Forum: Mikrocontroller und Digitale Elektronik Beschleunigungssenor und GPS zur Wegbestimmung


von Ralf P. (Firma: Sodex Solutions) (flar1010)


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Hallo,
ich weiß das schon 100 mal zu diesem Thema gefragt wurde. Gleich vorab, 
nein es gibt noch keine Lösung in diesem Forum zu diesem Problem.

Ich bin derzeit an einem Projekt am werkeln, welches ein Raupenfahrzeug 
mit Hilfe eines GPS auf circa 10cm genau positionieren soll. Dabei steht 
die Maschine auf irgendeinem GPS-Punkt und bekommt einen neuen und soll 
über den kürzesten Weg dorthin steuern. Dafür verwende ich 2 GPS Module 
von Ublox und SAPA Korrekturdaten. Da erhalte ich dann eine Genauigkeit 
von 1cm im Laborfalle, und circa 4cm im wirklichen Außenbereich. 
Problem dabei ist, dass ich vom GPS nur alle 100ms Daten bekomme. 
Bedeutet, dass ich bei einer Geschdingdigkeit von über 1 km/h also schon 
im schlechtesten Fall aus meinem Toleranzfehler fahre. Ich möchte jetzt 
dazu die soweiso verbauten Beschleunigungssensoren verwenden um eine 
genaue Positionierung zu verwenden. Ich weiß, dass hier jetzt gleich das 
Thema mit dem Nullpunktabweichungen (die sich nicht einfach speichern 
lassen) und den ganzen Vibrationen in Spiel kommen. Die 
"Beschleunigungssensoren" von mir haben intern noch einen Gyro und ein 
Magnetometer verbaut, dass eine gewisse zusätzliche Stabilität 
verspricht.
Man liest in den anderen Beiträgen immer wieder, dass man eine höhere 
Genauigkeit mit GPS und Beschleuningungssensor erhält. Allerdings habe 
ich hier noch nie eine Lösung gesehen.

Könnte mir hier jemand mit den Ansätzen oder einem Lösungsweg dienen?

LG,
Ralf

von Joe G. (feinmechaniker) Benutzerseite


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Die Stichworte sind Trägheitsnavigation und Sensorfusion. Damit hast du 
einen guten Einstieg.

von Matthias S. (Firma: matzetronics) (mschoeldgen)


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Wenn du Radsensoren hast, wirds einfacher. Zielpunkt ist bekannt, 
Fahrzeug weiß, wie weit er weg ist und zählt auf dem Weg dahin 
Radimpulse beider Raupen. Wenn GPS Daten eintreffen, erhöht das die 
Genauigkeit.

von Jens M. (schuchkleisser)


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Wenn es ernsthaft daran scheitert, alle 100ms ein Telegramm zu bekommen, 
die Zahlen anzuschauen und dann erst zu bremsen wenn der Zielpunkt 
erreicht bzw. überschritten ist, dann ist das noch ein weiter Weg.

Wie wär's mit Radencodern?
Und/Oder einer "Bremsrampe"?
Dazu braucht man keine Trägheitsnavi, ist toll wenn man eine hat, aber 
nötig ist die nicht.
Das Ding merkt doch das das Ziel nah ist und kann dann schonmal auf 
Schleichfahrt gehen und am Punkt bremsen.
Im einfachsten Fall:
1
if (EntfernungZumZiel > 50cm) Gas = 100%;
2
else Gas = 10%;
3
endif
Mit Radencodern wär's noch einfacher, weil man die Entfernung nicht in 
GPS rechnet sondern in "digits".
Wenn ich weiß das 100 digits 1m sind (das kann man immer wieder mit GPS 
abgleichen & "kalibrieren") kann ich nach digits punktgenau landen, und 
wenn die Position immer wieder nach-GPS-t wird ist auch Schlupf kein 
Problem.

von Ralf P. (Firma: Sodex Solutions) (flar1010)


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Ja digitale Drehencoder wären echt toll, leider bei meiner Applikation 
nicht möglich.
Das mit der Bremsrampe finde ich prinzipiell eine gute Idee, müsste ich 
definitv einmal in Real-Life austesten. Dennoch wäre es interessant zu 
wissen wie das mit der Trägheitsnavigation genauer hinhaut

von Günni (Gast)


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Ralf P. schrieb:
> Da erhalte ich dann eine Genauigkeit
> von 1cm im Laborfalle, und circa 4cm im wirklichen Außenbereich.
> Problem dabei ist, dass ich vom GPS nur alle 100ms Daten bekomme.
Ein Raupenfahrzeug wird nicht innerhalb von 100ms seine Fahrtrichtung 
und Geschwindigkeit signifikant ändern. Da die GPS-Genauigkeit die 
Anforderungen übertreffen, wäre es am einfachsten aus der Differenz 
zwischen dem vorletzten und dem letzten Positionswert einen 
Geschwindigkeitsvektor zu berechen und mit diesem die Feinpositionierung 
vorzunehmen. Das ist genauer als die Berechnung des Weges über 
handelsübliche Beschleunigungssensoren.

Bei radgetriebenen Fahrzeugen könnte man aus der Drehung der Räder eine 
Weg und Winkelinformation herleiten. Das wurde bei den ersten 
Navigationssystemen so gemacht, die noch ohne GPS auskamen. Aber das 
klappt nur auf ebenen Straßen gut, nicht aber in "holprigem" Gelände. 
Und Kettenfahrzeuge schieben bei Kurvenfahrten über die Seite, wo schon 
kleine Unebenheiten und Unterschiede in der Griffigkeit des Untergrundes 
den Drehpunkt verändern.

von Wolfgang (Gast)


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Ralf P. schrieb:
> Ja digitale Drehencoder wären echt toll, leider bei meiner Applikation
> nicht möglich.

Was ist denn bei deiner Applikation möglich?
Vielleicht ein optischer 2D Sensor mit Korrelator?

von Günni (Gast)


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Wolfgang schrieb:
> Vielleicht ein optischer 2D Sensor mit Korrelator?

Optische 2D-Sensoren, wie sie z.B. die Mausbewegung erfassen, waren in 
der Vor-GPS-Zeit auch schon zur Erfassung von Fahrzeugbewegungen in der 
Diskussion. Da die Verschmutzung beim Fahrbetrieb einen hohen 
Wartungsaufwand (regelmäßige Reinigung) erforderte, hat sich das nicht 
durchgesetzt - im Gegensatz zur Erfassung über die Radumdrehung, für die 
es damals bei Nachrüstsätzen für Navigation Radsensoren und 
Magnetstreifen gab.

von Gerald O. (garry)


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Ralf P. schrieb:
> Ja digitale Drehencoder wären echt toll, leider bei meiner Applikation
> nicht möglich.
Darf man Fragen warum? Müssen ja keine ausgewachsene 
Absolut-Winkelsensoren sein, Impulsgeber würden schon reichen, sind aber 
eigentlich elementare Voraussetzung für eine präzise Navigation.

> Das mit der Bremsrampe finde ich prinzipiell eine gute Idee, müsste ich
> definitv einmal in Real-Life austesten. Dennoch wäre es interessant zu
> wissen wie das mit der Trägheitsnavigation genauer hinhaut

Erstmal die Bewegungspräzision lösen so dass ein Fahrbefehl x-Schritte 
in Richtung alpha mit Geschwindigkeit v inkl. Beschleunigungs-und 
Bremskurve exakt angefahren wird. Wird je nach Untergrund etc. natürlich 
mehr oder weniger deutliche Abweichungen geben. Dafür baust Du dann ja 
Deine Navigation ein. Aber erstmal die Antriebssteuerung beherrschen.

von A. S. (Gast)


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Wenn du mit bezahlbaren Sensoren (50€) trotz gewackel 2 oder 3 cm 
hinbekommst, bei 1m Fahrt, dann bin ich interessiert.

Wenn nicht, dann schreibe was über den Antrieb? Allstrom? Oder lässt 
sich da was zählen/rechnen?

von Jan H. (jan_h74) Flattr this


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Welche GPS-module sind dort verwendet ? Ist das ein RTK-modul ?

von Pandur S. (jetztnicht)


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Ohne Magnetsensor wird das nichts. Denn ohne musst du erst mal in die 
moeglicherweise falsche Richtung wegfahren.

von Georg (Gast)


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Ralf P. schrieb:
> Das mit der Bremsrampe finde ich prinzipiell eine gute Idee

Das ist mehr als eine gute Idee, das ist beim Ansteuern einer 
Zielposition alternativlos, sonst schiesst man immer über das Ziel 
hinaus. Im einfachsten Fall den letzten halben Meter eben so langsam 
fahren dass man sofort anhalten kann.

Georg

von Ralf P. (Firma: Sodex Solutions) (flar1010)


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A. S. schrieb:
> Wenn du mit bezahlbaren Sensoren (50€) trotz gewackel 2 oder 3 cm
> hinbekommst, bei 1m Fahrt, dann bin ich interessiert.

Haha die Sensoren selber kosten 200€ bis die aber fertig optimiert sind 
liegen wir bei 3.000€. Klassische u-blox mit den richtigen 
Korrekturdaten, wobei das eigentlich teure an dem System der Umbau auf 
EtherCAT ist.

A. S. schrieb:
> Wenn nicht, dann schreibe was über den Antrieb? Allstrom? Oder lässt
> sich da was zählen/rechnen?

man kann es rechnen aber ich würde es absolut nicht empfehlen. 2-Gang 
hydraulischer Antrieb, mit einer 25,3 L/min Pumpe... Klar kann man da 
was rechnen, aber die ganzen nicht bekannten Faktoren lassen das Ganze 
wieder verfliegen

von Ralf P. (Firma: Sodex Solutions) (flar1010)


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Jan H. schrieb:
> Welche GPS-module sind dort verwendet ? Ist das ein RTK-modul ?

U-blox Module eingebaut in ein Modul von xsens und optimiert von 
Gable-imu...
Also ja, ein RTK-Modul

von Rolf M. (rmagnus)


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Günni schrieb:
> Optische 2D-Sensoren, wie sie z.B. die Mausbewegung erfassen, waren in
> der Vor-GPS-Zeit auch schon zur Erfassung von Fahrzeugbewegungen in der
> Diskussion. Da die Verschmutzung beim Fahrbetrieb einen hohen
> Wartungsaufwand (regelmäßige Reinigung) erforderte, hat sich das nicht
> durchgesetzt

Bei Marsfahrzeugen wird z.B. auch Bodenradar verwendet, also ein 
Radar-Sensor, der nach unten schaut und die Strukturen im Boden erfasst 
und für die Navigation verwendet. Da gibt es weder GPS, noch ein 
Magnetfeld für einen Kompass.

von Jan H. (jan_h74) Flattr this


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Hier noch eine vid von was mit gans standard GPS-module machbar ist :
https://youtu.be/yMbmp7c2mrw
Diesen Rover hat auch radsensoren und ein 9DOF IMU. GPS hat eine 10 Hz 
update.

von Messkopf (Gast)


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von Wolfgang (Gast)


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Rolf M. schrieb:
> Bei Marsfahrzeugen wird z.B. auch Bodenradar verwendet, also ein
> Radar-Sensor, der nach unten schaut und die Strukturen im Boden erfasst
> und für die Navigation verwendet.

Ich wüsste da keins. Hast du ein Beispiel?

Bei Perseverance ist IMHO einzig das RIMFAX bildgebend (Bodenradar zur 
Erkundung geologischer Untergrundstrukturen), hat aber mit der 
Navigation nichts zu tun? Die Landung wurde über Kamerabilder des LVS 
gesteuert. Das Landeradar machte nur eine Abstandsmessung zur Bestimmung 
der aktuellen Höhe.

von Rolf M. (rmagnus)


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Wolfgang schrieb:
> Rolf M. schrieb:
>> Bei Marsfahrzeugen wird z.B. auch Bodenradar verwendet, also ein
>> Radar-Sensor, der nach unten schaut und die Strukturen im Boden erfasst
>> und für die Navigation verwendet.
>
> Ich wüsste da keins. Hast du ein Beispiel?
>
> Bei Perseverance ist IMHO einzig das RIMFAX bildgebend (Bodenradar zur
> Erkundung geologischer Untergrundstrukturen), hat aber mit der
> Navigation nichts zu tun?

Hmm, müsste ich mal nachsuchen. Ich war vor ein paar Jahren auf einer 
Konferenz, wo jemand einen Vortrag darüber gehalten hat. Der Redner hat 
damals gesagt, dass er an dieser Technik für Marsrover gearbeitet hat, 
aber ich weiß nicht, ob sie auch zum Einsatz gekommen ist. Die Idee war 
in dem Vortrag allerdings, diese Technik auf autonome Autos zu 
übertragen, um auch ohne GPS eine präzise Navigation zu ermöglichen. 
Tatsächlich findet man, wenn man gezielt danach sucht, etwas mehr, z.B. 
https://wavesense.io/

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