Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Bandpassfilter mit breitbandiger Anpassung


von Haidar H. (haidar)


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Hallo,

ich würde gern ein Bandpassfilter bauen, welches breitbandig angepasst 
ist.
Also das S11 sollte nicht nur im Durchlassbereich <-15dB aufweisen, 
sondern auch im Sperrbereich. Ein Beispiel eines solchen Filtern wäre: 
https://www.minicircuits.com/WebStore/dashboard.html?model=PIF-30%2B

Leider weiß ich nicht wie man realisiert, dass das S11 breitbandig 
solche geringen Werte annimmt. Bisher habe ich immer nur eine Frequenz 
angepasst.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Ich wuerde mal mutmassen, dass du fuer eine breitbandige Anpassung neben 
deinem eigentlichen Bandpass noch eine Bandsperre brauchst, deren 
Ausgang dann auf einen Dummy geht.

Gruss
WK

von Detlef _. (detlef_a)


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Das zitierte Datenblatt zeigt ja wie das geht:  Serien LC längs und 
Parrallel LC quer. 15dB ist ja auch nicht soviel.

Cheers
Detlef

von Haidar H. (haidar)


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Hallo,

danke für die Antworten!

Ich habe beide Varianten probiert: Bandsperre (Ausgang auf 50 Ohm) quasi 
"parallel" zu einem Bandpass hilft leider nicht, da das S11 dadurch 
nicht kompensiert wird.

Serien LC längs mit parallel LC quer drückt das S11 auch nicht. Aber das 
stimmt, ich hätte eigentlich nur die Skizze des Datenblatts genauer 
anschauen müssen. Darin sind noch Widerstände. Nur durch die Widerstände 
wird das S11 dann weiter gedrückt. Also hat letztendlich funktioniert.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Suchbegriff Bridged-T.
Die beiden Widerstände haben etwa 50 Ohm, der Parallelkreis ist außer 
Band ungefähr ein Kurzschluß, im Band ein Leerlauf, der Serienkreis 
umgekehrt.

von HST (Gast)


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Hallo Haidar,

ganz so einfach ist das nicht, aber leicht berechenbar.
Das Filter ist ein Bandpass-Diplexer, meist zum breitbandigen Abschluss 
eines Mixers.

Zur Berechnung brauchst du neben fm die Betriebsgüte Qb(fm/b3db) und Z 
(z.B. 50 Ohm).

Basis: L = Z /(2*pi*fm)   C = 1 /(Z*2*pi*fm)
Serienkreis:   Ls = L*Qb
Parallelkreis: Lp = L/Qb

Beispiel für 50 Ohm, fm=9MHz, b3db=900kHz-->Qb=10:
L = 0,8842µH    C = 353,7pF
Ls = L*10 = 8,842µH
Ls = L/10 = 0,08842µH
Cs und Cp bei 9MHz-Resonanz:
Cs = C/10 = 35,37pF
Cp = C*10 = 3537pF

Man sieht, dass sich Ls und Lp um Qb^2, also hier um den Faktor 100 
unterscheiden. das limitiert die erzielbare minimale Bandbreite des 
Filters (Lp wird sehr klein).

Achtung: Innerhalb der Durchlassbandbreite wird das Z der Last 
ungehindert "durchgereicht" - S11 hängt dort also von ZL ab.
MfG, Horst

von Haidar (Gast)


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Super, dass ich jetzt einen Begriff habe nach dem ich gezielt suchen 
kann. Danke.
Auch die Berechnungen helfen mir enorm. Woher sind die Berechnungen, 
gibts dazu weitere Quellen?

von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Hallo zusammen, hallo Haidar

Du brauchst nicht mehr weiterzusuchen.
Das ist die erste Erwähnung dieses Teils in 'Ham Radio Magazine' Heft 
Februar 1977. Ein paar Jahre später erwähnt Joe Reisert, W1JR, es auch; 
aber die ursprüngliche Erwähnung stammt von Paul Shuch, N6TX.

Horst hat eigentlich schon alles ausführlichst beschrieben. Einfach, 
problemlos aufzubauen und abzustimmen. Das Q hochzuschrauben bringt fast 
nichts, weil die Bauteilewerte sehr schnell unrealistisch werden. Horst 
hat das ja vorgerechnet. So ist man  schnell im Frequenzbereich 
eingeengt.
Als  Breitbandanpassung für einen Mischer o.ä. super; selbst des öfteren 
probiert. Schau dir z.B. Artikel mit Mixern von DJ8ES an, da wirst du 
sie fast immer finden. Als Bandpass finde ich sie eigentlich ungeeignet.
Du kannst ja mal ein paar Versuche starten. So ein Teil vor und/oder 
hinter deinen gewüschten Bandpass.
Wenn du dir die Daten der PIF.. Filter von Minicircuits ansiehtst:
Typen von 21.4MHz bis 70MHz. Warum hören sie bei 70MHz auf?
Bei denen ist auch sicher nicht der Bandpass der eigentliche Sinn.
Viel Spass beim Basteln.

73
Wilhelm

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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von Egon D. (Gast)


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Wilhelm S. schrieb:

> Das ist die erste Erwähnung dieses Teils in 'Ham Radio
> Magazine' Heft Februar 1977.

Naja, außerhalb des "Ham Radio Magazine" war die
Schaltung aber schon deutlich länger bekannt.

Richard Feldtkeller erwähnt sie in seinem Klassiker
"Die Vierpoltheorie der elektrischen Nachrichten-
technik" (erschienen ungefähr zu Kriegszeiten), und
auch im sog. "Rint", also dem "Handbuch für Hochfrequenz-
und Elektrotechniker" von Curt Rint sind sie aufgeführt.
(Leider keine konkrete Quellenangabe; habe die Bücher
hier nicht vorliegen.)


> Horst hat eigentlich schon alles ausführlichst
> beschrieben. Einfach, problemlos aufzubauen und
> abzustimmen. Das Q hochzuschrauben bringt fast
> nichts, weil die Bauteilewerte sehr schnell
> unrealistisch werden.

Die Anpassung wird schätzungsweise auch schlechter,
wenn man am Q schraubt.

Zumindest für die Diplexer, die ich mal von Hand durch-
gerechnet habe, galt, dass man nur Mittenfrequenz und
Impedanz frei wählen konnte -- die Werte von R, L, und
C waren damit festgelegt. Die Güte ergab sich. Wählt
man eine andere Güte, hat man keine rein reellen und
konstanten Ein- und Ausgangswiderstände mehr.

Ich vermute, dass die Aussage auf die überbrückte T-
Schaltung übertragbar ist. Müsste das mal nachrechnen.


> Als  Breitbandanpassung für einen Mischer o.ä. super;
> selbst des öfteren probiert. [...] Als Bandpass finde
> ich sie eigentlich ungeeignet.

Naja, es bringt Weitabselektion für den ZF-Verstärker.
Gerade bei höheren Oszillatorfrequenzen wird die
Symmetrie der Mischer schlechter, und man bekommt z.T.
heftigen Oszillatordurchschlag in den ZF-Port. Da hilft
so ein Bandpass schon, denn er verhindert, dass der
starke hochfrequenzte Oszillatorrest in den ZF-Eingang
kommt, ohne die Anpassung zu kompromittieren.


> Viel Spass beim Basteln.

Dem schließe ich mich an.

von HST (Gast)


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Hallo,

spaßeshalber zur Veranschaulichung der Wirkung auf S11 und S21 noch drei 
Simulationen. Die Leerlaufgüte Qu der Induktivitäten sollte so hoch wie 
möglich sein, damit die Durchlassdämpfung niedrig bleibt. Außerdem 
sollte Qu von Ls und Lp möglichst gleich sein, was bei höheren Qb's 
schon schwierig wird. Den Effekt auf S11 bei unterschiedlichen Qu zeigt 
die dritte Simulation (hat aber auf S21 keine Auwirkung).

von Michel M. (elec-deniel)


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von HST (Gast)


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Es geht übrigens auch mit dem RFSimm99-Simulator.
Nur um die Erwartungen zu kalibrieren:
Werte für S11 mit mehr als -40db sind in der Praxis auch durch Fummelei 
mit Messungen nicht erreichbar, selbst wenn die Abschlüsse exakt 50 Ohm 
betragen. Anbei im Bild der Effekt der realistischen Eigenresonanzen SRF 
der Spulen bei einer Betriebsgüte Qb von 10. Noch doller wird es, wenn 
dem Diplexer z.B. ein schmalbandiges Quarzfilter folgt.
Aber das führt schon zu sehr ins Eingemachte.

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Beitrag "Re: Rechtecksignal in Tiefpassfilter"
der einfachere Fall, Hochpass/Tiefpass, einen davon könnte man mit einem 
Widerstand abschließen, dann hat das Filter durchgehend Anpassung.

von Dergute W. (derguteweka)


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Moin,

Christoph db1uq K. schrieb:
> Beitrag "Re: Rechtecksignal in Tiefpassfilter"
> der einfachere Fall, Hochpass/Tiefpass, einen davon könnte man mit einem
> Widerstand abschließen, dann hat das Filter durchgehend Anpassung.

Ja, das war auch meine Ueberlegung im 2. Post. Das sollte auch 
funktionieren, aber das Filter im "Energievernichtungszweig" muss zum 
Bandfilter passen. Also im Hinblick auf: Series-first oder Shunt-first. 
Was bei Bandpass/sperre halt grad extra verwirrend ist. :-)

Gruss
WK

von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Hallo zusammen.

@ Christoph
Der von dir zitierte Artikel aus UKW-Berichte 4/1975 von J. Kestler, 
DK1OF, zeigt viele Möglichkeiten, einen Ringmischer anzupassen, aber das 
Brücken T Glied nicht. Ebenso bringt der Verweis auf M. Martin, DJ7VY, 
in CQ-DL Heft 6/1975 auch nichts. Das geht es überwiegend um 
Breitbandanpassung mit Hochstrom FETs in Gate-Schaltung.

@ Edi
Dass die Brücken T Anordnung nichts Neues ist, ist doch klar; ich habe 
nur davon gesprochen, wo diese bestimmte! Struktur zum ersten(?) mal 
aufgetaucht ist. Auch Paul Shuch schreibt in seinem o.a. Artikel, dass 
er sie nicht erfunden sondern irgendwo mal gefunden hat.
> ..Zumindest für die Diplexer, die ich mal von Hand durch-
> gerechnet habe...
Den! Diplexer zu Fuss..?? Da hast du aber Arbeit dran. Machbar ja, aber 
mit zwischendurch Stern <-> Dreieck u.v.a.m., und das mit Rechenschieber 
oder Logarithmentafel..?? ;-)

@ Michael
> vielleicht kann LTspice weiterhelfen
Horst zeigt es dir; wenn es sogar mit RF-SIM geht, brauche ich kein 
LTspice. Den von ihm verwendeten ARRL RF-Designer gibt es ja leider 
nicht mehr.

@ Horst
Danke für deine Erklärungen und Berechnungen.

Man beachte in seinen ersten 3 Bildern den Kopf, Titel:
' 50Ohm/9MHz Diplexer aus TT Jan.94 Seite 38'
TT = 'Technical Topics' war für 50 Jahre eine Kolumne in der 
Clubzeitschrift der RSGB, der R(adio)S(ociety) of G(reat) B(ritain).
Den Artikel habe ich mal angehangen. Das geht es auch mehr um Mischer, 
aber sehr fundiert und verständlich geschrieben.

Ich habe den Diplexer immer nur mit Q=1 gebraucht, das Filtern habe ich 
anderen Strukturen überlassen.

73
Wilhelm

von Wilhelm S. (wilhelmdk4tj)


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Damit auch das Zitieren korrekt ist:

Die Klubzeitschrift der RSGB heisst RadComm
Also das richtige Zitat:
'50Ohm/9MHz Diplexer aus TT Jan.94 Seite 38'
Rad Comm Heft January 1994, RSGB.

Ich hoffe, das ist so richtig

73
Wilhelm

von HST (Gast)


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Eigentlich gehört der Thread ja in die Rubrik "HF...".

Christoph, danke für den Hinweis auf den "Saal-Katalog" Auszug. Dessen 
Filtertabellen hatte ich vor 50 Jahren noch mühsam auf Dias 
abfotografiert, hi.

Eine einfachere Beschreibung gibt es in den ARRL-Handbooks bei 
"Filters/Diplexer Filters" (Chapter 11). Solche Filter sind aber schon 
komplexer als das T-Glied.

Ein bequemes Berechnungsprogramm (Freeware) für TP/HP- und 
BP/BS-Diplexfilter gibt es hier:
http://tonnesoftware.com/diplexer.html
Dort gibt es auch so hübsche Sachen wie "ELSIE".

Anbei ein Beispiel für Bandpass/Bandstop. Allerdings werden hier ideale 
Komponenten verwendet. Da das Programm aber auch LTSpice-Dateien (.ASC) 
erzeugt, kann man da ja reale Bauteile ansetzen.

MfG,  Horst

von Christoph db1uq K. (christoph_kessler)


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Die Technical Topics gibt es auch in Buchform ISBN 9781905086399 von 
2008

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