Forum: Offtopic Haftungsminimierung bei 230 V Basteleien


von Danny (Gast)


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Hallo zusammen!

Auch wenn ich schon ahne, was für geistreiche Postings hier in diesem 
deutschen Forum unvermeidbar kommen werden, muss ich trotzdem 
nachfragen...

und zwar habe ich eine 230 Volt Bastelei herbeigebastelt. Ich habe mir 
viele Infos zu 230 Volt angeeignet und denke, dass alles, was schief 
gehen kann, bedacht wurde. Das Gerät ist IP40 aber wenn ich das 
draufschreibe und jemand meint, er müsse da mit nassen Flossen ein Stück 
Draht reinfingern, ist er doch eigentlich selber Schuld.

Aber es hat halt keine Abnahme von irgendwas. Keine Prüfungen 
durchlaufen oder so.

Andererseits ist es ja nicht VERBOTEN, zu basteln. Solange halt nichts 
passiert.

Die Situation ist echt unschön.

Kennt da jemand irgendwelche Fallbeispiele? Ich konnte auf die Schnelle 
nichts finden, aber ich denke, es ist bestimmt schonmal irgendwo eine 
Bastelei nach hinten los gegangen, was dann vor Gericht gelandet ist. 
Das interessiert hier bestimmt auch mehrere Leute.

lg
Danny

: Verschoben durch Moderator
von Christian M. (likeme)


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Wer fingert muss mit Konsequenzen rechen ;-) Mach es das du dir sicher 
bist aber schreibe nicht drauf das du das Gerät hergestellt hast oder 
gar in Serie damit gehst.

von Oliver S. (oliverso)


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Wenn du dich damit selber umbringst, gibts kein Gerichtsverfahren. 
Trifft es jemand anderen, dann schon. Der Rest ist deine Entscheidung.

Triff sie, und trage alle Konsequenzen.

Oliver

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Danny schrieb:
> ist er doch eigentlich selber Schuld.

Das einzig "deutsche" an der Angelegenheit ist mal wieder der Versuch, 
sich die eigene Sichtweise so zurechtzulügen, dass das eigene 
Verantwortungsbewusstsein dabei komplett auf der Strecke bleibt.

> Aber es hat halt keine Abnahme von irgendwas. Keine Prüfungen
> durchlaufen oder so.

Bei den allermeisten Konstruktionen sind auch keine Abnahme oder 
Prüfungen erforderlich, sofern derjenige hinreichende Fachkenntnisse 
besitzt und von sich aus darüber nachdenkt, welche Gefährdungen von 
seinem Produkt ausgehen können. Du bist aber offenbar genau der Typ von 
Bastlern, für die solche Prüfungen und Abnahmen überhaupt erst 
eingeführt werden müssen.

> Andererseits ist es ja nicht VERBOTEN, zu basteln. Solange halt nichts
> passiert.

Es ist auch nicht verboten, mit einem scharfen Messer in der Gegend 
herumzufuchteln. Und wenn doch etwas passieren sollte, dann ist der 
Messerfuchtler auch völlig zu recht voll in der Haftung.

> Die Situation ist echt unschön.

Nein, das ist sie nicht. Nur verantwortungslose Arschlöcher veranstalten 
ein großes Mimimi.

> was dann vor Gericht gelandet ist.

Mit Sicherheit. Vermutlich gab es dann ein unschönes Erwachen des 
Täters. Und wenn derjenige auch noch versucht haben sollte, das ganze zu 
vertuschen und den Schaden durch eine Versicherung begleichen zu lassen, 
gibt es ein noch böseres Erwachen, wenn der Täter erfährt, dass 
Versicherungsbetrug kein Kavaliersdelikt ist.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Christian M. schrieb:
> Mach es das du dir sicher bist

Das reicht bei Leuten wie dem TE aber leider nicht aus. Sie drehen sich 
irgendwelche Tatsachen solange zurecht, bis sie der eigenen 
Wunschvorstellung entsprechen. Dadurch wird die Sache erst richtig 
gefährlich.

von Soul E. (Gast)


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Danny schrieb:

> und zwar habe ich eine 230 Volt Bastelei herbeigebastelt. Ich habe mir
> viele Infos zu 230 Volt angeeignet und denke, dass alles, was schief
> gehen kann, bedacht wurde. Das Gerät ist IP40 aber wenn ich das
> draufschreibe und jemand meint, er müsse da mit nassen Flossen ein Stück
> Draht reinfingern, ist er doch eigentlich selber Schuld.

Dein Gerät muss dem "Stand der Technik" entsprechen. Gerichte gehen im 
Allgemeinen davon aus dass das so ist wenn das Gerät von jemandem mit 
geigneter Ausbildung erstellt und nach den aktuellen Empfehlungen 
(Normen) des VDE-Industrieverbandes aufgebaut wurde.

Für Geräte im gewerblichen Umfeld ist eine DGUV (BGV A3)-Prüfung 
vorgeschrieben, damit werden die dümmsten Fehler schonmal erfasst. So 
ein Prüfgerät haben auch viele Makerspaces und teilweise kann man die 
ausleihen, dann kann man damit auch mal zu Hause durch die Wohnung gehen 
und ein paar Steckdosenleisten aus dem Verkehr ziehen.

von Ben B. (Firma: Funkenflug Industries) (stromkraft)


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Müsste man schon irgendwie mal klären...

Meine, wenn ich ein Gerät baue, das in ein Gehäuse packe und 
draufschreibe "Öffnen verboten"... reicht das?

Ist doch im Grunde das gleiche wie bei der Bahn oder bei anderen 
Hochspannungsanlagen. "Vorsicht Hochspannung" oder "Betreten der 
Bahnanlagen verboten" - aber physikalisch hindert einen nicht viel 
daran, an so einem Masten hochzuklettern oder mit einer Metallstange an 
den Anlagen herumzuspielen, woraufhin man dann logischerweise zu Asche 
zerfällt. Da verklagt auch niemand die Bahn oder den Energieversorger 
weil die Anlage nicht berührungssicher gebaut war.

von Soul E. (Gast)


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Ben B. schrieb:

> (...) Da verklagt auch niemand die Bahn oder den Energieversorger
> weil die Anlage nicht berührungssicher gebaut war.

Die zum "Stand der Technik" erhobenen VDE-Normen definieren 
Mindestabstände zwischen begehbaren Bereichen und spannungsführenden 
Teilen. Wenn die eingehalten werden, und wenn ein Betreten der 
Sperrflächen durch bauliche Maßnahmen und Warnhinweise zumindest 
erschwert wird, dann genügt das.

Wer dann über Zäune klettert und Warnhinweise ignoriert, der handelt 
zumindest grob fahrlässig.


Im Falle des Gerätes waren früher Warnhinweise wie "Risk of electric 
shock -- do not open" üblich. Zusätzlich können "nicht laien-bedienbare" 
Verschraubungen wie Torx oder TriWing helfen. Werkzeug dafür bekommt 
heute zwar auch jeder, aber die Mutter hat es halt nicht in der 
Küchenschublade.

von Gunnar F. (gufi36)


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Denk doch mal an die Toaster mit Glühdraht. Wenn es dumm kommt und 
jemand mit dem Messer drin rumstochert.... Darwin!
Da dürften halt Hinweise in der Anleitung stehen, aber kein Warnschild 
drauf.

von Soul E. (Gast)


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Gunnar F. schrieb:

> Da dürften halt Hinweise in der Anleitung stehen, aber kein Warnschild
> drauf.

Ob man so eine Konstruktion heute noch neu zugelassen bekäme? Das 
Konzept geniesst ja irgendwie Bestandschutz.

von Gunnar F. (gufi36)


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Naja, die Glühdrähte im Quarzglasrohr sind jetzt auch nicht soo gut 
geschützt.
Ich glaube im Sinne des TO steht in der Rechtsprechung immer die 
Relation "hätte er diesen Fehlerfall erkennen und wissen müssen" um 
grobe Fahrlässigkeit zu unterstellen.

von Pandur S. (jetztnicht)


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Entgegen den ueblichen Schwaflern...

Es gibt 2 Moeglichkeiten.
Metallgehaeuse. Falls ein Geraet zB nicht in ein Plastikgehaeuse passt. 
Ein Metallgehaeuse muss geerdet sein. also mit einem Kabel mit Erdpin, 
welcher dann am Gehaeuse ist. Innerhalb des Gehaeuse muss das Netz 
doppelt isoliert sein. zb die 2. Isolation weg - > ein Spiralschlauch 
drum..

Plastikgehaeuse. Beim Plastikgehaeuse darf kein Metallteil, welches 
nicht doppelt idoliert ist rauschschauen. Eine drehbare Welle muss dann 
zB ein Plastikstueck dazwischen haben.

In allen Faellen musst du alles getan haben um einen Unfall zu 
verhindern. Wenn einer zB eine Kaffee reinschuettet. Oder das Ding ins 
Bad oder den Pool faellt.

von Mani W. (e-doc)


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Danny schrieb:
> Andererseits ist es ja nicht VERBOTEN, zu basteln. Solange halt nichts
> passiert.
>
> Die Situation ist echt unschön.
>
> Kennt da jemand irgendwelche Fallbeispiele? Ich konnte auf die Schnelle
> nichts finden, aber ich denke, es ist bestimmt schonmal irgendwo eine
> Bastelei nach hinten los gegangen, was dann vor Gericht gelandet ist.
> Das interessiert hier bestimmt auch mehrere Leute.

Ich sage mal: "Scheiß Dir nicht ins Hemd!"

oder gib das Basteln auf und stelle das Atmen ein, dann kann Dir nix
mehr passieren...

von Dietmar S. (Gast)


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Kannst ja einfach mal in Google eingeben, welchen Ärger Du bekommen 
kannst.

Hier zwei Beispiele die ich noch in Erinnerung hab, weil ich sie damals 
gelesen hatte:
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/hamburg-toedlicher-stromschlag-im-supermarkt-wenn-worte-fehlen-a-1249802.html
oder
https://www.ra-kotz.de/haftung-bei-koerperverletzung-durch-stromschlag-stromunfall-auf-befriedetem-grundstueck.htm

Auch weniger schlimme Vorfälle können Dir großen Ärger bereiten. Bastle 
doch so viel Du willst, aber behalte den Kram bei Dir zuhause und gut.

Ich habe mal die Reparatur einer Stehlampe abgelehnt. Die Bekannte war 
etwas sauer. Aber das Ding war von Werk aus lebensgefährlich. Hätte ich 
die Lampe repariert, wäre am Ende ich haftbar gewesen, wenn etwas 
passiert wäre.

Mein Musiksynthesizer steht hier schon jahrelang herum, weil ich 
Bedenken habe ihn zu verkaufen. Ist halt von jemandem selbst gebastelt 
und ein Netztrafo drin. Gut, ich kann Berührungsschutz anbringen, die 
Frontplatten erden, etc., aber das Teil wird am Ende niemals den 
Vorschriften entsprechen, zumal ich die gar nicht kenne.

In diesem Zusammenhang frage ich mich allerdings, ob ich unter Umständen 
die Haftung ausschließen könnte. Wenn ich den Käufer auf die Mängel 
hinweise und ihn unterschreiben lasse, dass er das Gerät nicht in 
Betrieb nehmen darf, ohne es von einem Fachmann überprüfen zu und bei 
Bedarf modifizieren zu lassen. Das kann mir aber sicher nur ein Jurist 
beantworten.

von Phasenschieber S. (Gast)


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Der Punkt wo der Hund das Wasser lässt ist: Für wen ist deine Bastelei 
gedacht? Wer benutzt sie?

Für dich selbst, darfst/kannst du alles machen was du willst. Jedoch 
wird keine Versicherung dafür gerade stehen, nur duselbst.

Wenn du deine Bastelei aber "in den Verkehr" bringst, dann unterliegst 
du einer ganzen Reihe von Auflagen.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Dietmar S. schrieb:
> 
https://www.ra-kotz.de/haftung-bei-koerperverletzung-durch-stromschlag-stromunfall-auf-befriedetem-grundstueck.htm

Genau das genannte Gerichtsverfahren hat doch ergeben, dass der 
Geschädigte seine Ansprüche eben nicht durchsetzen konnte, was 
allerdings an der äußerst unübersichtlichen rechtlichen Konstellation 
der einzelnen Akteure lag und nichts mit der Gefährlichkeit eines 
Stromunfalls zu tun hatte. Und es war auch kein erstinstanzliches 
Urteil, sondern das OLG bestätigte die Urteile der vorherigen Instanzen.

Letztendlich hatte dieses Verfahren doch überhaupt nichts mehr mit dem 
Stromunfall an sich zu tun.

von Dietmar S. (Gast)


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Andreas S. schrieb:
> Dietmar S. schrieb:
>>
> 
https://www.ra-kotz.de/haftung-bei-koerperverletzung-durch-stromschlag-stromunfall-auf-befriedetem-grundstueck.htm
>
> Genau das genannte Gerichtsverfahren hat doch ergeben, dass der
> Geschädigte seine Ansprüche eben nicht durchsetzen konnte, was
> allerdings an der äußerst unübersichtlichen rechtlichen Konstellation
> der einzelnen Akteure lag und nichts mit der Gefährlichkeit eines
> Stromunfalls zu tun hatte. Und es war auch kein erstinstanzliches
> Urteil, sondern das OLG bestätigte die Urteile der vorherigen Instanzen.
>
> Letztendlich hatte dieses Verfahren doch überhaupt nichts mehr mit dem
> Stromunfall an sich zu tun.

Oh, das war mein Fehler. Ich sehe gerade, dass ich den falschen Link 
gepostet habe. Aber auch hier waren die Betroffenen fast 4 Jahre lang 
durch die Verfahren und dem ungewissen Ausgang einer enormen Belastung 
ausgesetzt, das möchte wohl niemand haben.

von Sven L. (sven_rvbg)


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Dietmar S. schrieb:
> Mein Musiksynthesizer steht hier schon jahrelang herum, weil ich
> Bedenken habe ihn zu verkaufen. Ist halt von jemandem selbst gebastelt
> und ein Netztrafo drin. Gut, ich kann Berührungsschutz anbringen, die
> Frontplatten erden, etc., aber das Teil wird am Ende niemals den
> Vorschriften entsprechen, zumal ich die gar nicht kenne.
Bau den Trafo raus und gebe ihn so dazu oder baue auf externes Netzteil 
um.

von Andreas S. (Firma: Schweigstill IT) (schweigstill) Benutzerseite


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Dietmar S. schrieb:
> Oh, das war mein Fehler. Ich sehe gerade, dass ich den falschen Link
> gepostet habe. Aber auch hier waren die Betroffenen fast 4 Jahre lang
> durch die Verfahren und dem ungewissen Ausgang einer enormen Belastung
> ausgesetzt, das möchte wohl niemand haben.

Dagegen helfen auch die beste Fachkunde, die tollsten Abnahmeprotokolle 
und die Versicherung nichts. In dem genannten Verfahren war derjenige, 
der die Elektroinstallation durchgeführt war, ohnehin nur als Zeuge, 
aber nicht als Beklagter, involviert.

Und auch auf der technischen Ebene war es eben ein sehr, sehr dummer 
Zufall, dass jemand im Innenraum einen Nagel in die Wand haut und 
dadurch das Kabel für die an der Außenwand befindliche Leuchte genau so 
trifft, dass der Schutzleiter unterbrochen und dafür der Außenleiter 
aufs Gehäuse gelegt wird. Niemand mit einigermaßen Verstand würde nach 
dem Aufhängen eines Bildes bei allen an der Außenfassade befindlichen 
Metallteilen kontrollieren, ob sie nun unter Spannung stehen, 
insbesondere wenn er noch die Leiter holen muss, um an die weiter oben 
gelegene Leute heranzukommen. Solch eine ungünstige Verkettung von 
Zufällen ist unwahrscheinlicher, als beim Kacken einen Sechser im Lotto 
zu gewinnen und gleichzeitig vom Blitz erschlagen zu werden.

von Percy N. (vox_bovi)


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Andreas S. schrieb:
> Solch eine ungünstige Verkettung von Zufällen ist unwahrscheinlicher,
> als beim Kacken einen Sechser im Lotto zu gewinnen und gleichzeitig vom
> Blitz erschlagen zu werden.

Das war nicht der die Entscheidung tragende Grund. Es ging 
ausschließlich um die Enthaftung gem § 2 Abs 3 Nr 1 HpflG. Die konnte 
aber nur der beklagten Grundstücksnutzerin zu Gute kommen, zumal 
sie,auch nur wegen dieserxEigenschaft verschuldensunabhängug in Anspruch 
genommen werden konnte.

Wer die Entscheidung genau liest, wurd feststellen,  dass der Zeuge den 
Austausch des RCD dringrnd angeraten hatte; warum er gleichwohl auch 
ohne diesen tätig wurde, war in diesem Verfahren nicht zu klären.

Andreas S. schrieb:
> Letztendlich hatte dieses Verfahren doch überhaupt nichts mehr mit dem
> Stromunfall an sich zu tun.

Das ist nur insoweit richtig, als § 2 HpflG nicht darauf abstellt, wer 
einen Stromunfall verschuldet hat.

Andreas S. schrieb:
> Genau das genannte Gerichtsverfahren hat doch ergeben, dass der
> Geschädigte seine Ansprüche eben nicht durchsetzen konnte, was
> allerdings an der äußerst unübersichtlichen rechtlichen Konstellation
> der einzelnen Akteure lag

Nö.

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