Forum: Analoge Elektronik und Schaltungstechnik Digitale und analoge Groundplane


von Vorticon X. (vorticon)


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Hallo Freunde.
Es gibt beim PCB-Layout Fragen, zu denen unterschiedliche Antworten 
vertreten werden. Eine davon: kann es sinnvoll sein, getrennte digitale 
und analoge Groundplanes in Form von übereinanderliegenden Kupferlagen 
zu haben?

Folgende Infos zu meinem Projekt, in dem sich diese Frage stellt:
- Es handelt sich um eine messtechnische Schaltung im niederfrequenten 
Bereich (Abtastrate max. 25kHz)
- Die analoge Performance soll außerordentlich hoch sein, d.h. 
Dynamikbereich und Signal-Rausch-Verhältnis >120dB, sehr geringe Drift.
- Im Schaltungsdesign sind prinzipiell die Voraussetzungen 
berücksichtigt, die für die genannte Performance erforderlich sind - 
hinsichtlich Dimensionierung und Qualität der passiven Bauteile, 
Spannungsversorgung, Spannungsreferenzen etc.
- Der Prozessor (STM32F7) befindet sich auf einem galvanisch isolierten 
Bereich der Platine, die analoge Masse ist also von der MC-Masse (und 
der USB-Masse) isoliert.
- im analogen Bereich der Platine befinden sich 4 ADCs (ADS125H01) und 2 
DACs (MAX5719), Analogkram (Opamps etc.) und einige Logik-ICs (die 
Isolatoren und 3 weitere 74HCXXX).
- Für die Kommunikation mit den 4 ADCs wird ein SPI und für die 2 DACs 
ein weiterer SPI verwendet, Taktraten ca. 10 MHz. Abgesehen von den SPIs 
gibt es im analogen Bereich der Platine keine breitbandigen Signale.
- Die einzigen großen Stromverbraucher sind zwei Power-Opamps (OPA548), 
die Lastströme werden über gesonderte Leiterbahnen geführt, sodass sie 
nicht die Masse verunreinigen.
- Die Verwendung einer zusätzlichen digitalen Masselage stellt in Bezug 
auf die Produktionskosten kein Problem dar.

Das Datenblatt des MAX5719 empfiehlt getrennte digitale und analoge 
Groundplanes. Das Datenblatt des ADS125H01 empfiehlt, AGND und DGND mit 
der selben Groundplane zu verbinden. Was ist besser? Kann es vorteilhaft 
sein, zwei getrennte Lagen zu haben? Kann es u.U. Nachteile geben? Wie 
sieht es aus, wenn die zwei Masselagen im Platinenaufbau stark kapazitiv 
gekoppelt sind, ist es dann überhaupt möglich, Rauschen von der analogen 
Masse fernzuhalten?

Über fundierte (sowohl theorie- als auch erfahrungsbasierte) Meinungen 
würde ich mich freuen.

Grüße!

von Achim M. (minifloat)


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Vorticon X. schrieb:
> digitale und analoge Groundplanes in Form von übereinanderliegenden
> Kupferlagen

Die werden kapazitiv aufeinander einkoppeln. Denke nicht dass das Sinn 
ergibt. Hast ja selber Bedenken:

Vorticon X. schrieb:
> die zwei Masselagen im Platinenaufbau stark kapazitiv gekoppelt sind

Außerdem ist der Analog- und der Digitalkrempel nicht gleichzeitig am 
selben Ort, oder?

Ich denke es ist sinnvoll, den Ground an der Stelle der ADCs 
einzuschnüren, um sowas wie einen Massesternpunkt in der Gegend zu 
haben. Die Spannungsregler und größere Entkoppelkapazitäten für den 
Analogteil müssen dann natürlich auch dorthin referenzieren. Lokal an 
ICs entkoppeln ist natürlich trotzdem nötig.

Ich würde außerdem schauen, wo sich Rückpfade für Signale entlang der 
Masseverteilung ergeben. Querströme über den Massesternpunkt hinweg 
wären zu vermeiden.

Vorticon X. schrieb:
> Dynamikbereich und Signal-Rausch-Verhältnis >120dB,

Das ist natürlich schon ein Brett, wo es sich zu überlegen lohnt, einen 
Inguard und Outguard für Analog- und Digitalteil wie in dicken 
Multimetern vorzusehen. Edit, ja haste auch schon

Vorticon X. schrieb:
> Der Prozessor (STM32F7) befindet sich auf einem galvanisch isolierten
> Bereich der Platine, die analoge Masse ist also von der MC-Masse (und
> der USB-Masse) isoliert.

Andererseits kann man sich auch was von professionellen Audio-Interfaces 
abgucken, denn der Input von einem Audio-Interface ist auch eine...

Vorticon X. schrieb:
> messtechnische Schaltung im niederfrequenten Bereich (Abtastrate max.
> 25kHz)

mfg mf

PS. Der zusätzliche SPI macht dir Kopfschmerzen? Den galvanisch zu 
trennen ist ja nicht die Kunst, bleibt die Frage nach Querstrom über die 
Analoge Masseverteilung. Auch hier hilft denke ich mal Einschnürung und 
striktes Layout.
Wieviele Iterationszyklen hast du für Prototypen?

: Bearbeitet durch User
von Günni (Gast)


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Achim M. schrieb:
> Vorticon X. schrieb:
>> digitale und analoge Groundplanes in Form von übereinanderliegenden
>> Kupferlagen
>
> Die werden kapazitiv aufeinander einkoppeln. Denke nicht dass das Sinn
> ergibt.

Das deckt sich auch mit meinen Erfahrungen. Ich würde auf dem Board den 
Analog- und den Digitalteil räumlich getrennt aufbauen und jedem seine 
eigene Massefläche - nur im Bereich seiner Schaltungsteile - vorsehen. 
Die Massen - wie Achim M. vorgeschlagen hat - an einem Punkt miteinander 
verbinden. Das macht man üblicherweise an der Stromversorgung, damit die 
Ströme des Digitalteils keine Spannungsabfälle auf einer gemeinsamen 
Versorgungsleitung erzeugen und so die Versorgung des Analogteils 
verrauschen. Wenn aber Analog- und Digitalteil im Prozessor oder im ADC 
zusammentreffen, kann es sinnvoll sein, die Zusammenführung genau dort 
zu machen. Dann muss man die Analogversorgung aber im Bereich des 
Analogteils sorgfältig nachsieben.

von Vorticon X. (vorticon)


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Danke schonmal für deine Antwort.

Achim M. schrieb:
> Die werden kapazitiv aufeinander einkoppeln. Denke nicht dass das Sinn
> ergibt.
Ja, ok. Höchstens für die DC-Performance, wobei es bei den geringen 
Stromaufnahmen der Bauteile wohl kaum zu einem relevanten 
DC-Spannungsabfall auf GND kommen dürfte. Gemessen wird ohnehin 
differentiell und die Referenzspannungen werden auch differentiell 
eingespeist.

> Außerdem ist der Analog- und der Digitalkrempel nicht gleichzeitig am
> selben Ort, oder?
Abgesehen von den ADCs und DACs sind als digitale Stromverbraucher die 
Isolatoren (4x Si8660) und ein Demux 74137 zur Selektion der einzelnen 
SPI-Slaves vorhanden. Ja, die sind dann räumlich entfernt von dem 
Analogkram.

> Ich denke es ist sinnvoll, den Ground an der Stelle der ADCs
> einzuschnüren, um sowas wie einen Massesternpunkt in der Gegend zu
> haben.
Ok, das muss ich mir mal überlegen - habe da keinerlei Erfahrung oder 
Anhaltspunkte.

> Ich würde außerdem schauen, wo sich Rückpfade für Signale entlang der
> Masseverteilung ergeben. Querströme über den Massesternpunkt hinweg
> wären zu vermeiden.
Ja, das macht Sinn.

> PS. Der zusätzliche SPI macht dir Kopfschmerzen? Den galvanisch zu
> trennen ist ja nicht die Kunst
Genau, die SPIs sind beide galvanisch getrennt.

Die Messschaltung soll zur Charakterisierung von elektronischen 
Bauteilen genutzt werden. Es gibt 2 unabhängige Signalgeneratoren 
jeweils mit Messwerterfassung für Spannung und Strom - zur 
Charakterisierung eines Transistors würde man bspw. Kollektor- und 
Basisspannung über die DACs unabhängig voneinander variieren und 
gleichzeitig die Istwerte von U_CE, I_C, U_BE, I_B aufzeichnen. So kann 
man komplette Kennfelder erstellen.

Ein ähnliches Design mit nur einem Messkanal habe ich bereits umgesetzt 
und für Zellcharakterisierungen verwendet, mit gutem Ergebnis. Diesmal 
mache ich das ganze aber auf eigene Kosten und deshalb möchte ich gerne, 
dass schon der erste Prototyp zumindest kein völliger Schrott ist.

: Bearbeitet durch User
von Wühlhase (Gast)


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Achim M. schrieb:
> Ich denke es ist sinnvoll, den Ground an der Stelle der ADCs
> einzuschnüren, um sowas wie einen Massesternpunkt in der Gegend zu
> haben.

Mit einer Einschnürung einer Fläche erreichst du erstmal ganz sicher 
eines: Eine Erhöhung der Masseimpedanz an eben dieser Stelle. Wenn du 
Ströme hast, die gerne über die Einschnürung fließen würden, fließen sie 
halt an der Engstelle durch.
Besser wird damit nichts, nur schlechter. Die Frage ist nur noch wie 
schlecht: Vielleicht merkt man nichts, vielleicht stört es nur ein 
wenig, aber daß die ganze Schaltung am Ende unbrauchbar ist hat es 
sicher auch schon gegeben.

Die Schaltungsteile räumlich getrennt zu platzieren ist aber eine gute 
Idee. Flächen für die Spannungsversorgung wäre vielleicht auch 
hilfreich.

Ob du die AD-Wandler aber galvanisch trennen mußt...da würde ich nochmal 
darüber schlafen. Die Teile haben ja prinzipiell Digitaltechnik verbaut, 
daher finde ich es fraglich ob da ein zusätzlicher Isolator etwas 
bringt.

Ich würde die AD-Wandler eher als Trennstelle und Brücke zwischen 
Analog- und Digitalteil ansehen.

von Gustl B. (-gb-)


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Vorticon X. schrieb:
> Genau, die SPIs sind beide galvanisch getrennt.

Woher kommt die Versorgung des Analogteils?
Wenn das über einen galvanisch getrennten DCDC gemacht wird, dann könnte 
die Filterung aufwändig werden.

Die

Vorticon X. schrieb:
> Si8660

habe ich auch schon verwendet, funktionieren prima auch mit sehr hohem 
Takt (100 MHz).

Wichtig ist eine gute Referenz und dann die üblichen Layoutregeln. 
Kondensatoren nahe an den IC und zwischen beide Versorgungsanschlüsse + 
und - , dann Stromschleifen klein halten, nicht mit Vias sparen, gerne 
auch Polygone für die Versorgung verwenden, Kondensatoren so anbinden, 
dass die Ströme über deren Anschlüsse fließen, ...

Und beim SPI möglichst dann alles in Ruhe halten wenn der ADC 
tatsächlich das Signal anguckt. Auch Serienwiderstände im SPI können 
sinnvoll sein um den Strom zu begrenzen.

Und wenn du Frequenzen, also nicht nur DC, erfassen willst, dann ist 
auch eine möglichst jitterfreie Taktquelle wichtig, die ist bei dir 
schon im ADC wenn ich das richtig sehe.

Das hier ist das Evaluation Board, mit Layout. Daran kannst du dich gut 
orientieren. https://www.ti.com/lit/ug/sbau318a/sbau318a.pdf

von Vorticon X. (vorticon)


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Wühlhase schrieb:
> Mit einer Einschnürung einer Fläche erreichst du erstmal ganz sicher
> eines: Eine Erhöhung der Masseimpedanz an eben dieser Stelle. Wenn du
> Ströme hast, die gerne über die Einschnürung fließen würden, fließen sie
> halt an der Engstelle durch.
Das Argument ist plausibel (der "lokale Sternpunkt" macht dennoch 
prinzipiell Sinn). Da ich weder messtechnisch noch simulatorisch 
überprüfen kann, wie sich das eine oder das andere konkret auswirken 
würde, werde ich da wohl die bewährte Lösung (große durchgehende 
Groundplane) wählen.

> Die Schaltungsteile räumlich getrennt zu platzieren ist aber eine gute
> Idee. Flächen für die Spannungsversorgung wäre vielleicht auch
> hilfreich.
Ja, habe ich geplant.

> Ob du die AD-Wandler aber galvanisch trennen mußt...da würde ich nochmal
> darüber schlafen. Die Teile haben ja prinzipiell Digitaltechnik verbaut,
> daher finde ich es fraglich ob da ein zusätzlicher Isolator etwas
> bringt.
Ja, das ist richtig. Andererseits ist es kein Hexenwerk und ich möchte 
ohnehin die Analogmasse von der USB- oder RS422-Masse trennen 
(Groundloops). Ob ich nun zwischen USB/RS422 und MC, oder zwischen MC 
und Analogteil trenne, macht dann keinen allzu großen Unterschied im 
Aufwand.

Gustl B. schrieb:
> Woher kommt die Versorgung des Analogteils?
> Wenn das über einen galvanisch getrennten DCDC gemacht wird, dann könnte
> die Filterung aufwändig werden.
Die Spannungsversorgung ist +/-24V symmetrisch aus einem externen 
Netzteil, und diverse davon abgeleitete geregelte Spannungen für Opamps, 
ADCs, etc. Für den Mikrocontroller kommt über USB oder ein weiteres 
Netzteil. Es sind keine Schaltregler auf der Platine. Eine vernünftige 
Filterung habe ich dennoch vorgesehen. Ich wähle einfach im Zweifelsfall 
die sichere Lösung, um mir die Iterationen zu sparen.

Gustl B. schrieb:
> Und beim SPI möglichst dann alles in Ruhe halten wenn der ADC
> tatsächlich das Signal anguckt. Auch Serienwiderstände im SPI können
> sinnvoll sein um den Strom zu begrenzen.
> Und wenn du Frequenzen, also nicht nur DC, erfassen willst, dann ist
> auch eine möglichst jitterfreie Taktquelle wichtig, die ist bei dir
> schon im ADC wenn ich das richtig sehe.
Ja, der ADS125H01 hat einen internen Oszillator, allerdings laufen die 
bei 4 ADCs natürlich nicht synchron und es ist schon vorteilhaft, eine 
simultane Abtastung aller Signale zu haben - in Hinblick auf die 
Weiterverwendung der Messdaten und auch das von dir angesprochene 
Stillhalten des SPI. Deshalb habe ich einen Quarzoszillator vorgesehen, 
der ist natürlich andererseits auch wieder eine Störquelle.
Und ja, es sollen auch dynamische Signale gemessen werden, man kann dann 
tatsächlich auch im niederfrequenten Bereich ganz gut kleine (und große) 
Kapazitäten messen, wenn die Strommessung entsprechend empfindlich ist 
(dafür habe ich 4 verschiedene Messbereiche, bis in den µA-nA Bereich)

von Gordon N. (Gast)


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Mein rat: Masseflächen auftrennen ist völliger Unsinn. Sieht man oft und 
dann noch digitales SPI über eine gap gehen. Das ist furchtbar. Mach 
eine oder mehrere masselagen ohne Lücken. Trenne analog und digital 
räumlich und fang nicht den Quatsch mit zusammenführen von zwei 
masselagen unter dem ADC oder sowas an. In der Regel hast du mehr als 
ein analogteil, mach also null Sinn. Galvanisch trennen kann man machen, 
dann aber ALLES.

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