Forum: Offtopic Warum leitet fließendes Wasser den Strom genau so gut, wie ruhendes?


von Ingo S. (Firma: privat) (nisus)


Lesenswert?

Hallo :)

Warum leitet fließendes Wasser den Strom
genau so gut, wie ruhendes?
Betrachte ich die Ionenbeweglichkeit verschiedener
Stoffe, liegen alltagübliche Ione wie Chlorid und
Natrium mit einer Beweglichkeit
um ~5 e-4 cm/s bei einer Feldstärke von E = 1 V/m
vor. Elektronen bewegen sich auch nicht
schneller im Wasser (deren Bewegung ist ja
abhängig von der Ionenleitfähigkeit, weshalb
Elektrolyte überhaupt erst leiten).

Wenn der Stromfluß im Wasser nun abhängig ist
von der Ionenbeweglichkeit und diese echt
langsam voran kommen, warum kann ein
Stromfluß nicht verhindert werden, wenn das
Wasser entgegen der Ionenbewegung fließt?

Ich habe da sicher nur einen Denkfehler.
Erklärt mir das bitte mal, damit ich das verstehe.

Ich weiß, das der elektromagnetische Impuls
mit Lichtgeschwindigkeit ausgebreitet wird.
Diese physikalische Eigenschaft bekomme ich
aber nicht richtig mit der obigen Überlegung
zusammen, weil der Impuls ja über die Elektronen
übertragen wird und als Welle durch einen
Leiter dringt.

Ich verstehe es nicht.

von Michael M. (Firma: Autotronic) (michael_metzer)


Lesenswert?

Ingo S. schrieb:
> Warum leitet fließendes Wasser den Strom
> genau so gut, wie ruhendes?

Das habe ich mich auch schon oft gefragt. Man kann den Versuch 
nachbauen. Zwei Elektroden seitlich, senkrecht in den Wasserstrahl am 
Spülbecken halten und mit einem Transistor verstärken um eine LED zum 
Leuchten zu bringen. Egal wie rum man die Elektroden in den Wasserstrahl 
hält (wegen der Elektronenflussrichtung), die LED leuchtet in beiden 
Fällen.

von Bernd G. (Gast)


Lesenswert?

Elektronen bewegen sich im Kupferdraht übrigens auch schnarchlangsam - 
Stichwort Driftgeschwindigkeit.
Jetzt stelle dir deine Ionen mal als Kugeln mit einem Durchmesser von 1 
cm vor, die in einem Rohr mit einem Innendurchmesser von etwas mehr als 
1 cm und einer Länge von 1 m waagerecht untergebracht sind.
Was passiert, wenn du die hundertunderste Kugel reinschiebst? Genau, die 
erste Kugel fällt sofort und augenblicklich vorne raus, obwohl du die 
letzte nur um 1 cm bewegt hast...
Das ist nur ein Gedankenexperiment, keine physikalische Herleitung!

von Jonny O. (-geo-)


Lesenswert?

Man kann sich das vermutlich so veranschaulichen:

Stelle dir vor eine Schulklasse spielt stille Post. Dabei reihen sich 
alle Schüler aber noch auf und spielen gleichzeitig diese 
Faschingstradition, bei der man sich in einer Reihe fortbewegt. Da die 
Schüler recht schnell sprechen können, bewegt sich die 
stille-post-Information viel schneller fort als die 
Schrittgeschwindigkeit. Wenn sich die Reihe nach links bewegt und die 
stille Post nach rechts, dann kommt die stille Post dennoch nach rechts 
vorran. Beim elektrischen Stromfluss entsprichen die Schüler den 
Elektronen und die "Stromflusswirkung" der stillen Post.

von Georg M. (g_m)


Lesenswert?

Ingo S. schrieb:
> warum kann ein
> Stromfluß nicht verhindert werden, wenn das
> Wasser entgegen der Ionenbewegung fließt?

Und welche Richtung wäre das? Entgegen Na⁺ oder entgegen Cl⁻?

von Sebastian W. (wangnick)


Lesenswert?

Ingo S. schrieb:
> Wenn der Stromfluß im Wasser nun abhängig ist
> von der Ionenbeweglichkeit und diese echt
> langsam voran kommen, warum kann ein
> Stromfluß nicht verhindert werden, wenn das
> Wasser entgegen der Ionenbewegung fließt?

Der elektrische Stromfluß ist doch eine Elektronenstoßwelle. So wie wenn 
du einen festen Körper an einem Ende schiebst und er sich "sofort" am 
anderen Ende bewegt ...

LG, Sebastian

von Jonny O. (-geo-)


Lesenswert?

> Elektronen

ich meinte Ionen

von Peter F. (toto)


Lesenswert?

Ingo S. schrieb:
> Warum leitet fließendes Wasser den Strom
> genau so gut, wie ruhendes?

Tut es denn das? Ionenleitung ist ca. um den Faktor 100.000 langsamer 
als Elektronenleitung. Was immer noch ziemlich(3km/s)schnell ist. 
Interessante Frage.

von Nick M. (Gast)


Lesenswert?

Sebastian W. schrieb:
> Der elektrische Stromfluß ist doch eine Elektronenstoßwelle.

Hmm ...
Mal übersetzt in etwas Ähnliches, das besser vorstellbar ist:
Schallgeschwindigkeit im Wasser. Wenn sich das Wasser entgegen den 
Schall bewegt, dann kann der Schall nicht am anderen Ende austreten, 
wenn das Wasser mit Überschall fließt.
So wie ein Flugzeug das Überschall fliegt.

-> Das Wasser fließ nur zu langsam. Du musst näher an die 
Lichgeschwindigkeit kommen. :-)

von Percy N. (vox_bovi)


Lesenswert?

Nick M. schrieb:
> -> Das Wasser fließ nur zu langsam. Du musst näher an die
> Lichgeschwindigkeit kommen. :-)

Auch eine Möglichkeit,  an Schwerwasser zu kommen  ...

;-)

von Ingo S. (Firma: privat) (nisus)


Lesenswert?

mal von der anderen Seite überlegt.
Würde ein U-Rohr aus Glas mit
elektrolytischem Wasser gefüllt und nur
in einer Hälfte des Rohres Strom fließen,

dessen Spannung nicht die
Zersetzungsspannung des Wassers
übersteigt,

sollte, wenn fließendes Wasser
in eine Richtung besser/schlechter Strom
leitet, sich eine Höhendifferenz einrichten.
Die Ionen üben demnach eine Kraft auf das
Wasser aus.
Um diese winzige Kraft messbar in diesem
Aufbau anzeigen zu können, sofern sie
existiert, sollte das U-Rohr (resp. Schlauch)
in sehr flachem Winkel zur Ebene verlaufen,
um kleinste Höhenunterschide in
unterschiedlichen Längen der Wassersäule
bemerken zu können.
Theoretisch sollte sich mindestens die
Differenz der Wanderungsgeschwindigkeit
gleichwertiger, entgegengesetz geladener
Ionen als Kraftwirkung äußern.

von Ingo S. (Firma: privat) (nisus)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

so stelle ich mir das vor.

von Joachim B. (jar)


Lesenswert?

Ingo S. schrieb:
> warum kann ein
> Stromfluß nicht verhindert werden, wenn das
> Wasser entgegen der Ionenbewegung fließt?

das Wasser fliesst einfach zu langsam

von Stefan H. (Firma: dm2sh) (stefan_helmert)


Lesenswert?

Georg M. schrieb:
> Ingo S. schrieb:
>> warum kann ein
>> Stromfluß nicht verhindert werden, wenn das
>> Wasser entgegen der Ionenbewegung fließt?
>
> Und welche Richtung wäre das? Entgegen Na⁺ oder entgegen Cl⁻?

Richtig. Es entstehen wohl an der einen Elektrode positive Ionen und an 
der anderen Elektrode negative Ionen, welche jeweils zur anderen Seite 
wollen. Fließt das Wasser, geht zwar die eine Richtung schneller, aber 
die andere langsamer. Erwärmt man dagegen das Wasser, bewegen sich alle 
Teilchen schneller, und zwar in alle Richtungen. Heißes Wasser leitet 
besser.

von Jens G. (jensig)


Lesenswert?

Stefan H. (Firma: dm2sh) (stefan_helmert)

>> Und welche Richtung wäre das? Entgegen Na⁺ oder entgegen Cl⁻?

>Richtig. Es entstehen wohl an der einen Elektrode positive Ionen und an
>der anderen Elektrode negative Ionen, welche jeweils zur anderen

Warum sollen die entstehen. Die existieren doch schon in einer solchen 
Lösung, und werden durch den Stromfluß/Elektrolyse entsprechend entladen 
(neutralisiert).


Ingo S. (Firma: privat) (nisus)

>Wenn der Stromfluß im Wasser nun abhängig ist
>von der Ionenbeweglichkeit und diese echt
>langsam voran kommen, warum kann ein
>Stromfluß nicht verhindert werden, wenn das
>Wasser entgegen der Ionenbewegung fließt?

Wer sagt denn, daß nur die Ionen zw. den Elektroden zur Stromleitung 
beitragen. Eigentlich isses doch eher egal, woher die Ionen kommen, die 
entladen werden. Es können also auch die Ionen sein, die gerade 
angeschwemmt werden. D.h., egal, wie schnell das Wasser fließt, Du hast 
immer dieselbe Konzentration an Ionen, die gerade entladen werden 
könnten.

von Ingo S. (Firma: privat) (nisus)


Angehängte Dateien:

Lesenswert?

Jens G. schrieb:
> Wer sagt denn, daß nur die Ionen zw. den Elektroden zur Stromleitung
> beitragen.

Faraday hat das gesagt.
Hofmann hat es im Zersetzungsapparat
beweisen können und Coloumb die
dazugehörigen Verhältnisse formuliert.
( im Anhang eine kurze Inspiration... )

Jens G. schrieb:
> Du hast immer dieselbe Konzentration an Ionen, die gerade entladen
> werden könnten.

Das stimmt sicher. Allerdings wirken
zwischen den Elektroden Äquipotentiale
und diese reichen nun mal nicht hinter die
Elektroden. Aus der Vorstellung ginge sogar
hervor, fließendes Wasser würde gar besser
leiten, als ruhendes, da die
Fließgeschwindigkeit sich zur
Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen
addiert und so ein Ladungsaustausch
schneller voran ginge.

Wenn ich Zeit habe, versuche ich das mit dem
U-Rohr.

von Percy N. (vox_bovi)


Lesenswert?

Ingo S. schrieb:
> Allerdings wirken
> zwischen den Elektroden Äquipotentiale

Nein.

von Egon D. (Gast)


Lesenswert?

Ingo S. schrieb:

> Wenn der Stromfluß im Wasser nun abhängig ist
> von der Ionenbeweglichkeit und diese echt
> langsam voran kommen, warum kann ein
> Stromfluß nicht verhindert werden, wenn das
> Wasser entgegen der Ionenbewegung fließt?

Weil flüssiges Wasser kein Einkristall und kein
Festkörper ist.

Du vergisst m.E. die ungeordnete thermische Bewegung
aller Teilchen, der die sehr langsame Drift infolge
der elektrischen Feldstärke überlagert ist.
Das Bild wäre also eine Klasse jüngerer Schulkinder,
die stundenlang Fangen spielen und dabei ganz
allmählich von der einen Ecke der Wiese in die andere
driften.


> Ich weiß, das der elektromagnetische Impuls
> mit Lichtgeschwindigkeit ausgebreitet wird.
> Diese physikalische Eigenschaft bekomme ich
> aber nicht richtig mit der obigen Überlegung
> zusammen, weil der Impuls ja über die Elektronen
> übertragen wird und als Welle durch einen
> Leiter dringt.

Jein -- falsche Denkrichtung. In metallischen
Leitern stehen nur Elektronen als frei bewegliche
Ladungsträger zur Verfügung, deswegen können dort
auch nur Elektronen zum Stromfluss beitragen. Wenn
Ionen da sind und sich frei bewegen können, tragen
die natürlich auch bei. Und wenn eine Dispersion
geladene Partikel enthält, bewegen die sich auch
gerichtet im elektrischen Feld (Elektrophorese).

Außerdem, auch ortsfeste Ladungen werden vom
elektrischen Feld beeinflusst: Polarisation! Wenn
also irgendwo "Quellen elektrischer Feldlinien"
vorhanden sind, breitet sich diese Nachricht wie ein
Lauffeuer durch das Material aus, weil sich -- im
Fall des Wasser -- die vielen permanenten Dipole nur
ein kleines Stückchen anders drehen müssen. Gerichtete
Wanderung ist nur ein Mechanismus.

von Jens G. (jensig)


Lesenswert?

Ingo S. (Firma: privat) (nisus)

>Jens G. schrieb:
>> Wer sagt denn, daß nur die Ionen zw. den Elektroden zur Stromleitung
>> beitragen.

>Faraday hat das gesagt.
>Hofmann hat es im Zersetzungsapparat
>beweisen können und Coloumb die
>dazugehörigen Verhältnisse formuliert.
>( im Anhang eine kurze Inspiration... )

Was haben die denn gesagt? Sicherlich auch nur, daß es bestimmte 
stöchiometrische Verhältnisse gibt zw. Elektronen und Ionen. Dagegen 
hatte ich ja nix gesagt.

>Jens G. schrieb:
>> Du hast immer dieselbe Konzentration an Ionen, die gerade entladen
>> werden könnten.

>Das stimmt sicher. Allerdings wirken
>zwischen den Elektroden Äquipotentiale
>und diese reichen nun mal nicht hinter die
>Elektroden. Aus der Vorstellung ginge sogar
>hervor, fließendes Wasser würde gar besser
>leiten, als ruhendes, da die
>Fließgeschwindigkeit sich zur
>Wanderungsgeschwindigkeit der Ionen
>addiert und so ein Ladungsaustausch
>schneller voran ginge.

Naja, was heißt besser. Der Ladungsaustausch ist konstanter. Sieht man 
ja an unseren alten Batterien, die rel. schnell schlapp machen, weil die 
Ionenkonzentration um die Elektroden herum abfällt, aber nach Erholung 
wieder gut und kurzzeitig loslegen können.

>Wenn ich Zeit habe, versuche ich das mit dem
>U-Rohr.

Jo, mach mal ...

von Ingo S. (Firma: privat) (nisus)


Lesenswert?

Reinstwasser hat laut Wikipedia einen
spezifischen elektrischen Widerstand von
Rs = 1 E12 Ohm*mm^2*m^-1
Meereswasser hingegen, welches dort nicht
näher angegeben ist in seiner
Ionenkonzentration, liegt mit
Rs = 5 E5 Ohm*mm^2*m^-1
vor und ist somit 10000000 mal leitfähiger.
Reinstwasser bildet den Übergang zwischen
Leiter und Isolator.

Jens G. schrieb:
> Wer sagt denn, daß nur die Ionen zw. den Elektroden zur Stromleitung
> beitragen.

Wenn nicht die Ionen für die Leitfähigkeit
verantwortlich sind, was dann?

Jedes einwertig negative Ion transportiert
also ein Elektron zur Kathode und jedes
einwertig positive Ion transportiert eine
positive Ladung zur Anode, wo dann der
entsprechende Ausgleich stattfindet.
Kann ein Ion, welches an der Stromleitung
bereits beteiligt war, weiter zur Stromleitung
beitragen, oder sind die dann "kaputt"?
Also Salzwasser sollte dann ja mit der Zeit
an Leitfähigkeit verlieren 🤔
Das würde wieder darauf hinweisen, daß
fließendes Wasser dann doch besser leitet,
als ruhendes, weil

Jens G. schrieb:
> Du hast immer dieselbe Konzentration an Ionen, die gerade entladen
> werden könnten.

von Nick M. (Gast)


Lesenswert?

Ich hänge hier mal ein mechanisches Analogon an, über das sich sicher 
viele nicht bewusst sin:
Die Frage des TO fand ich wirklich interessant. In der Mechanik ist es 
genauso.
Man stelle sich ein altes Stellwerk der Bahn vor, in dem mit Hebeln über 
Seilzüge Weichen und Durchfahrtssignale bewegt wurden. Auch da kann das 
Seil nur mit der Schallgeschwindigkeit in Stahl das Signal 
transportieren. Ein Signal in mehreren km Entfehrung wird also erst 
Sekunden später reagieren.

Nein Herr Verkehrsrichter, ich hab rechtzeitig gebremst. Die 
Signallaufzeit in der Hydraulik war zu hoch.

von Jens G. (jensig)


Lesenswert?

Ingo S. (Firma: privat) (nisus)

>Jens G. schrieb:
>> Wer sagt denn, daß nur die Ionen zw. den Elektroden zur Stromleitung
>> beitragen.

>Wenn nicht die Ionen für die Leitfähigkeit
>verantwortlich sind, was dann?

Das habe ich nicht so geschrieben - lese nochmal komplett meinen Satz 
durch ...

: Bearbeitet durch User
von Jens G. (jensig)


Lesenswert?

Nick M. (muellernick)

>Ich hänge hier mal ein mechanisches Analogon an, über das sich
> ... usw. ...

Und wo ist hier der Zusammenhang zum Thema? Es geht hier ja nicht um 
Signalweiterleitung ...

von Percy N. (vox_bovi)


Lesenswert?

Jens G. schrieb:
> Es geht hier ja nicht um Signalweiterleitung ...

Ach? Geht es Dir um die Driftgeschwindigkeit der Ladungsträger? Das 
solltest Du nicht ernst gemeint haben!

von Ingo S. (Firma: privat) (nisus)


Lesenswert?

Jens G. schrieb:
>> Jens G. schrieb:
>>> Wer sagt denn, daß nur die Ionen zw. den Elektroden zur Stromleitung
>>> beitragen.
>
>> Wenn nicht die Ionen für die Leitfähigkeit
>> verantwortlich sind, was dann?
>
> Das habe ich nicht so geschrieben - lese nochmal komplett meinen Satz
> durch ...

ja jetzt habe ich verstanden, worauf die
Aussage bezogen ist.
Es geht darum, daß alle Ionen geeignet sind,
Ladung zu transportieren. Also nicht nur
jene, welche momentan in der Strecke
zwischen den Elektroden sind.
Mein Fehler.

von Jens G. (jensig)


Lesenswert?

Jo, so meinte ich das.

Bitte melde dich an um einen Beitrag zu schreiben. Anmeldung ist kostenlos und dauert nur eine Minute.
Bestehender Account
Schon ein Account bei Google/GoogleMail? Keine Anmeldung erforderlich!
Mit Google-Account einloggen
Noch kein Account? Hier anmelden.