Forum: Mechanik, Gehäuse, Werkzeug Closed vs. Open Loop Stepper für CNC


von Paul H. (powl)


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Ich spiele mit dem Gedanken, mir etwas Luxus zu gönnen und meine China 
CNC-Fräse mit Closed Loop Stepper Motoren auszustatten. Ich erwarte mir 
davon, dass ich dadurch mehr an die Grenzen von 
Geschwindigkeit/Beschleunigung gehen kann, ohne bei Lastspitzen 
Schrittverlust zu riskieren.

Open Loop Stepper verlieren ja im Falle von Überlast meist eine ganze 
Reihe an aufeinanderfolgenden Schritten. Wie verhalten sich 
feldorientiert geregelte Closed Loop Stepper bei Überlast? Theoretisch 
müssten die ja einfach nur langsamer werden, während die feldorientierte 
Regelung weiterhin den optimalen Lastwinkel einstellt, wodurch der 
Schrittmotor niemals ausrastet aber ggf. kurzzeitig ein Schleppfehler 
von wenigen Mikroschritten bis mehreren Vollschritten entsteht.

Das bedeutet aber auch, dass hier eine Positionsregelung mit drinsteckt. 
Jedoch ist mir nicht bekannt, dass man diese Regelung wie bei 
Servomotoren parametrieren müsste. Warum ist das so? Letztendlich 
handelt es sich doch beim Closed Loop Stepper auch nur um einen 
servogeregelten Synchronmotor, nur eben mit einer hohen Polpaarzahl. 
Probleme wie Überschwingen oder Schleppfehler sollten doch aber auch wie 
beim Servo hier genau so auftreten, oder etwa nicht?

: Bearbeitet durch User
von Olaf (Gast)


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Also entweder ich habe keine Ahnung oder du hast keinen blassen 
Schimmer. Schaun wir mal. :-)

Schrittmotore bleiben bei Ueberlast/Resonanz einfach stehen. Es ist da 
nicht moeglich etwas nachzuregeln, da geht nicht nur ein Schritt 
verloren! Schrittmotore mit zusaetzlichen Encoder gibt es, aber nicht um 
da was zu regeln sondern um einen Fehler zu erkennen. Dann geht das 
Geraet halt in Stoerung.
Sollte es soweit kommen dann hast du ein anderes Problem das du beheben 
musst.

Ausserdem gibt es Servoantriebe. Sowas ist von der Steuerung her 
erheblich aufwendiger, gerade auch fuer CNC weil du das ja keine 
Vibrationen oder voruebergehende Abweichungen/schwingungen tolerieren 
kannst. Das ist nichts fuer Bastlerkisten, sowas macht man bei dicke 
Maschinen weil Servos einen besseren Wirkungsgrad haben als 
Schrittmotore die immer kurz vor dem kochen sind.

Olaf

von Michael B. (laberkopp)


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Paul H. schrieb:
> Closed Loop Stepper Motoren

Unsinn.

Schrittmotoren sind genau dafür gebaut, um ohne Sensor bewegt zu werden.

Wenn sie Schritte verlieren, waren sie zu schwach ausgelegt.

Und wenn sie Schritte verloren haben, ist es sowieso nicht mehr möglich, 
diese aufzuholen.

Denn: Wenn ein Schritt verloren wurde, müsste man warten bis die Achse 
steht und dann mit der Beschleunigungsrampe von vorne anfangen, und 
dürfte dabei nicht schneller fahren als zuvor, denn mit steigendem Tempo 
sinkt das Drehmoment, mit höherem Tempo an eine Stelle zu kommen wo er 
vorher schon mit geringerem Tempo scheiterte ist also zum Scheitern 
verurteilt, man müsste eher langsamer fahren damit man es diesmal mit 
mehr Drehmoment schafft. Dabei sind tausende Schritte verloren und das 
Werkstück ist ruiniert, vor allem wenn die anderen Achsen derweil munter 
weiter fahren.

Man kann (den Fräsvorgang) nur abbrechen.

Sorge also zunächst dafür, daß die vorhandenen Motoren auch ausgenutzt 
werden (übliche Problem: Motor mit 2A angegeben, auf Treiber 2A 
eingestellt, NATÜRLICH falsch denn Motor sind 2Arms, Treiber 2Apeak, man 
müsste 2.8A einstellen) man merkt das meist, wenn Motoren kühl bleiben 
und nicht die erlaubten 70 GradC erreichen (immerhin halten sie länger 
wenn sie kühl bleiben). Nur so kommt man zum aufgedruckten Drehmoment. 
Und dann gute Ansteuerung die Resonanzen vermeidet, das geht mit 
Mikroschritt, Bremsresonatorplatten, Flexkupplungen oder Zahnriemen 
statt direkt eine (Trapezgewindewelle) anzuflanschen.

Und wenn's immer noch nicht reicht: Zur Abwechslung mal nachrechnen ob 
es der Motor überhaupt tut, denn insbesdonmdere der Drehmomentabfall bei 
steigender Drehzahl ist bei Schrittmotoren extrem.

Encoder und closed loop benutzt man bei Servomotoren. Kräftiger, 
schneller, aber auch komplizierter, daher verbaut in echtem Maschinen, 
nicht dem chinesischen Kinderspielzeug.

von Paul H. (powl)


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Olaf schrieb:
> Also entweder ich habe keine Ahnung oder du hast keinen blassen
> Schimmer. Schaun wir mal. :-)

Es gibt verschiedene Interpretationen von Closed Loop bei 
Schrittmotoren. Es gibt Pseudo Closed Loop, wo am Schrittmotor zwar ein 
Encoder dran ist, aber lediglich verlorene Schritte detektiert werden 
und die Steuerung dann auf Störung geht. Es gibt wohl auch Steuerungen, 
die einfach versuchen, zusätzliche Schritte einzufügen. Das Verfahren 
aber nicht state of the Art und soll hier nicht betrachtet werden.

https://de.nanotec.com/knowledge-base-artikel/closed-loop-technologiehttps://www.motioncontroltips.com/faq-whats-the-difference-between-servo-and-closed-loop-stepper-motors/

Michael B. schrieb:
> Und wenn sie Schritte verloren haben, ist es sowieso nicht mehr möglich,
> diese aufzuholen.

Das was du schreibst trifft, genau wie das was Olaf schrieb, eben auf 
Closed Pseudo Closed Loop Systeme (die eigentlich auch nur Open Loop 
Systeme mit Schrittverlusterkennung sind) zu. Richtige Open Loop Systeme 
haben eine feldorientierte Regelung, ähnlich wie beim Servo Motor. D.h. 
der Lastwinkel wird immer genau passend zur Rotorposition geregelt. Die 
Wicklungen des Motors werden also auch variabel bestromt. Daher frage 
ich mich, ob die Achse bei einer solchen Ansteuerung bei Schrittverlust 
einfach stehen bleibt. Ich meine nicht. Er wird vermutlich einfach 
kurzzeitig langsamer, es entsteht ein Schleppfehler, welcher dann wieder 
ausgeregelt wird. Aber das würde ich mir gerne von einem Praktiker 
bestätigen lassen bevor ich in solche Motoren investiere. 😄

Wie hier nachzulesen ist scheinen echte, feldorientiert geregelte Closed 
Loop Systeme ja durchaus viele Vorteile zu haben:
https://www.motioncontroltips.com/open-loop-stepper-motor-versus-closed-loop-stepper-motor-systems

Auch wenn ich dir recht gebe, dass man auf jeden Fall mal gucken sollte, 
dass man gucken sollte, seine herkömmlichen Open Loop Stepper richtig 
auszureizen. 🙂

: Bearbeitet durch User
von NOT AUS (Gast)


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Ich würde bei den Preisen für Servosysteme überhaupt nicht mehr auf 
Stepper setzen. Die Servo Motoren mit integriertem Treiber werden mit 
den gleichen Signalen angesteuert wie Steppersysteme. Die Parametrierung 
ist eventuell
etwas umfänglicher. Die Vorteile von Servosystemen liegen aber auf der 
Hand.
z.B.
https://www.sorotec.de/shop/JMC-Servo-Motor-mit-integriertem-Servotreiber-180-Watt---36-Volt---3000-1-min.html

von Paul H. (powl)


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Die Servosysteme haben aber auch Nachteile. Auch wenn das Drehmoment zu 
höheren Drehzahlen nicht so stark abfällt wie bei Schrittmotoren haben 
sie generell ein geringeres Drehmoment. Das wiederum machen sie wett 
indem sie kurzzeitig Überlastfähig sind, was aber wiederum ein dickes 
Netzteil erfordert, sind also nicht einfach so retrofit mit den 
Schrittmotoren auszutauschen. Die Parametrierung würde ich mir durchaus 
zutrauen, jedoch gibt es da auch Erfahrungsberichte von frustrierten 
Nutzern, die irgendwann das Handtuch geworfen haben, weil sie den 
Schleppfehler nicht vernünftig gering oder die Regelung nicht ruhig 
bekommen haben und mangels Erfahrung kann ich gerade nicht abschätzen, 
wie sehr ich mir da die Zähne dran ausbeißen würde. Closed Loop Stepper 
schaffen laut Erfahrungsberichten auf üblichen Hobby-CNC-Fräsen durchaus 
ihre 10m/min Verfahrgeschwindigkeit im Eilgang, was ja völlig ausreicht. 
Fräsen tut man meist eh langsamer, und sie müssen nicht parametriert 
werden. Deshalb hatte ich mich gegen Servos entschieden, auch wenn die 
natürlich sexy wären.

von NOT AUS (Gast)


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Paul H. schrieb:
> Auch wenn das Drehmoment zu
> höheren Drehzahlen nicht so stark abfällt wie bei Schrittmotoren haben
> sie generell ein geringeres Drehmoment.

Nicht mit dem "Haltemoment" bei Schrittmotoren verwechseln.

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