Forum: Offtopic Nordausrichtung auf 0.01 Grad genau, möglich?


von GNSS (Gast)


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Grüße,
gibt es eine Möglichkeit eine Nordausrichtung mit 0.01° Genauigkeit zu 
ermitteln?

Denke gängige Verfahren mit zwei GNSS Systemen erreichen wohl absolut 
maximale Werte von 0.1°?

Also ich denke das ist nicht möglich.

Jemand anderer Meinung :)?

MfG.

von DANIEL D. (Gast)


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Also ich würde ein Polsucher verwenden die sind gar nicht mal so teuer. 
Ich denke mal die erreichen die geforderte Genauigkeit. Funktioniert 
halt nur nachts und Manuel.

von Achim H. (anymouse)


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Nimm zwei GNSS-Systeme, die möglichst weit auseinander stehen.

Dann sollte es (ggf. mit relativer Ortsbestimmung) auch genauer als die 
0,01° gehen.

0,01° sind 174µrad. Bei einer Ortsunschärfe der GNSS-Ermittlung von 2,5m 
sollte die Linie halt nur länger als ca. 14,3 km sein.

Ketzerische Frage: Wie genau kannst Du die Linie bestimmen?

von Stephan D. (50plus)


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GNSS schrieb:
> Denke gängige Verfahren mit zwei GNSS Systemen
Geografische Ausrichtung mit STATIONÄREN GNSS Empfängern ist 
prinzipbedingt schwierig. Ob das jetzt eines oder mehrere GNSS Stationen 
oder ob diese mit Korrektursystemen ausgestattet sind: es bleibt eine 
Mittelung. Means: nicht mal die absoluten ermittelten Werte sind das 
Problem: da sich das Bezugssystem (aka die "Sat-Konstellation") 
permanent ändert, KANN das Ergebnis nur um den "richtigen" Wert herum 
fluktuieren (Stichwort: DOP)...

Wenns keine sinnfreie Was-Wäre-Wenn Diskussion ist:
Was spricht gegen einen Kompass? Avionic/Military-Systeme verwenden auch 
einen Kompass und nicht nur (ein) GNSS.
Mit einem einfachen Bosch Sensortec BNO055 (siehe Richies Lab) bist Du 
sogar schon viel "genauer" dran (und schneller da kein TTFF). Den BNO055 
setzen wir in unseren GNSS-basierten Tracking-Systemen zur Korrektur* 
der GNSS-Heading ein. *Dabei ist die Abweichung der beiden Systeme auch 
ein (weiteres) gutes Mass für die generelle GNSS Performance. Mit 
magnetischen Sensoren hast Du natürlich andere Störgrössen mit denen es 
umzugehen gilt.
Wenn Dich der MAGNETISCHE NP nicht interessiert musst Du natürlich 
standortabhängig umrechnen; dabei geht dann die GNSS-DOP wieder mit als 
Störgrösse ein...
Gute GNSS Empfänger (Spoiler: gerne von u-Blox :) ) können auch die 
Daten von externen IMU-Quellen in die Berechnung direkt einbeziehen 
(Sensor-Fusion); dann musst Du es nicht machen.
VG, Stephan

von Stephan D. (50plus)


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Achim H. schrieb:
> Nimm zwei GNSS-Systeme, die möglichst weit auseinander stehen.

Das ergibt aber einen nahezu umberechnenbaren Gesamtfehler :)

von Pandur S. (jetztnicht)


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Magnetische Sensoren sind Quatsch. Wir haben jeweils die Nordabweicheung 
auf den Karten im Massatzb 1:25000 (4cm/km) angeschrieben. Bezieht sich 
allerdings auf das Mittel auf der Karte, und auf eine Zeit, vor dem 
Druck der Karte.
Der richtige Weg ist natuerlich optisch, in der Nacht. Eine Kamera auf 
den Polarstern ausrichten und lange belichten. Die Nordachse ist der 
Punkt um welchen sich alles dreht, etwas neben dem Polarstern.

von Arno H. (arno_h)


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Nordsuchende Kreisel könnten deine Anforderung erfüllen. Immerhin 
richtet auch die Artillerie ihre Rohre damit ausreichend genau aus.
https://link.springer.com/article/10.1007/BF01593107
Gebraucht hier: 
https://bw-schmitti.de/produkt/nordsuchender-kreisel-teldix-typ-nsk-40-3-1/

Arno

von Michael B. (alter_mann)


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Arno H. schrieb:
> Nordsuchende Kreisel könnten deine Anforderung erfüllen.

Nur werden diese Kurskreisel die Genauigkeitsanforderung etwa um den 
Faktor 10 verfehlen.
Richtungskreisel können durchaus auf wenige Bogensekunden genau 
arbeiten, sind aber nicht unbedingt handelsüblich. Alte NVA-Bestände 
gibt es da vielleicht.

Und ich habe auch keine Ahnung, ob der TO nun eine Richtung überprüfen 
will oder ob "ein Gegenstand" ausgerichtet werden soll. Und wie groß und 
schwer wäre ggf. dieser geheime Gegenstand?
Für die Feng-Shui gerechte Möbelausrichtung wird es ja hoffentlich nicht 
sein.

von Unbekannt U. (Gast)


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Naja, ein paar pragmatische Überlegungen:

Umfang = Durchmesser * Pi, d.h. bei einem Kreis, Durchmesser 100 Meter, 
sind 0,01° einen knappen Zentimeter auf dem Kreisbogen.

Das sollte für einen Vermessungstechniker im ersten oder zweiten 
Lehrjahr kein Problem sein.

Also, auf zur Gemeinde, ein paar Karten besorgen mit der genauen Lage 
einiger Vermessungspunkte, und noch etwas Vermessungswerkzeug. Fertig 
sind die 0,01°.

von Uli S. (uli12us)


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Eine solche Karte seh ich auch als einzige halbwegs machbare 
Möglichkeit.
Die Vermessungspunkte sind schon sehr genau festgelegt. Anhand dessen 
richtet der sein Fernrohr aus und muss dann nur um die Winkelabweichung 
korrigieren.
Und dann muss man sich halt irgendwo versetzt, eine Peillinie anlegen.

von Hannes J. (Firma: _⌨_) (pnuebergang)


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Unbekannt U. schrieb:
> Das sollte für einen Vermessungstechniker im ersten oder zweiten
> Lehrjahr kein Problem sein.

Aber nicht die nehmen, die beim BER gemessen haben :)

> Also, auf zur Gemeinde, ein paar Karten besorgen mit der genauen Lage
> einiger Vermessungspunkte,

Ich habe im Kopf dass viele Gemeinden ihre physischen Vermessungspunkte 
nicht mehr warten weil sie komplett auf GNSS umgestiegen sind.

Die Genauigkeit der Punkte soll sowieso bei nur 5cm - 10cm liegen. Man 
hat wohl mit 200 Jahre alten historischen Altlasten (ungenaue Messungen, 
ungenaue Aufzeichnungen) und mit unterschiedlichen Referenzsystemen mit 
unterschiedlicher Auflösung zu kämpfen.

von Pandur S. (jetztnicht)


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> Ich habe im Kopf dass viele Gemeinden ihre physischen Vermessungspunkte
nicht mehr warten weil sie komplett auf GNSS umgestiegen sind.

Mutig & Dumm. Diese Messpunkte haben einige Jahre gehalten. Wie lange 
halten die Satellitensysteme ? Solange die Betreiber die Motivation 
haben. Wenn die einen das GPS abschalten, und die Daten aug Glonas, oder 
Baidu uebertragen werden sollen, gibt's schon differenzen

von Andreas B. (bitverdreher)


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Pandur S. schrieb:
> Mutig & Dumm. Diese Messpunkte haben einige Jahre gehalten. Wie lange
> halten die Satellitensysteme ?
Gegenfrage: Wie lange bleibt der magnetische Nordpol an seinem Ort?
Bei 0.01° Genauigkeitsanforderung kannst Du jede magnetische Messung 
vergessen.

von Oliver S. (phetty)


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https://de.wikipedia.org/wiki/Festpunkt

Die nächsten in der Umgebung suchen und triangulieren.

von Werner H. (werner45)


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Die amtlichen Festpunkte werden nach wie vor gepflegt/aktualisiert und 
dienen als Grundlage für ALLE Vermessungen.
GNSS allein ist bestenfalls auf einige dm genau. Genauere Punkte bekommt 
man nur mit Korrekturwerten, die über GSM übermittelt werden. Das muß 
man aber bei den Vermessungsämtern abonnieren, kostet Geld, ebenso die 
genauen Daten der Festpunkte. Für die genaue Lage einer Kirchtumspitze 
wollen die auch Geld sehen.
Am besten ist immer noch der Himmelspol nahe dem Polarstern als 
Grundlage für den Einstieg.
Für ernsthaft Interessierte gibt es noch eine Site:
http://forum.diegeodaeten.de/

Der magnetische Nordpol pendelt sogar im Tagesverlauf, Aufzeichnungen 
gibts irgendwo im Netz (Potsdam?). Für hohe Genauigkeit ungeeignet, 
bestenfalls für Pfadfinder im Gelände oder für den Garten.

von Johannes F. (doppelgrau)


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Werner H. schrieb:
> Genauere Punkte bekommt
> man nur mit Korrekturwerten, die über GSM übermittelt werden. Das muß
> man aber bei den Vermessungsämtern abonnieren, kostet Geld

Kommt aufs Bundesland an, z.B. in NRW bekommt man einen NTRIP-Zugang für 
RTK umsonst.

von Harald W. (wilhelms)


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Oliver S. schrieb:

> https://de.wikipedia.org/wiki/Festpunkt
>
> Die nächsten in der Umgebung suchen und triangulieren.

OT: Das es anscheinend garnicht so einfach ist, die Höhe eines
Punktes am Kapitol in Denver zu vermessen, kann man in dieser
Beschreibung von Wikipedia nachlesen. Zitat: "In die 15. Stufe
der Treppe am Westeingang ist der Hinweis „One Mile Above Sea
Level.“ eingraviert. Von dieser Stufe, die eine Meile (1609 m)
über dem Meeresspiegel liegt, kann man die Sonne hinter den
Rocky Mountains untergehen sehen. Eine zweite Mile-High-Markie-
rung wurde 1969 an der 18. Stufe angebracht, nachdem Studenten
der Colorado State University die Höhe neu vermessen hatten.
2003 wurde mit moderneren Mitteln eine genauere Messung vorge-
nommen, bei der man feststellte, dass die 13. Stufe eine Meile
über dem Meeresspiegel liegt. Dort wurde eine dritte Markierung
angebracht."

von Ralf X. (ralf0815)


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Harald W. schrieb:
> Von dieser Stufe, die eine Meile (1609 m)
> über dem Meeresspiegel liegt, kann man die Sonne hinter den
> Rocky Mountains untergehen sehen. Eine zweite Mile-High-Markie-
> rung wurde 1969 an der 18. Stufe angebracht, nachdem Studenten
> der Colorado State University die Höhe neu vermessen hatten.
> 2003 wurde mit moderneren Mitteln eine genauere Messung vorge-
> nommen, bei der man feststellte, dass die 13. Stufe eine Meile
> über dem Meeresspiegel liegt. Dort wurde eine dritte Markierung
> angebracht."

Jeder weiss, dass der Meerespiegel steigt.
Über die Hebungen/Senkungen im Stadtgebiet von Denver dürfte es auch 
Erkenntnisse geben.

von Werner H. (werner45)


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Die Genauigkeitssteigerung ist vor Allem mit der Einführung der 
automatisch horizontierenden Nivellieren erfolgt. Vorher hatte man 
Präzisionslibellen oder Schlauchwaagen.
Ein verbreitetes Leitz-Nivellier Ni2 findet man öfter gebraucht in ebay. 
Es hat nominell einen Höhen-Nivellierfehler von 0,5 mm auf 1 km 
Entfernung (!). Ein vergleichbares Zeissgerät ist das Koni 007. Sehr 
viel besser sind auch moderne nicht, es zeigen sich schon die Fehler der 
ungleichen Gravitation über die Entfernung.
Die heutigen Werte bleiben wohl auch längere Zeit bestehen.

von CM Z. (Gast)


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Ist die Genauigkeitsforderung bzgl. der Richtung zum geometrischen 
Nordpol nicht auch eine Abhängigkeit des jeweiligen Längengrades - oder 
wo auf der idealen kugelförmigen Erde befinde ich mich eigentlich? Was 
für eine Genauigkeitsforderung braucht es, wenn man sich genau auf dem 
Südpol der Erde (Singularität) befindet?

von Uli S. (uli12us)


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Harald W. (wilhelms)07.03.2021 22:30; Soviel zu, die Eisberge schmelzen 
und wir werden von einer Flutwelle bis nach Köln weggeschwemmt.

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