 
soviel (millionenfachen, technischen) Aufwand?
Bei der TV-Fernbedienung schaffen wir das doch auch, oder..??

> Die Frequenz bei SSB wird immer nach bester Verständlichkeit eingestellt.
> Und das kann je nach Stör-Situation und persönlichem Geschmack...

Der eine liebt es etwas tiefer, der andere etwas höher. Einen 
Gleichklang wird man wohl nie hinbekommen.

73
Wilhelm

von Bänz (Gast)


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Space schrieb:
> Könnte man nicht einfach vor jedem Durchgang ein kurzes Signal mit
> definierter Frequenz mitschicken, auf welches sich die Gegenstation
> einstellt?

Ein grosser Teil der Funkamateure benutzt Transceiver die älter als 10 
Jahre sind. Bis sich so eine Funktion durchgesetzt hätte, würde es 
Jahrzehnte dauern, sofern man sich überhaupt auf einen Standard einigen 
könnte.

Mit ein wenig Übung bekommt man das innerhalb von 2-3 Sekunden nach 
Gehör auf 10 Hz genau abgestimmt (Blindversuch mit kalibriertem Sender). 
Zumindest für mich hätte eine solche Funktion keinen Mehrwert.

von Paula P. (Gast)


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versteh ich auch nicht. hatte damals auch schon über so ein Projekt 
nachgedacht.
Dazu müsste man dann nur auch eine befreundete Gegenstation haben, ob 
andere dabei mitmachen oder nicht ist mir dann herzlich egal.
ch würde eine entsprechende Schaltung dann frei veröffentlichen und 
vielleicht bauen es einige nach.
Zumindest mit dem festen Gesprächspartner hat man es dann immer perfekt 
aufeinander abgestimmt, der Rest hat dann halt Pech

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo W.S. , ....  und Erwin

W.S. schrieb:

> Sowas ist nötig, wenn der Empfänger nur in einem groben Raster von z.B.
> 1 kHz abstimmbar ist.

Manche ältere Geräte haben sogar nur ein 10KHz Raster. SEG15D z.B.

> Bessere Empfänger brauchen so etwas nicht, weil
> sie feiner abstimmbar sind.

"Besser" ist relativ. Es gibt noch andere Kriterien als nur die 
Abstimmschrittweite.

>  Da reichen zur Verständlichkeit
> Abstimmschritte von 10..20 Hz bereits aus, noch feiner braucht man es
> nicht wirklich.

Wenn man nicht überkandidelt ist, langen auch 100Hz Schritte. ;O) IC211 
z.B.

... schrieb:

> Manche Weltempfaenger haben halt nur 1 kHz Step mit ihrem Synthesizer.
> Und es gibt halt Trottel, die ihre Sendefrequenz nicht auf ein
> glattes kHz stellen koennen.

Tatsächlich ist das bei Geräten mit freilaufendem Oszillator oder mit 
gezogenen Quarzen so genau auch nicht möglich, wenn Du nicht den Aufwand 
eines zusätzlichen Zählers mit Frequenzbasis treiben willst.

Denke z.B. an Portabelstationen, die auch ihre Skalenbeleuchtung 
abschaltbar machen, um Strom zu sparen. Oder erst keine einbauen, und 
rein auf die Taschenlampe setzten.

Auf VFOs mit gezogenen Quarzen möchte man oft des guten 
Phasenrauschverhaltens nicht verzichten. IC202 z.B.

Die Geräte, die ich nannte, sind etwas älter, und bei aktuellen ist das 
anders. Trozdem werden solche Geräte noch oft verwendet, oder auch 
aktuelle mit sehr einfachem Aufbau, wie z.B. eine Mosquita.


Erwin D. schrieb:

>> Verstehe irgendwie nicht, warum grade im Bastler und Innovationsbereich
>> des Amateurfunks eine so banale Funktion noch nicht entwickelt wurde.
>
> Könnte daran liegen, dass niemand eine Notwendigkeit dafür sieht. Die
> Frequenz bei SSB wird immer nach bester Verständlichkeit eingestellt.
> Und das kann je nach Stör-Situation und persönlichem Geschmack manchmal
> höher und manchmal tiefer sein.

Das ist absolut richtig!

Hinzu kommt: Wenn man das häufiger macht, ist man irgendwann im Hören so 
geübt, dass man aus Bequemlichkeit lieber etwas "schräg" hört statt 
nachzuderehen, solange es nicht zu daneben oder zu gestört ist.
So lange es funktioniert ist es doch ok...


Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

: Bearbeitet durch User
von my2ct (Gast)


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... schrieb:
> Und es gibt halt Trottel, die ihre Sendefrequenz nicht auf ein
> glattes kHz stellen koennen.

Meist sind die Trottel im Controlling beim Herstellers schuld, weil die 
sich dagegen wehren, dass in jedem Sender als Zeitbasis eine Atomuhr 
eingebaut wird.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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Hallo Paula.

Paula P. schrieb:

> Dazu müsste man dann nur auch eine befreundete Gegenstation haben, ob
> andere dabei mitmachen oder nicht ist mir dann herzlich egal.
> Ich würde eine entsprechende Schaltung dann frei veröffentlichen und
> vielleicht bauen es einige nach.

Das wäre zumindest ein Projekt, an dem Du viel Spass haben könntest, und 
eine Menge lernst.

> Zumindest mit dem festen Gesprächspartner hat man es dann immer perfekt
> aufeinander abgestimmt, der Rest hat dann halt Pech

Erfahrungsgemäß hast Du dann mit "Pech", weil ich als Funkamateur eben 
zu 99% mit wechselnden Leuten Funkverbindungen aufbaue, und das Problem 
immer beide Seiten betrifft.

Du musst als Funkamateur innerhalb der Amateurfunkfrequenzen bleiben und 
dort die Frequenz stabil halten, aber für SSB musst Du kein Raster 
treffen, wie bei FM, was bei FM aber eben auch einfacher wäre.

Bei ALE gibt es sowas, soviel ich weiss, aber da wechseln sich SSB mit 
Digitalverkehr ab, und die digitalen Signale werden dann für eine 
relative Kalibrierung verwendet. Klär mich jemand darüber auf, der da 
mehr von weiss.
Auch bei vielen digitalen Verfahren wird so ein Synchronisationsheader 
für genauen Frequenzabgleich und die Identifikation des Verfahrens 
verwendet.
Aus Gründen der Flexibilität und Fehlerrobustheit ist es aber gut, 
dass die Verfahren zur Not auch ohne diesen Header funktionieren.

zu ALE: https://de.wikipedia.org/wiki/Automatic_Link_Establishment

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

von Hp M. (nachtmix)


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Jörg W. schrieb:
> Ob der Typ da gegenüber eher Typ "Mickeymaus" oder
> "Brummbär" ist, könnte wohl höchstens eine KI entscheiden, keine simple
> digitale Signalverarbeitung.

Nicht so kompliziert.
Man braucht nur darauf zu achten, ob die im Nutzsignal normalerweise 
vorhandenen Obertöne auch nach der Demodulation noch harmonisch sind und 
den VFO entsprechend nachsteuern.

von ... (Gast)


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> Meist sind die Trottel im Controlling beim Herstellers schuld, weil die
> sich dagegen wehren, dass in jedem Sender als Zeitbasis eine Atomuhr
> eingebaut wird.

Ich kann hier bis etwas ueber 1 GHz in 1 Hz Schritten
bei max. +13 dBm an 50 Ohm. Und es hat mich nicht ruiniert.
Eine Atomuhr ist dafuer auch nicht unbedingt noetig.
Ein OCXO sollte es aber schon sein.
Das sollte ein technisch versierter Funkamateur ja wohl auch
hinkriegen.



Und ich funke nicht mal.

von Rapper B (Gast)


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"Erfahrungsgemäß hast Du dann mit "Pech", weil ich als Funkamateur eben
zu 99% mit wechselnden Leuten Funkverbindungen aufbaue,"
Ne, in dem fall ist e4s kein Pech sondern betrifft dann weder dich noch 
mich. Da ich eben keine Funker bin, dem es um maximale Reichweiten oder 
protokollieren von neuen Kontakten geht, sondern schlicht um eine 
Gesprächsrunde;-)

von herbert (Gast)


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Wilhelm S. schrieb:
> Du denkst zu kurz. Der Clarifier verändert nur den BFO, der VFO
> hingegen, zumindest bei einem TRX, auch die Sendefrequenz.

Richtig! Gerade im QRP Bereich werden oft Eigenbau Geräte verwendet die 
nicht so frequenzstabil sind. Als Gegenstation läuft man dem 
Spaziergänger nur mit dem RX nach. Die Sendefrequenz lässt man stabil. 
Anders wäre es ein Katz un Maus Spielchen, das wenig Spass macht wenn 
die CW Signale zb. knapp über der Grasnarbe sind oder Signalschwund auch 
noch vorherrscht.

von ZF (Gast)


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Hp M. schrieb:
> Nicht so kompliziert.
> Man braucht nur darauf zu achten, ob die im Nutzsignal normalerweise
> vorhandenen Obertöne auch nach der Demodulation noch harmonisch sind und
> den VFO entsprechend nachsteuern.

Vor langer Zeit hatte ich mich auch mal gefragt, ob so eine Automatik 
eigentlich möglich wäre, ob menschliche Sprache genug Obertöne dafür 
enthält. Habe aber keine näheren Untersuchungen angestellt, Zischlaute 
könnten schwierig werden und von der Analyse ausgeschlossen werden 
müssen. Fraglich auch, wie stark das Signal aus dem Rauschen kommen 
muss, damit so eine Automatik funktioniert. Letztlich ist es eher 
technische Neugierde, ob man so etwas hinbekommen würde. Das Leben 
funktioniert auch ohne diese Automatik von Hand und ein paar Hertz 
daneben sind auch kein Problem, ist ja Sprache und keine Musik.

von Bernd W. (berndwiebus) Benutzerseite


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herbert schrieb:
> Wilhelm S. schrieb:
>> Du denkst zu kurz. Der Clarifier verändert nur den BFO, der VFO
>> hingegen, zumindest bei einem TRX, auch die Sendefrequenz.
>
> Richtig! Gerade im QRP Bereich werden oft Eigenbau Geräte verwendet die
> nicht so frequenzstabil sind. Als Gegenstation läuft man dem
> Spaziergänger nur mit dem RX nach. Die Sendefrequenz lässt man stabil.
> Anders wäre es ein Katz un Maus Spielchen, das wenig Spass macht wenn
> die CW Signale zb. knapp über der Grasnarbe sind oder Signalschwund auch
> noch vorherrscht.

Genauso wichtig wie Konstanz der Frequenz ist auch wenig Versatz 
zwischen Empfangs- und Sendefrequens.

Sonst tritt folgendes auf, wenn Du Dein Gerät über den VFO nachstimmst:

Dein Gegenüber ist neben der Frequenz. Du ziehst Deinen Empfänger UND 
Deinen Sender über den VFO mit. Daraufhin bist Du für Dein Gegenüber nun 
neben der Frequenz, wenn Du ihm antwortest. Der zieht auch über den VFO 
nach, und wenn er nun Antwortet, ist er für Dich nun wieder neben der 
Frequenz, woraufhin Du wieder nachziehst usw.
Und so wandert Ihr schrittweise über das Band, bis ihr entweder zwischen 
benachbarte Stationen geratet oder an die Bandgrenze.

Ein Clarifier macht, dass Du genau den entgegengesetzten Versatz 
zwischen Sende- und Empfangsfrequenz hast wie Dein Gegenüber - Ihr 
bleibt auf der Stelle.

Mit freundlichem Gruß: Bernd Wiebus alias dl1eic
http://www.l02.de

von herbert (Gast)


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So eine Funktion wie mit der der TE schwanger ist, habe ich noch nie 
vermisst. Es gibt immer wieder mal Versuche einen Hauch von Luxus in 
unser Hobby zu bringen. CW Decoder zb. aber mal ehrlich ...jedes Gehör 
ist solcher Technik haushoch überlegen.
Industrie Transeiver  haben untereinander auf Grund der hohen 
Frequenzstabilität keinen bedarf bei CW und SSB an eine Feinferstellung 
des BFO. Bei digitalen Betriebsarten aber schon.
MfG

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