Forum: Ausbildung, Studium & Beruf Statistik als Ingenieur


von Jonas (Gast)


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Aloha,

bin E-Technik Student und habe leider nur wenig Statistik in Mathe in 
den Vorlesungen behandelt.
Da ich dieses Thema äußerst spannend finde und sogar zu meinen liebsten 
Mathethemen zähle, frage ich mich nun:
Wie wichtig ist es, als Ingenieur Statistik zu beherrschen?
Was bringt es mir wirklich?
Sollte ich es mir nebenbei noch beibringen?
Könnt ihr ein gutes Buch für das Selbststudium empfehlen?

Habt ihr Erfahrung mit Statistik gemacht?

von Karatona (Gast)


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In der Regelungstechnik wird davon auch gerne mal gebrauch gemacht. 
Stochastik, Stochastische Prozesse: Kalman Filter, Rauschen, 
Systemidentifikation, Markov-Ketten, Machine Learning.

von Karatona (Gast)


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Ein gutes Buch ist jedes Grundlagenbuch. Schau einfach auf Amazon und 
kauf ein billiges gebrauchtes auf medimops oder so. Statistik oder 
allgemeiner Stochastik ist für gewisse Ingenieure wichtig. Die meisten 
E-Techniker kommen damit eigentlich nicht in Berührung. Deswegen wird es 
auch oft gar nicht behandelt.

von Fpgakuechle K. (Gast)


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Jonas schrieb:

> bin E-Technik Student und habe leider nur wenig Statistik in Mathe in
> den Vorlesungen behandelt.
> Wie wichtig ist es, als Ingenieur Statistik zu beherrschen?

Naja, deswegen biste ja Ingenieur, das man sich im richtigen Moment 
daran erinnert, das man das Problem mit statistischen Methoden angehen 
kann.
Das ist manchmal offensichtlich beispielsweise in der Qualitätssicherung
in der Produktion, bei dem man mit ein paar Stichproben überprüfen kann, 
ob der Prozess noch 'im grünen Bereich läuft'.
https://de.wikipedia.org/wiki/Six_Sigma

Und weniger offensichtlich in der Nachrichtentechnik bei der 
Informationsübertragung mit einen 'Gaußschen Rauschen' optimiert wird.

https://de.wikipedia.org/wiki/Additives_wei%C3%9Fes_gau%C3%9Fsches_Rauschen

An manchen Uni's würde das zu manchen Zeiten unter 'Stochastische 
Systeme' gelehrt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stochastischer_Prozess

Abschätzungen von Ausfallwahrscheinlichkeiten und Methoden zur 
bestimmung kommen auch bei der Entwicklung vor, beispielsweise Avionik. 
Oder bei Anlaufen der Produktion. Wie verschiebe ich das Produktionslos 
von 'Kinderkrankenheitenrand' der Badewannenkurve in den flachen Teil 
derselben: https://de.wikipedia.org/wiki/Ausfallverteilung



Am Ende der WP-Artikel findet sich immer eine brauchbare Literaturliste.

von Arno Nym (Gast)


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Bin selbst Entwicklungs-Ingenieur in der Automobilbranche (Elektronik) 
und verwende selbst regelmäßig Statistik-Methoden, aber eher die - wie 
ich finde - einfachen.
Ich denke es gibt bei uns in der Firma nur eine Hand voll, die was von 
Statistik verstehen, und diese Leute werden dafür geschätzt. Man hat das 
im Management erkannt und strebt durch Fortbildung eine Mindestquote von 
verschiedenen Kompetenzniveaus an.

Beispiele:
Auslegung auf ausreichende Lebensdauer. (Erstellung und Anwendung von 
Lebensdauermodellen, Weibull ...)

Monte Carlo Analysen für Toleranzrechnungen.

Methoden die auf der Normalverteilung Aufbauen:
Prozessfähigkeitsanalysen, Messmittelfähigkeit, T-Tests, Chi²-Test.

Die meisten Methoden sind inzwischen in diversen Softwarepaketen 
verfügbar, oder sogar im Excel implementiert, so sie nur ein paar 
Mausklicks/Codezeilen entfernt sind.

Leider sieht man aber immer wieder auch "statistische Quacksalber", die 
ihren Unfug mit mathematisch scheinbar korrekten aber sinnfreien 
Statistiken
verschleiern.

Beitrag #6649468 wurde von einem Moderator gelöscht.
von zweifler (Gast)


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Arno Nym schrieb:
> Leider sieht man aber immer wieder auch "statistische Quacksalber", die
> ihren Unfug mit mathematisch scheinbar korrekten aber sinnfreien
> Statistiken
> verschleiern.

z.B. die vom RKI mit ihren Inzidenzen... Hier ein schönes Beispiel, für 
das tricksen mit Zahlen:
https://www.youtube.com/watch?v=0VPZ6MUKBck

von Sebastian L. (sebastian_l72)


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Jonas schrieb:
> Aloha,
>
> bin E-Technik Student und habe leider nur wenig Statistik in Mathe in
> den Vorlesungen behandelt.
> Da ich dieses Thema äußerst spannend finde und sogar zu meinen liebsten
> Mathethemen zähle, frage ich mich nun:
> Wie wichtig ist es, als Ingenieur Statistik zu beherrschen?
> Was bringt es mir wirklich?
> Sollte ich es mir nebenbei noch beibringen?
> Könnt ihr ein gutes Buch für das Selbststudium empfehlen?
>
> Habt ihr Erfahrung mit Statistik gemacht?

Das Studium reicht eh nicht. Es ist nur der Beweis, dass die Grundzüge 
beherrscht und du selbstständig lernen kannst.
"Weiterbildung" ein Leben lang ist Pflicht.

Wer testet - was auch immer - kommt ohne die Grundlagen der deskriptiven 
Statistik (aka. Datenanalyse, explorative Statistik) nicht aus.
Wie soll man sonst sagen können das ein Test/Messung signifikant ist?

Will man aus Tests etwas schliessen betreibt man induktive Statistik.
Wer da die metodeinhärenten Fehler nicht kennt, verrennt sich schnell.

Ein gutes Buch zum Selbststudium findest du in der Bibliothek. Dort gibt 
es auch diese Menschen die dich aufgrund deiner Vorraussetzungen beraten 
können.

von klausi (Gast)


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Jonas schrieb:
> Habt ihr Erfahrung mit Statistik gemacht?

Ja ich fand das sehr interessant, brauche es auch manchmal beruflich. 
Hatte aber alle meine Statistikvorlesungen in Englisch, auch die 
Seminararbeiten darin. Hatten auch sogenannte A/B Tests auf der ETH 
Zürich behandelt,  z.B. in einem Experiment: Amazon testet zwei 
verschiedene Websitevarianten, welche kommt besser an (diese werden 
randomisiert aufgeschalten zusätzlich mit einer Kontrollgruppe) d.h. 
welche führen zu einer höheren Conversion rate.  Dies gilt es danach, 
statistisch auszuwerten (Signifikanz). Statistikbewanderte kennen das. 
Ganz ähnlich werden auch medizinische Experimente ausgewertet (Effekt, 
Placebo und Kontrollgruppen etc.).

Behandelten auch etwas fortgeschrittene Themen wie multivariate 
Verfahren und lineare Regression. Die Statistik ist eben essenziell im 
Bereich Data Science und dann eben auch ML. Darum ist der Bereich 
wichtig für mich,  beruflich mache ich auch heute Datenanalysen.

Hobbymässig entwickle ich auf github (momentan für mich, nicht public) 
einen Klassifizierungsalgorithmus in R, wodurch ich meine finanziellen 
Ausgaben clustern und danach grafisch darstellen kann und beliebige 
Auswertungen mache. Dies hilft bei Erkennung von ungewöhnlichen Mustern, 
auch gewöhnliches Verhalten und liefert oft interessante Ergebnisse. Das 
Datensample ist einfach ein Datenfile aus dem E-Banking mit all meinen 
Transaktionen (Ausgaben) der letzten 5 Jahre.

Das hilft mir wiederum bei meiner Budgetplanung und Reduktion von 
Ausgaben.

klausi

von Lothar M. (Firma: Titel) (lkmiller) (Moderator) Benutzerseite


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Jonas schrieb:
> Was bringt es mir wirklich?
Wo und als was willst du später arbeiten?

> Habt ihr Erfahrung mit Statistik gemacht?
Wenn du heute die Zeitung liest oder Nachrichten ansiehst, dann siehst 
du ganz schnell, was man mit Statistiken alles machen und wie man damit 
Prozesse und Personen steuern kann.
Zahlen sind anschmiegsam und biegbar. Sie geben bei passender Auslegung 
immer genau das her, was man damit sagen will.

Fazit: ich mache solche Erfahrungen täglich.
Wenn du diese Sachverhalte nicht siehst oder nicht erkennst, dann ist 
Statistik nichts für dich.

klausi schrieb:
> Dies hilft bei Erkennung von ungewöhnlichen Mustern,
> auch gewöhnliches Verhalten und liefert oft interessante Ergebnisse.
Ja, so wie damals, als genau so eine Software mir die Kreditkarte 
gesperrt hat, weil ich entlang meiner Reiseroute Hotels gebucht habe. 
Nach der 6. Buchung ging nichts mehr, weil "ungewöhnliche" Vorgänge 
erkannt wurden und ich hatte das Gelecke, die Karte wieder zu 
entsperren.

> einen Klassifizierungsalgorithmus in R, wodurch ich meine finanziellen
> Ausgaben clustern und danach grafisch darstellen kann und beliebige
> Auswertungen mache. ...
> Das Datensample ist einfach ein Datenfile aus dem E-Banking
Das macht die SW von meiner Bank auch und dank Fehlinterpretationen der 
Basisdaten (unnötige Nachkommastellen beim Ergebnis sollen das Vertrauen 
in das "Resultat" stärken) fällt mir da nur "Shit In - Shit Out" ein.

: Bearbeitet durch Moderator
von klausi (Gast)


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Lothar M. schrieb:
> Ja, so wie damals, als genau so eine Software mir die Kreditkarte
> gesperrt hat, weil ich entlang meiner Reiseroute Hotels gebucht habe.
> Nach der 6. Buchung ging nichts mehr, weil "ungewöhnliche" Vorgänge
> erkannt wurden und ich hatte das Gelecke, die Karte wieder zu
> entsperren.
Interessant, denke ich kenne diese Software im Kreditkartenumfeld. Wir 
haben sowas ähnliches im Einsatz, nennt sich "Fraud Detection" Software 
und basiert eigentlich auf bestimmten Mustern insbes. deines 
Kundenprofiles, ist ein neuronales Netzwerk das dazu lernt. Du musst 
diesem etwas Zeit geben ;-) bzw. läuft das nicht vollautomatisch, es 
sitzen Fraud Agents im Hintergrund,  des Kreditkarten-Processors, die 
dir die Transaktionen freigeben können bzw. legitimieren, die in deinem 
Fall leider als False Positive erkannt wurden. War wahrscheinlich ein 
Hotline Anruf dazu erforderlich bei deinem Herausgeber deiner 
Kreditkarte (Bank).

Lothar M. schrieb:
> Das macht die SW von meiner Bank auch und dank Fehlinterpretationen der
> Basisdaten (unnötige Nachkommastellen beim Ergebnis sollen das Vertrauen
> in das "Resultat" stärken) fällt mir da nur "Shit In - Shit Out" ein.
Richtig, darum entwickle ich das lieber selber und kann die Daten aus 
dem Ebanking vorher "cleanen" bzw. Daten bereinigen und so aufbereiten 
wie ich das möchte.

klausi

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